Deutsche Bibelgesellschaft

Arbeit (AT)

(erstellt: Oktober 2008)

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1. Begriff

Arbeit 1

Schon vor Sonnenaufgang rührt sich das Leben im Haus, und erste Arbeiten werden von der Hausherrin erledigt (Spr 31,15). Mit Sonnenaufgang beginnt der eigentliche Arbeitstag des gewöhnlichen Hebräers, der von Beruf Bauer ist: „Nun geht der Mensch hinaus an sein Werk, an seine Arbeit bis zum Abend“ (Ps 104,23). Arbeit ist im alten Israel in erster Linie körperliche Arbeit im Freien auf dem Feld (→ Ackerbau); auch häusliche und handwerkliche Tätigkeit geschieht zumeist im Freien (→ Handwerk). Kinder werden zum Holzsammeln (Jer 7,18) und Hüten der Schafe (1Sam 16,11) herangezogen. Für alles Tun sind, neben Gottes verborgenem Beistand (Ps 127), Geschick und Sachwissen vonnöten (Sir 38,31; Lutherbibel: Sir 38,35). Fragmente von Sachwissen über Ackerbau und Viehzucht sind in prophetischer und weisheitlicher Literatur (Jes 28,24-26; Jer 4,3; Spr 27,23-27) sowie in einem Spruch → Jeremias (Jer 4,3) und im Geserkalender (Text s. → Fest in Israel 2.3) überliefert. Der Arbeitstag endet manchmal spät, so dass der Dichter von der unermüdlich tätigen Frau schreibt: „In der Nacht erlischt ihre [Öl-]Lampe nicht“ (Spr 31,18).

2. Organisation der Arbeit

Das Alte Testament liefert uns keine Beschreibung, geschweige denn Analyse, der Arbeitswelt des biblischen Volkes, doch aus Zeugnissen vor allem der nachexilischen Zeit und der Spätzeit (6.-2. Jh. v. Chr.) können wir jene Verhältnisse erkennen, die als ideal galten.

2.1. Landwirtschaftlicher Betrieb

Die Grundlage der idealen Arbeitsorganisation bildet ein landwirtschaftlicher Betrieb, der, von einem Paar – dem Grundbesitzer und dessen Ehefrau – geleitet, die mediterrane Trias erzeugt: Korn (→ Ackerbau), → Öl und → Wein. Dabei erfordert der Olivenanbau den geringsten, der Weinbau den größten Arbeitsaufwand. Ergänzt wird die landwirtschaftliche Produktion durch Viehhaltung (→ Viehwirtschaft). Ein normaler Betrieb dürfte etwa 10 Hektar Land bewirtschaftet haben, wobei die Hälfte als Anbaufläche diente; 20-30 Personen bildeten das Personal (Deist, 146). Im Prinzip strebt der Haushalt komplette Selbstversorgung an; nur wenige Nahrungsmittel, Gebrauchs- und Luxusgüter werden durch Tausch oder Geld erworben.

Alle, die zum Haushalt gehören, sind nach Ausweis des → Dekalogs in den Arbeitsprozess einbezogen: der Besitzer und seine Ehefrau ebenso wie die Söhne und Töchter, dazu männliches und weibliches Gesinde (s. unten, 2.3). Herangezogen werden → Fremde, denen am Ort Wohnrecht eingeräumt wurde und die den Schutz des Großgrundbesitzers genießen, wofür sie als Gegenleistung bestimmte Dienste übernehmen.

2.2. Zuständigkeit des Mannes

Die landwirtschaftliche Tätigkeit – Anbau von Getreide und Gemüse, Pflege des Bestandes an Oliven- und Feigenbäumen sowie der Reben, Haltung von Vieh – ist in erster Linie Männersache (→ Mann). Männer bereiten den Boden vor, pflügen, säen, ernten, dreschen usw., doch helfen Frauen z.B. bei der Ernte (Rut 2,8).

