Prediger 7
11. Allerlei Sprüche der Lebensweisheit
a) Mahnungen zu rechtem Lebensernst und zu geduldiger Ergebung in die göttlichen Fügungen
1Besser ist ein guter Name als kostbares Salböl (= als Wohlgeruch), und besser der Todestag als der Geburtstag. – 2Besser ist es, in ein Trauerhaus zu gehen, als zu einem fröhlichen Gastmahl (oder: zum Hochzeitsschmaus); denn jenes weist auf das Ende aller Menschen hin, und wer noch im Leben steht, möge sich das zu Herzen nehmen! 3Besser Unmut als Lachen; denn bei ernstem Angesicht steht es gut um das Herz. 4Das Herz der Weisen weilt im Trauerhause, aber das Herz der Toren im Hause der Freude. – 5Besser ist es, auf das Schelten eines Weisen zu hören, als daß man die Lieder der Toren anhört; 6denn wie das Knistern (oder: Prasseln) des Reisigs unter dem Kessel, so ist das Lachen des Toren. Auch das ist nichtig. – 7Denn unredlicher Gewinn macht den Weisen zum Toren, und Bestechungsgeschenke verderben das Herz (= die Gesinnung). – 8Besser ist der Ausgang einer Sache als ihr Anfang, besser Langmut als Hochmut. 9Übereile dich nicht, in ärgerliche Stimmung zu geraten; denn der Ärger hat seine Wohnung im Busen der Toren. – 10Frage nicht, wie es komme, daß die früheren Zeiten besser waren als die jetzigen; denn nicht die Weisheit gibt dir diese Frage ein. 11Weisheit ist so gut wie ein Erbbesitz, und Einsicht ein Gewinn für die, welche das Sonnenlicht sehen; 12denn im Schatten (= unter dem Schutz) der Weisheit ist man ebenso geborgen wie im Schatten (= unter dem Schutz) des Geldes; aber der Vorzug der Erkenntnis besteht darin, daß die Weisheit ihrem Besitzer das Leben erhält. – 13Betrachte das Walten Gottes; denn wer kann etwas gerade machen, was er gekrümmt hat? 14Am guten Tage sei guter Dinge, und am bösen Tage, da erwäge: auch diesen hat Gott ebenso wie jenen gemacht, damit der Mensch nicht ausfindig mache, was nach ihm geschieht (oder: ihm bevorsteht).
b) Warnung vor aller Maßlosigkeit und Mahnung zu wahrer Weisheit
15Alles (beides) habe ich in den Tagen meines eitlen (Erdenlebens) gesehen: mancher Gerechte geht trotz seiner Gerechtigkeit zugrunde, und mancher Gottlose bringt es trotz seiner Bosheit zu langem Leben. 16Verhalte dich nicht allzu gerecht und gebärde dich nicht übertrieben weise: warum willst du selbst Schaden nehmen (oder: dich zugrunde richten)? 17Handle aber auch nicht allzu gottlos und zu töricht: warum willst du vor der Zeit sterben? 18Es ist am besten, wenn du an dem einen festhältst und auch das andere nicht fahren läßt; denn der Gottesfürchtige entgeht allem beidem (oder: kommt weiter als sie alle?). – 19Die Weisheit verleiht dem Weisen mehr Kraft als zehn Machthaber, die in der Stadt sind. 20Denn kein Mensch auf Erden ist so gerecht, daß er nur Gutes täte und niemals sündigte. 21Gib auch nicht auf alles Gerede acht, das man führt; du könntest sonst einmal deinen eigenen Knecht dich schmähen hören; 22denn gar manchmal – du wirst dir dessen wohl bewußt sein – hast du selbst andere geschmäht.
23Alles dies habe ich mit (oder: im Streben nach) der Weisheit erprobt; ich dachte: »Ich will die Weisheit gewinnen!«, doch sie blieb fern von mir. 24In weiter Ferne liegt der Grund aller Dinge und tief, ja tief verborgen: wer kann ihn ausfindig machen?
12. Des Predigers üble Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht
25Immer wieder, wenn ich mich dazu wandte und mein Streben darauf richtete, Erkenntnis und ein richtiges Urteil zu gewinnen und mit dem Suchen nach Weisheit zu einem Abschluß zu kommen und einzusehen, daß die Gottlosigkeit Torheit ist und die Torheit Wahnsinn, 26da fand ich etwas, das bitterer ist als der Tod, nämlich das Weib, das einem Fangnetz gleicht und dessen Herz Schlingen, dessen Arme Fesseln sind. Wer Gott wohlgefällt, der entgeht ihr, doch wer sündigt (oder: doch wer ihm mißfällt), wird von ihr gefangen. 27»Siehe, dies habe ich gefunden«, sagt der Prediger, »indem ich eine Erfahrung zu der andern fügte, um ein sicheres Urteil zu gewinnen; 28was aber meine Seele immer noch sucht und was ich nicht gefunden habe, ist dies: Unter tausend habe ich wohl einen Mann gefunden, aber ein Weib habe ich unter ihnen allen nicht gefunden. 29Allerdings, wisse wohl: dies habe ich gefunden, daß Gott die Menschen gerade (= recht, richtig) geschaffen hat; sie selbst aber suchen viele verwerfliche Künste.«
Die Heilige Schrift, übersetzt von Hermann Menge. Neuausgabe © 1949/2003 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Apokryphen aus: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, übersetzt von Hermann Menge © 1967, Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart