Deutsche Bibelgesellschaft

Asaf / Asafiten / Asafpsalmen

Andere Schreibweise: Asaph; Asaphiten; Asaphpsalmen; Asaf-Psalmen; Asaph-Psalmen

(erstellt: September 2008)

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Asaf ist der Ahnvater einer Gilde von Tempelmusikern, dem im Psalter zwölf Psalmen zugeschrieben werden.

1. Name

1.1. Herkunft und Bedeutung

Die Ableitung des maskulinen Eigennamens „Asaf“ (אָסָף ’āsāf) ist nicht ganz sicher. Naheliegend ist es, von der Wurzel אסף ’sf „sammeln / einsammeln / wegnehmen“ auszugehen und ihn als Verkürzung (Hypokoristikon) von: Gottesname + qtl-Form 3. Pers. Mask. Sg. zu interpretieren (Zadok, 1988, 95): „(Gott) hat gesammelt“. Der genaue Sinn der Aussage ist allerdings strittig. Wie für → Josef wird auch die Herleitung von einer dem Akkadischen entlehnten Wurzel אסף ’sf II „beschwören / exorzieren“ vertreten (Mac Laurin, 1975), doch hat sich diese Annahme, die Asaf nicht als Eigennamen, sondern als Amtsbezeichnung versteht, nicht durchsetzen können.

1.2. Namensträger

1.2.1. Inschriften

Asaf 1

Auf einem ins 8. Jh. v. Chr. datierten → Siegel (Skaraboid) aus → Megiddo (Tell el-Mutesellim) findet sich die Besitzerinschrift l’sp „zugehörig Asaf“ (Avigad / Sass, 1997, Nr. 85; vgl. Guthe / Erman / Kautzsch, 1906; Renz / Röllig, HAE II/2, Nr. 1.123).

In jüngerer Zeit sind auf Siegeln und Bullen weitere Inschriften mit dem Namen „Asaf“ aufgetaucht (vgl. im Einzelnen Weber, 2009). Sie stammen jedoch vom Antikenmarkt und lassen sich nicht lokalisieren; zudem ist eine Fälschung oft nicht (ganz) auszuschließen. Eine dieser Bullen, auf der zwei weidende, einander zugewandte Rehkühe abgebildet sind, trägt die Inschrift: [lj]hw’ch ’/(s)p ‛bd’chz „[zugehörig Je]hoach, [Sohn des] A(sa)f, Knecht (= ‚Minister‘) des Ahas“ (vgl. Deutsch, 2003, Nr. 9). Sie gehörte möglicherweise dem in 2Kön 18,18 erwähnten hohen Beamten (mazkîr) „Joach, Sohn des Asaf“ (s.u. unter 1.2.2.).

1.2.2. Bibel

Mehrere Personen des Alten Testaments tragen den Namen Asaf:

(1) Der Ahnherr einer Tempelsängergilde. Der bekannteste „Asaf“ (40 Belege) ist ein → Levit aus dem Geschlecht → Gerschom. Neben → Heman und → Etan war er Gesangsmeister → Davids am Heiligtum (1Chr 6,16-32). Von ihm leitet sich eine Gilde von Tempelsängern bzw. Tempelmusikern („Söhne / Nachfahren Asafs“) ab (Esr 2,41; Esr 3,10 u.ö.; → Musik). Die Zuschreibung לְאָסָף (lә’āsāf) „zugehörig Asaf“ in den Präskripten von zwölf Psalmen des Psalters (Ps 50; Ps 73-83) läßt an eben diese Person denken.

(2) Joach, Sohn des Asaf (2Kön 18,18.[26.]37 = Jes 36,3.[11.]22). Asaf hieß der Vater von Joach, einem hohen Hofbeamten des Königs → Hiskia (8. / 7. Jh. v. Chr.). Er hatte das Amt des mazkîr („Erinnerer / Bekanntmacher“ – genaue Bedeutung unsicher) inne und gehörte zum diplomatischen Corps, das bei der Belagerung Jerusalems durch die Assyrer dem Heerführer Rabschake gegenübertrat. Möglicherweise ist der Asaf-Nachfahre Joach aus 2Kön 18 mit dem in 2Chr 29,12 genannten gleichnamigen Leviten (2Chr 29,12) identisch.

