2. Die Bergpredigt: Jesus leitet seine Jünger zu einer Gerechtigkeit und einem Glaubenswege an, dadurch sie als Salz der Erde und Licht der Welt wirken sollen
(Kap. 5–7)
a) Einleitung
1Als Jesus nun die Volksscharen sah, ging er ins Gebirge (oder: auf den Berg) hinauf, und nachdem er sich dort gesetzt hatte, traten seine Jünger (d. h. Schüler, Zuhörer) zu ihm. 2Da tat er seinen Mund auf und lehrte sie mit den Worten:
b) Beschreibung der geistlichen Entwicklung der Jünger bis zum vollen Besitz der Gerechtigkeit (acht Seligpreisungen)
3»Selig sind die geistlich Armen, denn ihnen wird das Himmelreich zuteil! 4Selig sind die Bekümmerten, denn sie werden getröstet werden! – 5Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben (oder: die Erde besitzen)! 6Selig sind, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden! – 7Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen! 8Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen! 9Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Söhne Gottes (vgl. 5,45) heißen! – 10Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung erleiden, denn ihnen wird das Himmelreich zuteil! 11Selig seid ihr, wenn man euch um meinetwillen schmäht und verfolgt und euch lügnerisch alles Böse nachredet! 12Freuet euch darüber und jubelt, denn euer Lohn ist groß im Himmel! Ebenso hat man ja auch die Propheten vor euch verfolgt.«
c) Der Grundgedanke dieser ganzen Unterweisung: Die Jünger sollen das Salz der Erde und das Licht der Welt sein
13»Ihr seid das Salz der Erde (= für die Erde)! Wenn aber das Salz fade (= salzlos) geworden ist, womit soll es wieder gesalzen werden (d. h. seine Salzkraft zurückerhalten)? Es taugt zu nichts mehr, als aus dem Hause geworfen und von den Leuten zertreten zu werden (Mk 9,50; Lk 14,34-35). – 14Ihr seid das Licht der Welt! Eine Stadt, die oben auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben. 15Man zündet auch nicht ein Licht an und stellt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter (d. h. Lichtständer): dann leuchtet es allen, die im Hause sind (Mk 4,21; Lk 8,16; 11,33). 16Ebenso soll auch euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der im Himmel ist, preisen.«
d) Die hier gelehrte Gerechtigkeit bedeutet im Vergleich zu den Forderungen des Alten Bundes Vollkommenheit
aa) Um Erfüllung der Gebote handelt es sich
17»Denkt nicht, daß ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen (= aufzuheben)! Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen (d. h. zur Erfüllung zu bringen). 18Denn wahrlich ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird vom Gesetz nicht ein einziges Jota (d. h. der kleinste Buchstabe) und kein Strichlein vergehen (= aufgehoben werden), bis alles in Erfüllung gegangen ist. 19Wer also ein einziges von diesen Geboten – und wäre es das geringste – auflöst (= aufhebt) und die Menschen demgemäß lehrt, der wird der Geringste (oder: Kleinste) im Himmelreich heißen; wer sie aber tut und (die Menschen) so lehrt, der wird groß im Himmelreich heißen. 20Denn ich sage euch: Wenn es mit eurer Gerechtigkeit nicht weit besser bestellt ist als bei den Schriftgelehrten und Pharisäern, so werdet ihr nimmermehr ins Himmelreich eingehen!«
bb) Das wird an einigen mosaischen Geboten gezeigt
21»Ihr habt gehört, daß den Alten (= Vorfahren) geboten worden ist (2. Mose 20,13; 21,12): ›Du sollst nicht töten‹, wer aber tötet, soll dem Gericht verfallen sein. 22Ich dagegen sage euch: Wer seinem Bruder auch nur zürnt, der soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder ›Dummkopf‹ sagt, soll dem Hohen Rat verfallen sein; und wer ›du Narr‹ (= Gottloser) zu ihm sagt, soll der Feuerhölle (= Gehenna) verfallen sein. 23Wenn du also deine Opfergabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, daß dein Bruder etwas gegen dich hat, 24so laß deine Gabe dort vor dem Altar und gehe zunächst hin und versöhne dich mit deinem Bruder; alsdann geh hin und opfere deine Gabe! 25Sei zum Vergleich mit deinem Widersacher (= Prozeßgegner) ohne Säumen bereit, solange du mit ihm noch auf dem Wege (zum Richter) bist, damit dein Widersacher dich nicht dem Richter übergibt und der Richter dich dem Gerichtsdiener (überantwortet) und du ins Gefängnis gesetzt wirst. 26Wahrlich ich sage dir: Du wirst von dort sicherlich nicht herauskommen, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast (vgl. Lk 12,58-59).
