Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: September 2007)

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1. Belege

Der Name „Achior“ (griechisch: ’Aχιχωδ) begegnet in der → Septuaginta außer im Buch → Judit nur in Num 34,27 und gibt dort den hebräischen Namen אֲחִיהוּד ’ǎchîhûd Ahihud (d.h. „[Mein] Bruder ist Hoheit“) wieder, während 1Chr 8,7 eben diesen Namen ’Aχιχωδ (Achichōd) transliteriert. In der Vulgatafassung des Tobitbuchs wird in Tob 11,20 (so auch Lutherbibel; LXX Tob 11,19) der griechische Name „Achikar“ mit „Achior“ wiedergegeben.

2. Achior in der Juditerzählung

(Die Stellenangaben zum Buch Judit beziehen sich auf die Septuagintafassung, der die Einheitsübersetzung entspricht und – von den Bibeln, die WiBiLex online zur Verfügung stehen – die Menge-Bibel, nicht jedoch die Lutherbibel. Über das Feld „Benutzerdaten“ – oben rechts – kann die Menge-Bibel gewählt werden.)

Judit 02

Die Juditerzählung präsentiert die literarische, fiktive Figur des Achior als Feldherrn der Ammoniter, der im Kriegsrat auf die Bitte des babylonischen Feldherrn → Holofernes vor der Belagerung der israelischen Stadt → Betulia um Informationen über das Volk Israel mit einem ausführlichen Rückblick auf die Geschichte Israels antwortet (Jdt 5,5-21 [Lutherbibel: Jdt 5,3-23]). Weil er empfiehlt, den Angriff auf Israel von dem aktuellen Verhältnis von Israel zu seinem Gott abhängig zu machen, fällt er in Ungnade: Er wird jedoch nicht sofort getötet, sondern an Israel ausgeliefert (Jdt 6,10 [Lutherbibel: Jdt 6,6]). Die Einwohner von Betulia nehmen ihn auf und er berichtet ihnen, was im Kriegsrat vorgefallen ist, ehe die Truppen des Holofernes die Stadt belagern. Erst nach Judits Rückkehr aus dem feindlichen Lager betritt er wieder die Bühne der Handlung: Die Schilderungen von Judit und das abgeschlagene Haupt des Holofernes bewirken seine Konversion zum Judentum (Jdt 14,10 [Lutherbibel: Jdt 14,6]).

Möglicherweise ist „Achior“ ein sprechender Name, der das hebräische Wort ’ǎchî’ôr „mein Bruder ist Licht“ anklingen lässt. Mit diesem Namen würde nicht nur die Konversion eines Heiden zum Judentum betont, sondern auch der deutliche Widerspruch zwischen dem Ammoniter Achior als Proselyten und dem Verbot von Dtn 23,4 eigens hervorgehoben, Ammoniter oder Moabiter in Israel aufzunehmen. In diesem Sinne ist auch die deutende Aktualisierung des nichtisraelitischen moabitischen Propheten Bileam (Num 22-24) zu verstehen.

Darüber hinaus lassen sich ebenso Bezüge zur nichtbiblischen antiken Literatur feststellen: So evoziert die Achiorfigur zum einen die aus der altorientalischen Literatur bekannte Gestalt des weisen → Achikar. Zum anderen verweist die Szene zwischen Holofernes und Achior (Jdt 5,1ff) auf das Gespräch zwischen Xerxes und Demaratos in den Historien Herodots (VII 101-104; Text gr. und lat. Autoren).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001

2. Weitere Literatur

  • Cazelles, Henri A., 1951, Le Personnage d’Achior dans le livre de Judith, RSR 39, 125-137
  • Ego, Beate, 1999, Buch Tobit (JSHRZ II/6), Gütersloh, 875-883
  • Engel, Helmut, 2006, Das Buch Judith, in: E. Zenger (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, 6. Auflage, Stuttgart / Berlin / Köln, 289-301
  • Hanhart, Robert, 1979, Text und Textgeschichte des Buches Judith (MSU 14), Göttingen
  • Schmitz, Barbara, 2004, Zwischen Achikar und Demaratos – Die Bedeutung Achiors in der Juditerzählung, BZ 48, 19-38
  • Zenger, Erich, 1981, Das Buch Judit (JSHRZ I/6), Gütersloh

Abbildungsverzeichnis

  • Die Fesselung Achiors, die typologisch auf die Geißelung Christi bezogen wurde (jüngeres Bibelfenster im Kölner Dom, das aus der Dominikanerkirche Heilig Kreuz in Köln stammt, um 1280). Mit Dank an © Dombauarchiv Köln (Foto: Matz und Schenk)

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