(3) Ein Forstaufseher des Perserkönigs Arthasasta (→ Artaxerxes I.; 5. Jh. v. Chr.). Dieser Asaf wird in Neh 2,8 erwähnt (vgl. Josephus, Antiquitates XI,167f [Addaios = Asaf?], Text gr. und lat. Autoren)

Die weiteren Ausführungen konzentrieren sich auf den unter (1) genannten Asaf, seine Nachfahren (Asafiten) sowie die ihm zugeschriebenen poetischen Stücke (Asafpsalmen).

In 1Chr 26,1 dürfte der Name Asaf für den Korachiter Abiasaf (oder Ebjasaf) stehen bzw. mit ihm identisch sein (vgl. Ex 6,24; 1Chr 6,8.22; 1Chr 9,19). In Mt 1,7f ist Asaf (Aσαφ) trotz guter handschriftlicher Bezeugung wohl Verschreibung bzw. Variante für (König) Asa (1Kön 15,8f).

2. Asaf und die Asafiten

2.1. Quellen

2.1.1. Esra-Nehemia

In der frühnachexilischen Heimkehrerliste Esr 2,1-70 = Neh 7,6-72 erscheinen die ausschließlich aus den Asafiten („Söhne Asafs“) bestehenden Sänger als eigene Gruppe. Sie werden nach den Priestern und den Leviten und vor den Torhütern aufgeführt. In Esr 3,10 treten zwei Gruppen von Amtsträgern in Erscheinung: Die Priester (mit Trompeten) und die Leviten, die als Asafiten näher bestimmt werden (mit Zimbeln) – mit der Funktion, „JHWH zu lobpreisen nach der Anweisung Davids, des Königs von Israel“. Damit sind die asafitischen Tempelsänger nicht nur (als Untergruppe) unter die Leviten eingeordnet, sondern ihre Dienstfunktion wird zugleich – in Übereinstimmung mit 1Chr 25,1f (vgl. 1Chr 6,16-28; 1Chr 15,14-19) – auf König David zurückgeführt.

Auch in Neh 11,1-36 (vgl. 1Chr 9,1-34) erscheinen Asaf-Nachfahren unter den Leviten. Hier sind sie explizit dem Jerusalemer Tempel zugeordnet und singen Loblieder im Gottesdienst. Ferner erscheint ein Abkömmling der Linie Asaf-Mattanja im Zusammenhang der Mauereinweihung unter den „Priestersöhnen“, die mit Trompeten ausgerüstet sind (Neh 12,35). In Neh 12,46 schließlich wird darauf hingewiesen, dass es seit der Gründungszeit „in den Tagen von David und Asaf“ „Häupter der Sänger und Lobpreis-Lied und Lobdank für Gott“ gab. Für den gesanglichen Vortrag von Gebeten werden wie in 1/2Chr die Verben hll „lobpreisen“ und jdh „bekennen / lobdanken“ verwendet.

2.1.2. Chronikbücher

Die → Chronikbücher bilden die Hauptquelle über Asaf als Sänger und die sich von ihm ableitenden Nachfahren (Asafiten).

(1) Asaf. Der Name Asaf taucht erstmals in 1Chr 6,24 im Rahmen der Eingangsgenealogie auf. Die Nachfahren dreier Levi-Söhne werden von → David für eine besondere Dienstfunktion „mit / beim Gesang“ am Zelt mit der Lade und nachher am Tempel bestellt: der Kehatiter → Heman, der Gerschomiter Asaf und der Merariter → Etan (1Chr 6,16-32). Hinter den knappen Hinweisen wird eine Dienstordnung und geregelte Organisation ansichtig.

