Redewendungen der Lutherbibel: 38/52
Da gab ihm Jakob Brot und das Linsengericht, und er aß und trank und stand auf und ging davon. So verachtete Esau seine Erstgeburt. (1. Mose 25,34, Lutherbibel 2017)
In der biblischen Vätergeschichte sind Jakob und Esau Zwillingsbrüder, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Als eines Tages Esau hungrig und müde von der Arbeit nachhause kommt, bittet er Jakob, typisches Muttersöhnchen und Stubenhocker, ihm das für sich zubereitete Linsengericht zu überlassen. Der sieht blitzartig die Chance zu einem für ihn äußerst vorteilhaften Kuhhandel. Schamlos schlägt er seinem Bruder vor: „Überlass mir dein Erstgeburtsrecht, - und ich gebe dir dafür den Linseneintopf!“ Was für ein lächerliches Tauschgeschäft! Doch Esau zögert keinen Augenblick: Sein Magen knurrt: Er greift zu dem dampfenden Essen, schlingt es hinunter und verschleudert dafür sein Erbe als Erstgeborener.
Das Linsengericht ist längst sprichwörtlich geworden. Im übertragenen Sinn verstehen wir darunter eine momentan verlockende, in Wahrheit aber wertlose Sache, die gegen etwas Wertvolles eingetauscht wird. Leichtfertig wird dabei die eigene Zukunft um eines augenblicklichen Vorteils oder Genusses willen verspielt. Ein Tauschgeschäft, bei dem einer am Ende mit leeren Händen dasteht.
Klaus Jürgen Diehl