Die Abfahrt des gefangenen Apostels nach Rom: 27,1–13
1Als unsere Abfahrt nach Italien feststand, wurden Paulus und einige andere Gefangene einem Hauptmann der kaiserlichen Kohorte namens Julius übergeben. 2Wir bestiegen ein Schiff aus Adramyttium, das die Orte entlang der Küste Kleinasiens anlaufen sollte, und fuhren ab; bei uns war Aristarch, der Mazedonier aus Thessalonich. 3Am anderen Tag liefen wir in Sidon ein und Julius, der Paulus menschenfreundlich behandelte, erlaubte ihm, zu seinen Freunden zu gehen und sich versorgen zu lassen. 4Von dort fuhren wir weiter und umsegelten, weil wir Gegenwind hatten, Zypern. 5Wir fuhren durch das Meer von Kilikien und Pamphylien und erreichten Myra in Lykien. 6Dort fand der Hauptmann ein alexandrinisches Schiff, das nach Italien fuhr, und er brachte uns an Bord. 7Viele Tage lang kamen wir nur langsam vorwärts und mit Mühe erreichten wir die Höhe von Knidos. Da uns der Wind nicht herankommen ließ, umsegelten wir Kreta bei Salmone, 8fuhren unter Mühe an Kreta entlang und erreichten einen Ort namens Kaloi Limenes, in dessen Nähe die Stadt Lasäa liegt.
9Da inzwischen längere Zeit vergangen und die Schifffahrt bereits unsicher geworden war - sogar das Fasten war schon vorüber -, warnte Paulus und sagte: 10Männer, ich sehe, die Fahrt wird mit Gefahr und großem Schaden verbunden sein, nicht nur für die Ladung und das Schiff, sondern auch für unser Leben. 11Der Hauptmann aber vertraute dem Steuermann und dem Kapitän mehr als den Worten des Paulus. 12Da der Hafen zum Überwintern ungeeignet war, beschloss die Mehrheit weiterzufahren, um nach Möglichkeit Phönix zu erreichen, einen nach Südwesten und Nordwesten offenen Hafen Kretas; dort wollten sie überwintern. 13Als leichter Südwind aufkam, meinten sie, ihr Vorhaben sei schon geglückt; sie lichteten den Anker und fuhren dicht an Kreta entlang.
Der Seesturm: 27,14–26
14Doch kurz darauf brach von der Insel her ein Orkan los, Eurakylon genannt. 15Das Schiff wurde mitgerissen, und weil es nicht mehr gegen den Wind gedreht werden konnte, gaben wir auf und ließen uns treiben. 16Während wir unter einer kleinen Insel namens Kauda hinfuhren, konnten wir das Beiboot nur mit Mühe in die Gewalt bekommen. 17Sie hoben es hoch, dann sicherten sie das Schiff, indem sie Taue darum herumspannten. Weil sie fürchteten, in die Syrte zu geraten, ließen sie den Treibanker hinab und trieben dahin. 18Da wir vom Sturm hart bedrängt wurden, erleichterten sie am nächsten Tag das Schiff 19und am dritten Tag warfen sie eigenhändig die Schiffsausrüstung über Bord. 20Mehrere Tage hindurch zeigten sich weder Sonne noch Sterne und der heftige Sturm hielt an. Schließlich schwand uns alle Hoffnung auf Rettung.
21Niemand wollte mehr essen; da trat Paulus in ihre Mitte und sagte: Männer, man hätte auf mich hören und von Kreta nicht abfahren sollen, dann wären uns diese Gefahr und dieses Ungemach erspart geblieben. 22Doch jetzt ermahne ich euch: Verliert nicht den Mut! Niemand von euch wird sein Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen. 23Denn in dieser Nacht ist ein Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, zu mir gekommen 24und hat gesagt: Fürchte dich nicht, Paulus! Du musst vor den Kaiser treten. Und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir fahren. 25Habt also Mut, Männer! Denn ich vertraue auf Gott, dass es so kommen wird, wie mir gesagt worden ist. 26Wir müssen allerdings an einer Insel stranden.
Der Schiffbruch vor Malta: 27,27–44
27Als wir schon die vierzehnte Nacht auf der Adria trieben, merkten die Matrosen um Mitternacht, dass sich ihnen Land näherte. 28Sie warfen das Lot hinab und maßen zwanzig Faden; kurz danach loteten sie nochmals und maßen fünfzehn Faden. 29Aus Furcht, wir könnten auf Klippen laufen, warfen sie vom Heck aus vier Anker und wünschten den Tag herbei. 30Als aber die Matrosen unter dem Vorwand, sie wollten vom Bug aus Anker auswerfen, vom Schiff zu fliehen versuchten und das Beiboot ins Meer hinunterließen, 31sagte Paulus zum Hauptmann und zu den Soldaten: Wenn sie nicht auf dem Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden. 32Da kappten die Soldaten die Taue des Beibootes und ließen es forttreiben. 33Als es nun Tag werden wollte, ermahnte Paulus alle, etwas zu essen, und sagte: Heute ist schon der vierzehnte Tag, dass ihr ausharrt, ohne auch nur die geringste Nahrung zu euch zu nehmen. 34Deshalb ermahne ich euch: Nehmt Nahrung zu euch; das ist gut für eure Rettung. Denn keinem von euch wird auch nur ein Haar von seinem Kopf verloren gehen.
35Nach diesen Worten nahm er Brot, dankte Gott vor den Augen aller, brach es und begann zu essen. 36Da fassten alle Mut und nahmen Nahrung zu sich. 37Wir waren im Ganzen zweihundertsechsundsiebzig Menschen an Bord. 38Nachdem sie sich satt gegessen hatten, warfen sie das Getreide ins Meer, um das Schiff zu erleichtern.
39Als es nun Tag wurde, entdeckten sie eine Bucht mit flachem Strand; auf ihn wollten sie, wenn möglich, das Schiff auflaufen lassen; das Land selbst war ihnen unbekannt. 40Sie machten die Anker los und ließen sie im Meer zurück. Zugleich lösten sie die Haltetaue der Steuerruder, hissten das Vorsegel und hielten mit dem Wind auf den Strand zu. 41Als sie aber auf eine Sandbank gerieten, strandeten sie mit dem Schiff; der Bug bohrte sich ein und saß unbeweglich fest; das Heck aber begann in der Brandung zu zerbrechen. 42Da beschlossen die Soldaten, die Gefangenen zu töten, damit keiner schwimmend entkommen könne. 43Der Hauptmann aber wollte Paulus retten und hinderte sie an ihrem Vorhaben. Er befahl, dass zuerst alle, die schwimmen konnten, über Bord springen und das Land erreichen sollten, 44dann die Übrigen, teils auf Planken, teils auf anderen Schiffstrümmern. So kam es, dass alle ans Land gerettet wurden.