Im Bericht von der Überführung der → Lade nach Jerusalem in 1Chr 15f. wird die Bestellung der levitischen Tempelsänger geschildert. David erteilt an diesem Tag den Auftrag, JHWH zu lobdanken, und zwar „durch Asaf und seine Brüder“ (1Chr 16,7). Asaf wirkt dabei als Zimbelist. Es folgt ein lobpreisender Psalm (1Chr 16,8-36) – der erste und längste in den Chronikbüchern –, bestehend aus einer Collage von Teilen aus drei Psalmen, die sich innerhalb des Teilbuchs IV des → Psalters finden (Ps 105; Ps 96; Ps 106).

In 1Chr 25 wird die Aussonderung Asafs und seiner Söhne zum Dienst als „Musiker-Propheten“ von David gemeinsam mit den Generälen des Heeres vorgenommen. Die „Söhne Asafs“ werden dabei zuerst genannt – Asaf fällt bei der Diensteinteilung auch das erste Los zu (1Chr 25,8) –, vor denjenigen Hemans und → Jedutuns (1Chr 25,1-7, vgl. 1Chr 25,6). Von Asaf wird gesagt, dass er unter der Anleitung des Königs „prophezeite“ (1Chr 25,2).

Seinen letzten Auftritt in den Chronikbüchern hat Asaf im Zusammenhang der Tempelweihe unter König → Salomo in 2Chr 5.

(2) Die Asafiten. Der Tempelsängerdienst beschränkt sich nicht auf Asaf, vielmehr geht seine Funktion auf seine Nachfahren über. Die Asafiten bzw. Repräsentanten derselben erscheinen im Kontext der Regentschaft der Könige → Joschafat (2Chr 20), → Hiskia (2Chr 29) und → Josia (2Chr 35), und zwar – wie bereits Asaf unter David und Salomo – bei wichtigen, vom Chronisten hervorgehobenen gottesdienstlichen Anlässen.

Der musikalische Dienst der Leviten wird von Hiskia auf eine dreifache Autorisierung durch König David, dessen Seher → Gad und den Propheten → Nathan, ja zuletzt auf eine Anordnung von JHWH selbst zurückgeführt (2Chr 29,25). Das Dekret von König Hiskia, „JHWH mit den Worten Davids und des Sehers Asaf zu lobpreisen“ (2Chr 29,30), markiert die Autorisierung des Gebrauchs von David respektive Asaf zugeschriebenen „Worten“. Damit liegt vermutlich ein Hinweis auf die „Kanonisierung“ einer Sammlung von David- und Asaf-Psalmen für die Verwendung im Tempelkult vor (vgl. Kleinig, 1993, 61f.68f).

2.1.3. Psalter

Der Name Asaf findet sich nie im Korpus der Psalmen, sondern nur in den Registratur- und Verwendungshinweisen (Präskripte). In zwölf Psalmen, isoliert in Ps 50 und in der Reihe Ps 73-83, erscheint die Angabe לְאָסָף (lә’āsāf) „zugehörig Asaf“. Damit ist die Zuschreibung des nachfolgenden Psalms zu Asaf ausgedrückt, ohne dass die Art der Relation – zu denken ist an Autorschaft, Autorisierung, Eponymie, Dedikation, Verwendung – (zunächst) präzisiert wird (später schiebt sich die Deutung im Sinne der Verfasserschaft in den Vordergrund). Anders als bei der zweiten Gruppe von „Sängergilden“-Psalmen, die gemäß den Präskripten von Ps 42[f]; Ps 44-49; Ps 84-85; Ps 87-88 den Söhnen → Korachs zugehörig sind, werden die Asafpsalmen dem Ahnherrn (Eponym) selbst zugeordnet.

