Ackerbau
(erstellt: Juli 2007)
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1. Historische Entwicklung
In der Jungsteinzeit des 10 Jt. v. Chr. wurde in Palästina, das zum Gebiet des sog. „Fruchtbaren Halbmonds“ gehört, der Übergang vom Jäger- und Sammlerdasein zur Ackerbaugesellschaft eingeleitet. Die planmäßige Erzeugung von Lebensmitteln machte von den Wechselfällen der Natur unabhängig und ermöglichte durch Vorratshaltung und Transport von Produkten eine ganzjährige Ansiedlung. Seit dem 7. Jt. v. Chr. ist der Bauernhof, dessen Bewohner ihren Lebensunterhalt auf der Grundlage des Anbaus von Getreide und Hülsenfrüchten in Symbiose mit der Viehaufzucht (→ Viehwirtschaft
2. Anbaugebiete
Aufgrund des komplexen geologischen Entwicklungsprozesses, der in Palästina zu einer vielfältigen, ja extremen Topographie sowie zu geomorphologisch unterschiedlichen Bodenverhältnissen führte (vgl. Num 13,20
3. Anbaumethoden
Mit Waldrodung (Jos 17,15-18
Die Erträge wurden durch jahreszeitlich versetzt einsetzenden oder gar ausbleibenden Regen (Dtn 11,13-17
Im Prinzip war die (geringe) Produktivität der palästinischen Landwirtschaft in der Lage, die Bevölkerung zu ernähren. Bei Olivenöl, Wein und Datteln, aber auch Weizen wurden sogar Überschüsse erzielt und exportiert (vgl. 1Kön 5,25
4. Anbauprodukte
In Palästina, das als Land bezeichnet wird, wo Weizen und Gerste gedeihen (Dtn 8,8
In Nutzgärten (vgl. 2Kön 21,18
5. Der ackerbauliche Jahreszyklus
Wird Ackerbau von den jahreszeitlichen Naturgesetzmäßigkeiten bestimmt, so beruht agrarischer Erfolg auf einem wetterunabhängigen Kalender (vgl. den sog. Bauernkalender von Geser aus dem 10 Jh. v. Chr.; → Fest
Die Ernte begann im Mai / Juni, nachdem der Spätregen (Jak 5,7
An die Getreideernte schloss sich die Weinlese an (Lev 26,5
6. Die agrarische Gesellschaft
Da überschlägig 90% der Bevölkerung in der Agrarwirtschaft tätig war (vgl. 1Sam 8,14-16
Die anstehende Arbeit auf dem Acker und im Hauswesen bei der Weiterverarbeitung zu konservierbaren Agrarprodukten musste im Prinzip von allen Mitgliedern des Hauswesens, die zur Handarbeit fähig waren, bewältigt werden. Zur anstrengenden Feldarbeit wurden zusätzlich Tagelöhner (Mt 20,1
Das nutzbare Ackerland befand sich in privatem (Num 27,1-8
Nur die kurzen arbeitsfreien Zeiten nach eingebrachter Ernte gaben der bäuerlichen Gesellschaft Gelegenheit zu Freudenfesten (Ps 126,5
Der Ackerbau erwirtschaftete nicht nur einen überaus großen Anteil am Volkseinkommen, sondern er trug auch durch Steuern und Abgaben zur Finanzierung von staatlicher Administration und religiösen Institutionen bei (Zehnt). Zur römischen Zeit war der Steuer- und Abgabendruck so hoch, dass von der Ernte nur ca. 45 % einer bäuerlichen Familie verblieben. Zusätzlich zur Feldarbeit war der Bauer zur Instandhaltung der Infrastruktur verpflichtet. Und schließlich wurden soziale Verpflichtungen gegenüber Armen, Witwen und Waisen aus agrarischen Ressourcen bestritten (vgl. Lev 19,9f
In welchem Ausmaß Ackerbau das kulturelle Leben prägte, ist sowohl an der Bildersprache von Psalmisten (Ps 65,9-13
7. Zur religiösen Metaphorik
Da Fruchtanbau Auskommen ermöglichte, als natürlicher Wachstumsprozess aber dem Einfluss des Menschen entzogen ist (Mk 4,26-29
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979.
- Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977.
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001.
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2005.
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Ben-David, Ariye, Talmudische Ökonomie. Die Wirtschaft des jüdischen Palästina zur Zeit der Mischna und des Talmud, Bd. 1, Hildesheim-New York 1974.
- Borowski, Oded, Agriculture in Iron Age Israel, Winona Lake 1987.
- Dalman, Gustav, Arbeit und Sitte in Palästina, 7 Bde. (SDPI = BFChTh), Gütersloh 1928-1942.
- Eyre, Christopher J., The Agriculture Circle, Farming, and Water Management in the Ancient Near East, in: Jack M. Sasson (Hg.), Civilizations in the Ancient Near East, Vol. 1, New York 1995, 175-190.
- Götz, Erich, Frühe Landwirtschaft in Palästina, in: Mell, Ulrich (Hg.), Pflanzen und Pflanzensprache der Bibel, Erträge des Hohenheimer Symposions vom 26. Mai 2004, Frankfurt a.M. u.a. 2006, 27-37.
- Hopkins, David C., The Highlands of Canaan. Agriculture Life in the Early Iron Age, Sheffield 1985.
- Karmon, Yehuda, Israel. Eine geographische Landeskunde (Wissenschaftliche Länderkunden 22), Darmstadt 2. Aufl. 1994.
- Krauß, Samuel, Talmudische Archäologie, Bd. 2 (GGJ), Leipzig 1911.
- Mell, Ulrich, Die Zeit der Gottesherrschaft. Zur Allegorie und zum Gleichnis von Markus 4,1-9 (BWANT 144), Stuttgart 1998.
- Vogelstein, Hermann, Die Landwirtschaft Palästinas zur Zeit der Mišnah, T. 1, Breslau 1894.
Abbildungsverzeichnis
- Pflügen und Säen (Grab des Nacht in Theben, 18. Dynastie) © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Erntearbeiten (Wandmalerei im Grab des Sennudjem in Dēr el-Medīna; 19. Dynastie). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Männer beim Keltertreten (Wandmalerei; Grab des Nacht in Theben; 18. Dyn.; 1580-1350). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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