Einführung: Der Brief von Jakobus
Der Brief von Jakobus ist nach seinem Absender benannt: Jakobus. Er war der Bruder von Jesus (Markus 6,3) und leitete gemeinsam mit Petrus und Johannes die Gemeinde in Jerusalem (Galater 2,9). Ob der Brief tatsächlich von Jakobus, dem Bruder von Jesus, stammt, ist aber umstritten. Wahrscheinlich ist er erst zwischen 80 und 90 n. Chr. entstanden. Empfänger sind »die zwölf Stämme Israels, die über die ganze Welt verstreut leben« (1,1). Damit sind Menschen gemeint, die an Jesus Christus glauben und als das neue Gottesvolk unter Menschen anderen Glaubens leben. Der Schreiber des Briefes ermahnt sie, am Glauben festzuhalten und diesen durch entsprechende Taten zu bewähren.
Der Form nach handelt es sich beim Jakobusbrief eher um ein Lehrschreiben als um einen Brief. So fehlt ein persönlicher Schlussgruß. Die Themen des Briefes sind recht lose aneinandergereiht. Der erste Briefteil (1,19–3,12) beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Glauben und Handeln: Die Christen scheinen vergessen zu haben, dass dem Hören der Guten Nachricht auch ein entsprechendes Handeln folgen muss (1,19-27; 2,14-26). Glaube und Taten gehören aber untrennbar zusammen. Das soll sich auch im Umgang mit den Armen in der Gemeinde zeigen: Die Reichen dürfen nicht bevorzugt und die Armen nicht verachtet werden (1,9-11; 2,1-7). Auch vor der Macht der Worte wird gewarnt: Worte können Gutes, aber auch Böses bewirken (3,1-12). Im zweiten Hauptteil (3,13–5,6) folgen weitere Ermahnungen. Der Verfasser warnt vor Streit (4,1-10) und Verurteilung (4,11-12). Nur aus der Weisheit, die von Gott kommt, entstehen Gerechtigkeit und Frieden (3,13-18).
Das Hauptthema des Briefes ist die Kritik an einem Glauben, dem keine Taten folgen. Sie könnte sich gegen ein Missverständnis der Verkündigung des Paulus richten. Paulus betonte, dass Gott den Menschen aus Gnade annimmt und nicht, weil er das Gesetz befolgt (Galater 2,15-16). Paulus ging es dabei um die Frage, ob Christen die Speisegebote Israels halten und sich beschneiden lassen müssen, um zur Gemeinde zu gehören. Doch manche Christen haben die Botschaft von der Gnade Gottes offenbar so missverstanden, dass das Tun nicht mehr zählt. Gegen diese Auffassung hat sich bereits Paulus selbst gewehrt (Römer 3,8; Galater 5,13–6,10).