8. Heilung des Knechts des (heidnischen) Hauptmanns von Kapernaum
1Nachdem Jesus alle seine Reden an das Volk, das ihm zuhörte, beendet hatte, ging er nach Kapernaum hinein. 2Dort lag der Diener (= Bursche) eines Hauptmanns, der diesem besonders wert war, todkrank darnieder. 3Weil nun der Hauptmann von Jesus gehört hatte, sandte er Älteste der Juden zu ihm mit der Bitte, er möchte kommen und seinen Diener gesund machen. 4Als diese zu Jesus kamen, baten sie ihn inständig mit den Worten: »Er verdient es, daß du ihm diese Bitte erfüllst; 5denn er hat unser Volk lieb, und er ist es, der uns unsere Synagoge gebaut hat.« 6Da machte sich Jesus mit ihnen auf den Weg. Als er aber nicht mehr weit von dem Hause entfernt war, sandte der Hauptmann Freunde ab und ließ ihm sagen: »Herr, bemühe dich nicht, denn ich bin nicht wert, daß du unter mein Dach trittst. 7Darum habe ich mich auch nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen; sprich vielmehr nur ein Wort, so muß mein Diener gesund werden. 8Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Vorgesetzten steht, und habe Mannschaften unter mir; und wenn ich zu einem sage: ›Geh!‹, so geht er, und zu einem anderen: ›Komm!‹, so kommt er, und zu meinem Diener: ›Tu das!‹, so tut er’s.« 9Als Jesus das hörte, wunderte er sich über ihn und sagte, zu der ihn begleitenden Volksmenge gewandt: »Ich sage euch: Selbst in Israel habe ich solchen Glauben nicht gefunden!« 10Als dann die Abgesandten in das Haus (des Hauptmanns) zurückkehrten, fanden sie den Diener von seiner Krankheit genesen.
9. Auferweckung des Jünglings zu Nain
11Kurze Zeit darauf begab es sich, daß Jesus nach einer Stadt namens Nain wanderte, und mit ihm zogen seine Jünger und eine große Volksschar. 12Als er sich nun dem Stadttor näherte, da trug man gerade einen Toten heraus, den einzigen Sohn seiner Mutter, und die war eine Witwe; und eine große Volksmenge aus der Stadt gab ihr das Geleit. 13Als der Herr sie sah, ging ihr Unglück ihm zu Herzen, und er sagte zu ihr: »Weine nicht!« 14Dann trat er hinzu und faßte die Bahre an; da standen die Träger still, und er sprach: »Jüngling, ich sage dir: stehe auf!« 15Da setzte der Tote sich aufrecht hin und fing an zu reden; und Jesus gab ihn seiner Mutter wieder (1. Kön 17,23). 16Da kam Furcht über alle, und sie priesen Gott und sagten: »Ein großer Prophet ist unter uns erstanden!« und: »Gott hat sein Volk gnädig angesehen!« 17Die Kunde von dieser seiner Tat aber verbreitete sich im ganzen jüdischen Lande und in allen umliegenden Gegenden.
10. Gesandtschaft Johannes des Täufers; Jesu Antwort und sein Zeugnis über Johannes
18Auch dem Johannes erstatteten seine Jünger Bericht über dies alles. Da rief Johannes zwei von seinen Jüngern zu sich, 19sandte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: »Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?« 20Als nun die Männer bei Jesus eintrafen, sagten sie: »Johannes der Täufer hat uns zu dir gesandt und läßt dich fragen: ›Bist du es, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?‹« 21Jesus heilte in eben jener Stunde viele von Krankheiten, von schmerzhaften Leiden und bösen Geistern und schenkte vielen Blinden das Augenlicht. 22So gab er ihnen denn zur Antwort: »Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr (hier) gesehen und gehört habt: Blinde werden sehend, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird die Heilsbotschaft verkündigt (Jes 35,5; 61,1), 23und selig ist, wer an mir nicht irre wird.«
24Als nun die Boten des Johannes wieder weggegangen waren, begann Jesus zu der Volksmenge über Johannes zu reden: »Was wolltet ihr sehen, als ihr (jüngst) in die Wüste hinauszogt? Etwa ein Schilfrohr, das vom Winde hin und her bewegt wird? 25Nein; aber wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Mann in weichen Gewändern sehen? Nein; die Leute, welche prächtige Kleidung tragen und in Üppigkeit leben, sind in den Königspalästen zu finden. 26Aber wozu seid ihr hinausgezogen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: Mehr noch als einen Propheten! 27Dieser ist es, über den geschrieben steht (Mal 3,1): ›Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir her bereiten soll.‹ 28Ja, ich sage euch: Unter den von Frauen Geborenen gibt es keinen größeren (Propheten) als Johannes; aber der Kleinste im Reiche Gottes ist größer als er. 29Und das gesamte Volk, das ihn hörte, auch die Zöllner sind dem Willen Gottes nachgekommen, indem sie sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen; 30aber die Pharisäer und die Gesetzeslehrer haben den Heilsratschluß Gottes für ihre Person verworfen, indem sie sich von ihm nicht taufen ließen.
