Auferweckung
(erstellt: Februar 2011)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/14261/
→ Auferstehung
1. Sprachgebrauch
Für die Auferweckung der Toten wird im Neuen Testament das Substantiv ανάστασις „Auferstehung“ verwendet (lat. resurrectio). Bei den verbalen Aussagen dominiert das Verb ἐγείρω „auferwecken“ neben ἀνίστημι „auferstehen“. Ein sachlicher Unterschied lässt sich kaum ausmachen, weil auch bei ἀνίστημι Gott als Urheber der Auferstehung vorausgesetzt ist. Die wechselweise Verwendung wird in Jes 26,19
Von der Auferweckung der Toten in ihrem apokalyptischen Horizont sind zu unterscheiden: die Wiederbelebung von Toten (oder Scheintoten?) im irdischen Leben (s.u.) und die (ausnahmsweise) Entrückung von → Henoch
2. Totenerweckung im irdischen Leben
Im Alten Testament finden sich zwei Wundererzählungen, die von einer Totenerweckung durch die Propheten → Elia
Vor diesem Hintergrund erklärt sich eine weitere von Elisa erzählte Anekdote (2Kön 13,20-21
Die genannten Totenerweckungen lassen sich durch drei Merkmale kennzeichnen: Die Wiederbelebung geschieht in zeitlicher Nähe zum Eintritt des Todes, sie ist an die Wunderkraft eines Gottesmannes gebunden und sie bringt den Verstorbenen in sein vormaliges irdisches Leben zurück. Traditionsgeschichtlich gesehen stehen sie damit im Hintergrund neutestamentlicher Wundererzählungen, die von Jesus bzw. Petrus berichten, dass sie Tote wieder zum Leben erweckt haben: Die Auferweckung der Tochter des Jaïrus (Mk 5,22-43
3. Auferweckung in der Endzeit
Im Unterschied zu den genannten Totenerweckungen wird die → Auferstehung
Die Annahme, dass die Auferstehungshoffnung aus der iranischen Religion stamme und damit als eine dem Judentum fremde Vorstellung übernommen worden sei, konnte nicht hinreichend bewiesen werden. Vielmehr lässt sich die Vorstellung ebenso als eine konsequente Entwicklung innerhalb der frühjüdischen → Apokalyptik
3.1. Daniel 12,2
Im Rahmen der Endzeitvision Dan 10-12
Eine alternative Deutung von Dan 12,2
Das südlich des Zionbergs gelegene Tal, in das die Leichen der Frevler geworfen werden, heißt auf Hebräisch „Ge-Hinnom“. Daraus wurde die „Gehenna“ als Bezeichnung der Hölle. Die Vorstellung, dass in ihr ein ewiges Höllenfeuer brenne, lässt sich auf äthHen 10,13 und Jes 66,24
3.2. Ezechiel 37,7-10*
In der Forschung ist allgemein anerkannt, dass die große Totenfeldvision bildhaft auf die Sammlung des zerstreuten Gottesvolkes und seine Wiederherstellung in Israel zielt. In ihrem Kernstück, das von der Wiederbelebung umherliegender Gebeine berichtet, finden sich eine Reihe von Hinweisen, die auf eine Relecture des Grundtextes und damit auf eine redaktionelle Ergänzung schließen lassen: Im Grundtext bezeichnet der Geist (ohne Artikel) den Lebensodem, in V. 9-10 wird er als eine von Jahwe unabhängige „personale Größe“ (mit Artikel) verstanden (Bartelmus, 40). Der Prophet wandelt seine Rolle vom passiven Boten Gottes im Grundtext zum aktiven Helfer in V. 9, der den Geist als universale Schöpfungskraft vom Rand der Welt (vgl. Sach 6,1-8
3.3. Jes 26,19
Im Rahmen der sogenannten „Jesaja-Apokalypse“ entfaltet Jes 26,7-21
Die Frage, ob Jes 26,19
4. Apokryphe und pseudepigraphische Belege
Im Zusammenhang mit Folter und Mord wird die Auferstehungshoffnung am deutlichsten in der Lehrerzählung über das Martyrium der sieben Brüder und ihrer Mutter aus dem 1. Jh. v. Chr. bezeugt. 2Makk 7
Hier wie in weiteren Texten ist die Vorstellung einer partiellen Auferweckung bestimmend, die nur an den Gerechten vollzogen wird (PsSal 3,11-12; äthHen 91,10; 92,3; 103,4), während die Sünder davon ausgeschlossen bleiben (äthHen 46,6; 48,9-10). Zugleich mehren sich aber auch die Zeugnisse, die eine universale Auferstehung der Toten zum Gericht erwarten (äthHen 51,1; 4Esr 7,32; syrBar 42,7; 49,51; Syb 4,178-190). Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Auferstehungsvorstellung im frühen Judentum lediglich „eine Spielart“ der Erwartung eines Weiterlebens nach dem Tod gewesen ist (Zangenberg, 676) und dass auch noch im frühen Christentum andere Zukunftshoffnungen neben dem Auferweckungsglauben bestanden haben.