2.3. Zuständigkeit der Frau

Vom männlichen Arbeitsbereich ist der weibliche unterschieden. In der nachbiblischen Zeit bestimmt die Mischna: „Dies sind die Arbeiten, welche die Frau für ihren Mann zu tun hat: [Getreide] mahlen, [Brot] backen, waschen, kochen, ihr Kind säugen, ihm das Bett bereiten und in Wolle arbeiten“ (Ketubot 5,5). Die Siebenzahl dieser Tätigkeiten will symbolisch auf die Fülle der weiblichen Pflichten im Haushalt verweisen. Mit Ausnahme des Wäschewaschens lassen sich die genannten Tätigkeiten bereits in der Bibel als Aufgabe der Frau nachweisen. Wichtige einschlägige Zeugnisse sind der Dekalog (Ex 20,10; Dtn 5,14), das Gedicht über die tüchtige Gutsherrin (Spr 31,10-31) und das Buch → Rut. Zur Frauenarbeit, der Hausherrin unterstellt, gehört neben der Vorratshaltung insbesondere die Herstellung von Kleidung und die Zubereitung der Mahlzeiten, und zwar im Einzelnen: Mahlen von Getreide (→ Mühle / mahlen) zur Herstellung von Mehl und Grütze wird im reichen Haushalt vom weiblichen Personal übernommen (Ex 11,5; Jes 47,2). Mehrfach hören wir vom Backen der Frauen (2Sam 13,8; Jer 7,18; Jer 44,19). Kochen, wenn möglich des Leibgerichts des Mannes, ist Frauensache (Gen 27,14). Überhaupt hat die Frau die Aufsicht über die Vorratshaltung und kann dementsprechend auch einen Gast bewirten und Reisende versorgen (Ri 5,25; 1Sam 25,18). Säugen des Kindes: dieser Ausdruck verweist stellvertretend auf den gesamten Bereich der Versorgung des Säuglings; die Genesis rechnet bereits → Schwangerschaft und → Geburt zur Arbeit, welche die Frau leistet (Gen 3,16). Bereiten des Bettes: wenn möglich, wird das eheliche Lager mit kostbaren Tüchern und Decken bereitet, die außerdem noch parfümiert werden (Spr 7,16-17). In Wolle arbeiten: damit ist die mit dem Spinnen beginnende Textil- und Kleiderherstellung für alle Hausgenossen gemeint (Spr 31,19; Spr 31,13; Spr 31,21; 1Sam 2,19). Das Buch → Tobit lässt vermuten, dass der Haushalt Webarbeiten auch durch Frauen außerhalb des Haushalts gegen Lohn herstellen lässt (Tob 2,11-12 [nicht in Lutherbibel]; → Weben / Weberei). Auch vom Verkauf von Textilwaren, die im Haushalt hergestellt werden, hören wir (Spr 31,24).

Dazu gibt es viele Parallelen in der antiken Literatur; vgl. Vergil: „Schon hat die erste Ruh, mitten im Laufe der vorübereilenden Nacht, den Schlaf verscheucht; da erweckt das Weib, deren Los es ist, durch die Spindel und den dünnen Faden das Leben zu fristen, die Asche und das erstorbene Feuer wieder. Sie fügt ihrer Arbeit die Nacht hinzu, und nötigt zu ihrem langen Tagwerk die Mägde bei der Lampe Schein“ (Aeneis VIII, 407-412, übersetzt von J.H. Voss).

2.4. Arbeiter

Die Arbeiterschaft eines bäuerlichen Betriebs setzt sich offenbar aus Männern und Frauen verschiedener Herkunft und Rechtsstellung zusammen. Die wichtigsten Arbeitskräfte sind die Kinder des Bauern – schon deshalb wird Kinderreichtum geschätzt. Dazu kommt eine Gruppe, die sich als Gesinde charakterisieren lässt und die, anders als noch hinzugezogene Lohnarbeiter und -arbeiterinnen, in den Haushalt integriert sind: einzelne, die einige Jahre Schuldknechtschaft abzudienen haben; Verwandte, die um die Hand einer Tochter des Hauses anhalten (Gen 29,18); eigentliche Sklaven, die dauerhaft zum Haushalt gehören. Die Zahl der letztgenannten Gruppe, der Sklaven, war offenbar nicht sehr hoch – die einzige Zahl, die sich errechnen lässt, beträgt 14,76% der Bevölkerung (nach Esr 2,64-65).

2.5. Arbeitstiere

Als Arbeitstiere dienen → Rind und → Esel. Sie werden zum Lasttragen, Ziehen des Pflugs, des Dreschschlittens und des zweispännigen Karrens eingesetzt (Dtn 22,10; Dtn 25,4; Jes 30,24; 1Sam 6,7). Die Spruchweisheit hält die Unverzichtbarkeit des Rindes für die Landwirtschaft fest: „Wo kein Rind ist, ist kein Korn“ (Spr 14,4).

