Weitere Klagen des Propheten
1Ach, es ist mir ergangen wie beim Obstsammeln,
wie bei der Nachlese zur Weinernte:
Keine einzige Traube ist mehr da zum Essen!
Wenigstens eine Frühfeige hätte ich mir gewünscht!
2Der Fromme ist aus dem Land verschwunden.
Kein Gerechter ist mehr da unter den Menschen.
Alle liegen im Hinterhalt, um Blut zu vergießen.
Jeder jagt seinen Nächsten mit dem Netz.
3Böses zu tun mit eigenen Händen, das können sie gut.
Beamte fordern Geschenke und Richter nehmen Geld.
Mächtige lassen sich von ihrer Habgier treiben.
So stellen sie alles auf den Kopf:
4Der Beste unter ihnen ist wie ein Dorngestrüpp,
der Gerechteste schlimmer als eine Dornenhecke.
Der Tag deiner Abrechnung ist gekommen.
Deine Späher haben ihn schon erwartet.
Und jetzt ist die Verwirrung groß.
5Glaubt keinem Nachbarn, traut keinem Freund!
Sogar bei der Frau, die in deinen Armen liegt,
halte deinen Mund fest geschlossen.
6Denn der Sohn verachtet den Vater.
Die Tochter widersetzt sich ihrer Mutter
und die Schwiegertochter ihrer Schwiegermutter.
Jeder Mensch hat seine Feinde im eigenen Haus.
7Ich halte Ausschau nach dem Herrn.
Ich will auf Gott warten, der mir hilft:
Mein Gott wird mich gewiss hören.
Ausblick auf eine heilvolle Zukunft
Hoffnung auf den Wiederaufbau Jerusalems
8Meine Feindin, freue dich nicht über mein Unglück!
Auch wenn ich gefallen bin, stehe ich wieder auf.
Sitze ich im Dunkeln, ist der Herr mein Licht.
9Der Herr ist zornig, ich will es ertragen.
Denn ich habe mich ihm widersetzt.
Ich will warten, bis er wieder für mich eintritt.
Dann wird er mir zum Recht verhelfen.
Er wird mich vom Dunkeln ins Licht führen,
und ich werde seine Gerechtigkeit erfahren.
10Meine Feindin muss es sehen und sich schämen.
Denn sie war es, die zu mir gesagt hat:
»Wo ist denn nun der Herr, dein Gott?«
Meine Augen werden auf sie herabschauen:
Man zertritt sie wie Dreck auf der Straße.
11Der Tag wird kommen, Jerusalem,
an dem deine Mauern wieder aufgebaut werden.
Am selben Tag wird man dein Gebiet erweitern.
12Am selben Tag werden sie zu dir zurückkehren:
von Assyrien bis Ägypten, von Ägypten bis zum Eufrat,
von einem Meer zum andern,
von einem Gebirge zum andern.
13Die restliche Erde aber wird zu einer Wüste werden.
So wird es geschehen wegen der schlimmen Taten,
die ihre Bewohner begangen haben.
Gebet um die Wiederherstellung Israels
14Weide dein Volk mit deinem Stab,
die Schafe, die dein Eigentum sind!
Sie leben noch vereinzelt im Wald,
aber doch mitten in einem fruchtbaren Land.
Lass sie wieder in Baschan und Gilead weiden
wie in früheren Tagen!
15Ja, lass uns Wunder erfahren wie in den Tagen,
als du aus Ägypten ausgezogen bist.
16Die Völker sollen es sehen und sich schämen.
Schon ist es aus und vorbei mit ihrer Macht.
Vor Schreck halten sie die Hand vor den Mund
und trauen kaum noch ihren Ohren.
17Sie sollen Staub lecken wie die Schlange,
wie die Tiere, die auf dem Boden kriechen.
Sie sollen aus ihren Schlupfwinkeln kommen,
um vor den Herrn, unseren Gott, zu treten:
Mit Furcht und Zittern werden sie dir begegnen.
Gottes grenzenlose Güte
18Gibt es einen Gott, der so handelt wie du,
der Schuld vergibt und Fehler nicht anrechnet?
Tut er es nicht für den Rest seines Eigentums?
Ja, er hält nicht für immer fest an seinem Zorn.
Denn die Güte liegt ihm mehr am Herzen.
19Er wird wieder Erbarmen mit uns haben:
Er wird unsere Schuld zertreten
und alle unsere Vergehen tief im Meer versenken.
20Ja, du wirst Jakob die Treue halten
und Abraham mit Güte begegnen.
So hast du es unseren Vorfahren geschworen,
und zwar von Anfang an.