Asaf / Asafiten / Asafpsalmen
Andere Schreibweise: Asaph; Asaphiten; Asaphpsalmen; Asaf-Psalmen; Asaph-Psalmen
(erstellt: September 2008)
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Asaf ist der Ahnvater einer Gilde von Tempelmusikern, dem im Psalter zwölf Psalmen zugeschrieben werden.
1. Name
1.1. Herkunft und Bedeutung
Die Ableitung des maskulinen Eigennamens „Asaf“ (אָסָף ’āsāf) ist nicht ganz sicher. Naheliegend ist es, von der Wurzel אסף ’sf „sammeln / einsammeln / wegnehmen“ auszugehen und ihn als Verkürzung (Hypokoristikon) von: Gottesname + qtl-Form 3. Pers. Mask. Sg. zu interpretieren (Zadok, 1988, 95): „(Gott) hat gesammelt“. Der genaue Sinn der Aussage ist allerdings strittig. Wie für → Josef
1.2. Namensträger
1.2.1. Inschriften
Auf einem ins 8. Jh. v. Chr. datierten → Siegel
In jüngerer Zeit sind auf Siegeln und Bullen weitere Inschriften mit dem Namen „Asaf“ aufgetaucht (vgl. im Einzelnen Weber, 2009). Sie stammen jedoch vom Antikenmarkt und lassen sich nicht lokalisieren; zudem ist eine Fälschung oft nicht (ganz) auszuschließen. Eine dieser Bullen, auf der zwei weidende, einander zugewandte Rehkühe abgebildet sind, trägt die Inschrift: [lj]hw’ch ’/(s)p ‛bd’chz „[zugehörig Je]hoach, [Sohn des] A(sa)f, Knecht (= ‚Minister‘) des Ahas“ (vgl. Deutsch, 2003, Nr. 9). Sie gehörte möglicherweise dem in 2Kön 18,18
1.2.2. Bibel
Mehrere Personen des Alten Testaments tragen den Namen Asaf:
(1) Der Ahnherr einer Tempelsängergilde. Der bekannteste „Asaf“ (40 Belege) ist ein → Levit
(2) Joach, Sohn des Asaf (2Kön 18,18
(3) Ein Forstaufseher des Perserkönigs Arthasasta (→ Artaxerxes I.
Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich auf den unter (1) genannten Asaf, seine Nachfahren (Asafiten) sowie die ihm zugeschriebenen poetischen Stücke (Asafpsalmen).
In 1Chr 26,1
2. Asaf und die Asafiten
2.1. Quellen
2.1.1. Esra-Nehemia
In der frühnachexilischen Heimkehrerliste Esr 2,1-70
Auch in Neh 11,1-36
2.1.2. Chronikbücher
Die → Chronikbücher
(1) Asaf. Der Name Asaf taucht erstmals in 1Chr 6,24
Im Bericht von der Überführung der → Lade
In 1Chr 25
Seinen letzten Auftritt in den Chronikbüchern hat Asaf im Zusammenhang der Tempelweihe unter König → Salomo
(2) Die Asafiten. Der Tempelsängerdienst beschränkt sich nicht auf Asaf, vielmehr geht seine Funktion auf seine Nachfahren über. Die Asafiten bzw. Repräsentanten derselben erscheinen im Kontext der Regentschaft der Könige → Joschafat
Der musikalische Dienst der Leviten wird von Hiskia auf eine dreifache Autorisierung durch König David, dessen Seher → Gad
2.1.3. Psalter
Der Name Asaf findet sich nie im Korpus der Psalmen, sondern nur in den Registratur- und Verwendungshinweisen (Präskripte). In zwölf Psalmen, isoliert in Ps 50
Da die Aufführung von Teilen der Psalmen 96; 105 und 106 in 1Chr 16,8-36
2.1.4. Qumran und Neues Testament
Dass um die Zeitenwende neben die Prophetisierung auch die Davidisierung des Psalters tritt (vgl. Füglister, 1988, 365-371), zeigt sich in einem eschatologischen Midrasch aus Qumran. Dort wird ein Zitat aus (dem Asaf zugeschriebenen) Ps 82
Im Neuen Testament erscheint der Name Asaf nur in Mt 1,7f
2.2. Die Asafpsalmen
Die Asafpsalmen weisen ein eigenes Profil auf. Neben der en-bloc-Platzierung von Ps 73-83
