Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2010)

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Bedan ist ein Personenname, der nur in zwei Listen belegt ist. Da er in 1Sam 12,11 zwischen Richtern des → Richterbuchs steht, wird Bedan an dieser Stelle vielfach mit einem bekannten Richter identifiziert, mit → Barak, → Simson, Abdon (→ Kleine Richter) oder Jeftah.

1. Name

Der Name Bedan (בְּדָן bədān) ist semitischer Herkunft. Er ist in der Form bdn (Badūnu) in den Texten aus → Ugarit und vergleichsweise häufig auch in safaitischen (nordarabischen) Inschriften belegt. Der auf einem Keilschriftdokument aus → Taanach (Nr. 4,13) bezeugte Name Baduna (ba-du-na) wird ebenfalls mit dem biblischen „Bedan“ in Verbindung gebracht.

Die Etymologie des Namens ist unklar. Zumeist wird er über das arabische Wort badān „Steinbock / Bergziege“ erschlossen, kann alternativ aber auch mit badīn „fett“ in Verbindung gebracht werden. Im letzteren Fall wäre Bedan der „Fette“ (bzw. der „Kräftige / Vitale“).

2. Belege in der Bibel

In der Bibel findet sich der Name Bedan nur an zwei Stellen: in 1Chr 7,17 und 1Sam 12,11 [Einheitsübersetzung / Lutherbibel 1984: Barak]. An beiden Stellen steht er im Kontext listenartiger Aufzählungen. Bedan stellt also an keiner Stelle eine in einer Erzählung handelnde Figur dar.

2.1. 1Chr 7,17

1Chr 7,17 ist Teil der Genealogie des Stammes Manasse (1Chr 7,14-19) innerhalb der sog. „genealogischen Vorhalle“ der Chronikbücher. Bedan wird hier als Nachfahre des Manasse über den Manasse-Sohn → Machir genannt. Von Machir abgeleitet, repräsentiert er den ostjordanischen Zweig des Stammes. Der Stammbaum des Bedan kann aus den Angaben des Textes wie folgt dargestellt bzw. rekonstruiert werden: Manasse – Machir – Peresch – Ulam – Bedan.

In der Manasse-Genealogie stößt der Leser auf mehrere textliche Probleme, die auch die Darstellung des Stammbaums des Bedan erschweren. So taucht in 1Chr 7,15 und 1Chr 7,16 jeweils eine Frau namens → Maacha auf, die in v15 als Schwester, in v16 aber als Frau des Machir eingeführt wird. Der Text in seiner vorliegenden Gestalt legt es dem Leser nahe, die unterschiedlichen Verwandtschaftsbezeichnungen als Indiz dafür zu werten, dass hier von zwei Frauen gleichen Namens die Rede ist.

Weiterhin ist die Filiation von Ulam und seinem Bruder Rekem unklar: Die Wendung „dessen Söhne“ in v16 (Einheitsübersetzung) kann ebenso auf Peresch wie auf Scheresch bezogen werden. Von welchem der beiden Machir-Söhne (also Peresch oder Scheresch) Ulam und Rekem und schließlich auch Bedan abstammen, bleibt im Text offen. Die obige Darstellung setzt voraus, dass die Genealogie (von Machir an) stets die Linie der jeweils Erstgeborenen verfolgt.

Zuletzt bereitet die Abschlussnotiz in 1Chr 7,17b ein Problem: „Das sind die Söhne Gileads, des Sohnes Machirs, des Sohnes Manasses“. Sie fügt mit → Gilead eine Person (bzw. Generation) ein, die in der Darstellung von v15-17a keinen Platz findet.

Lässt man die in 1Chr 7,19 genannten Söhne Schemidas – deren Zusammenhang mit den anderen Sippen Manasses nicht bestimmt wird und deren Ort in der Genealogie damit unklar bleibt – außen vor, so erreicht mit Bedan die Manasse-Genealogie ihre größte Tiefe: Er ist der einzige Repräsentant der fünften Generation nach dem Stammvater Manasse innerhalb des Abstammungsverzeichnisses.