Da die Aufführung von Teilen der Psalmen 96; 105 und 106 in 1Chr 16,8-36 mit Asaf (vgl. 1Chr 16,4-7.37f) in Verbindung gebracht wird, werden diese Psalmen auch als „deuteroasafitisch“ bezeichnet (vgl. Nasuti, 1988, 175; Zenger, 1999, 278). Einige Handschriften bezeugen außerdem für Ps 108 eine Asaf-Zuschreibung. Im Präskript von Ps 77 wird neben Asaf Jedutun genannt; der Verweis bezieht sich vermutlich nicht (wie bei Asaf) auf die Komposition, sondern auf die Aufführungsweise des Psalms (vgl. Weber, 1995, 173-175).

2.1.4. Qumran und Neues Testament

Dass um die Zeitenwende neben die Prophetisierung auch die Davidisierung des Psalters tritt (vgl. Füglister, 1988, 365-371), zeigt sich in einem eschatologischen Midrasch aus Qumran. Dort wird ein Zitat aus (dem Asaf zugeschriebenen) Ps 82 als Schriftwort aus den „Liedern Davids“ eingeführt (11QMelch II,9-11).

Im Neuen Testament erscheint der Name Asaf nur in Mt 1,7f (dazu s.o. unter 1.2.2.). Bemerkenswert ist, dass Jesu Reden in Gleichnissen mit einem Wort aus dem Asaf zugeschriebenen Ps 78 (Erfüllungszitat) als Ausspruch „durch den Propheten“ respektive „durch Jesaja, den Propheten“ (Mt 13,35) eingeführt wird. Bei der angeführten Schriftstelle handelt es sich unzweifelhaft um Ps 78,2. Von daher ist der Lesart „durch den Propheten“ den Vorzug zu geben und als Indiz dafür zu werten, dass Asaf und seinem Psalm prophetische Autorität eingeräumt wird (vgl. 1Chr 25,2; 2Chr 29,30).

2.2. Die Asafpsalmen

Die Asafpsalmen weisen ein eigenes Profil auf. Neben der en-bloc-Platzierung von Ps 73-83 (am Ende des sogenannten „elohistischen Psalters“ Ps 42-83) deuten formale und inhaltliche Gemeinsamkeiten auf die Zusammengehörigkeit dieser Psalmen (vgl. v.a. Schelling, 1985; Nasuti, 1988; Weber, 1995, 273-296; Goulder, 1996; Zenger, 1999; Weber, 2001, zur LXX-Fassung Cordes, 2004).

2.2.1. Form- und adressatenspezifische Charakteristika

Für alle zwölf Asafpsalmen ist von überindividuellen Herkunftssettings sowie Adressaten bzw. Adressatenkreisen auszugehen. Häufig vertreten ist die Gattung „Klagelieder des Volkes“ (Ps 74, Ps 79, Ps 80, Ps 83). Auch in den „Ich“-Worten von Ps 73 und Ps 77 spricht sich nicht nur persönliches Ergehen, sondern Repräsentanz (Ps 77: „Mittlerklage“, dazu Weber, 1995, 193-198) oder Paradigmatik (Ps 73) aus. Ein Gott-Volk-Zusammenhang zeigt sich im „Hirte-Herde“-Motiv, das in den Asafpsalmen prägnant verwendet wird (Ps 74,1; Ps 77,21; Ps 78,52.70-72; Ps 79,13; Ps 80,12).

In einigen Asafpsalmen finden sich Hinweise darauf, dass mit dem Gottesvolk das Zehnstämmereich Israel gemeint ist (vgl. bes. Ps 77,16; Ps 78,9.67; Ps 80,2-3; Ps 81,6). Auffallend häufig ist von Josef und Ephraim die Rede. Außerdem werden vielfach Traditionen aufgenommen (z.B. die Exodustradition; vgl. bes. Ps 78), deren Ursprünge im Nordreich vermutet werden, beispielsweise weil sie auch bei Hosea begegnen. Das hat zu der Vermutung geführt, diese Psalmen (oder zumindest ein Teil von ihnen) seien im Gebiet des Nordreichs entstanden. Doch ist die genaue Ein- und Zuordnung „ephraimitischer“ Akzente strittig, zumal auch Jerusalemer Anliegen und Theologie greifbar werden (vgl. Ps 74,2; Ps 76,2-4; Ps 78,68-72; Ps 79,1-3).

