Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Oktober 2020)

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1. Einleitung

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Alabaster ist bis heute als besonders schönes und wertvolles Material bekannt. Das war auch in der Antike nicht anders. Das Gestein kommt im Zusammenhang mit → Kalkstein fast im gesamten Mittelmeerraum vor (Ägypten, Israel / Palästina, Zypern, Kreta, Mesopotamien). Aus ihm können kleine Gegenstände wie zum Beispiel Gefäße, aber auch große Objekte, wie Statuen geformt werden.

Die Herkunft des Wortes „Alabaster“ kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Zum einen kann es vom griechischen Wort ἀλάβαστρος alabastros „Salbenfläschchen“ abgeleitet werden. Zum anderen kann es auch vom griechischen ἄλαβα alaba „henkellos“ stammen. In beiden Fällen wird zuerst die Gefäßform angesprochen, deren Bezeichnung später auf das Material überging.

Der Begriff „Alabaster“ wird in der Geologie und Archäologie unterschiedlich definiert, wobei die Archäologie selbst noch einmal verschiedene Begriffe kennt.

2. Terminologie

In der Geologie bezeichnet „Alabaster“ eine mikrokristalline Varietät des Minerals Gips (Kalziumsulfat-Dihydrat, Ca[SO4] 2H2O), in der Archäologie dagegen ist mit Alabaster eine äußerlich ähnliche Varietät von Calcit (Kalziumcarbonat; CaCO3) gemeint. Letzterer ist härter als Alabaster und zudem wasserunlöslich. Zu unterscheiden sind die Materialien zum Beispiel durch den Salzsäuretest: Calcit schäumt auf, wohingegen Gips unverändert bleibt. Calcit (> 50 % CaCO) gehört zu den → Kalksteinen. Aufgrund seiner Entstehung und Chemie ist das Material geologisch genauer als Travertin einzuordnen. Die moderne Geologie geht jedoch davon aus, dass Travertin durch hydrothermale Prozesse entsteht, was an den Lagerstätten in der südlichen Levante für das zu besprechende Material nicht nachzuweisen ist.

Schon früh (1945) schlug Ben-Dor vor, das eine Material „Gips“, (aus Ägypten stammend) das andere „Calcit“ (aus Israel / Palästina stammend) zu nennen. Dies führte in der frühen Forschung jedoch zu weiteren Verwechslungen. Harrel (1990) empfahl, das Material nicht als Calcit, sondern, petrographisch korrekt, als Travertin zu bezeichnen. Rosemarie und Dietrich Klemm (1991) schlugen hingegen den Begriff „Calcit-Alabaster“ als Kompromiss zwischen dem Vorkommen des Gesteins (dazu unten) und dem mineralogischen Hauptbestandteil Calcit vor. Da sich diese Bezeichnung in der gängigen Fachliteratur weitgehend durchgesetzt hat, soll das Material im Folgenden so benannt werden. Es handelt es sich jedoch um keinen festen geologischen, sondern nur um einen künstlich gewählten Begriff, um das in der Archäologie in der Levante verbreitete Material zu beschreiben. Andere (geologisch irreführende) Bezeichnungen sind „Ägyptischer Alabaster“, „orientalischer Travertin“, „Kalksinter-Travertin“ oder „Onyxmarmor“.

3. Geologie

„Calcit-Alabaster“ entsteht vorrangig in unterirdischen Höhlenlagerstätten. Sein Vorkommen ist grundsätzlich an Kalksteinvorkommen gebunden, weswegen „Calcit-Alabaster“ gewisse Grundeigenschaften des umgebenden Kalkgesteins aufweist. Durch tektonische Prozesse haben sich im Laufe der Zeit im Kalkstein unterirdische Gangspalten geöffnet. Regen und Porenwässer, die durch das Gestein sickern, werden mit aufgelöstem Calciumkarbonat aus der Umgebung gesättigt. Sobald diese Wässer dann die Gangspalten erreichen, setzen sich die Calcite an deren Wänden an. Im Laufe der Zeit wachsen diese „Krusten“, aus denen dann der „Calcit-Alabaster“ entsteht. „Calcit-Alabaster“ ist demnach eine auskristallisierte Form des umgebenden Kalksteins. Diese Ansammlungen wachsen mit einer variierenden Geschwindigkeit von wenigen Mikrometer zu einigen Millimeter pro Jahr.

Frisch abgebauter „Calcit-Alabaster“ ist von gelblich-bräunlicher Farbe (abhängig von der Verunreinigung durch Ton- und Eisengehalte) und leicht durchscheinend. Erst wenn das Gestein Sonnenlicht ausgesetzt wird, verblassen die bräunlichen Farbtöne und der Stein wird weiß gebleicht. So entsteht teilweise eine optische Ähnlichkeit mit Marmor.

Das natürliche „Calcit-Alabaster“, wie es in den Gangspalten vorkommt, ist von milchig-weißen, opaken calcithaltigen Bändern durchzogen. Möchte man diese Farbe beschreiben, kommen die Worte „Bernstein“ und „Honig“ in den Sinn. Auf der Mohs’schen Härteskala beträgt seine Härte 3, was bedeutet, dass sich das Gestein relativ leicht bearbeiten lässt.

