1Es lag aber ein Mann krank darnieder, Lazarus von Bethanien, aus dem Dorfe, in welchem Maria und ihre Schwester Martha wohnten – 2es war die Maria, die den Herrn mit Myrrhenbalsam gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren getrocknet hat (vgl. 12,1-8) –: deren Bruder Lazarus lag krank darnieder. 3Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: »Herr, siehe, der, den du lieb hast, der ist krank!« 4Als Jesus das vernahm, sagte er: »Diese Krankheit führt nicht zum Tode, sondern dient zur Verherrlichung Gottes, weil der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werden soll.« 5Jesus hatte aber die Martha und ihre Schwester und auch den Lazarus lieb. 6Als er nun von dessen Krankheit gehört hatte, blieb er zunächst noch zwei Tage an dem Orte, wo er sich befand; 7dann erst sagte er zu seinen Jüngern: »Wir wollen wieder nach Judäa ziehen!« 8Die Jünger erwiderten ihm: »Rabbi (= Meister), soeben erst haben die Juden dich steinigen wollen, und nun willst du wieder dorthin gehen?« 9Jesus antwortete: »Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn man am Tage wandert, stößt man nicht an, weil man das Licht dieser Welt sieht; 10wenn man aber bei Nacht wandert, stößt man an, weil man kein Licht in sich hat, um zu sehen.« 11So sagte er und fuhr dann fort: »Unser Freund Lazarus ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, um ihn aus dem Schlaf zu wecken.« 12Da erwiderten ihm die Jünger: »Herr, wenn er eingeschlafen ist, wird er wieder gesund werden.« 13Jesus hatte den Tod des Lazarus gemeint, sie dagegen waren der Meinung, er rede vom gewöhnlichen Schlaf. 14Da sagte Jesus ihnen denn mit klaren Worten: »Lazarus ist gestorben, 15und ich freue mich euretwegen, daß ich nicht dort gewesen bin, damit ihr glauben lernt. Doch nun laßt uns zu ihm gehen!« 16Da sagte Thomas, der auch den Namen ›Zwilling‹ führt, zu seinen Mitjüngern: »Laßt uns hingehen, um mit ihm zu sterben!«
b) Jesu Rückkehr nach Bethanien; sein Zusammentreffen mit Martha und Maria und sein Zeugnis von der Auferstehung in Unvergänglichkeit
17Als nun Jesus hinkam, fand er ihn schon seit vier Tagen im Grabe liegen. 18Bethanien lag aber in der Nähe von Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien (= kaum ein Stündchen Wegs) von dort entfernt; 19darum hatten sich viele von den Juden bei Martha und Maria eingefunden, um sie über den Tod ihres Bruders zu trösten. 20Als nun Martha von der Ankunft Jesu hörte, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Hause (bei den Trauergästen) sitzen. 21Da sagte Martha zu Jesus: »Herr, wärest du hier gewesen, so wäre mein Bruder nicht gestorben! 22Doch auch so weiß ich, daß Gott dir alles gewähren wird, um was du Gott bittest.« 23Jesus erwiderte ihr: »Dein Bruder wird auferstehen!« 24Martha antwortete ihm: »Ich weiß, daß er bei der Auferstehung am jüngsten Tage auferstehen wird.« 25Jesus entgegnete ihr: »Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch stirbt, 26und wer da lebt und an mich glaubt (= im Leben an mich glaubt), wird in Ewigkeit nicht sterben! Glaubst du das?« 27Sie antwortete ihm: »Ja, Herr, ich habe den Glauben gewonnen, daß du Christus (= der Messias) bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.«
28Nach diesen Worten ging sie weg und rief ihre Schwester Maria, indem sie ihr zuflüsterte: »Der Meister ist da und läßt dich rufen!« 29Sobald jene das gehört hatte, stand sie schnell auf und machte sich auf den Weg zu ihm; 30Jesus war aber noch nicht in das Dorf gekommen, sondern befand sich noch an der Stelle, wohin Martha ihm entgegengekommen war. 31Als nun die Juden, die bei Maria im Hause waren und sie zu trösten suchten, sie schnell aufstehen und hinausgehen sahen, folgten sie ihr nach in der Meinung, sie wolle zum Grabe gehen, um dort zu weinen. 32Als nun Maria an die Stelle kam, wo Jesus sich befand, und ihn erblickt hatte, warf sie sich ihm zu Füßen und sagte zu ihm: »Herr, wärest du hier gewesen, so wäre mein Bruder nicht gestorben!« 33Als nun Jesus sah, wie sie weinte und wie auch die Juden weinten, die mit ihr gekommen waren, fühlte er sich im Geist heftig bewegt und erschüttert.