2.2.2. Traditionsgeschichtliche und thematische Charakteristika

Die Trägerkreise hinter den Asafpsalmen haben eine profunde Kenntnis von Überlieferungen sowie ein breites theologisches Spektrum. Prägendes Thema ist das „Gericht“ – sei es als Verarbeitung von geschehenem Gerichtshandeln Gottes (Ps 74; Ps 77-80; Ps 83), sei es als warnende, oft mit prophetischer Rede verbundene Ansage kommenden Gerichts (Ps 50; Ps 73; Ps 75-76; Ps 81-82). Bedeutend ist auch das Thema der „Erinnerung“ (Anamnese). Sie geschieht unter Rückgriff auf frühgeschichtliche, namentlich mit → Mose verbundene Überlieferungen. Außerdem sind die Asafpsalmen charakterisiert durch eine Form von „Namens-Theologie“. Sie äußert sich durch Häufigkeit und Variation von Gottes-Namen und -Bezeichnungen.

2.2.3. Linguistische und poetologische Charakteristika

Die Asafpsalmen-Texte zeichnen sich durch linguistische wie poetologische Techniken (vgl. Weber, 2002) und profilierte Dichtkunst aus. Die Annahme, dass „hinter der Asaf-Sammlung ein ‚hochqualifizierter‘ Kreis von Dichter-Theologen steht“ (Zenger, 1999, 279f), ist gut begründet.

2.2.4. Gruppenkompositionelle Charakteristika

Die kompositionelle Gestalt von Ps 73-83 weist ein absichtsvolles Arrangement auf, welches unterschiedlich aufgeschlüsselt wird (vgl. Goulder, 1996, 38-187; Zenger, 1999, 283-286; Weber, 2001, 127-141; Burger, 2002, 121-128; Holtmann, 2004a; Millard, 2007, 255f).

Ps 78 (dazu Weber, 2000a; Witte, 2006) – es handelt sich um den mit Abstand umfangreichsten Asafpsalm und zugleich um den (nach Ps 119) zweitlängsten Psalm im Psalter – dürfte als „asafitischem Zentralpsalm“ (Weber, 1995, 293) eine hermeneutische bzw. theologische „Mitte“ innerhalb des asafitischen Kleinpsalters (vgl. Weber, 2001, 127-141) und darüber hinaus möglicherweise sogar des Psalters insgesamt (vgl. Millard, 2007; Weber, 2007) zukommen.

2.3. Gesamtbild und geschichtlicher Kontext

Im Verzeichnis der Exilsheimkehrer werden die Asafiten nach der Erwähnung der Priester und der Leviten als einzige Gruppe der „Sänger“ aufgeführt (Esr 2,41, vgl. Neh 7,44). Unter der Annahme, dass diese Angabe historisch zutreffend ist, ergibt sich ein Doppeltes:

(1) Vorexilische Zeit. Die Asafiten haben eine Geschichte, die ins babylonische Exil und die Zeit davor zurückreicht (vgl. Esr 2,1-2). Dass sie bereits vor dem Exil eine vergleichbare Funktion innehatten, ist wahrscheinlich (zu „Sängerinnen und Sänger“ am Hof Davids bzw. zur Zeit Hiskias vgl. 2Sam 19,39; TUAT I/4, 390, sowie die Abbildung judäischer Leierspieler auf dem Relief des Palastes von Sanherib, dazu Keel, 2007, 733f). Den Büchern Samuel und Könige ist über Asaf bzw. die Asafiten als Musiker bzw. Tempelmusiker allerdings nichts zu entnehmen.

(2) Nachexilische Zeit. Die in frühnachexilischer Zeit zurückgekehrten Asafiten hatten am zweiten Tempel eine wichtige Funktion als Kultpersonal inne. Dass die Chronik Asaf und den Asafiten bei der Konstituierung des Tempelgottesdienstes am ersten Tempel (David-Salomo) eine herausragende, mit dem Dienst vor der Lade verbundene Rolle zumisst, lässt sich (auch) als Legitimierung für deren Dienst am nachexilischen Tempel interpretieren.

