Gleichnisse vom Himmelreich (Kapitel 13,1-53)
1Später an jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich ans Ufer des Sees, ⸂um zu lehren⸃. 2Die Menschenmenge, die sich um ihn versammelte, war so groß, dass er sich in ein Boot setzte; so konnte er zu der ganzen Menge reden, die am Ufer stand. 3Er sprach über vieles zu ihnen, und er gebrauchte dazu Gleichnisse.
Das Gleichnis von der Saat, die auf viererlei Boden fällt
»Hört zu!«, begann er. »Ein Bauer ging aufs Feld, um zu säen. 4Beim Ausstreuen der Saat fiel einiges auf den Weg. Da kamen die Vögel und pickten es auf. 5Einiges fiel auf felsigen Boden, der nur von einer dünnen Erdschicht bedeckt war. Weil die Saat dort so wenig Erde hatte, ging sie rasch auf. 6Als dann aber die Sonne höher stieg, wurden die jungen Pflanzen versengt, und weil sie keine kräftigen Wurzeln hatten, verdorrten sie. 7Einiges fiel ins Dornengestrüpp, und die Dornbüsche überwucherten und erstickten die Saat. 8Einiges jedoch fiel auf guten Boden und brachte Frucht – zum Teil hundertfach, zum Teil sechzigfach, zum Teil dreißigfach.
9Wer Ohren hat, der höre!«
Warum Jesus Gleichnisse verwendet
10Die Jünger kamen zu Jesus und fragten ihn: »Warum verwendest du Gleichnisse, wenn du zu den Leuten redest?« 11Er antwortete: »Euch ist es ⸂von Gott⸃ gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen; ihnen ist es nicht gegeben. 12Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat. 13Das ist der Grund, warum ich in Gleichnissen zu ihnen rede. Sie sehen und sehen doch nicht, sie hören und hören doch nicht und verstehen auch nichts. 14An ihnen erfüllt sich die Prophezeiung Jesajas:
›Hört zu – ihr werdet doch nichts verstehen.
Seht hin – ihr werdet doch nichts erkennen.
15Denn das Herz dieses Volkes ist verstockt,
ihre Ohren sind verstopft,
und ihre Augen halten sie geschlossen.
Sie wollen mit ihren Augen nichts sehen,
mit ihren Ohren nichts hören
und mit ihrem Herz nichts verstehen
und wollen nicht umkehren,
sodass ich sie heilen könnte.‹
16Ihr aber seid glücklich zu preisen! Denn eure Augen sehen, und eure Ohren hören. 17Ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte sehnten sich danach, zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen; sie sehnten sich danach, zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.«
Erklärung des Gleichnisses von der Saat
18»Ich will euch nun das Gleichnis vom Bauern erklären, der die Saat ausstreut. 19Wenn jemand die Botschaft vom Himmelreich hört und nicht versteht, ist es wie mit der Saat, die auf den Weg fällt. Der Böse kommt und raubt, was ins Herz dieses Menschen gesät worden ist. 20Ein anderer Teil der Saat fällt auf felsigen Boden. Das bedeutet: Jemand hört das Wort und nimmt es sofort mit Freuden auf, 21aber er ist ein unbeständiger Mensch, eine Pflanze ohne Wurzeln. Sobald er wegen des Wortes in Bedrängnis gerät oder sogar verfolgt wird, wendet er sich wieder davon ab. 22Wieder ein anderer Teil der Saat fällt ins Dornengestrüpp. Das bedeutet: Jemand hört das Wort, doch die Sorgen dieser Welt und die Verlockungen des Reichtums ersticken es, und es bleibt ohne Frucht. 23Ein Teil der Saat jedoch fällt auf guten Boden. Das bedeutet: Jemand hört das Wort und versteht es und bringt dann auch Frucht – einer hundertfach, ein anderer sechzigfach und wieder ein anderer dreißigfach.«
Das Gleichnis vom Unkraut im Weizenfeld
24Jesus erzählte der Menge noch ein anderes Gleichnis: »Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. 25Eines Nachts, als alles schlief, kam sein Feind, säte Unkraut zwischen den Weizen und machte sich davon. 26Als dann die Saat aufging und Ähren ansetzte, kam auch das Unkraut zum Vorschein.
