Deutsche Bibelgesellschaft

Andere Schreibweise: Achis; Achish (engl.)

(erstellt: Januar 2008)

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Achisch ist ein philistäischer Stadtkönig von → Gat, der in 1Sam 21,11-16; 1Sam 27,1-28,2; 1Sam 29,1-11 und 1Kön 2,39-40 erwähnt wird.

1. Name

Die biblische Namensform Achisch (אָכִישׁ) wird als hebräische Transkription eines philistäischen, also indogermanischen Personennamens interpretiert, der in den allerdings nur wenig umfangreichen philistäischen Textzeugnissen bislang nicht belegt ist. Eine etymologische Herleitung des Namens ist deswegen nicht möglich.

Derselbe Personenname wird offensichtlich in zwei aufeinander Bezug nehmenden Keilschrifttexten (Prisma Ninive A Asarhaddons V,58; Prisma C Assurbanipals I,28) mit Ikausu (i-ka-ú-su) transkribiert (vgl. TUAT 1, 397; ANET, 291.294). Auch hier ist der Träger des Namens ein Philister, ein Stadtkönig von → Ekron in neuassyrischer Zeit. Bisweilen werden zudem die isaurische Namensform Akkisis sowie der griechische Eigenname ’Αγχίσης (Anchises) mit dem im Hebräischen als אכישׁ wiedergegeben Namen in Verbindung gebracht. Die Septuaginta verwendet an allen Belegstellen die Form Αγχους.

2. Biblische Bezeugung

In der Bibel wird Achisch als (Stadt-)König (מלך, mælæk) der Philisterstadt Gat (vgl. 1Sam 21,11.13; 1Sam 27,2; 1Kön 2,39) eingeführt und als Sohn des Maoch (1Sam 27,2) bzw. → Maacha (1Kön 2,39) vorgestellt. Dass Achisch stets als König (מלך) bezeichnet wird, ist insofern auffällig, als sonst die Herrscher der → Philister – und ausschließlich sie – in der Bibel den Titel „særæn“ (סרן, Einheitsübersetzung: „Fürst“) tragen (vgl. z.B. Ri 16,5; 1Sam 6,12; 1Sam 7,7; 1Sam 29,6-7).

Eine bedeutendere Rolle spielt Achisch innerhalb der Davidserzählung in 1Sam 21,11-16 einerseits und 1Sam 27,1-28,2; 1Sam 29,1-11 andererseits. Hier wird von zwei sehr unterschiedlich verlaufenden Aufenthalten → Davids bei Achisch in Gat berichtet. Außer in diesen Texten wird Achisch lediglich in 1Kön 2,39-40 erwähnt.

2.1. Achisch in 1Sam

1Sam 21,11-16 berichtet davon, dass David auf seiner Flucht vor → Saul in die Philisterstadt Gat gelangt, dort aber als der Kriegsheld Israels erkannt wird, der bereits ungezählte Philister erschlagen hat (vgl. 1Sam 21,12). Da er nun die Rache des Stadtkönigs Achisch fürchten muss, stellt David sich wahnsinnig. Tatsächlich lässt Achisch sich täuschen und jagt David mit der Anmerkung, er selbst sei bereits von genügend Verrückten umgeben, davon (vgl. 1Sam 21,13-16).

Auf diese Begebenheit spielen auch die Überschriften von Ps 34 und Ps 56 an. In Ps 56,1 ist dabei allgemein von den Philistern in Gat die Rede, die David ergriffen. Achisch selbst wird nicht erwähnt. In Ps 34,1 wird der Name des Königs, vor dem David sich verrückt stellte, genannt. Anders als in 1Sam 21 lautet er hier allerdings → Abimelech.

Gemäß 1Sam 27,1-28,2 siedelt David erneut nach Gat über; diesmal mit seinem ganzen Gefolge von 600 bewaffneten Männern. Im Gegensatz zu seinem ersten Aufenthalt wird er jetzt von Achisch freundlich aufgenommen und schließlich mit der Stadt → Ziklag belehnt (vgl. 1Sam 27,5-7). David hält sich 16 Monate (vgl. 1Sam 27,7) in Gat bzw. Ziklag auf und unternimmt für seinen neuen Lehensherren Kriegs- und Plünderungszüge. Dabei täuscht und hintergeht er Achisch insoweit, als er vorgibt, das Gebiet von Juda – seine eigene Heimat – anzugreifen, während seine Plünderungszüge in Wahrheit den Nomadenstämmen im → Negev gelten, die auch die Bevölkerung Judas bedrohen. So erweist David seinen Stammesbrüdern einen großen Dienst und lässt Achisch gleichzeitig in dem Glauben, dass er in seiner alten Heimat Juda jeden Rückhalt verloren hat und dem Philister umso loyaler dienen wird (vgl. 1Sam 27,8-12).