2.2.1. Form- und adressatenspezifische Charakteristika
Für alle zwölf Asafpsalmen ist von überindividuellen Herkunftssettings sowie Adressaten bzw. Adressatenkreisen auszugehen. Häufig vertreten ist die Gattung „Klagelieder des Volkes“ (Ps 74
In einigen Asafpsalmen finden sich Hinweise darauf, dass mit dem Gottesvolk das Zehnstämmereich Israel gemeint ist (vgl. bes. Ps 77,16
2.2.2. Traditionsgeschichtliche und thematische Charakteristika
Die Trägerkreise hinter den Asafpsalmen haben eine profunde Kenntnis von Überlieferungen sowie ein breites theologisches Spektrum. Prägendes Thema ist das „Gericht“ – sei es als Verarbeitung von geschehenem Gerichtshandeln Gottes (Ps 74
2.2.3. Linguistische und poetologische Charakteristika
Die Asafpsalmen-Texte zeichnen sich durch linguistische wie poetologische Techniken (vgl. Weber, 2002) und profilierte Dichtkunst aus. Die Annahme, dass „hinter der Asaf-Sammlung ein ‚hochqualifizierter‘ Kreis von Dichter-Theologen steht“ (Zenger, 1999, 279f), ist gut begründet.
2.2.4. Gruppenkompositionelle Charakteristika
Die kompositionelle Gestalt von Ps 73-83
Ps 78
2.3. Gesamtbild und geschichtlicher Kontext
Im Verzeichnis der Exilsheimkehrer werden die Asafiten nach der Erwähnung der Priester und der Leviten als einzige Gruppe der „Sänger“ aufgeführt (Esr 2,41
(1) Vorexilische Zeit. Die Asafiten haben eine Geschichte, die ins babylonische Exil und die Zeit davor zurückreicht (vgl. Esr 2,1-2
(2) Nachexilische Zeit. Die in frühnachexilischer Zeit zurückgekehrten Asafiten hatten am zweiten Tempel eine wichtige Funktion als Kultpersonal inne. Dass die Chronik Asaf und den Asafiten bei der Konstituierung des Tempelgottesdienstes am ersten Tempel (David-Salomo) eine herausragende, mit dem Dienst vor der Lade verbundene Rolle zumisst, lässt sich (auch) als Legitimierung für deren Dienst am nachexilischen Tempel interpretieren.
Die Chronikbücher nennen (anders als Esra-Nehemia) neben Asaf weitere Sängerhäupter. Sie reflektieren einen Zeitraum, der (funktional) unterschiedliche, möglicherweise rivalisierende Sängergilden am Tempel kennt (zur Entwicklungsgeschichte vgl. grundlegend Gese, 1984 [1963], ferner Laato, 1994, 83-92; Steins, 1995, 271-282; Schaper, 2000, 280-302). Kam den Asafiten zunächst der Primat zu (Dienst an der Lade), deutet sich im Laufe der Zeit eine Bedeutungsabnahme ihres Status an. Als Leviten nahmen die Asafiten neben instrumentierter Aufführung und gesanglichem Lobpreis auch Aufgaben der Tradierung, der Unterweisung und der prophetisch akzentuierten Schriftaktualisierung wahr.
2.4. Verhältnis Asafpsalmen – Esra-Nehemia / Chronikbücher
Inhaltliche wie gruppenspezifische Gemeinsamkeiten lassen nach der historischen Zuordnung zwischen den beiden Korpora und ihren Asaf-Aussagen fragen. In der Forschung werden zwei Basismodelle zur Erklärung vertreten, die aufgrund unterschiedlicher Gewichtung von Textaussagen sowie Veranschlagung historischer Parameter zustande kommen:
(1) Exilisch-nachexilisches („synchrones“) Verstehensparadigma. Die Asafpsalmen werden in die gleiche Zeit wie die Bücher Esra-Nehemia und v.a. Chronik mit ihren Schilderungen über Asaf und die Asafiten datiert (vgl. Schelling, 1985; Tournier, 1988; van Oorschot, 2004).
