c) Die bevorzugte Stellung der Juden bleibt dennoch bestehen; durch ihre Untreue wird die Treue Gottes in ein um so helleres Licht gestellt
1Was bleibt hiernach überhaupt noch als Vorzug (oder: Vorrecht) der Juden (vor den Heiden) oder als Nutzen der Beschneidung bestehen? 2Immerhin viel in jeder Hinsicht! Zuerst, daß ihnen die Verheißungen Gottes anvertraut worden sind. 3Denn nicht wahr, wenn manche sich untreu erwiesen haben – wird etwa deren Untreue die Treue Gottes aufheben? 4Nimmermehr! Es bleibt vielmehr dabei: Gott ist wahrhaftig, ob auch jeder Mensch ein Lügner ist (Ps 116,11), wie es in der Schrift heißt (Ps 51,6): »Du sollst in deinen Worten (oder: Urteilssprüchen) als gerecht erfunden werden und Sieger bleiben, wenn man mit dir rechtet.« 5Wenn aber so unsere Ungerechtigkeit die Gerechtigkeit Gottes erweist (oder: in um so helleres Licht stellt), was sollen wir daraus folgern? Ist Gott dann nicht ungerecht, wenn er seinen Zorn (oder: sein Zorngericht) verhängt? – ich rede da nach gewöhnlicher Menschenweise. – 6Nimmermehr! Wie sollte Gott sonst wohl Richter der ganzen Welt sein können? 7Wenn aber Gottes Wahrhaftigkeit infolge meines Lügens um so stärker zu seiner Verherrlichung (oder: Ehre) hervorgetreten ist, warum werde auch ich dann noch als Sünder gerichtet? 8Und warum halten wir uns dann nicht an den Grundsatz, den manche Lästerzungen mir wirklich in den Mund legen: »Laßt uns das Böse tun, damit das Gute dabei herauskomme?« Nun, die betreffenden Leute trifft das verdammende Urteil mit Fug und Recht.
d) Ergebnis: Das Sündenverderben erstreckt sich über Heiden und Juden und wird durch zahlreiche Schriftstellen bestätigt
9Wie steht es also? Haben wir (Juden) für uns etwas voraus? Nicht unbedingt. Wir haben ja schon vorhin gegen Juden ebenso wie gegen Griechen (vgl. 2,9) die Anklage erheben müssen, daß sie ausnahmslos unter (der Herrschaft) der Sünde stehen, 10wie es in der Schrift heißt: »Es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen; 11es gibt keinen Einsichtigen, keinen, der Gott mit Ernst sucht; 12sie sind alle abgewichen, allesamt entartet; keiner ist da, der das Gute tut, auch nicht ein einziger.« (Ps 14,1-3) 13»Ein offenes Grab ist ihre Kehle, mit ihren Zungen reden sie Trug.« (Ps 5,10) »Otterngift ist unter (oder: hinter) ihren Lippen.« (Ps 140,4) 14»Ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit.« (Ps 10,7) 15»Schnell sind ihre Füße, Blut zu vergießen; 16Verwüstung und Unheil sind auf ihren Wegen, 17und den Weg des Friedens kennen sie nicht.« (Jes 59,7-8) 18»Keine Furcht Gottes steht ihnen vor Augen.« (Ps 36,2) 19Wir wissen aber, daß das Gesetz alles, was es ausspricht, denen vorhält, die unter dem Gesetz (d. h. im Besitz des Gesetzes) sind; es soll eben einem jeden der Mund gestopft (= zum Schweigen gebracht) werden und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen sein; 20denn aufgrund von Gesetzeswerken wird kein Fleisch (= Mensch) vor Gott gerechtfertigt werden (Ps 143,2); durch das Gesetz kommt ja (nur) Erkenntnis der Sünde.
B. Die in der Heilsbotschaft verkündigte neue Gerechtigkeit ist den Heiden wie den Juden zugänglich
1. Grund und Recht der neuen Heilsordnung beruht auf dem Glauben (an Christi Versöhnungstod und Auferstehung)
a) Die Gottesgerechtigkeit wird den an Jesus Glaubenden zuteil
21Jetzt aber ist, unabhängig vom Gesetz, jedoch bezeugt von dem Gesetz und den Propheten, die Gottesgerechtigkeit geoffenbart worden, 22nämlich die Gottesgerechtigkeit, die durch den Glauben an Jesus Christus für alle da ist und allen zukommt, die da glauben. Denn hier gibt es keinen Unterschied; 23alle haben ja gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den Gott verleiht; 24so werden sie umsonst (oder: geschenkweise = ohne eigenes Verdienst) durch seine Gnade gerechtfertigt vermöge (oder: aufgrund) der Erlösung, die in Christus Jesus (erfolgt) ist. 25Ihn hat Gott in seinem Blute (= blutigen Tode) als ein durch den Glauben wirksames Sühnemittel hingestellt, damit er (d. h. Gott) seine Gerechtigkeit erweise, weil die Sünden, die früher während der Zeiten der Langmut Gottes begangen worden waren, bisher ungestraft geblieben waren; 26er wollte also seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit erweisen, damit er selbst als gerecht dastehe und (zugleich) jeden, der den Glauben an Jesus besitzt, für gerecht erkläre.
b) Die Gottesgerechtigkeit aus Glauben schließt allen Selbstruhm aus und gilt für Heiden wie für Juden
27Wo bleibt nun da das Rühmen (= der Selbstruhm)? Es ist ausgeschlossen! Durch was für ein Gesetz? Durch das der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens (d. h. durch den Weg des Glaubens). 28Denn wir halten dafür, daß der Mensch durch den Glauben gerechtfertigt werde ohne Gesetzeswerke. 29Oder ist Gott etwa nur der Juden und nicht auch der Heiden Gott? Jawohl, auch der Heiden, 30so gewiß es nur einen einzigen Gott gibt, der die Beschnittenen (= Juden) aus Glauben (= aufgrund des Glaubens) und die Unbeschnittenen (= Nichtjuden) durch den Glauben (= infolge ihres Glaubens) rechtfertigen (oder: gerechtsprechen) wird.
2. Die Glaubensgerechtigkeit ist als neue Heilsordnung die Erfüllung der schon im Alten Testament festgestellten Heilsordnung
a) Das Gesetz behält seine Geltung, aber zu einem besonderen Zweck
31Heben wir demnach das Gesetz durch den Glauben auf? Nimmermehr! Nein, wir geben dem Gesetz die rechte Stellung.