Die Chronikbücher nennen (anders als Esra-Nehemia) neben Asaf weitere Sängerhäupter. Sie reflektieren einen Zeitraum, der (funktional) unterschiedliche, möglicherweise rivalisierende Sängergilden am Tempel kennt (zur Entwicklungsgeschichte vgl. grundlegend Gese, 1984 [1963], ferner Laato, 1994, 83-92; Steins, 1995, 271-282; Schaper, 2000, 280-302). Kam den Asafiten zunächst der Primat zu (Dienst an der Lade), deutet sich im Laufe der Zeit eine Bedeutungsabnahme ihres Status an. Als Leviten nahmen die Asafiten neben instrumentierter Aufführung und gesanglichem Lobpreis auch Aufgaben der Tradierung, der Unterweisung und der prophetisch akzentuierten Schriftaktualisierung wahr.

2.4. Verhältnis Asafpsalmen – Esra-Nehemia / Chronikbücher

Inhaltliche wie gruppenspezifische Gemeinsamkeiten lassen nach der historischen Zuordnung zwischen den beiden Korpora und ihren Asaf-Aussagen fragen. In der Forschung werden zwei Basismodelle zur Erklärung vertreten, die aufgrund unterschiedlicher Gewichtung von Textaussagen sowie Veranschlagung historischer Parameter zustande kommen:

(1) Exilisch-nachexilisches („synchrones“) Verstehensparadigma. Die Asafpsalmen werden in die gleiche Zeit wie die Bücher Esra-Nehemia und v.a. Chronik mit ihren Schilderungen über Asaf und die Asafiten datiert (vgl. Schelling, 1985; Tournier, 1988; van Oorschot, 2004).

(2) Vorexilisch-nachexilisches („diachrones“) Verstehensparadigma. Die Asafpsalmen sind (in ihrer Mehrzahl) vorexilisch; entsprechend ist eine zeitliche Absetzung und inhaltliche Differenz zwischen Asafpsalmen einerseits und dem Bild von Asaf bzw. den Asafiten in Esra-Nehemia und Chronik anzunehmen (vgl. Buss, 1963; Nasuti, 1988; Goulder, 1995; 1996; Weber, 2001).

(3) Begründungen und Beurteilung. Bei (1) werden im Vergleich von Esra-Nehemia / Chronikbücher und den Asafpsalmen die Ähnlichkeiten herausgestrichen und in ein nachexilisches Gesamtbild eingezeichnet. Ins Feld geführt werden insbesondere Gemeinsamkeiten wie der kollektive (nationale) Horizont, die gottesdienstlichen (kultischen) Bezüge, prophetische und schriftaktualisierende Aspekte sowie die Verbindung von musikalisch vorgetragener Psalmdichtung und Theologie. Die „Volksklagen“ unter den Asafpsalmen werden als Verarbeitung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels (587 v. Chr.) verstanden und exilisch-frühnachexilisch angesetzt. Die übrigen Asafpsalmen werden, was die Inhalte anbetrifft, weithin deuteronomistischen (vgl. Ps 78) bzw. chronistischen Traditionslinien zugeordnet und funktional mit nachexilischer „Kultprophetie“ oder spätbiblischer (weisheitlich-reflektierender) „Rollendichtung“ (frühjüdische Gebete) verbunden.