31Wem soll ich nun (oder: demnach) die Menschen des gegenwärtigen Zeitalters vergleichen? Wem sind sie gleich? 32Sie sind wie Kinder, die auf einem öffentlichen Platze sitzen und einander zurufen: ›Wir haben euch gepfiffen, doch ihr habt nicht getanzt! Wir haben Klagelieder angestimmt, doch ihr habt nicht geweint!‹ 33Denn Johannes der Täufer ist gekommen, der kein Brot aß und keinen Wein trank; da sagt ihr: ›Er ist von Sinnen!‹ 34Nun ist der Menschensohn gekommen, welcher ißt und trinkt; da sagt ihr: ›Seht, ein Fresser und Weintrinker, ein Freund von Zöllnern und Sündern!‹ 35Und doch ist die (göttliche) Weisheit gerechtfertigt worden von (oder: an) allen ihren Kindern.«
11. Jesu Salbung durch die große Sünderin
36Es lud ihn aber einer von den Pharisäern ein, bei ihm zu speisen; er ging denn auch in die Wohnung des Pharisäers und nahm bei Tische Platz. 37Und siehe, eine Frau, die in der Stadt als Sünderin lebte und erfahren hatte, daß Jesus im Hause des Pharisäers zu Gaste sei, brachte ein Alabasterfläschchen mit Myrrhenöl 38und begann, indem sie von hinten an seine Füße herantrat und weinte, seine Füße mit ihren Tränen zu benetzen und sie mit ihrem Haupthaar zu trocknen; dann küßte sie seine Füße und salbte sie mit dem Myrrhenöl. 39Als nun der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er bei sich: »Wenn dieser wirklich ein Prophet wäre, so müßte er wissen, wer und was für eine Frau das ist, die ihn da berührt, daß sie nämlich eine Sünderin ist.« 40Da nahm Jesus das Wort und sagte zu ihm: »Simon, ich habe dir etwas zu sagen.« Jener erwiderte: »Meister, sprich!« 41»Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare (= Silberstücke) schuldig, der andere fünfzig; 42weil sie aber nicht zurückzahlen konnten, schenkte er beiden die Schuld. Wer von ihnen wird ihn nun am meisten lieben?« 43Simon antwortete: »Ich denke der, dem er das meiste geschenkt hat.« Jesus erwiderte ihm: »Du hast richtig geurteilt.« 44Indem er sich dann zu der Frau wandte, sagte er zu Simon: »Siehst du diese Frau hier? Ich bin in dein Haus gekommen: du hast mir kein Wasser für die Füße gegeben, sie aber hat mir die Füße mit ihren Tränen genetzt und sie mit ihrem Haar getrocknet. 45Du hast mir keinen Kuß gegeben, sie aber hat, seitdem ich eingetreten bin, mir die Füße unaufhörlich geküßt. 46Du hast mir das Haupt nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir mit Myrrhenöl die Füße gesalbt. 47Deshalb sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben, denn sie hat viel Liebe erwiesen; wem aber nur wenig vergeben wird, der erweist auch nur wenig Liebe.« 48Dann sagte er zu ihr: »Deine Sünden sind (dir) vergeben!« 49Da begannen die Tischgenossen bei sich zu denken (oder: untereinander zu sagen): »Wer ist dieser, daß er sogar Sünden vergibt?« 50Er aber sagte zu der Frau: »Dein Glaube hat dich gerettet: gehe hin in Frieden!«