27Da gingen die Arbeiter zum Gutsherrn und fragten: ›Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt jetzt dieses Unkraut?‹ – 28›Ein Feind von mir hat das getan‹, gab er zur Antwort. Die Arbeiter fragten: ›Möchtest du, dass wir hingehen und das Unkraut ausreißen und einsammeln?‹ – 29›Nein‹, entgegnete der Gutsherr, ›ihr würdet mit dem Unkraut auch den Weizen ausreißen. 30Lasst beides miteinander wachsen, bis die Zeit der Ernte da ist. Dann werde ich zu den Erntearbeitern sagen: Reißt zuerst das Unkraut aus, sammelt es ein und bündelt es, um es zu verbrennen; und dann bringt den Weizen in meine Scheune!‹«
Das Gleichnis vom Senfkorn
31Jesus erzählte der Menge ein weiteres Gleichnis: »Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf sein Feld sät. 32Es ist zwar das kleinste aller Samenkörner. Aber was daraus wächst, ist größer als alle anderen Gartenpflanzen. Ein Baum wird daraus, auf dem die Vögel sich niederlassen und in dessen Zweigen sie nisten.«
Das Gleichnis vom Sauerteig
33Jesus erzählte ihnen noch ein Gleichnis: »Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig. Eine Frau nimmt ⸂eine Hand voll⸃ davon, mengt ihn unter einen halben Sack Mehl, und am Ende ist die ganze Masse durchsäuert.«
Die Gleichnisse in Jesu Verkündigung
34Das alles sagte Jesus der Menge, indem er Gleichnisse gebrauchte; er sprach ausschließlich in Gleichnissen zu ihnen. 35So erfüllte sich, was durch den Propheten vorausgesagt worden war:
»Ich will in Gleichnissen reden;
ich will verkünden, was seit der Erschaffung der Welt verborgen war.«
Erklärung des Gleichnisses vom Unkraut im Weizenfeld
36Dann trennte sich Jesus von der Menge und ging ins Haus. Dort wandten sich seine Jünger an ihn und baten ihn: »Erkläre uns das Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker!«
37Jesus antwortete: »Der Mann, der den guten Samen sät, ist der Menschensohn. 38Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder des Himmelreichs, das Unkraut sind die Kinder des Bösen. 39Der Feind, der das Unkraut sät, ist der Teufel. Die Ernte ist das Ende der Welt, und die Erntearbeiter sind die Engel. 40Das Unkraut wird eingesammelt und verbrannt, und so wird es auch am Ende der Welt sein: 41Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere zu Fall gebracht und die ein gesetzloses Leben geführt haben, 42und werden sie in den Feuerofen werfen, dorthin, wo es nichts gibt als lautes Jammern und angstvolles Zittern und Beben. 43Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters leuchten wie die Sonne.
Wer Ohren hat, der höre!«
Die Gleichnisse vom Schatz im Acker und von der Perle
44»Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war und von einem Mann entdeckt wurde. Der Mann freute sich so sehr, dass er, nachdem er den Schatz wieder vergraben hatte, alles verkaufte, was er besaß, und dafür den Acker kaufte.
45Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. 46Als er eine besonders wertvolle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte dafür diese eine Perle.«
Das Gleichnis vom Fischernetz
47»Mit dem Himmelreich ist es auch wie mit einem Netz, das auf dem See ausgeworfen wird und mit dem man Fische aller Art fängt. 48Wenn es voll ist, ziehen die Fischer es ans Ufer, setzen sich hin und lesen die Fische aus. Die guten legen sie in Körbe, aber die ungenießbaren werfen sie weg. 49So wird es auch am Ende der Welt sein. Die Engel werden kommen und die Bösen aussondern; sie werden sie von den Gerechten trennen 50und in den Feuerofen werfen, dorthin, wo es nichts gibt als lautes Jammern und angstvolles Zittern und Beben.«
Das Gleichnis vom Schriftgelehrten des Himmelreichs
51»Habt ihr das alles verstanden?«, ⸂fragte Jesus seine Jünger.⸃ »Ja!«, erwiderten sie. 52Da sagte er zu ihnen: »Dann wisst: Jeder Schriftgelehrte, der in der Schule des Himmelreichs ausgebildet ist, gleicht einem Hausherrn, der aus seinem reichen Schatz Neues und Altes hervorholt.«
53Als Jesus diese Gleichnisrede beendet hatte, zog er weiter.
Jesus in seiner Heimatstadt
54Jesus ging in seine Heimatstadt und lehrte dort in der Synagoge. Erstaunt fragten die Leute: »Woher hat der Mann solche Weisheit? Woher hat er die Kraft, Wunder zu tun? 55Ist er denn nicht der Sohn des Zimmermanns? Ist nicht Maria seine Mutter, und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? 56Leben nicht auch alle seine Schwestern hier unter uns? Woher hat er nur das alles?« 57So kam es, dass Jesus bei ihnen auf Ablehnung stieß.
Da sagte Jesus zu ihnen: »Ein Prophet gilt nirgends so wenig wie in seiner Heimatstadt und in seiner eigenen Familie.« 58Und wegen ihres Unglaubens tat er dort nur wenige Wunder.