5. Gleichnis von den treulosen Weingärtnern
1Er begann dann in Gleichnissen zu ihnen zu reden: »Ein Mann legte einen Weinberg an, umgab ihn mit einem Zaun, grub eine Kelter darin, baute einen Wachtturm, verpachtete ihn an Weingärtner und ging außer Landes (Jes 5,1-2). 2Zu rechter Zeit sandte er dann einen Knecht zu den Weingärtnern, um seinen Teil der Früchte des Weinbergs von den Weingärtnern in Empfang zu nehmen. 3Die aber ergriffen den Knecht, mißhandelten ihn und schickten ihn mit leeren Händen zurück. 4Da sandte er nochmals einen anderen Knecht zu ihnen; auch diesem zerschlugen sie den Kopf und beschimpften ihn. 5Er sandte noch einen anderen, den sie töteten, und noch viele andere (sandte er), von denen sie die einen mißhandelten, die anderen töteten. 6Nun hatte er noch einen einzigen, seinen geliebten Sohn; den sandte er zuletzt auch noch zu ihnen, weil er dachte: ›Sie werden sich doch vor meinem Sohne scheuen.‹ 7Jene Weingärtner aber sagten zueinander: ›Dieser ist der Erbe; kommt, wir wollen ihn töten; dann wird das Erbgut uns gehören.‹ 8So ergriffen sie ihn denn, schlugen ihn tot und warfen ihn vor den Weinberg hinaus. 9Was wird nun der Herr des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Weingärtner umbringen und wird den Weinberg an andere vergeben. – 10Habt ihr nicht auch dieses Schriftwort gelesen (Ps 118,22-23): ›Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden; 11durch den Herrn ist er das geworden, und ein Wunder ist er in unsern Augen?‹« 12Da hätten sie ihn am liebsten festgenommen, fürchteten sich jedoch vor dem Volk; sie hatten nämlich wohl gemerkt, daß er das Gleichnis gegen sie gerichtet hatte. So ließen sie denn von ihm ab und entfernten sich.
6. Die Steuerfrage der Pharisäer (oder das Gespräch vom ›Zinsgroschen‹)
13Sie sandten darauf einige von den Pharisäern und den Anhängern des Herodes (vgl. dazu Mt 22,16) zu ihm, um ihn durch einen Ausspruch zu fangen. 14Jene kamen also und sagten zu ihm: »Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist und auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst die Person (= das Äußere der Menschen) nicht an, sondern lehrst den Weg Gottes mit Wahrhaftigkeit. Ist es recht, daß man dem Kaiser Steuer entrichtet, oder nicht? Sollen wir sie entrichten oder nicht?« 15Da er nun ihre Heuchelei durchschaute, antwortete er ihnen: »Warum versucht ihr mich? Reicht mir einen Denar, damit ich ihn ansehe!« 16Als sie ihm nun einen (Denar) gereicht hatten, fragte er sie: »Wessen Bild und Aufschrift ist das hier?« Sie antworteten ihm: »Des Kaisers.« 17Da sagte Jesus zu ihnen: »So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser zusteht, und Gott, was Gott zusteht!« Und sie gerieten in Staunen über ihn.