2.2. 1Sam 12,11

Im hebräischen Text von 1Sam 12,11 findet sich der Name Bedan zusammen mit Jerubbaal (→ Gideon), → Jeftah und → Samuel in einer (exemplarischen) Aufzählung von Richtern, die gesandt wurden, um Israel vor seinen Feinden zu retten.

1Sam 12,11 gehört zu der königtumskritischen Rede Samuels in 1Sam 12,6-17. In dieser rekapituliert Samuel die bisherige Geschichte Israels und legt den Fokus besonders darauf, dass JHWH sich durch sein Geschichtswirken als der wahre König Israels erwiesen hat. 1Sam 12,9-11 umschreibt dabei in Anlehnung an Ri 2,14-19 die Grunddynamik der Richterzeit: Untreue Israels – Preisgabe des Volkes an Feinde – Umkehr des Volkes – Rettung durch die Richter.

Da Bedan – im Gegensatz zu Jerubbaal (Gideon) und Jeftah – im Richterbuch nicht vorkommt und auch an keiner anderen Stelle als Retter oder Richter Israels eine Rolle spielt, verwundert es, dass er in einer Liste angeführt wird, die ohnehin nur eine knappe Auswahl aus den Rettergestalten des Richterbuchs bietet und viele bedeutende Richter außen vor lässt. So wird ihm eine Bedeutung zugesprochen, die der Leser aus der Darstellung des Richterbuchs nicht verifizieren oder greifen kann. Dieser Umstand hat seit der Antike zu den unterschiedlichsten Erklärungs- und Harmonisierungsversuchen geführt, die im Folgenden im Überblick präsentiert werden sollen.

2.2.1. Harmonisierungsversuche in antiken Übersetzungen

In den antiken Übersetzungen der Hebräischen Bibel ist der Versuch greifbar, den „unbekannten Richter“ Bedan in 1Sam 12,11 durch eine aus dem Richterbuch bekannte Figur zu ersetzen, um auf diese Weise die Rede des Samuel mit der Darstellung des Richterbuchs zu harmonisieren.

a) Barak

Die Septuaginta (LXX) – aber auch die syrische Peschitta – liest in 1Sam 12,11Barak (ברק) statt Bedan (בדן). An die Stelle des unbekannten Richters tritt damit ein aus Ri 4-5 bekannter Protagonist.

Offen bleibt dabei die Frage, ob sich in der hebräischen Vorlage der LXX tatsächlich der Name Barak fand, der später in der hebräischen Tradition zu Bedan korrumpiert wurde, oder ob der LXX die Lesart Bedan vorliegt, die sie als einen Textfehler interpretiert, den sie durch Konjektur behebt.

b) Simson

Das aramäische → Targum Jonathan ersetzt Bedan durch → Simson und folgt damit einer rabbinischen Auslegung von 1Sam 12,11, die in einer Baraita im Babylonischen Talmud, Traktat Rosch HaSchana 25a belegt ist:

Bedan, das ist Simson. Warum aber wurde er Bedan gerufen? Weil er aus (dem Stamm) Dan kam (בדן זה שׁמשׁון ולמה נקרא שׁמו בדן דאתי מדן).

Die Tosafisten, Talmudkommentatoren des Mittelalters, geben zu dieser Stelle die Anmerkung: Bedan, das ist die Abkürzung von ben-dan („Sohn Dans“).

Bedan ist dieser Interpretation zufolge kein Eigenname im eigentlichen Sinn, sondern eine Art Anagramm. Die Wortsilbe „-dān“ wird als Hinweis auf den biblischen Stamm Dan (דָן) verstanden. Die Silbe „-“ (בְּ) hingegen wird als Präposition „in“ bzw. bei den Tosafisten als Abkürzung des Nomens ben (בֵּן), „Sohn“ interpretiert. In beiden Fällen bringt sie eine Herkunft oder Abstammung (aus dem Stamm Dan) zum Ausdruck. „Bedan“ ist folglich ein „Sohn Dans“, bzw. „der [Richter], der aus dem Stamm Dan stammt“: Simson. Das Targum bzw. die ihm zugrundeliegende rabbinische Exegese von 1Sam 12,11 versucht somit, den problematischen Namen Bedan zu interpretieren und entgeht auf diese Weise der Notwendigkeit, ihn ersetzen zu müssen.

c) Bedan

Die Vulgata übernimmt die in der hebräischen Tradition einhellig bezeugte Lesart Bedan, verzichtet also auf einen Harmonisierungs- oder Erklärungsversuch.