3. Probleme des Arbeitslebens und ihre Lösung

3.1. Fronarbeit und Protest

Kein antiker Staat kommt ohne → Fronarbeit aus, denn ohne sie sind weder große Bauprojekte noch der Unterhalt eines Heeres, noch die Versorgung von Hof und Beamtenschaft möglich. Zwischen der Bevölkerung, die zur Fron herangezogen wird, und der Frondienst einfordernden Obrigkeit herrscht stete Spannung, die sich immer wieder in Aufständen entlädt. Die Geschichte des biblischen Volkes enthält eine Kette von Hinweisen auf Fronarbeit: In Ägypten werden die Hebräer zu Bauarbeiten herangezogen; → Mose erschlägt einen ägyptischen Aufseher, der einen Hebräer misshandelt hatte (Ex 2,11-12) – das ist der Ausgangspunkt für den Auszug des geknechteten Volkes aus Ägypten. In Palästina verpflichten die Israeliten ihrerseits Minderheiten zu Frondiensten, so die → Gibeoniten zum Holzfällen und Wasserschleppen (Jos 9,21). Als sich das Königtum in Israel etabliert, werden alle Untertanen herangezogen: die Männer zu Militärdienst und Knechtsarbeit auf königlichem Großgrundbesitz, die Frauen zu Diensten im königlichen Haushalt (1Sam 8,11-17). Als König Salomos Nachfolger → Rehabeam die Fronpflicht zu erhöhen ankündigt, wird sein Aufseher → Adoniram von Angehörigen der Nordstämme zu Tode gesteinigt (1Kön 12,18); anschließend trennen sich die Nordstämme von Rehabeam, um fortan (nach ca. 931 v. Chr.) einen eigenen Staat zu bilden. Als dieser Staat assyrischer Übermacht zum Opfer fällt (→ Assyrer), leidet die Bevölkerung unter der Herrschaft assyrischer Besatzung; das Tragholz auf der Schulter und der Stock des Aufsehers werden zu Symbolen der verhassten Fremdherrschaft (Jes 9,3).

In Israel blickt der wohl im 6. Jh. v. Chr. entstandene Dekalog auf die beispielhaft genannten entfremdenden Arbeitsverhältnisse im ägyptischen „Sklavenhaus“ zurück und schreibt folgende Regel vor: Für Fremde, die in einem jüdischen Ort Wohnrecht besitzen, soll es weiterhin Arbeitspflicht geben, doch darf ihnen die Sabbatruhe nicht verwehrt werden, weiß doch Israel aus eigener Erfahrung, wie es Fronarbeitern zumute ist (Dtn 5,14-15). Aber auch Einheimische müssen immer wieder Fronarbeit leisten, so etwa bei der Wiederbefestigung Jerusalems um 400 v. Chr. (Neh 4). Auch außerhalb Israels finden wir Zeugnisse von dem Bemühen, den Arbeitsdienst zu mildern. Der ägyptische Beamte soll im → Totengericht bekennen: „Ich habe nicht am Beginn jedes Tages die vorgeschriebenen Arbeitsleistungen erhöht“ (Totenbuch, Spruch 125; Assmann / Kucharek 459).

3.2. Arbeit und Ruhe

Hat der arbeitende Mensch Anspruch auf Ruhezeiten? Schon in alter Zeit (8. Jh. v. Chr.?) gilt jeder 7. Tag als Ruhetag für Landarbeiter in Zeiten harter Feldarbeit (Ex 23,12; Ex 34,21). Eine das ganze Jahr durchlaufende „Woche“ von sieben Tagen ist dabei nicht vorausgesetzt. Das Arbeitsruhegebot schützt Landarbeiter vor Ausbeutung durch sie beschäftigende Großgrundbesitzer. Mit der Schutzbestimmung lassen sich altbabylonische Arbeitsverträge vergleichen, die jeden 10. Tag als arbeitsfrei festlegen (Lautner 129-133).

Ein wöchentlicher, für die gesamte Gesellschaft geltender → Sabbat ist erst in der Spätzeit Israels belegt (Ex 20,9; Dtn 5,12-14 – 6. Jh. v. Chr. oder später). Nach Auffassung der Bibel arbeiten grundsätzlich alle Mitglieder der Gesellschaft; eine Aufteilung in eine arbeitende und eine nichtarbeitende Schicht wird vermieden. Zeit der Ruhe gibt es für alle, zumindest dann, wenn die im Dekalog geforderte Sabbatruhe tatsächlich zur Praxis wird. Dann arbeiten alle Mitglieder der Gesellschaft sechs Tage lang, um am siebten Tag zu ruhen, so dass die gesamte Gesellschaft demselben Rhythmus von Arbeit und Ruhe folgt. Vermutlich hat sich die strenge Beachtung des Sabbatgebots erst in nachbiblischer Zeit durchgesetzt. Der Sabbat sollte sich als äußerst erfolgreiche und bis heute gültige Institution erweisen.