5. Literaturverzeichnis
5.1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979.
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart 1973ff.
- Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004.
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007.
5.2. Weitere Literatur
- Avemarie, F. / Lichtenberger, H. (Hgg.), 2001, Auferstehung – Resurrection (WUNT 135), Tübingen.
- Bartelmus, R., 2009, „Erde zu Erde, Staub zu Staub“ – Alttestamentlicher Glaube ohne Auferstehungshoffnung?, in: Ph. David / H. Rosenau (Hgg.), Auferstehung. Ringvorlesung der Theologischen Fakultät Kiel (Kieler Theologische Reihe 10), Berlin, 21-47.
- Beuken, W.A.M., 2000, „Deine Toten werden leben“ (Jes 26,19). „Kindliche Vernunft“ oder reifer Glaube?, in: R.G. Kratz u.a. (Hg.), Schriftauslegung in der Schrift (FS O.H. Steck; BZAW 300), Berlin / New York, 139-152.
- Bieberstein, K. und S., 2009, Auferweckt gemäß der Schrift. Wie entwickelte sich die Hoffnung auf eine Auferweckung der Toten in der Bibel, BuK 64 (Themenheft: Auferstehung – Leben trotz Tod), 70-77.
- David, Ph. / Rosenau, H. (Hgg.), 2009, Auferstehung. Ringvorlesung der Theologischen Fakultät Kiel (Kieler Theologische Reihe 10), Berlin.
- Fischer, A.A., 2005, Tod und Jenseits im Alten Orient und Alten Testament, Neukirchen-Vluyn.
- Haag, E., 2003, Das hellenistische Zeitalter. Israel und die Bibel im 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr. (BE 9), Stuttgart.
- Kaiser, O., 1983, Der Prophet Jesaja. Kapitel 13-39 (ATD 18), Göttingen.
- Labahn, A., 2007, „Deine Toten werden leben“ (Jes 26,19). Sinngebung mittels der Vorstellung individueller Revivifikation als Grenzerweiterung im Jesajabuch, in: M. Labahn / M. Lang (Hgg.), 2007, Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig, 53-86.
- Labahn, M. / Lang, M. (Hgg.), 2007, Lebendige Hoffnung – ewiger Tod?! Jenseitsvorstellungen im Hellenismus, Judentum und Christentum (ABG 24), Leipzig.
- Lichtenberger, H., 1993, Auferweckung in der zwischentestamentlichen Literatur und rabbinischen Theologie, Conc 29, 417-422.
- Löning, A., 1993, Auferweckung und biblische Apokalyptik, Conc 29, 422-427.
- Würthwein, E., 1984, Die Bücher der Könige. 1. Kön. 17 – 2. Kön. 25 (ATD 11,2), Göttingen.
- Zangenberg, J., 2009, Trockene Knochen, himmlische Seligkeit. Todes- und Jenseitsvorstellungen im Judentum der hellenistischen-frührömischen Zeit, in: A. Berlejung / B. Janowski (Hgg.), Tod und Jenseits im alten Israel und in seiner Umwelt. Theologische, religionsgeschichtliche, archäologische und ikonographische Aspekte (FAT 64), Tübingen, 655-689.
- Zeilinger, F., 2008, Der biblische Auferstehungsglaube. Religionsgeschichtliche Entstehung – heilsgeschichtliche Entfaltung, Stuttgart.
Abbildungsverzeichnis
- Polytychon des Jüngsten Gerichts (Rogier van der Weyden; 1443).
- Die Auferstehung der Totengebeine als Bild für die Wiederherstellung Israels auf der Menora vor der Knesset in Jerusalem (20. Jh.). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)