Bei (2) geben beim Vergleich der Textkorpora Differenzen mit den Ausschlag für die Ansetzung in zeitlich verschiedenen Kontexten. Zu nennen sind die formkritischen wie atmosphärischen Unterschiede zwischen den Klagen und Gerichtsansagen der Asafpsalmen einerseits und den chronistischen Asafiten, die durchgängig Lobpreis darbringen, andererseits. Das chronistische Asafbild passt dementsprechend weniger zu den Asafpsalmen im Psalterteilbuch III (Ps 73-89), sondern eher zu den Teilbüchern IV (Ps 90-106) und V (Ps 107-150), die eine spätere Wachstumsstufe des Psalters repräsentieren. Dies zeigt ein Vergleich der Gattungen und des einschlägigen Vokabulars, insbesondere aber der Umstand, dass in der Chronik nur Psalmen bzw. Psalmenabschnitte aus den letzten beiden Teilbüchern des Psalters rezitiert werden (vgl. Beentjes, 2007, 11). Das auffälligste Beispiel ist die Aufführung von Ps 96 und Ps 105f in 1Chr 16,8-36 durch Asaf (s.o. unter 2.1.2.). Das Label „zugehörig Asaf“ tragen diese drei Psalmen nicht (mehr) – wahrscheinlich war der Editionsprozess der Gruppe der Asafpsalmen bzw. des „elohistischen Psalters“ zu dieser Zeit bereits abgeschlossen (vgl. Rösel, 1999, 71-91.214-217). Wesentlich zur Einschätzung der vorexilischen Herkunft der Mehrheit der Asafpsalmen trägt namentlich das sich mehrfach zeigende Nordreich-Kolorit verbunden mit Exodus-Traditionen bei (s.o. unter 2.2.1.). Werden diese Phänomene im Rahmen des „synchronen“ Modells als Ausdruck eines gesamtisraelitischen (ideales Israel) oder universalen Horizonts interpretiert bzw. einer chronistischen Perspektive (Samaritaner-Schisma) zugeordnet (vgl. etwa Bae, 2005), so wird im „diachronen“ Modell davon ausgegangen, dass zumindest ein Teil der Asafpsalmen aus dem Nordreich (Ephraim) stammt (→ Bethel?). Nach dessen Fall wurden – gemäß diesem Verständnis – die hinter den Psalmen stehenden (proto-deuteronomischen oder früh-deuteronomischen) Trägerkreise im Südreich unter Hiskia neu beheimatet. Die Asafpsalmen halten dergestalt die bleibende Zugehörigkeit der Nordstämme in Israel unter Führung Jerusalems wach (vgl. den asafitischen „Schlüsselpsalm“ Ps 78, dazu Weber, 2000a; 2001b). Zum Chronisten fügt sich diese Interpretation dann, wenn man seinen Berichten zu Hiskia (und Josia) (zumindest partiell) historische Glaubwürdigkeit zubilligt. Für dieses, m.E. zu favorisierende „diachrone“ Erklärungsmodell (2) lässt sich im Blick auf die Asafpsalmen grob das folgende, dreistufige Zeit- und Geschehensraster skizzieren:

(a) Erste Stufe. Eine bedeutende Zahl der Asafpsalmen lag bereits um ca. 700 v. Chr. in Jerusalem (Hiskia-Zeit) vor (vgl. dazu die Ehrenbezeichnung Asafs als „Seher“ des Königs und die Autorisierung von ihm zugeschriebenen Psalmen durch König Hiskia in 2Chr 29,30). Die Sammlung bestand aus alten Nordreichspsalmen (prophetische Gerichtspsalmen) und Volksklagepsalmen, die den Fall des Nordreichs verarbeiten (zur Ansetzung von Ps 74 auf diesem Hintergrund vgl. Weber, 2000c, 521-528). Die hinter den Asafpsalmen stehenden Trägerkreise verbanden ihre Überlieferungen aus dem Nordreich mit solchen aus Jerusalem. Sie dürften während der Regentschaft Hiskias eine bedeutende Stellung innegehabt haben und für eine gesamtisraelitische Sichtweise mitverantwortlich gewesen sein (vgl. Finkelstein / Silberman, 2006; anders Na’aman, 2007, 28-40.46-48). Aufgrund der häufigen und vielfältigen Rezeption und Adaption frühgeschichtlicher Israel-Überlieferungen, die in den Asafpsalmen greifbar wird, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die hinter ihnen stehenden Trägerkreise in der Königszeit über diese Psalmen hinaus auch mit der Sammlung, Überlieferung und Edierung weiterer (nationaler) Stoffe in Zusammenhang zu bringen sind (vgl. Goulder, 1996, 190-327). Eine erste, vorläufige Anordnung der bereits vorliegenden Asafpsalmen wurde möglicherweise noch vorexilisch festgelegt und in die Abfolge damit eine theologische (Weber, 2001b, 127-136), allenfalls liturgische (Goulder, 1995; 1996; Steymans, 2004) Programmatik eingeschrieben.