4. Schriftliche Quellen

Aufgrund der schwierigen und vor allem unterschiedlichen Terminologie für das Material ist es generell schwierig, das Gestein in schriftlichen Quellen zu identifizieren.

4.1. Altes und Neues Testament

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Ob es in der Hebräischen Bibel ein Wort gibt, das „Calcit-Alabaster“ bezeichnet, ist nicht sicher. In Frage kommt das ägyptische Lehnwort (ägyptisch: šś) שֵׁשׁ šeš bzw. שַׁיִשׁ šajiš. Die Bedeutung „Alabaster“ vorausgesetzt, hat → David nach 1Chr 29,2 für den Tempelbau eine große Menge Alabaster bereitgestellt. In Hhld 5,15 werden die Schenkel des Geliebten mit Säulen aus Alabaster verglichen. Nach der Beschreibung des persischen Palastes von Susa in Est 1,6 hatte dieser Alabastersäulen und einem Alabasterfußboden. In dem Vers steht auch das hebräische Hapaxlegomenon בַּהַט bahaṭ, das dem Kontext nach einen luxuriösen Stein bezeichnet, der als Fußbodenbelag verwendet wurde. Bisweilen übersetzt man den Begriff mit „Marmor“, doch handelt es sich vermutlich um einen Edelstein, jedenfalls übersetzt die → Septuaginta mit „smaragdfarben“ (σμαραγδίτης). Erst im Neuhebräischen bezeichnet בהט bahaṭ Gefäße aus „Calcit-Alabaster“.

Der bekannteste biblische Beleg für Alabaster findet sich in den synoptischen Evangelien. Als Jesus im Hause Simons des Aussätzigen war, kommt eine Frau zu ihm mit kostbarer Salbe in einem Alabasterfläschchen. Dies impliziert, dass auch das Alabastergefäß einen hohen Wert hatte (Mt 26,7; Mk 14,3; Lk 7,37).

4.2. Weitere schriftliche Quellen

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Nach Plinius dem Älteren eignet sich „alabastrites“-Stein aufgrund seiner Beständigkeit gut für Gefäße. Er sei in Ägypten, Gebieten des heutigen Iran, Syrien und Zentralasien zu finden (Historia Naturalis XXXVI,12). In ptolemäischer Zeit hatte in Ägypten die Gegend zwischen el-Minja (Koordinaten: N 28° 05' 38'', E 30° 45' 32'') und Assiut (Koordinaten: N 27° 11' 15'', E 31° 11' 08'') den Namen „alabastrites“. Der dort gewonnene Stein wurde dementsprechend als Alabaster bezeichnet.

5. Vorkommen und Verwendung

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Sein, im Gegensatz zu Kalkstein, geringes Vorkommen macht „Calcit-Alabaster“ zu einem wertvollen Material, welches in der Archäologie oft in palatialen Anlagen oder Grabkontexten auftaucht.

In der Forschung wird das Gestein meist nur mit Ägypten in Verbindung gebracht, zum einen aufgrund des irreführenden Terminus „Ägyptischer Alabaster“, zum anderen auch aufgrund der guten Aufarbeitung der der dortigen Lagerstätten. Es gibt allerdings auch viele Funde im gesamten östlichen Mittelmeerraum, z.B. Gefäße aus „Calcit-Alabaster“ unter anderem in Qatna / Tell Mišrife (Koordinaten: N 34° 50' 12", E 36° 51' 55"), → Ugarit (Tell Rās Šamra; Koordinaten: N 35° 36' 07'', E 35° 47' 08''), → Ebla / Tell Mardīḫ (Koordinaten: N 35° 47' 56'', E 36° 47' 55''), Kumidi / Kāmid el-Lōz (Koordinaten: N 33° 37' 00'', E 35° 48' 00''), Kreta und Zypern. Die ältere Forschung (Ben-Dor 1945) ging davon aus, dass es sich bei allen in der südlichen Levante gefundenen Objekten aus „Calcit-Alabaster“ um Importe aus Ägypten handelt. Diese These ist jedoch veraltet, da inzwischen auch in Israel / Palästina in Höhlen (Te‘omim Höhle [Koordinaten: N 31° 43' 35'', E 35° 01' 20''] und ‘Abud Höhle [Koordinaten: N 32° 00' 48'', E 35° 03' 40'']) Vorkommen von „Calcit-Alabaster“ gefunden worden sind (vgl. z.B. Sparks 2007). Allerdings ist der Zusammenhang (Wissenstransfer, Inspiration durch ägyptische Vorbilder) zwischen ägyptischen und lokal in Israel / Palästina hergestellten Gefäßen noch nicht geklärt. Neuere Forschungen zur archäometrischen Herkunftsanalyse (Köster 2014; Lilyquist / Testa 2011) widmen sich verstärkt Fragen zur lokalen Produktion außerhalb Ägyptens von Gefäßen aus „Calcit-Alabaster“ und den Handelsnetzwerken.