7. Die Frage der Sadduzäer (über die Auferstehung der Toten)
18Es traten dann Sadduzäer zu ihm, die da behaupten, es gebe keine Auferstehung, und legten ihm folgende Frage vor: 19»Meister, Mose hat uns vorgeschrieben (5. Mose 25,5-10): ›Wenn einem sein Bruder stirbt und eine Frau hinterläßt, aber kein Kind zurückläßt, so soll sein Bruder die Frau heiraten und für seinen Bruder das Geschlecht fortpflanzen.‹ 20Nun waren da sieben Brüder; der erste (= der älteste) nahm eine Frau, ließ aber bei seinem Tode keine Kinder zurück. 21Da heiratete sie der zweite, starb aber auch, ohne Kinder zu hinterlassen; der dritte ebenso, 22und alle sieben hinterließen keine Kinder; zuletzt nach allen starb auch die Frau. 23In der Auferstehung nun, wenn sie auferstehen: wem von ihnen wird sie dann als Frau angehören? Alle sieben haben sie ja zur Frau gehabt.« 24Jesus antwortete ihnen: »Befindet ihr euch nicht deshalb im Irrtum, weil ihr die (heiligen) Schriften und die Kraft Gottes nicht kennt? 25Denn wenn sie von den Toten auferstehen, dann heiraten sie weder, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie Engel im Himmel. 26Was aber die Auferweckung der Toten betrifft: habt ihr nicht im Buche Moses bei der Erzählung vom Dornbusch gelesen, wie Gott zu Mose die Worte gesprochen hat (2. Mose 3,6): ›Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs‹? 27Gott ist doch nicht der Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr seid arg im Irrtum!«
8. Die Frage eines Schriftgelehrten nach dem vornehmsten Gebot
28Da trat einer von den Schriftgelehrten hinzu, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander verhandelten (oder: stritten); und da er wußte, daß Jesus ihnen treffend geantwortet hatte, fragte er ihn: »Welches Gebot ist das erste von allen?« 29Jesus antwortete: »Das erste ist: ›Höre, Israel: der Herr, unser Gott, ist Herr allein, 30und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Denken und mit aller deiner Kraft!‹ (5. Mose 6,4-5) 31An zweiter Stelle steht dieses (Gebot): ›Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!‹ (3. Mose 19,18) Kein anderes Gebot steht höher als diese beiden.« 32Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: »Meister, mit Recht hast du der Wahrheit gemäß gesagt, daß Gott nur einer (oder: der einzige) ist und es keinen anderen außer ihm gibt (5. Mose 4,35; 6,4); 33und ihn mit ganzem Herzen und aus voller Überzeugung und mit ganzer Kraft lieben und den Nächsten wie sich selbst lieben, das ist weit mehr wert als alle Brandopfer und die Opfer überhaupt.« (1. Sam 15,22) 34Als Jesus ihn so verständig antworten hörte, sagte er zu ihm: »Du bist nicht weit vom Reiche Gottes entfernt.« Und niemand wagte fortan noch, Fragen an ihn zu richten.
9. Die Gegenfrage Jesu nach dem Messias als dem Sohne Davids
35Jesus warf dann, während er im Tempel lehrte, die Frage auf: »Wie können die Schriftgelehrten behaupten, daß Christus (= der Messias) Davids Sohn sei? 36David selbst hat doch im heiligen Geist gesagt (Ps 110,1): ›Der Herr hat zu meinem Herrn gesagt: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege zum Schemel deiner Füße.‹ 37David selbst nennt ihn (d. h. den Messias) ›Herr‹: wie kann er da sein Sohn sein?« Und die große Volksmenge hörte ihm gern zu.
10. Jesu Warnung vor dem Ehrgeiz und der Habgier der Schriftgelehrten
38Und in seiner Belehrung sagte er: »Hütet euch vor den Schriftgelehrten, die es lieben, in langen Gewändern einherzugehen und auf den Märkten (oder: Straßen) gegrüßt zu werden; 39die die Ehrensitze in den Synagogen und die obersten Plätze bei den Gastmählern beanspruchen; 40die die Häuser der Witwen verschlingen (= gierig an sich bringen) und zum Schein lange Gebete verrichten. Sie werden ein um so strengeres Gericht erfahren.«
11. Jesu Lob der zwei Scherflein der armen Witwe
41Als er sich dann dem Opferkasten gegenüber hingesetzt hatte, sah er zu, wie das Volk Geld in den Kasten einwarf, und viele Reiche taten viel hinein. 42Da kam auch eine arme Witwe und legte zwei Scherflein hinein, die einen Pfennig ausmachen. 43Da rief er seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: »Wahrlich ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr eingelegt als alle, die etwas in den Opferkasten getan haben. 44Denn jene haben alle von ihrem Überfluß eingelegt, sie aber hat aus ihrer Dürftigkeit heraus alles, was sie besaß, eingelegt, ihren ganzen Lebensunterhalt.«