Amme
(erstellt: Dezember 2010)
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→ Hebamme
1. Begriff
Mit dem Wort „Amme“ wird das hebräische Partizip Femininum Hif. von jnq „saugen“ übersetzt. Es handelt sich also um eine Frau, die ein Kind saugen lässt bzw. stillt. Damit ist im weiteren Sinn jede stillende Frau eine Amme. Erst im engeren Sinne bezeichnet der Begriff Frauen, die ein Kind stillen, dessen Mutter sie nicht sind, insbesondere Lohnammen.
Die Wurzel ist gemeinsemitisch: Im Akkadischen findet sich in der gleichen Bedeutung enēqu, im Ugaritischen jnq; möglicherweise ist auch das ägyptische śnq verwandt.
2. Bestimmte Ammen
Im Alten Testament gibt es nur fünf Kontexte mit acht Belegen, an denen explizit von einer Amme die Rede ist. Darüber hinaus sind aber Stellen zu berücksichtigen, die von einer stillenden Frau sprechen, da sowohl die Mutter als auch eine Amme gemeint sein kann.
2.1. Debora, die Amme Rebekkas
Nach Gen 24,59
2.2. Die Mutter des Mose
In Ex 2,7
2.3. Die Ammen der Prinzen Merib-Baal und Joasch
Auch zwei weitere Erzählungen spielen am Königshof: Nach 2Sam 4,4
Ebenfalls eine Rettungserzählung ist 2Kön 11,2
3. Aufgaben einer Amme
Die wichtigste Aufgabe der Ammen war es natürlich, ein Kind zu stillen. Da diese Phase etwa drei Jahre dauerte (2Makk 7,27
3.1. Amme nach dem Tod der Mutter
Die Ernährung der Säuglinge war in Israel vorrangig die Aufgabe der leiblichen Mutter. Doch die Sterblichkeit im Kindbett war sehr hoch. Sowohl für die Gebärende als auch für das Neugeborene waren die peri- und die postnatale Phase eine Sache auf Leben und Tod. In den zahllosen Fällen, in denen die Mutter während der Geburt starb, hing das Leben des Kindes von einer alternativen Nahrungsquelle, also primär einer Amme bzw. Lohnamme ab. Das gleiche gilt prinzipiell auch für Fälle, in denen die Muttermilch nicht ausreichte.
3.2. Amme als Statussymbol
Diesen prinzipiellen Erwägungen entsprechen die Belege jedoch nicht ganz: Sie bezeugen Ammen nämlich nur im Zusammenhang mit wohlhabenden Familien, vor allem Königsfamilien. Wenn Ammen in der Bibel also nur an relativ wenigen Stellen belegt sind, hat das vermutlich vor allem sozialgeschichtliche Hintergründe: Arme Familien konnten sich den Ammenlohn nicht leisten. Eine Mutter aus wohlhabenden Verhältnissen „hatte es nicht nötig“ ihr Kind zu stillen.
Das Bild von der Amme als Kennzeichen privilegierter Familien bestätigen babylonische Belege: Da in Codex → Hammurabi
3.3. Sozialer Status von Ammen
Aufgrund der wenigen Belege sind aus Israel keine Details zum Ammendienst bekannt. Ob die Amme in der Familie lebte, in deren Dienst sie stand (so 2Sam 4,4
In Mesopotamien rekrutierten Ammen sich aus niederen sozialen Schichten. Tabus verboten ihnen Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft. Außerdem durften Ammen kein weiteres Kind stillen (Stol, 184f). Offenbar kam es häufiger zu Streit im Zusammenhang mit der Bezahlung der Ammen (vgl. Codex Eschnunna § 32) oder der Vernachlässigung des Säuglings mit der Folge, dass das Kind erkrankte oder sogar starb (Codex Hammurabi § 194).
4. Bildliche Rede von Ammen
4.1. Fürstinnen werden als Ammen dienen
Zu der von → Deuterojesaja
4.2. Stillen von Mutter oder Amme als Segensikone
1. Im Alten Testament wird JHWH an mehreren Stellen andeutungsweise als stillende Gottheit gezeichnet: In Num 11,12
In Ägypten findet sich eine Spezialisierung der Funktionen „gebären“ und „ernähren“, die erst in der Spätzeit wieder verschmelzen (Isis lactans). Auffällig viele ägyptische Darstellungen zeigen stillende Frauen. Die göttliche Amme des Königs dient seiner Legitimation. Im Bild der Ernährung wird dargestellt, dass er die notwendigen Lebenskräfte aus göttlicher Quelle bezieht.
In → Ugarit
2. Jes 66,10-13
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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- Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
- Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff.
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 1996-2003
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Aly, A.A., The Wet Nurse. A Study in Ancient Medicine and Greek Papyri (Vesalius 2/2), 1996, 86-97
- Bradley, K.R., Wet-nursing at Rome. A Study in Social Relations, in: B. Rawson (Hg.), The Family in Ancient Rome: New Perspectives, Ithaca 1980, 201-230
- Bradley, K.R., Sexual Regulations in Wet-nursing Contracts from Roman Egypt, Klio 62 (1980), 325
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- Gruber, M.I., Breast-Feeding Practices in Biblical Israel and in Old Babylonian Mesopotamia (JANES 19), 1989, 61-83
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- Stol, M., Birth in Babylonia and the Bible. Its Mediterranean Setting, Groningen 2000
- Winter, U., Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Fribourg / Göttingen, 2. Aufl., 1987
- Wunsch, C., Findelkinder und Adoption in neubabylonischen Quellen, AfO 50, 2003, 174-244
- Yee, G.A., „Take this child and suckle it for me“: Wet nurses and Resistance in Ancient Israel, BTB 39, 2009, 180-189
Abbildungsverzeichnis
- Siegel der Amme Zamema (Tell Mozan in Nordmesopotamien; ca. 2200 v. Chr.). Aus: O. Keel / S. Schroer, Eva – Mutter alles Lebendigen. Frauen- und Göttinnenidole aus dem Alten Orient, Fribourg 2004, Fig. 23a; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Pfeilerfigurine (Terrakotte aus Juda; 7. Jh. v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Baumgöttin (Malerei im Grab Thutmosis’ III. in Theben-West; 1479-1426 v. Chr.). Aus: U. Winter, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1983, Abb. 460; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Stillende Göttin (Elfenbeinrelief aus Ugarit; um 1380 v. Chr.). Aus: U. Winter, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1983, Abb. 409; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
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