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Einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von „Calcit-Alabaster“ leisteten Amos Frumkin und seine Mitarbeiter. Sie veröffentlichten 2014 eine Studie, in der sie durch Uran-Thorium-Datierungen den Zeitpunkt der letzten Abarbeitung von „Calcit-Alabaster“ in der Te‘omim Höhle sowie der ‘Abud Höhle erforschen. Ihre Arbeit datiert die auf den Bearbeitungsspuren abgelagerte, neu entstandene Kruste. Der Abbau von „Calcit-Alabaster“ wird in der Te‘omim Höhle so auf die Zeit vor 1550 v. Chr. (Mittlere Bronzezeit II-III) datiert, der in der ‘Abud Höhle dagegen bis in die römische Zeit.

5.1. Ägypten

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In Ägypten wurde „Calcit-Alabaster“ von der frühen Prädynastischen Zeit (4000 v. Chr.) bis in römische Zeit (ca. 400 n. Chr.) abgebaut. Die meisten Lagerstätten befinden sich entlang des Nils, meist auf seiner östlichen Seite (Klemm 1993 für eine Übersicht aller 9 „Calcit-Alabaster“ Steinbrüche). Hergestellt wurden aus dem Gestein meist luxuriöse Prestige-Objekte, z.B. kleine Statuetten, Uschebti-Figuren, Kanopen, Salbgefäße und Vasen, aber auch größere Objekte wie Sarkophage und Kolossalstatuen.

5.2. Israel / Palästina

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Die Lagerstätten von „Calcit-Alabaster“ sind in Israel / Palästina deutlich weniger als in Ägypten. Sie beschränken sich nach heutigem Forschungsstand auf das Jordantal sowie die Te‘omim Höhle und die ‘Abud Höhle.

In der südlichen Levante tauchen Gefäße aus „Calcit-Alabaster“ bereits während des späten Chalkolithikums auf. In der mittleren und späten Bronzezeit kann man von einer Blütezeit für diese Gefäße sprechen. Zum Fundensemble gehören während dieser Zeit meistens kleinere Gefäße, wie zum Beispiel kleine Kännchen und Krüge, Alabastrongefäße, Vasen, Flaschen und Pyxiden. Im Verlauf der Eisenzeit treten solche Gefäße immer weniger auf, bis sie schließlich im Verlauf der byzantinischen Periode ganz verschwinden. Jedoch konnten auch größere Objekte gefunden werden, wie zum Beispiel eine herodianische Badewanne in Kypros (Koordinaten: N 31° 50' 43'', E 35° 25' 33''), nahe Jericho, oder ein Teil einer Säule, die bei Ausgrabungen auf dem Tempelberg gefunden wurde.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928-1918
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992

2. Weitere Literatur

  • Aston, B.G. / Harrel, J.A. / Shaw, I., Stones, 2000, in: P. Nicholson / I. Shaw (Hgg.), Ancient Egyptian Materials and Technology, Cambridge, 5-77.
  • Ben-Dor, I., 1945, Palestinian Alabaster Vessels, Quarterly of the Department of Antiquities of Palestine 11, 93-113.
  • Casanova, M., 1991, La vaisselle d’albâtre de Mésopotamie, d’Iran et d’Asie centrale aux IIIe et IIe millénaires avant J. C., Paris.
  • El-Hinnawi, E.E. / Loukina, S.M., 1972, A Contribution to the Geochemistry of „Egyptian Alabaster“, Tschermaks mineralogische und petrologische Mittelungen 17, 215-221.
  • Frumkin, A. u.a., 2014, In-situ Dating of Ancient Quarries and the Sources of Flowstone („Calcite-Alabaster“) Artifacts in the Southern Levant, Journal of Archaeological Science 41, 749-758.
  • Harrel, J., 1990, Misuse of the Term „Alabaster“ in Egyptology, Göttinger Miszellen 119, 37-42.
  • Klemm, R. / Klemm, D., 1991, Calcit-Alabaster oder Travertin? Bemerkungen zu Sinn und Unsinn petrographischer Bezeichnungen in der Ägyptologie, Göttinger Miszellen 122, 57-69.
  • Klemm, R. / Klemm, D., 1993, Steine und Steinbrüche im Alten Ägypten, Berlin.
  • Köster, T., 2104, Ask the Artefact: Provenance of Analysis of Calcite-Alabaster Vessels, in: P. Pfälzner (Hg.), Contextualising Grave Inventories in the Ancient Near East. Proceedings of the Second and Third International Symposium of the Tübingen Post-Graduate School „Symbols of the Dead“ at the London 7th ICAANE in April 2009 and in Tübingen in November 2010, Wiesbaden, 225-241.
  • Lilyquist, C. / Testa, G., 2011, Strontium Isotopes as a Promising Tool to Determine Calcite-Alabaster Provenance, in: Ε.G. Kapsomenos u.a. (Hgg.), Proceedings of the 10th Cretological Congress (Chania, 1-8 October 2006), Chania, 123-136.
  • Sparks, R.S., 2007, Stone Vessels in the Levant, Leeds.

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