(b) Zweite Stufe. Aufgrund der Analogie der Geschehnisse von 587 v. Chr. (Fall des Südreichs) mit 722 v. Chr. (Fall des Nordreichs) kam es zur Neuverwendung und Aktualisierung der bestehenden Asafpsalmen, der Fortschreibung der Gruppe durch Ps 79 (vgl. Weber, 2000c, 528-532) und damit zur Herausbildung des „Asafpsalters“ in exilisch-frühnachexilischer Zeit (vgl. Millard, 1994, 89-103; Rösel, 1999, 82-85; Weber, 2001b, 136-138). Das frühe und markante Auftreten der Asafiten nach dem Exil erklärt sich durch ihre vorexilische Herkunft sowie ihre besondere Kompetenz der theologischen Verarbeitung der Exilskatastrophen.

© Dritte Stufe. Am zweiten Tempel bleiben die Asafiten, deren Kleinpsalter praktisch abgeschlossen ist und bereits in grössere Editionen („elohistischer Psalter“ Ps 42-83; „messianischer Psalter“ Ps 2-89*) eingefügt wurde, über längere Zeit eine bestimmende Gruppe. Ihre Einflüsse auf Prozesse der Psalterredaktion (v.a . im Blick auf die Teilbücher III und IV) wie auch auf die Abfassung der Chronikbücher, in denen der Jerusalemer Kult, seine Musik und die Tempelsänger einen gewichtigen Platz einnehmen (vgl. Gillingham, 2009), ist zu vermuten (die Zuordnung bzw. Abfolge von Asaf und Korach ist im Arrangement von deren Psalmen innerhalb des Psalters und möglicherweise in der Schilderung von 2Chr 20 reflektiert). In der frühnachexilischen Zeit allein verantwortlich für die Tempelmusik, teilen die Asafiten diese Aufgabe später mit anderen Gilden. In spätalttestamentlicher Zeit scheint ihre Bedeutung – aus nicht geklärten Gründen – abzunehmen. Ab dem 2. Jh. v. Chr. nehmen die Quellen zwar auf Psalmen, die Asaf zugeschrieben sind, Bezug und erwähnen Leviten sowie Tempelsänger (vgl. dazu etwa Safrai, 1981), aber die Spur der Nachfahren Asafs verliert sich.

2.5. Zur Wirkungsgeschichte

Aufgrund des Umstandes, dass in nachbiblischer Zeit praktisch keine (neuen) Informationen über Asaf und die Asafiten zu finden sind, ist eine Wirkungsgeschichte im engeren Sinn nicht schreibbar. In einem weiteren Sinn wirkt Asaf als Urbild und Typus des Dichters, Sängers und Musikers geistlicher Lieder nach. Das zeigt sich etwa auf dem Epitaph für den bekannten lutherischen Dichterpfarrer Paul Gerhardt (1607-1676) im brandenburgischen Lübben. Das lateinische Epigramm lautet übersetzt: Wie lebendig siehst Du hier / Paul Gerhardts teures Bild, / Der ganz vom Glaube, Lieb und Hoffnung / War erfüllt. / In Tönen voller Kraft, / gleich Asaphs Harfenklängen / Erhob er Christi Lob / Mit himmlischen Gesängen. / Sing seine Lieder oft, o Christ, in heil’ger Lust, / so dringet Gottes Geist / durch sie in deine Brust.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Düsseldorf / Zürich 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids, MI 1997
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

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