Ein Gebet in großer Not für das zukünftige Jerusalem
1Gebet eines vom Leid Gebeugten, der verzweifelt ist und sein Herz vor dem Herrn ausschüttet.
2Herr, höre mein Gebet!
Möge mein lauter Hilferuf doch bis zu dir dringen!
3Verbirg dich nicht vor mir, jetzt, wo ich in Not bin!
Neige dich herab zu mir und schenk mir ein offenes Ohr;
jetzt rufe ich zu dir – erhöre mich doch bald!
4Denn meine Tage verflüchtigen sich so schnell wie Rauch,
in meinen Gliedern brennt es wie Feuer.
5Mein Herz ist ausgetrocknet wie versengtes Gras.
Ich vergesse sogar, mein Brot zu essen.
6Mein lautes Stöhnen hat mich ausgezehrt,
ich bin nur noch Haut und Knochen.
7Ich gleiche einem Vogel in der Wüste,
einer Eule in verlassenen Ruinen.
8Nachts finde ich keinen Schlaf,
ich bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.
9Den ganzen Tag verhöhnen mich meine Feinde.
Ausgelassen ziehen sie über mich her
und missbrauchen meinen Namen,
wenn sie jemanden verwünschen.
10Asche ist mein Brot geworden,
was ich trinke, ist vermischt mit Tränen.
11Das sind die Folgen deines grimmigen Zorns –
du hast mich hochgehoben und wieder zu Boden geworfen.
12Meine Tage gleichen dem Schatten,
der am Abend immer länger wird,
ich verdorre wie das Gras.
13Du aber, Herr, regierst für immer,
jetzt und in allen künftigen Generationen wird man dich ehren.
14Du selbst wirst dich erheben
und dich der Stadt Zion voll Erbarmen zuwenden,
denn es ist an der Zeit, ihr gnädig zu sein.
Ja, der Zeitpunkt dafür ist gekommen.
15Deine Diener freuen sich über Zions schöne Mauersteine,
und sie bedauern voller Schmerz, dass nun alles in Schutt liegt.
16Aber es kommt die Zeit,
in der die Völker Ehrfurcht haben werden vor dem Namen des Herrn
und alle Könige der Erde vor deiner Herrlichkeit.
17Denn der Herr wird Zion wieder aufbauen
und dort erscheinen in seiner Herrlichkeit.
18Er wird sich dem Gebet der Verlassenen wieder zuwenden,
ihre Bitten wird er nicht zurückweisen.
19Dies soll man aufschreiben für eine spätere Generation,
und so wird ein Volk, das erst noch geschaffen wird, den Herrn preisen.
20Er schaut herab aus seinem Heiligtum in der Höhe;
ja, der Herr blickt vom Himmel auf die Erde,
21um das Seufzen der Gefangenen zu hören,
um die Todgeweihten zu befreien.
22Und so werden sie in der Stadt Zion wieder den Namen des Herrn verkünden,
seinen Ruhm verbreiten in Jerusalem,
23wenn Völker sich dort versammeln,
Menschen aus allen Königreichen, um dem Herrn zu dienen.
24Doch jetzt, mitten im Leben, hat Gott meine Kraft gebrochen,
meine Lebenszeit hat er verkürzt.
25Deshalb bitte ich: Mein Gott,
raffe mich nicht schon in der Lebensmitte hinweg!
Du allein lebst ewig –
über alle künftigen Generationen hinaus.
26Du hast am Anfang das Fundament der Erde gelegt,
und auch der Himmel ist das Werk deiner Hände.
27Himmel und Erde werden vergehen, du aber bleibst.
Sie werden alt werden wie ein ⸂abgenutztes⸃ Kleid,
du wirst sie auswechseln wie ein ⸂abgetragenes⸃ Gewand,
und so werden sie verwandelt.
28Du aber bleibst immer derselbe,
und deine Zeit wird kein Ende haben.
29Die Kinder all derer, die dir dienen,
dürfen ⸂im Land⸃ wohnen bleiben,
und ihre Nachkommen werden vor dir Bestand haben.