Schließlich bringt Achisch seinem Vasallen David so viel Vertrauen entgegen, dass er ihn und sein Gefolge für einen Kriegszug gegen Israel rekrutiert und ihn sogar zu seinem persönlichen Leibwächter in der Schlacht ernennen möchte (vgl. 1Sam 28,1-2). Allein das große Misstrauen der übrigen Philisterfürsten gegenüber David zwingt Achisch dazu, David aus seinem Heer auszumustern (vgl. 1Sam 29). Bei dieser Gelegenheit lässt der biblische Erzähler Achisch nochmals ausgiebig sein großes Vertrauen in David und seine Zuneigung bekunden (vgl. 1Sam 29,6.9).

Alle Achisch-Erzählungen in 1Sam stehen vor dem Problem, den Aufenthalt Davids bei den Philistern, den Erzfeinden Israels, und sein Vasallenverhältnis zu einem Philisterkönig erklären und rechtfertigen zu müssen. Eine Strategie der Texte besteht darin, die Überlegenheit Davids gegenüber Achisch sehr deutlich herauszustellen. David gelingt es stets, Achisch zu täuschen oder in die Irre zu führen, wenn er ihm gegenüber den Verrückten oder aber den treuen Vasallen spielt, der sogar gegen sein eigenes Volk in den Krieg zieht. So kann David die Leichtgläubigkeit des Königs zu seinem (und seines Volkes) Vorteil ausnutzen und erscheint in Umkehrung der eigentlich zu erwartenden Machtverhältnisse als die faktisch dominierende Gestalt im Lehensverhältnis mit Achisch. Zugleich kann der biblische Erzähler auf diese Weise anschaulich machen, dass David während seiner Zeit bei Achisch nur vordergründig die Seiten gewechselt hat, sich in Wirklichkeit aber weiterhin für das Wohl seines Volkes einsetzt.

Achisch wird hierzu stets als ein schwacher und geradezu naiver Herrscher charakterisiert. Dies ist in 1Sam 21,16 so weit gesteigert, dass er beinahe lächerliche Züge trägt, wenn er auf Davids „Schauspiel“ hereinfällt und sich selbst bei dieser Gelegenheit als von Verrückten umgeben beschreibt.

2.2. Achisch in 1Kön 2,39-40

Außerhalb von 1Sam 21 und 1Sam 27-29 wird Achisch nur noch in 1Kön 2,39-40 erwähnt. Hier wird berichtet, dass er zwei von Jerusalem nach Gat geflohene Sklaven an ihren Besitzer ausliefert. Zwar spielt dieser Text der biblischen Chronologie zufolge über 40 Jahre nach den Erzählungen aus 1Sam, doch lässt die Charakterisierung des Achisch in 1Kön 2,39-40 als Sohn des Maacha und König von Gat keinen Zweifel daran, dass die hier erwähnte Person mit dem König aus der Davidserzählung zu identifizieren ist (vgl. 1Sam 27,2).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • אנציקלופדיה מקראית (Encyclopedia Biblica), Jerusalem 1964-1982
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Dietrich, M. (Hg.), 1985, Rechts- und Wirtschaftsurkunden. Historisch-chronologische Texte (TUAT 1), Gütersloh
  • Dietrich, W., 1997, Die frühe Königszeit in Israel. 10. Jahrhundert v. Chr. (BE 3), Stuttgart u.a.
  • Dietrich, W., 2006, David. Der Herrscher mit der Harfe (Bibische Gestalten 14), Leipzig
  • Dothan, T, 1982, The Philistines and their Material Culture, Jerusalem
  • Klein, R.W., 1983, 1 Samuel (WBC 10), Waco (Texas)
  • Mulder, M.J., 1998, 1 Kings. Volume 1: 1 Kings 1-11 (HCOT), Leuven
  • Pritchard, J.B. (Hg.), 1969, Ancient Near Eastern Text Relating to the Old Testament, 3. Aufl., Princeton (= ANET)
  • Schroer, S., 1992, Die Samuelbücher (NSK.AT 7), Stuttgart
  • Stoebe, H.J., 1973, Das erste Buch Samuelis (KAT 8.1), Gütersloh
  • Wainwright, G.A., 1959, Some Early Philistine History, VT 9, 73-84

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