Amen (AT)
(erstellt: April 2013)
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„Amen“ bedeutet „so sei es!“ und signalisiert insbesondere in liturgischem Kontext die Zustimmung des Sprechers.
1. Herkunft und Bedeutung
Amen ist ein aus dem Hebräischen (אָמֵן ’āmen) übernommenes Wort, das bereits in der → Septuaginta
Das hebräische Wort אָמֵן ’āmen ist ein Verbaladjektiv der Wurzel אמן ’mn, deren Grundbedeutung „fest / zuverlässig / sicher sein“ lautet. Diese Grundbedeutung ist auch in dem häufig formelhaft verwendeten Amen erkennbar. Es bestätigt, dass etwas Ausgesprochenes als gewiss und zuverlässig erkannt und anerkannt wird, etwa im Sinne von „so sei es“. Die genaue Bedeutung des Amen ergibt sich aus seiner jeweiligen Verwendung.
2. Verwendung
Amen kommt im Alten Testament 30-mal vor, textkritisch nicht ganz eindeutig sind die beiden Belege in Jes 65,16
Sprecher des Amen können sowohl Einzelne als auch das Volk, die zum Gottesdienst versammelte Gemeinde sein. Alle alttestamentlichen Belege stehen außerdem in einem unmittelbar theologischen Zusammenhang.
2.1. Zustimmung zu einem Fluch
Zwölf der dreißig alttestamentlichen Belege gehören in Dtn 27,15-26
In Jer 11,5
2.2. Bestätigung einer heilvollen Ankündigung
In Jer 28,6
In 1Kön 1,36
2.3. Einstimmen der Gemeinde in das Gotteslob
In den Schlussdoxologien der ersten drei Psalmenbücher findet sich in Ps 41,14
Joachim Jeremias (387) erklärte das doppelte Amen in Ps 41,14
1Chr 16,36
2.4. Der „Gott des Amen“ in Jesaja 65,16
Jes 65,16
Durch eine Änderung in der Vokalisation lässt sich hier alternativ auch die Lesart „Gott der Treue“ rekonstruieren (Jeremias, 386; Wildberger, 196; vgl. die gängigen deutschen Bibelübersetzungen).
2.5. Amen auf einem Ostrakon aus Məṣad Ḥăšavjāhû?
Auf einem 1960 gefundenen Ostrakon steht die Petition eines Erntearbeiters, dessen Gewand gepfändet wurde und der es zurück bekommen möchte. In Zeile 11 übersetzt Conrad (250): Meine Brüder „werden zu meinen Gunsten aussagen. Es ist wahr, ich bin frei von Sch[uld.]“ Für „es ist wahr“ geht er von der Lesart אמן ’mn aus. Weippert (2010, 371-372) übersetzt dagegen: „Meine Genossen können für mich zeugen. Wenn ich von Sch[uld] frei bin …“
Statt אמן ’mn liest er אם ’m „wenn“ und sieht das נ n als ersten Buchstaben des nächsten Wortes: ננקתי nnqtj. Die ungewöhnliche Doppelung des Nun am Wortanfang sei entweder eine Dittographie, da das Ostrakon auch sonst eine Reihe orthographischer Fehler enthält. Oder es sei eine Nebenform ohne Assimilation des silbenschließenden Nun (diese Begründung in Weippert, 1990, 461).
Eine dritte Deutung bietet Pardee (1982, 21-22). Er übersetzt: „… they will testify for me that this is true. I am guiltless …“. Für ihn ist Amen damit das erste Wort, das die vor den Statthalter zitierten Genossen des Erntearbeiters sagen werden, wenn sie zu der Behauptung des Bittstellers gehört werden.
Die ausschließlich responsorische Verwendung von Amen in alttestamentlichen Texten spricht eher gegen die Übersetzung von Conrad. Zumindest kann das Ostrakon alleine einen anderen Gebrauch nicht eindeutig belegen.
2.6. Amen in den Qumrantexten
Bis in die 70er Jahre waren aus den → Qumrantexten
Inhaltlich ist das Amen in den Qumrantexten eine liturgische Formel zur Bekräftigung vorausgehender Aussagen. Es steht immer am Satzende und bezieht sich auf Segen oder Fluch, ein Gebet oder einer Liturgie. „Die Doppelung des אמן erlangt ihre besondere Eigenschaft gegenüber dem Alten Testament in der quasi superlativischen Steigerung der Selbstvergewisserung um Gottes Eingreifen für den Gerechten und gegen den Gottlosen“ (Hamidović, 219).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977ff
- Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 6. Aufl., München / Zürich 2004
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
- Theologisches Wörterbuch zu den Qumrantexten, Stuttgart u.a., 2011ff
2. Weitere Literatur
- Abegg, Martin, 2003, The Dead Sea scrolls concordance: The non-biblical texts from Qumran, Band 1, Leiden.
- Conrad, Diethelm, 1983, Ersuchen um Rechtshilfe, in: TUAT I, Lfg. 3, 249-250.
- Hamidović, David, Art. אָמַן ’āman, in: Theologisches Wörterbuch zu den Qumrantexten, Bd. 1, Stuttgart u.a. 2011, 209-219.
- Jepsen, Alfred, Art. אָמַן, in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Bd. 1, Stuttgart u.a. 1973, 313-348.
- Jeremias, Joachim, Art. Amen I. Biblisch-theologisch, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 2, Berlin / New York 1978, 386-391.
- Lau, Wolfgang, 1994, Schriftgelehrte Prophetie in Jes 55-66. Eine Untersuchung zu den literarischen Bezügen in den letzten elf Kapiteln des Jesajabuches (BZAW 225), Berlin u.a.
- Neef, Heinz-Dieter, 2008, Amen. Beobachtungen zur Verwendung einer alttestamentlichen Formel, Theologische Beiträge 39, 363-375.
- Pardee, Dennis, 1982, Handbook of Ancient Hebrew Letters, Chico/Ca.
- Pfeiffer, Egon, 1958, Der alttestamentlich Hintergrund der liturgischen Formel „Amen“, KuD 4, 129-141.
- Weippert, Manfred, 1990, Die Petition eines Erntearbeiters aus Məṣad Ḥǎšavyāhū und die Syntax althebräischer erzählender Poesie, in: E. Blum u.a. (Hgg.), Die Hebräische Bibel und ihre zweifache Nachgeschichte (FS R. Rendtorff), Neukirchen-Vluyn.
- Weippert, Manfred, 2010, Historisches Textbuch zum Alten Testament (GAT 10), Göttingen.
- Wildberger, Hans, Art. אמן ’mn fest, sicher, in: Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich, 6. Aufl. 2004, Bd. 1, 177-209.
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