(2) Vorexilisch-nachexilisches („diachrones“) Verstehensparadigma. Die Asafpsalmen sind (in ihrer Mehrzahl) vorexilisch; entsprechend ist eine zeitliche Absetzung und inhaltliche Differenz zwischen Asafpsalmen einerseits und dem Bild von Asaf bzw. den Asafiten in Esra-Nehemia und Chronik anzunehmen (vgl. Buss, 1963; Nasuti, 1988; Goulder, 1995; 1996; Weber, 2001).
(3) Begründungen und Beurteilung. Bei (1) werden im Vergleich von Esra-Nehemia / Chronikbücher und den Asafpsalmen die Ähnlichkeiten herausgestrichen und in ein nachexilisches Gesamtbild eingezeichnet. Ins Feld geführt werden insbesondere Gemeinsamkeiten wie der kollektive (nationale) Horizont, die gottesdienstlichen (kultischen) Bezüge, prophetische und schriftaktualisierende Aspekte sowie die Verbindung von musikalisch vorgetragener Psalmdichtung und Theologie. Die „Volksklagen“ unter den Asafpsalmen werden als Verarbeitung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels (587 v. Chr.) verstanden und exilisch-frühnachexilisch angesetzt. Die übrigen Asafpsalmen werden, was die Inhalte anbetrifft, weithin deuteronomistischen (vgl. Ps 78
Bei (2) geben beim Vergleich der Textkorpora Differenzen mit den Ausschlag für die Ansetzung in zeitlich verschiedenen Kontexten. Zu nennen sind die formkritischen wie atmosphärischen Unterschiede zwischen den Klagen und Gerichtsansagen der Asafpsalmen einerseits und den chronistischen Asafiten, die durchgängig Lobpreis darbringen, andererseits. Das chronistische Asafbild passt dementsprechend weniger zu den Asafpsalmen im Psalterteilbuch III (Ps 73-89
(a) Erste Stufe. Eine bedeutende Zahl der Asafpsalmen lag bereits um ca. 700 v. Chr. in Jerusalem (Hiskia-Zeit) vor (vgl. dazu die Ehrenbezeichnung Asafs als „Seher“ des Königs und die Autorisierung von ihm zugeschriebenen Psalmen durch König Hiskia in 2Chr 29,30
(b) Zweite Stufe. Aufgrund der Analogie der Geschehnisse von 587 v. Chr. (Fall des Südreichs) mit 722 v. Chr. (Fall des Nordreichs) kam es zur Neuverwendung und Aktualisierung der bestehenden Asafpsalmen, der Fortschreibung der Gruppe durch Ps 79
© Dritte Stufe. Am zweiten Tempel bleiben die Asafiten, deren Kleinpsalter praktisch abgeschlossen ist und bereits in grössere Editionen („elohistischer Psalter“ Ps 42-83
2.5. Zur Wirkungsgeschichte
Aufgrund des Umstandes, dass in nachbiblischer Zeit praktisch keine (neuen) Informationen über Asaf und die Asafiten zu finden sind, ist eine Wirkungsgeschichte im engeren Sinn nicht schreibbar. In einem weiteren Sinn wirkt Asaf als Urbild und Typus des Dichters, Sängers und Musikers geistlicher Lieder nach. Das zeigt sich etwa auf dem Epitaph für den bekannten lutherischen Dichterpfarrer Paul Gerhardt (1607-1676) im brandenburgischen Lübben. Das lateinische Epigramm lautet übersetzt: Wie lebendig siehst Du hier / Paul Gerhardts teures Bild, / Der ganz vom Glaube, Lieb und Hoffnung / War erfüllt. / In Tönen voller Kraft, / gleich Asaphs Harfenklängen / Erhob er Christi Lob / Mit himmlischen Gesängen. / Sing seine Lieder oft, o Christ, in heil’ger Lust, / so dringet Gottes Geist / durch sie in deine Brust.
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Abbildungsverzeichnis
- Siegel des Asaf (Megiddo, 8. Jh. v. Chr.). Aus: O. Keel / C. Uehlinger, Götter, Göttinnen und Gottessymbole (QD 134), Freiburg u.a. 5. Aufl. 2001, 250b; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
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