Alabaster
(erstellt: Oktober 2020)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/12973/
1. Einleitung
Die Herkunft des Wortes „Alabaster“ kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Zum einen kann es vom griechischen Wort ἀλάβαστρος alabastros „Salbenfläschchen“ abgeleitet werden. Zum anderen kann es auch vom griechischen ἄλαβα alaba „henkellos“ stammen. In beiden Fällen wird zuerst die Gefäßform angesprochen, deren Bezeichnung später auf das Material überging.
Der Begriff „Alabaster“ wird in der Geologie und Archäologie unterschiedlich definiert, wobei die Archäologie selbst noch einmal verschiedene Begriffe kennt.
2. Terminologie
In der Geologie bezeichnet „Alabaster“ eine mikrokristalline Varietät des Minerals Gips (Kalziumsulfat-Dihydrat, Ca[SO4] 2H2O), in der Archäologie dagegen ist mit Alabaster eine äußerlich ähnliche Varietät von Calcit (Kalziumcarbonat; CaCO3) gemeint. Letzterer ist härter als Alabaster und zudem wasserunlöslich. Zu unterscheiden sind die Materialien zum Beispiel durch den Salzsäuretest: Calcit schäumt auf, wohingegen Gips unverändert bleibt. Calcit (> 50 % CaCO) gehört zu den → Kalksteinen
Schon früh (1945) schlug Ben-Dor vor, das eine Material „Gips“, (aus Ägypten stammend) das andere „Calcit“ (aus Israel / Palästina stammend) zu nennen. Dies führte in der frühen Forschung jedoch zu weiteren Verwechslungen. Harrel (1990) empfahl, das Material nicht als Calcit, sondern, petrographisch korrekt, als Travertin zu bezeichnen. Rosemarie und Dietrich Klemm (1991) schlugen hingegen den Begriff „Calcit-Alabaster“ als Kompromiss zwischen dem Vorkommen des Gesteins (dazu unten) und dem mineralogischen Hauptbestandteil Calcit vor. Da sich diese Bezeichnung in der gängigen Fachliteratur weitgehend durchgesetzt hat, soll das Material im Folgenden so benannt werden. Es handelt es sich jedoch um keinen festen geologischen, sondern nur um einen künstlich gewählten Begriff, um das in der Archäologie in der Levante verbreitete Material zu beschreiben. Andere (geologisch irreführende) Bezeichnungen sind „Ägyptischer Alabaster“, „orientalischer Travertin“, „Kalksinter-Travertin“ oder „Onyxmarmor“.
3. Geologie
„Calcit-Alabaster“ entsteht vorrangig in unterirdischen Höhlenlagerstätten. Sein Vorkommen ist grundsätzlich an Kalksteinvorkommen gebunden, weswegen „Calcit-Alabaster“ gewisse Grundeigenschaften des umgebenden Kalkgesteins aufweist. Durch tektonische Prozesse haben sich im Laufe der Zeit im Kalkstein unterirdische Gangspalten geöffnet. Regen und Porenwässer, die durch das Gestein sickern, werden mit aufgelöstem Calciumkarbonat aus der Umgebung gesättigt. Sobald diese Wässer dann die Gangspalten erreichen, setzen sich die Calcite an deren Wänden an. Im Laufe der Zeit wachsen diese „Krusten“, aus denen dann der „Calcit-Alabaster“ entsteht. „Calcit-Alabaster“ ist demnach eine auskristallisierte Form des umgebenden Kalksteins. Diese Ansammlungen wachsen mit einer variierenden Geschwindigkeit von wenigen Mikrometer zu einigen Millimeter pro Jahr.
Frisch abgebauter „Calcit-Alabaster“ ist von gelblich-bräunlicher Farbe (abhängig von der Verunreinigung durch Ton- und Eisengehalte) und leicht durchscheinend. Erst wenn das Gestein Sonnenlicht ausgesetzt wird, verblassen die bräunlichen Farbtöne und der Stein wird weiß gebleicht. So entsteht teilweise eine optische Ähnlichkeit mit Marmor.
Das natürliche „Calcit-Alabaster“, wie es in den Gangspalten vorkommt, ist von milchig-weißen, opaken calcithaltigen Bändern durchzogen. Möchte man diese Farbe beschreiben, kommen die Worte „Bernstein“ und „Honig“ in den Sinn. Auf der Mohs’schen Härteskala beträgt seine Härte 3, was bedeutet, dass sich das Gestein relativ leicht bearbeiten lässt.
4. Schriftliche Quellen
Aufgrund der schwierigen und vor allem unterschiedlichen Terminologie für das Material ist es generell schwierig, das Gestein in schriftlichen Quellen zu identifizieren.
