3. Jerusalems Schuld und Strafe
a) Die Anklage und die Hauptklagepunkte (Blutvergießen und Götzendienst)
1Weiter erging das Wort des HERRN an mich folgendermaßen: 2»Du, Menschensohn, willst du nicht der blutbefleckten Stadt das Urteil sprechen? Willst du sie nicht richten? Halte ihr alle ihre Greuel vor 3mit den Worten: ›So hat Gott der HERR gesprochen: Wehe der Stadt, die Blut in ihrer Mitte vergossen hat, damit ihre Zeit herbeikomme (oder: um so schneller komme), und die sich zu ihrem Unheil Götzen angefertigt hat, um sich zu verunreinigen! 4Durch dein Blut, das du vergossen, hast du dich mit Schuld beladen, und durch deine Götzen, die du dir angefertigt hast, bist du unrein geworden; du hast die Tage deines Gerichts nahe herangebracht und bist zum Abschluß deiner Jahre gekommen. Darum mache ich dich zum Hohn für die Völker und zum Spott für alle Länder. 5Mögen sie in deiner Nähe oder fern von dir wohnen, sie werden dich verspotten, weil dein Ruf befleckt ist und überall Verwirrung (oder: Unzucht) in dir herrscht.‹«
b) Nähere Darlegung der Sünden
6»›Siehe, die Fürsten Israels in deiner Mitte sind alle, soviel ein jeder mit seiner Faust vermochte, beflissen gewesen, Blut zu vergießen. 7Vater und Mutter verachtet man in dir, den Fremdling behandelt man gewalttätig in deiner Mitte, Waisen und Witwen bedrückt man in dir. 8Was mir heilig ist, mißachtest du, und meine Sabbate entweihst du. 9Verleumder weilen in dir, die auf Blutvergießen ausgehen, und auf den Bergen hält man bei dir Opfermahle, Unzucht (oder: Schandtaten) verübt man in deiner Mitte. 10Man treibt Unzucht in dir mit dem Weibe des Vaters (d. h. mit der Stiefmutter) und mißbraucht in dir die vom Blutgang unreinen Frauen. 11Ein jeder treibt Ehebruch mit der Frau seines Nächsten; ein anderer lebt in Blutschande mit seiner Schwiegertochter, der andere schändet in dir seine Schwester (d. h. die Stiefschwester), die Tochter seines Vaters. 12Bestechungsgeschenke nimmt man in dir an, um Blut zu vergießen; du treibst Wucher und läßt dir Zinsen zahlen und übervorteilst deinen Nächsten durch Erpressung; mich aber hast du vergessen!‹ – so lautet der Ausspruch Gottes des HERRN. 13›Aber wisse wohl: ich schlage meine Hände zusammen über den unredlichen Gewinn, den du gemacht hast, und über deine Bluttaten, die in deiner Mitte begangen sind. 14Wird wohl dein Herz (= Mut) standhalten, oder werden deine Hände stark bleiben zu der Zeit, wo ich mit dir ins Gericht gehen werde? Ich, der HERR, habe es angesagt und werde es auch vollführen! 15Denn ich werde dich unter die Völker zerstreuen und dich in die Länder versprengen und deine Unreinheit gänzlich aus dir wegschaffen, 16damit du durch eigene Schuld entehrt vor den Augen der Heidenvölker dastehst; dann wirst du zu der Erkenntnis kommen, daß ich der HERR bin.‹«
c) Die Schmelzung der Schlacken im Schmelzofen des belagerten Jerusalem
17Weiter erging das Wort des HERRN an mich folgendermaßen: 18»Menschensohn, die vom Hause Israel sind für mich zu Schlacken geworden; sie sind alle wie Kupfer und Zinn, Eisen und Blei: Silberschlacken sind sie geworden!« 19Darum hat Gott der HERR so gesprochen: »Weil ihr alle zu Schlacken geworden seid, darum will ich euch nunmehr inmitten Jerusalems zusammenbringen. 20Wie man Silber und Kupfer, Eisen, Blei und Zinn im Schmelzofen zusammentut, um Feuer darunter (oder: dawider) anzufachen, damit es zum Schmelzen gebracht wird, so will ich euch in meinem Zorn und Grimm zusammentun und euch hineinlegen und zum Schmelzen bringen. 21Versammeln will ich euch und das Feuer meines Ingrimms gegen euch anfachen, daß ihr darin (d. h. in Jerusalem) geschmolzen werden sollt. 22Wie man Silber im Schmelzofen schmelzt, so sollt ihr in der Stadt geschmolzen werden, damit ihr erkennt, daß ich, der HERR, meinen Grimm über euch ausgegossen habe!«
d) Die Verderbtheit erstreckt sich über das ganze Volk
23Weiter erging das Wort des HERRN an mich folgendermaßen: 24»Menschensohn, sage zu ihm (d. h. zu Jerusalem und zum Lande Juda): ›Du bist ein Land, das nicht benetzt, nicht beregnet worden ist in der Zeit des Grolls, 25dessen Fürsten in ihm wie ein brüllender und beutegieriger Löwe gewesen sind: sie haben Menschenleben gefressen, Reichtum und Kostbarkeiten an sich gebracht, die Zahl der Witwen in ihm gemehrt. 26Seine Priester haben meinem Gesetz Gewalt angetan und das, was mir heilig ist, entweiht; zwischen Heiligem und Unheiligem haben sie keinen Unterschied gemacht und das, was rein und unrein ist, nicht zu unterscheiden gelehrt; vor meinen Sabbaten aber haben sie ihre Augen geschlossen, so daß ich unter ihnen nicht mehr als heilig gelte. 27Ihre Fürsten (oder: Oberen) sind in ihrer Mitte wie beutegierige Wölfe: sie gehen darauf aus, Blut zu vergießen und Menschenleben zu vernichten, um Gewinn zu erraffen. 28Ihre Propheten aber überstreichen ihnen alles mit Tünche, indem sie erdichtete Gesichte schauen und ihnen Lügen wahrsagen mit der Versicherung: So hat Gott der HERR gesprochen!, während doch der HERR gar nicht geredet hat. 29Das Volk im Lande (oder: das gewöhnliche Volk) verübt Gewalttätigkeit und begeht Raub, bedrückt die Armen und Elenden und übervorteilt die Fremdlinge gegen alles Recht. 30Ich habe unter ihnen nach einem Manne gesucht, der eine Mauer aufführen könnte und vor mir für das Land in den Riß (= in die Bresche) treten möchte, damit ich es nicht zu Grunde richtete, aber ich habe keinen gefunden. 31Da habe ich denn meinen Zorn sich über sie ergießen lassen, habe sie durch das Feuer meines Grimms vernichtet und die Strafe für ihren Wandel auf ihr Haupt fallen lassen!‹« – so lautet der Ausspruch Gottes des HERRN.