c) Jesus am Grabe und sein Gebet; die Auferweckung des Lazarus
34Darauf fragte er: »Wo habt ihr ihn beigesetzt?« Sie antworteten ihm: »Herr, komm und sieh es!« 35Jesus weinte. 36Da sagten die Juden: »Seht, wie lieb hat er ihn gehabt!« 37Einige von ihnen aber sagten: »Hätte dieser, der dem Blinden die Augen aufgetan hat, nicht auch machen können, daß dieser hier nicht zu sterben brauchte?« 38Da geriet Jesus in seinem Innern aufs neue in heftige Erregung (vgl. V. 33) und trat an das Grab; es war dies aber eine Höhle (= ein Felsengrab), vor deren Eingang ein Stein lag. 39Jesus sagte: »Hebt den Stein weg!« Martha, die Schwester des Verstorbenen, erwiderte ihm: »Herr, er ist schon in Verwesung; es ist ja schon der vierte Tag seit seinem Tode.« 40Jesus entgegnete ihr: »Habe ich dir nicht gesagt, daß, wenn du glaubst, du die Herrlichkeit Gottes sehen wirst?« 41Da hoben sie den Stein weg; Jesus aber richtete die Augen (zum Himmel) empor und betete: »Vater, ich danke dir, daß du mich erhört hast! 42Ich wußte wohl, daß du mich allezeit erhörst; aber um des Volkes willen, das hier rings (um mich) steht, habe ich’s gesagt, damit sie zum Glauben kommen, daß du mich gesandt hast.« 43Nach diesen Worten rief er mit lauter Stimme: »Lazarus, komm heraus!« 44Da kam der Gestorbene heraus, an den Beinen und Armen mit Binden umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch umbunden. Jesus sagte zu ihnen: »Macht ihn los (von seinen Hüllen) und laßt ihn (frei) gehen!«
13. Die Wirkungen des Wunders; Todesbeschluß des Hohen Rates; Jesus entweicht nach Ephraim
45Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und zugeschaut hatten bei dem, was Jesus getan hatte, wurden an ihn gläubig; 46einige von ihnen aber gingen weg zu den Pharisäern und berichteten ihnen, was Jesus getan hatte. 47Infolgedessen beriefen die Hohenpriester und Pharisäer eine Versammlung des Hohen Rates und sagten: »Was sollen wir tun, da dieser Mensch so viele Wunderzeichen vollführt? 48Lassen wir ihn so weiter gewähren, so werden (schließlich) noch alle an ihn glauben, und dann werden die Römer kommen und uns die Stätte (d. h. unser Heiligtum) und unser Volkstum beseitigen.« 49Einer aber von ihnen, nämlich Kaiphas, der in jenem Jahre Hoherpriester war, sagte zu ihnen: »Ihr seid ganz ohne Einsicht 50und bedenkt nicht, daß es besser für euch ist, daß ein einzelner Mensch für das Volk stirbt, und nicht das ganze Volk zugrunde geht.« 51Dies sagte er aber nicht von sich selbst aus, sondern als Hoherpriester jenes Jahres weissagte er (unbewußt), daß Jesus (zum Heil) für das Volk sterben würde, 52und zwar nicht für das (jüdische) Volk allein, sondern auch, damit er die (unter den Völkern) zerstreuten Gotteskinder zu einem einheitlichen Ganzen vereinigte. 53So beratschlagten sie denn von diesem Tage an miteinander in der Absicht, ihn zu töten. 54Daher ging Jesus nicht mehr öffentlich unter den Juden umher, sondern zog sich von dort in die Gegend nahe bei der Wüste nach einer Stadt namens Ephraim zurück und verweilte dort mit seinen Jüngern längere Zeit.
55Es stand aber das jüdische Passah nahe bevor, und viele Leute zogen aus dem (ganzen) Lande schon vor dem Passah nach Jerusalem hinauf, um sich zu heiligen (oder: zu weihen). 56Sie suchten (oder: erkundigten sich) nun dort nach Jesus und besprachen sich miteinander, während sie auf dem Tempelplatze standen: »Was meint ihr? Er wird doch wohl nicht zum Feste kommen?« 57Die Hohenpriester und Pharisäer aber hatten mehrfach die Verfügung ergehen lassen, wenn jemand seinen Aufenthaltsort in Erfahrung bringe, solle er Anzeige erstatten, damit sie ihn festnehmen könnten.