4.1. Altes und Neues Testament
Der bekannteste biblische Beleg für Alabaster findet sich in den synoptischen Evangelien. Als Jesus im Hause Simons des Aussätzigen war, kommt eine Frau zu ihm mit kostbarer Salbe in einem Alabasterfläschchen. Dies impliziert, dass auch das Alabastergefäß einen hohen Wert hatte (Mt 26,7
4.2. Weitere schriftliche Quellen
5. Vorkommen und Verwendung
In der Forschung wird das Gestein meist nur mit Ägypten in Verbindung gebracht, zum einen aufgrund des irreführenden Terminus „Ägyptischer Alabaster“, zum anderen auch aufgrund der guten Aufarbeitung der der dortigen Lagerstätten. Es gibt allerdings auch viele Funde im gesamten östlichen Mittelmeerraum, z.B. Gefäße aus „Calcit-Alabaster“ unter anderem in Qatna / Tell Mišrife (Koordinaten: N 34° 50' 12", E 36° 51' 55"
5.1. Ägypten
5.2. Israel / Palästina
In der südlichen Levante tauchen Gefäße aus „Calcit-Alabaster“ bereits während des späten Chalkolithikums auf. In der mittleren und späten Bronzezeit kann man von einer Blütezeit für diese Gefäße sprechen. Zum Fundensemble gehören während dieser Zeit meistens kleinere Gefäße, wie zum Beispiel kleine Kännchen und Krüge, Alabastrongefäße, Vasen, Flaschen und Pyxiden. Im Verlauf der Eisenzeit treten solche Gefäße immer weniger auf, bis sie schließlich im Verlauf der byzantinischen Periode ganz verschwinden. Jedoch konnten auch größere Objekte gefunden werden, wie zum Beispiel eine herodianische Badewanne in Kypros (Koordinaten: N 31° 50' 43'', E 35° 25' 33''
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928-1918
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
2. Weitere Literatur
- Aston, B.G. / Harrel, J.A. / Shaw, I., Stones, 2000, in: P. Nicholson / I. Shaw (Hgg.), Ancient Egyptian Materials and Technology, Cambridge, 5-77.
- Ben-Dor, I., 1945, Palestinian Alabaster Vessels, Quarterly of the Department of Antiquities of Palestine 11, 93-113.
- Casanova, M., 1991, La vaisselle d’albâtre de Mésopotamie, d’Iran et d’Asie centrale aux IIIe et IIe millénaires avant J. C., Paris.
- El-Hinnawi, E.E. / Loukina, S.M., 1972, A Contribution to the Geochemistry of „Egyptian Alabaster“, Tschermaks mineralogische und petrologische Mittelungen 17, 215-221.
- Frumkin, A. u.a., 2014, In-situ Dating of Ancient Quarries and the Sources of Flowstone („Calcite-Alabaster“) Artifacts in the Southern Levant, Journal of Archaeological Science 41, 749-758.
- Harrel, J., 1990, Misuse of the Term „Alabaster“ in Egyptology, Göttinger Miszellen 119, 37-42.
- Klemm, R. / Klemm, D., 1991, Calcit-Alabaster oder Travertin? Bemerkungen zu Sinn und Unsinn petrographischer Bezeichnungen in der Ägyptologie, Göttinger Miszellen 122, 57-69.
- Klemm, R. / Klemm, D., 1993, Steine und Steinbrüche im Alten Ägypten, Berlin.
- Köster, T., 2104, Ask the Artefact: Provenance of Analysis of Calcite-Alabaster Vessels, in: P. Pfälzner (Hg.), Contextualising Grave Inventories in the Ancient Near East. Proceedings of the Second and Third International Symposium of the Tübingen Post-Graduate School „Symbols of the Dead“ at the London 7th ICAANE in April 2009 and in Tübingen in November 2010, Wiesbaden, 225-241.
- Lilyquist, C. / Testa, G., 2011, Strontium Isotopes as a Promising Tool to Determine Calcite-Alabaster Provenance, in: Ε.G. Kapsomenos u.a. (Hgg.), Proceedings of the 10th Cretological Congress (Chania, 1-8 October 2006), Chania, 123-136.
- Sparks, R.S., 2007, Stone Vessels in the Levant, Leeds.
Abbildungsverzeichnis
- Alabastron (Ägypten; 3. Zwischenzeit-Spätzeit, 1069-525 v. Chr.; BIBEL+ORIENT Datenbank Online
). Mit Dank an © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz - Schale (Susa; 3. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © Kieler Bilddatenbank Naher Osten (Foto: Rüdiger Bartelmus; https://www.uni-kiel.de/kibidano/receive/kibidano_kibpic_00005755
) - Augenidol (Nordsyrien; Anfang Frühbronzezeit, 3300-3000 v. Chr.; BIBEL+ORIENT Datenbank Online
). Mit Dank an © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz - Kanope mit Deckel in Form eines Frauenkopfes (Ägypten; ca. 1349-1336 v. Chr.). Mit Dank an das Metropolitan Museum of Art (© public domain)
- Alabastron (Ort und Zeit unbekannt). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum, BM 1940,0604.5
- Sphinx in Memphis (1700-1400 v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Bertolt Werner, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative-Commons
-Lizenz, Attribution-Share Alike 2.5 generic ; Zugriff 20.10.2020 - Löffel in Form einer Schwimmerin (Dēr el-Balaḥ; Spätbronzezeit IIB, 1300-1150 v. Chr.; BIBEL+ORIENT Datenbank Online
). Mit Dank an © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)