In der Zusammenschau bezeugen aber auch Septuaginta, Peschitta und Targum – gerade wegen ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen – die problematische Lesart Bedan, da sie das gemeinsame Bemühen erkennen lassen, die unbekannte Größe aus Samuels Geschichtsrückblick greifbar zu machen.

2.2.2. Erklärungs- und Harmonisierungsversuche der neueren Forschung

In der modernen Exegese finden sich mehrere kleinere Stellungnahmen zur „Bedanproblematik“, die zumeist die in den antiken Übersetzungen greifbaren Harmonisierungsversuche fortführen und von dem gleichen Grundanliegen getragen sind, den unbekannten Bedan mit einer bekannten Figur zu identifizieren bzw. ihn durch eine bekannte Figur zu ersetzen.

a) Barak

Der in der LXX bezeugten Identifikation des Bedan mit Barak kommt dabei das größte Gewicht zu, da sie von der überwiegenden Mehrheit der Autoren vertreten bzw. übernommen wird. Der Vorzug dieser Hypothese wird vor allem darin gesehen, dass Barak im Richterbuch als Retter Israels von Bedeutung ist. Das Problem eines „unbekannten Richters“ in der Rede Samuels ist damit gelöst. Als Argument für die Annahme, dass statt „Bedan“ eigentlich „Barak“ zu lesen ist, dient dabei in erster Linie die große Ähnlichkeit der beiden Namen. Zudem wird auf das Zeugnis der LXX (sowie der Peschitta) verwiesen.

Erklärungsbedürftig ist allerdings das Zustandekommen der Lesart „Bedan“. Hierfür finden sich in der Literatur verschiedene Hypothesen, die jeweils von nicht unproblematischen Prämissen ausgehen.

J. Day (1993) beispielsweise nimmt einen Schreibfehler in der hebräischen Überlieferung an, muss dazu allerdings postulieren, dass von den drei Buchstaben des hebräischen Namens Barak (ברק) zwei korrumpiert sind. So wurde ein ursprüngliches r (ר) zu d (ד) und ein ursprüngliches q (ק) zu n (ן) verschrieben. Diese Annahme ist für den Wechsel von ר zu ד aufgrund der Ähnlichkeit der Buchstaben (in der Quadratschrift) einigermaßen plausibel. Die Buchstaben ק und ן hingegen unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild so deutlich, dass ein Kopierfehler hier nur schwer nachzuvollziehen ist. Zudem müsste anschaulich gemacht werden, welcher Umstand zu einer (gleichzeitigen?) Verschreibung von gleich zwei Buchstaben in einer ansonsten sehr gewissenhaften Texttradition geführt hat.

Dieser Problematik versucht D.T. Tsamura (1995 / 2007) zu entgehen, wenn er die Lesart Bedan aus der Veränderung der Aussprache des Namens Barak erklärt. Somit verwandelt er ein im engeren Sinne textkritisches Problem in ein phonetisches. Der von ihm nachgezeichnete Prozess der Lautverschiebung (vgl. Tsamura 1995, 122) ist allerdings zu „konstruiert“ und spekulativ, um wirklich überzeugen zu können. Zudem setzt Tsamuras Hypothese die schwer beweisbare Annahme voraus, ein späterer Abschreiber habe – warum auch immer – (nur!) den Namen Barak in der zu seiner Zeit üblichen Aussprache und in Abweichung von der z.B. in Ri 4-5 gebräuchlichen „Orthographie“ phonetisch wiedergegeben.

b) Abdon

Den Grundansatz der „Bedan = Barak“-Hypothese, Bedan unter der Annahme eines Textfehlers (bzw. unter Annahme einer Veränderung der Lautgestalt des Namens) mit einer aus dem Richterbuch bekannten Figur zu identifizieren, nimmt auch → Heinrich Ewald auf. Er bringt Bedan allerdings nicht mit Barak, sondern mit dem in Ri 12,13-15 genannten „kleinen Richter“ Abdon in Verbindung und geht dabei vom Ausfall des Konsonanten ע aus, in dessen Folge aus Abdon (עבדן) Bedan (בדן) wurde (Ewald, 514).