27Ihr habt gehört, daß (den Alten) geboten worden ist (2. Mose 20,14): ›Du sollst nicht ehebrechen!‹ 28Ich dagegen sage euch: Wer eine Ehefrau auch nur mit Begehrlichkeit anblickt, hat damit schon in seinem Herzen Ehebruch an ihr begangen. 29Wenn dich also dein rechtes Auge ärgert (oder: zum Bösen verführen will), so reiß es aus und wirf es weg von dir; denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder (dir) verloren geht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. 30Und wenn deine rechte Hand dich ärgert (oder: zum Bösen verführen will), so haue sie ab und wirf sie weg von dir; denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder (dir) verloren geht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. – 31Ferner ist (zu den Alten) gesagt worden (5. Mose 24,1): ›Wer seine Ehefrau entläßt (oder: sich von seiner Frau scheiden will), der soll ihr einen Scheidebrief geben!‹ 32Ich dagegen sage euch: Wer sich von seiner Frau scheidet – außer auf Grund von Unzucht –, der verschuldet es, daß dann Ehebruch mit ihr verübt wird; und wer eine entlassene (oder: geschiedene) Frau heiratet, der begeht Ehebruch.
33Ihr habt weiter gehört, daß den Alten geboten worden ist (3. Mose 19,12; 4. Mose 30,3-4): ›Du sollst nicht falsch schwören‹, ›sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen!‹ 34Ich dagegen sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, 35noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs (d. h. Gottes). 36Auch bei deinem Haupte sollst du nicht schwören, denn du vermagst kein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. 37Eure Rede sei vielmehr ›ja ja – nein nein‹; jeder weitere Zusatz ist vom Übel (oder: stammt vom Bösen).
38Ihr habt gehört, daß (den Alten) geboten worden ist (2. Mose 21,24; 3. Mose 24,19-20): ›Auge um (= gegen) Auge und Zahn um (= gegen) Zahn!‹ 39Ich dagegen sage euch: Ihr sollt dem Bösen (= der Bosheit) keinen Widerstand leisten; sondern wer dich auf die rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin, 40und wer mit dir einen Rechtsstreit anfangen und dir den Rock nehmen (= pfänden) will, dem überlaß auch noch den Mantel, 41und wer dich zu einer Meile Weges nötigt (= preßt), mit dem gehe zwei. 42Wer dich (um etwas) bittet, dem gib, und wer (Geld) von dir borgen will, den weise nicht ab!
43Ihr habt gehört, daß (den Alten) geboten worden ist (3. Mose 19,18); ›Du sollst deinen Nächsten lieben, und deinen Feind hassen!‹ 44Ich dagegen sage euch: Liebet eure Feinde und betet für eure Verfolger, 45damit ihr euch als Söhne (bzw. Kinder) eures himmlischen Vaters erweist. Denn er läßt seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und läßt regnen auf Gerechte und Ungerechte. 46Denn wenn ihr (nur) die liebt, die euch lieben, welches Verdienst habt ihr da (oder: welchen Lohn habt ihr dafür zu erwarten)? Tun das nicht auch die Zöllner? 47Und wenn ihr nur eure Freunde grüßt, was tut ihr da Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? 48Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.«