Jesu Leiden und Sterben und seine Auferstehung (Kapitel 18 bis 20)
Die Gefangennahme Jesu
1Danach verließ Jesus mit seinen Jüngern die Stadt. Sie überquerten den Kidronbach und gingen in einen Garten, der sich auf der anderen Seite des Tals befand.
2Jesus war oft zusammen mit seinen Jüngern dort gewesen; deshalb kannte auch Judas, der Verräter, diesen Ort. 3Jetzt kam er dorthin, begleitet von Soldaten der römischen Besatzungstruppe und von den Männern der Tempelwache, die ihm die führenden Priester und die Pharisäer zur Verfügung gestellt hatten. Sie waren bewaffnet und trugen Laternen und Fackeln.
4Jesus wusste genau, was ihm bevorstand. Er ging ihnen bis vor den Eingang des Gartens entgegen und fragte sie: »Wen sucht ihr?« 5Judas, der Verräter, stand dabei. »Jesus von Nazaret«, antworteten sie. »Ich bin es«, erklärte Jesus. 6Als er zu ihnen sagte: »Ich bin es«, wichen sie zurück und fielen zu Boden. 7Jesus fragte sie noch einmal: »Wen sucht ihr?« – »Jesus von Nazaret«, erwiderten sie. 8»Ich habe euch doch gesagt, dass ich es bin«, sagte Jesus. »Wenn ich der bin, den ihr sucht, dann lasst die anderen hier gehen.« 9So sollte sich Jesu eigenes Wort erfüllen: »Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren gehen lassen.«
10Simon Petrus hatte ein Schwert bei sich. Er zog es, ging damit auf den Diener des Hohenpriesters los, einen Mann namens Malchus, und schlug ihm das rechte Ohr ab. 11Da sagte Jesus zu Petrus: »Steck das Schwert weg! Soll ich den ⸂bitteren⸃ Kelch, den mir der Vater gegeben hat, etwa nicht trinken?«
Jesus vor Hannas
12Die römischen Soldaten unter der Führung ihres Offiziers und die Männer der Tempelwache, die von den Juden geschickt worden waren, nahmen Jesus nun fest. Sie fesselten ihn 13und brachten ihn als Erstes zu Hannas. Hannas war der Schwiegervater von Kajafas, der in jenem Jahr Hoherpriester war. 14Kajafas war es gewesen, der den Juden klar gemacht hatte, dass es in ihrem Interesse sei, wenn ein Mensch für das Volk stirbt.
Petrus verleugnet Jesus
15Simon Petrus und ein anderer Jünger folgten Jesus, ⸂als er abgeführt wurde⸃. Dieser andere Jünger war mit dem Hohenpriester bekannt und konnte deshalb bis in den Innenhof des hohepriesterlichen Palastes mitgehen. 16Petrus aber blieb draußen vor dem Tor stehen. Da kam der andere Jünger, der Bekannte des Hohenpriesters, wieder zurück, redete mit der Pförtnerin und nahm dann Petrus mit hinein.
17Die Pförtnerin fragte Petrus: »Bist du nicht auch einer von den Jüngern dieses Mannes?« – »Nein«, antwortete Petrus, »das bin ich nicht.«
18Die Diener ⸂des hohepriesterlichen Hauses⸃ und die Männer der Tempelwache hatten ein Kohlenfeuer angezündet, weil es kalt war; sie standen um das Feuer herum und wärmten sich. Petrus stellte sich zu ihnen und wärmte sich ebenfalls.
Das Verhör vor dem Hohenpriester
19Inzwischen befragte der Hohepriester Jesus über seine Jünger und über seine Lehre. 20Jesus erklärte: »Ich habe immer frei und offen geredet und so, dass alle Welt es hören konnte. Ich habe nie im Geheimen gelehrt, sondern immer in den Synagogen und im Tempel, wo alle Juden zusammenkommen. 21Warum fragst du mich also? Frag die, die mich gehört haben; sie wissen, was ich gesagt habe.«
22Empört über diese Worte, schlug ihn einer der Gerichtsdiener, die dabeistanden, ins Gesicht und sagte: »Wie kannst du es wagen, dem Hohenpriester so eine Antwort zu geben?« 23Jesus entgegnete: »Wenn an dem, was ich gesagt habe, etwas Unrechtes war, dann beweise es. Wenn ich aber nichts Unrechtes gesagt habe, warum behandelst du mich so?«
24Hannas ließ Jesus daraufhin gefesselt vor den Hohenpriester Kajafas bringen.
Petrus verleugnet Jesus noch einmal
25Simon Petrus stand immer noch beim Feuer und wärmte sich. Da wurde er gefragt: »Bist du nicht auch einer von seinen Jüngern?« Petrus stritt es ab. »Ich bin es nicht«, sagte er. 26Einer der Diener des Hohenpriesters, ein Verwandter des Mannes, dem Petrus das Ohr abgeschlagen hatte, sagte: »Habe ich dich nicht dort im Garten bei ihm gesehen?« 27Wieder stritt Petrus ab, ⸂etwas mit Jesus zu tun zu haben⸃. Im selben Augenblick krähte ein Hahn.
Jesus vor Pilatus
28Die, die Jesus verhört hatten, brachten ihn nun vom ⸂Haus des⸃ Kajafas zum Prätorium, ⸂dem Amtssitz des römischen Gouverneurs⸃; es war jetzt früh am Morgen. Sie selbst betraten das Gebäude nicht, um die Reinheitsvorschriften nicht zu verletzen; sie hätten sonst nicht am Passafest teilnehmen können. 29Deshalb kam Pilatus zu ihnen heraus. »Was für eine Anklage erhebt ihr gegen diesen Mann?«, fragte er. 30Sie erwiderten: »Wenn er kein Verbrecher wäre, hätten wir ihn nicht zu dir gebracht.« 31Da sagte Pilatus: »Nehmt doch ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz!« Die Juden entgegneten: »Wir haben nicht das Recht, jemand hinzurichten.« 32So sollte sich das Wort erfüllen, mit dem Jesus angedeutet hatte, auf welche Weise er sterben werde.
33Pilatus ging ins Prätorium zurück und ließ Jesus vorführen. »Bist du der König der Juden?«, fragte er ihn. 34Jesus erwiderte: »Bist du selbst auf diesen Gedanken gekommen, oder haben andere dir das über mich gesagt?« – 35»Bin ich etwa ein Jude?«, gab Pilatus zurück. »Dein eigenes Volk und die führenden Priester haben dich mir übergeben. Was hast du getan?« 36Jesus antwortete: »Das Reich, dessen König ich bin, ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, dann hätten meine Diener für mich gekämpft, damit ich nicht den Juden in die Hände falle. Nun ist aber mein Reich nicht von dieser Erde.« 37Da sagte Pilatus zu ihm: »Dann bist du also tatsächlich ein König?« Jesus erwiderte: »Du hast Recht – ich bin ein König. Ich bin in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeuge zu sein; dazu bin ich geboren. Jeder, der auf der Seite der Wahrheit steht, hört auf meine Stimme.« – 38»Wahrheit?«, sagte Pilatus zu ihm. »Was ist Wahrheit?«
Die Verurteilung Jesu
Damit brach Pilatus das Verhör ab und ging wieder zu den Juden hinaus. »Ich kann keine Schuld an ihm finden«, erklärte er. 39»Nun habt ihr ja nach eurem Brauch Anspruch darauf, dass ich euch am Passafest einen Gefangenen freigebe. Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden freigebe?« – 40»Nein, den nicht!«, schrien sie zurück. »Wir wollen Barabbas!« Dieser Barabbas war ein Verbrecher.