Weisheit 6
II. Zweiter Teil: Schilderung der hohen Vorzüge der Weisheit auf Grund ihres göttlichen Ursprungs und ihrer Segenswirkungen
(Kap. 6–9)
1. Mahnung an die Herrscher, nach Weisheit zu streben
(Kap. 6)
a) Die Herrscher sind zu diesem Streben verpflichtet (V. 1-12)
1Hört also, ihr Könige, und seid verständig! nehmt Lehre an, ihr Herrscher der Enden der Erde! 2Horcht auf, die ihr die Menge regiert und stolz seid auf die große Zahl eurer Völker! 3Denn die Herrschaft ist euch vom Herrn verliehen und die Gewalt vom Höchsten, 4der eure Taten prüfen und eure Pläne erforschen wird. 5Denn obgleich ihr Diener seines Reiches seid, habt ihr ungerecht gerichtet und weder das Gesetz beobachtet, noch euren Wandel nach dem Willen Gottes geführt. 6Schrecklich und gar bald wird er über euch kommen, denn ein strenges Gericht findet bei den Machthabern statt. 7Denn der Geringe findet Verzeihung aus Erbarmen, aber die Gewaltigen werden gewaltig gezüchtigt werden; 8denn der Allherrscher nimmt auf niemand Rücksicht und scheut sich vor keiner Größe; denn klein und groß hat er geschaffen, und für alle sorgt er in gleicher Weise. 9Den Mächtigen aber steht eine strenge Untersuchung bevor. 10Euch also, ihr Fürsten, gelten meine Worte, damit ihr Weisheit lernt und euch nicht vergeht. 11Denn die, welche das Heilige heilig beobachten, werden selbst geheiligt werden, und die darin Belehrung erhalten haben, werden Rechtfertigung (oder Freisprechung) erlangen. 12So seid also begierig nach meinem Unterricht, tragt Verlangen danach, so werdet ihr Belehrung gewinnen.
b) Der hohe Wert der Weisheit und die Möglichkeit ihrer Erlangung (V. 13-26)
13Strahlend und unverwelklich ist die Weisheit und läßt sich leicht erschauen von denen, die sie lieben, und leicht finden von denen, die sie suchen; 14ja, sie kommt denen zuvor, die nach ihr verlangen, um erkannt zu werden. 15Wer sich früh am Morgen nach ihr aufmacht, braucht sich nicht lange zu mühen, denn er findet sie schon an seiner Tür sitzend. 16Denn sich in Gedenken mit ihr beschäftigen ist der Höhepunkt der Einsicht, und wer um ihretwillen wacht, wird bald frei von Sorgen sein. 17Denn sie selbst geht umher und sucht die ihrer Würdigen auf; sie erscheint ihnen bereitwillig auf allen ihren Wegen und tritt ihnen bei jedem Gedanken entgegen. 18Der Anfang zu ihr ist das völlig aufrichtige Verlangen nach Belehrung; Sorge um Belehrung aber ist Liebe zu ihr; 19Liebe zu ihr aber besteht in der Beobachtung ihrer Gebote; das Festhalten an ihren Geboten aber ist Sicherstellung der Unsterblichkeit; 20Unsterblichkeit aber bewirkt, daß man Gott nahe ist. 21So führt also das Verlangen nach Weisheit zur Herrschaft.
22Also, ihr Beherrscher der Völker: wenn ihr Freude an euren Thronen und Zeptern erleben wollt, so ehrt die Weisheit, damit ihr die Herrschaft für immer behaltet. 23Was aber die Weisheit ist und wie sie entstanden ist, will ich verkünden und nicht Geheimnisse vor euch verbergen, sondern vom Anfang der Schöpfung an will ich nachforschen und ihre Kenntnis offen darlegen, ohne an der Wahrheit vorbeizugehen. 24Auch will ich nicht im Bunde mit dem hagern Neide kommen, denn dieser hat mit der Weisheit nichts gemein. 25Eine große Anzahl von Weisen ist aber ein Glück für die Welt, und ein verständiger König ist ein Segen für das Volk. 26Darum laßt euch durch meine Worte unterweisen: das wird euch Nutzen bringen.
Die Heilige Schrift, übersetzt von Hermann Menge. Neuausgabe © 1949/2003 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. Apokryphen aus: Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments, übersetzt von Hermann Menge © 1967, Württembergischen Bibelanstalt, Stuttgart