Amnon
Andere Schreibweise: Aminon
(erstellt: November 2011)
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Zwei Personen werden im Alten Testament Amnon genannt: ein Sohn Schimons aus dem Stamm Juda (1Chr 4,20
1. Name
Der Personenname Amnon (hebräisch אַמְנוֹן ’amnôn) bedeutet „zuverlässig / treu“.
2. Amnon, der Sohn Davids
Amnon ist einer jener sechs Söhne Davids, die in → Hebron
2.1. 2Sam 13: Kontext und Inhalt
2Sam 13
2Sam 13 erzählt, dass Amnon Tamar, seine Halbschwester, begehrt. Diese gilt für ihn als unerreichbar, da sie als junge unverheiratete Frau (hebräisch בְּתוּלָה bətûlāh) in den Zugehörigkeitsbereich des Vaters gehört. Sein Freund und Cousin Jonadab schlägt Amnon daher eine List vor, um Tamar in sein Haus zu bringen. Amnon stellt sich – Jonadabs Ratschlag folgend – krank. Der Vater David schickt Tamar ins Haus Amnons, damit sie für ihn kocht. Tamar kommt und bäckt Kuchen vor Amnons Augen. Dieser weigert sich zu essen, schickt daraufhin alle Männer hinaus und lässt sich von Tamar die Speise ins Hinterzimmer bringen. Dort packt er Tamar und drängt sie, mit ihm zu schlafen. Sie leistet verbalen Widerstand, indem sie ihn auf die Folgen einer Vergewaltigung für ihn selbst hinweist und ihm außerdem vorschlägt, den sexuellen Akt sozial absichern zu lassen und so das Verhältnis durch Heirat zu legalisieren. Dabei setzt sie voraus, dass eine Ehe zwischen Halbgeschwistern gestattet ist (→ Blutschande
Zwei Jahre später lässt Absalom Amnon ermorden und nimmt die Vergewaltigung Tamars dazu als Anlass (2Sam 13,32
2.1.1. Erzählstrategien
In 2Sam 13 werden die Lesenden von Anfang an aufgrund erzähltechnischer Elemente eingeladen, sich mit Amnon zu identifizieren. Er ist es, dessen Blick auf Tamar die Lesenden teilen und zu dessen Gefühlsleben die Erzählung Zugang verschafft (vgl. 2Sam 13,1-2
Sexuelle Gewalt wird damit als Vergehen gegen die Sozialordnung verstanden. So wie Tamars Rede das Vorhaben Amnons als gemeinschaftszerstörendes Vergehen aufdeckt, so verfolgt auch der Text die rhetorische Strategie der Entlarvung, die „auf dem Auseinanderbrechen von empathischer Identifikation mithilfe der Sympathielenkung und moralischer Bewertung [beruht]“ (Müllner, 1997, 384; zur Fokussierung und Empathielenkung vgl. dies., 165-192). Dieser biblische Text geht nicht mit den männlichen Akteuren konform, sondern zeigt, dass das Vorkommen von sexueller Gewalt einer gerechten Gesellschaftsordnung widerspricht. Die Erzählung steht auf Seiten Tamars und betont ihre Weisheit und Besonnenheit (vgl. Schroer, 173).
2.1.2. Gewaltakte
Alle männlichen Textpersonen der Erzählung von 2Sam 13 sind an der Gewalt gegen Tamar beteiligt: Amnon, Tamars Halbbruder, verübt den brutalen Akt der Vergewaltigung und Entrechtung. Jonadab, Amnons Freund, erteilt ihm den Ratschlag, wie er an Tamar herankommen kann. König David selbst veranlasst, dass Tamar ins Haus Amnons geht. Der Diener führt Tamar aus dem Hinterzimmer auf die Straße und schließt die Tür. Absalom muss von der ganzen Sache zumindest geahnt haben, denn sonst hätte er in 2Sam 13,20
Tamar wird durch mehrfache Gewalttaten zum Opfer gemacht. Das Zusammenarbeiten der Männer hinsichtlich der Viktimisierung der einen Frau wirkt fast wie ein Komplott. Was Tamar von den anderen biblischen Opfern sexueller Gewalt unterscheidet, ist ihre Stimme. Sie ist die einzige der von sexueller Gewalt betroffenen Frauen in der Bibel, der von der Erzählung direkte Rede zugestanden wird (vgl. Müllner, 1999, 68). „Diese Stimme unterscheidet sie zwar auf der Ebene der Darstellung von anderen Opfern, nicht jedoch innerhalb der erzählten Welt: Ihr verbaler Widerstand verhallt ungehört“ (Müllner, 1999, 69). Sexuelle Gewalt ist keine Privatangelegenheit, sondern ein gesellschaftlich verankertes Verbrechen, das bereits im Alten Israel bekannt war und bis heute verübt wird. „Die Geschichte von Tamar ist ein beklemmendes Zeugnis der Gewalt, der Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft damals wie heute ausgesetzt sind“ (Schroer, 173).
2.2. Amnon und David
2Sam 13 ist die erste von mehreren Erzählungen, die Davids Schwierigkeiten mit seinen Söhnen zum Ausdruck bringt und die Reihe der innerfamiliären Gewalttaten eröffnet. Die Erzählung stellt gleichzeitig ein Echo auf Davids eigenes Vergehen an → Batseba
2.3. Amnon in der Rezeption
Antike rabbinische Quellen mildern die biblische Darstellung von Amnon ab: Sein Hass gegenüber Tamar entstamme einer Verletzung im Genitalbereich, die ihm Tamar zugefügt hätte (Babylonischer Talmud, Traktat Sanhedrin 21a; Text Talmud
Die Rabbiner benutzen Amnons geschilderte Liebe zu Tamar als Paradigma für eine ungewisse Liebe, die nicht von Dauer ist. Die Vergewaltigung habe den Anlass zu jener Vorschrift gegeben, die einem Mann das Alleinsein mit einer unverheirateten Frau verbietet (Sanhedrin 21a-b). Der Talmud schlägt vor, dass im Speziellen die Phrase „Amnon, Sohn Davids“ ausgelassen werden sollte, um die Ehre Davids unangetastet zu lassen (Babylonischer Talmud, Traktat Megilla 25a-b; Text Talmud
In der bildenden Kunst wird Amnon hauptsächlich und beinahe ausschließlich als Vergewaltiger Tamars rezipiert (siehe Artikel zu → Tamar
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
- Harper’s Bible Dictionary, San Francisco 1985
- The Interpreter´s Dictionary of the Bible, New York 1962
- Lexikon der Biblischen Eigennamen, Düsseldorf 1981
- Enciclopedia de la Biblia, Barcelona 1963
- Encyclopedia of the Bible and Its Reception 1, Berlin u.a. 2009
2. Weitere Literatur
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Abbildungsverzeichnis
- Amnon und Tamar (Jan Steen; 1626-1679).
- Amnon und Tamar (Giovanni Francesco Barbieri, genannt Guercino; 1649-1650).
- Absalom lässt Amnon töten (Matthäus Merian d.Ä.; 1625-1630).
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