3.3. Entlastung des Mannes im Interesse politischer Tätigkeit

Die Männer des Dorfes bzw. der Stadt treffen sich regelmäßig in informellem Kreis, um die Angelegenheiten der Gemeinschaft zu besprechen und sich auszutauschen. Diese urtümlichen Verhältnisse bestehen noch heute in den ägyptischen Fellachendörfern. Frauen und Kinder, vor allem heranwachsende Knaben, werden angehalten, einen Teil der Arbeit des Ehemannes bzw. Vaters zu übernehmen, damit dieser an den Treffen der Männer teilnehmen kann, da dies sein soziales Ansehen beträchtlich erhöht (Feucht 89). An diesem Beispiel lassen sich zwei grundlegende Fakten antiker Gesellschaften ablesen: (1) Die Gesellschaft wird von Männern geführt (Patriarchat); (2) ein Mann kann nur dann am politischen Geschehen in Dorf, Stadt und Region teilnehmen, wenn er von der landwirtschaftlichen Arbeit teilweise oder sogar ganz freigestellt ist. Eine solche Freistellung ist nur möglich, wenn bei ärmeren Schichten Frau und Kinder, bei reicheren Gesinde und Sklaven die Arbeit übernehmen.

Boas, der aufs Feld kommt, während sein Gesinde das Getreide erntet (Rut 2,4-16), ist am Arbeitsprozess offenbar nicht oder kaum beteiligt; dafür ist er „im Tor“ → Bethlehems anerkannt (Rut 4,1). Der Mann der tüchtigen Frau, deren Fleiß im → Buch der Sprüche geschildert wird, sitzt „in den Toren“ bei den Ältesten (Spr 31,23) – zweifellos, weil ihn seine Frau von Arbeit freistellt. Jeremia, unverheiratet doch wohlhabend und vermutlich über Gesinde verfügend, sucht als Prophet Einfluss in der Stadt; er hat genug Mittel, um seinen Besitz durch Zukauf zu erweitern (Jer 32,6-12). Nach → Jesus Sirach hebt sich der Intellektuelle von der arbeitenden Masse ab; als nicht in den Arbeitsprozess Einbezogener steht er als Berater politischer Führer und für öffentliche Ämter zur Verfügung; es gilt: „Wer frei ist von Arbeit, kann sich der Weisheit widmen“ (Sir 38,24; Lutherbibel: Sir 38,25).

In der Antike bzw. Spätantike hat dieser Ansatz zu zwei Modellen männlicher Arbeitsentlastung geführt: zu einem griechischen und einem jüdischen Modell. Die Oberschicht der griechischen Polis huldigt dem Ideal des von Arbeit freien wohlhabenden Bürgers, der sich um Politik, Geselligkeit und Geistesleben kümmert, während die Arbeitslast auf den Schultern der kleinen Leute und Sklaven ruht. In der Spätantike bildet sich das jüdische Ideal des Mannes heraus, der, von der Arbeit seiner Ehefrau lebend, sich der Schriftgelehrsamkeit widmet. Dieses Ideal klingt bereits in der Mischna an: 30 Tage darf der Mann ohne Einwilligung seiner Frau dem Haushalt fernbleiben, wenn er Tora studiert (Ketubot 5,6).

4. Bewertung der Arbeit

Als Buch der Anfänge belehrt die → Genesis auch über Ursprung und Charakter menschlicher Arbeit. Das Buch wird von einem Diptychon eröffnet, das zwei sich stark voneinander unterscheidenden Berichte über die Erschaffung des Menschen und seine Bestimmung zur Arbeit einander gegenüberstellt.

4.1. Priesterschriftlicher Schöpfungsbericht

Der erste – → priesterschriftliche – Schöpfungsbericht (Gen 1,1-2,4a) weist dem Menschen eine Herrscherstellung über die Welt zu. An den Menschen ergeht der göttliche Auftrag: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde (oder: das Land), unterwerft sie (oder: es) euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen“ (Gen 1,28). Die „Unterwerfung“ der Erde lässt sich als Arbeitsauftrag verstehen, der als göttlich gewährtes Privileg zugleich Herrschaftsauftrag ist. Das Gebot spiegelt Verhältnisse der nachexilischen Zeit, in der Judäer, aus Babylonien zurückgekehrt, ihr Land (= Palästina) wieder besiedeln. Der Befehl, die Erde zu bevölkern, lässt sich zugleich universal und lokal verstehen: universal als auf die Erde und die Menschheit insgesamt bezogen, lokal auf Palästina und das jüdische Volk. Ohne dass uns der Schöpfungsbericht darüber genaue Auskunft gibt, legt er die Vermutung nahe, dass Arbeit hier vor allem als Arbeit des Viehzüchters gesehen wird. Viehzucht gilt offenbar als eine hochrangige, positiv bewertete Tätigkeit, die, anders als bäuerliche Feldarbeit, leichter zu bewältigen ist und größeren Reichtum verspricht.

4.2. Jahwistischer Schöpfungsbericht

Der zweite – → jahwistische – Schöpfungsbericht (Gen 2,4b-3,24) schildert den Übergang aus einer idealen Welt, in welcher der Mensch den Garten Gottes zu bebauen und zu hüten hatte (Gen 2,15), zur realen Welt, in der dem Mann die harte Feldarbeit, der Frau aber die in den Geburtswehen gipfelnde häusliche Arbeit zufällt. Hier spiegelt sich nostalgische Erinnerung an die untergegangene Welt der Jäger und Sammler, die sich in einem Gottesgarten wähnten; diese Welt besteht nach der Einführung des Ackerbaus nicht mehr. Den kargen Boden insbesondere des palästinischen Berglandes empfindet der hebräische Bauer als verflucht, wie er überhaupt die bäuerliche Existenz als belastend empfindet – eine Mentalität, die in traditionellen Agrargesellschaften verbreitet ist.

Vorherrschend ist die negative Bewertung bäuerlicher Arbeit in der mediterranen Welt allerdings nicht, denn es gibt durchaus Bauern, die auf ihre Tätigkeit und Existenz stolz sind; das bezeugen etwa der frühgriechische Dichter Hesiod (vgl. Redfield) und Cicero. „Von allen Tätigkeiten, mit denen etwas erworben wird, ist nichts besser als der Ackerbau, nichts ergiebiger, nichts angenehmer, nichts einem freien Manne würdiger“ (Cicero, De officiis 1, 151).

4.3. Jesus Sirach

Das Buch Jesus Sirach enthält einen Text, welcher der Form nach in der Tradition der altägyptischen Berufssatire steht (Sir 38,24-39,11). Die ägyptische Berufssatire der Lehre des Cheti (entstanden um 1800 v. Chr.; Text bei Brunner 159-165) schildert die schmutzige und anstrengende Arbeit, angefangen vom Metallarbeiter am Schmelzofen, um dem jugendlichen Leser klar zu machen, dass es keinen besseren Beruf als den des Beamten gibt. Bei Sirach ist die Form beibehalten, der Inhalt jedoch modifiziert: Die handwerklichen Berufe werden zwar zu Gunsten des von solcher Arbeit freien Weisen abgewertet, doch gleichzeitig als den Lebensunterhalt sichernd und für die Gesellschaft unentbehrlich gewürdigt.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich 1991-2001
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  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004

2. Weitere Literatur

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  • Ebach, J., 1986, Arbeit und Ruhe. Eine utopische Erinnerung, in: ders., Ursprung und Ziel, Neukirchen-Vluyn, 90-110
  • Eltrop, B., 1997, Kinderarbeit, Bibel und Kirche 52, 131-135
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  • Herrmann-Otto, E. (Hg.), 2005, Unfreie Arbeits- und Lebensverhältnisse von der Antike bis zur Gegenwart. Eine Einführung, Hildesheim
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  • Lang, B., 2004, Women’s Work, Household and Property in Two Mediterranean Societies. A Comparative Study on Proverbs XXXI 10-31, VT 54, 188-207
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  • Wallis, G., 1994, Die Selbstverwirklichung durch Arbeit im Alten Testament, in: ders., Mein Freund hatte einen Weinberg. Aufsätze (BEAT 23), Frankfurt, 225-237

Abbildungsverzeichnis

  • Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies (Meister Bertram, Hochaltar der Petrikirche, Hamburg; 1375-1383).

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