In neuerer Zeit wurde dieser Vorschlag aus dem 19.Jh. durch H. Jacobson in modifizierter Weise neu aufgelegt. Jacobson betrachtet Bedan und Abdon als zwei „gleichwertige“ Varianten desselben Namens und kann so auf die starke (textkritische) Prämisse eines Kopierfehlers verzichten.

Mit der Gleichsetzung von Bedan und Abdon gelingt es zwar, das Auftreten eines „Unbekannten“ in der Rede Samuels zu vermeiden, doch bleibt dabei die Frage offen, warum Samuel gerade auf Abdon als beispielhaften Befreier Israels (vgl. 1Sam 12,11) verweisen sollte. Dieser wird zwar in Ri 12,13-15 als Richter Israels eingeführt, tritt aber – im Gegensatz zu den in 1Sam 12,11 ebenfalls genannten Gestalten Jerubaal (Gideon) und Jeftah – nicht als Feldherr und Retter auf. Das eigentliche Problem wird also durch die Identifikation Bedans mit Abdon bestenfalls abgemildert, keinesfalls aber gelöst.

c) Jeftah

Die in der rabbinischen Tradition belegte Interpretation des Namens Bedan als Anagramm, das letztlich Simson bezeichnet, wird in der neueren Forschung nicht mehr vertreten. Einen im Grunde vergleichbaren Ansatz präsentiert allerdings Y. Zakovitch, der vorschlägt, Bedan als „Beinamen“ für → Jeftah zu lesen. Dies leitet er aus der manassitischen Genealogie in 1Chr 7 ab, in der Bedan (u.a.) als Nachkomme „des Gilead, des Sohnes des Machir, des Sohnes Manasses“ eingeführt wird. Die gleiche Filiationsangabe („Sohn Gileads“) findet sich in Ri 11,1 für Jeftah. Somit ist nach Zakovitch die Figur des Bedan sowohl in 1Chr 7,17 als auch in 1Sam 12,11 mit Jeftah zu identifizieren. Die unter dieser Annahme im masoretischen Text auftretende Dopplung – auf Bedan (= Jeftah) folgt in der Aufzählung Jeftah – erklärt Zakovitch mit einer den Namen Bedan interpretierenden Glosse, die später missverstanden zu einem eigenständigen Glied der Aufzählung neben Bedan geworden ist. Diese sehr spekulative Annahme bildet den Schwachpunkt von Zakovitchs Hypothese, den er durch einen Hinweis auf die Version der Samuelrede bei Josephus (Antiqitates 6.90; Text gr. und lat. Autoren), auszugleichen versucht. Dort nämlich werden nur Gideon (= Jerubbaal) und Jeftah (= Bedan) als Beispiele für die von Gott gesandten Retter genannt. Diesen Befund interpretiert Zakovitch dahingehend, dass Josephus den Namen Jeftah in 1Sam 12,11 – ganz im Sinne seiner Theorie – als Apposition zu Bedan verstanden hat. Andererseits könnte das Fehlen Bedans bei Josephus plausibler als ein weiterer Lösungsweg für das „Bedanproblem“ interpretiert werden: Eine unbekannte und unidentifizierbare Figur wird in der Rezeption stillschweigend übergangen.

d) Bedan

Zuletzt wird – als Minderheitsmeinung – auch die Position vertreten, im Gefolge des masoretischen Textes und der Vulgata an der Lesart Bedan als lectio difficilior festzuhalten.

2.2.3. Fazit

Der knappe Überblick über die Forschungsgeschichte zum „Bedanproblem“ lässt vor allem erkennen, dass der unbekannte Richter in Samuels Geschichtsrückblick die Ausleger (und Übersetzer) des Textes seit der Antike dazu animiert hat, Bedan mit einer bekannten Figur zu identifizieren und so das störende Unbekannte aus dem Text zu entfernen. Eine wirklich überzeugende Lösung wurde dabei nicht gefunden und scheint auch nicht in Sicht zu sein. So ist zu fragen, ob das Element der Befremdung, das Bedan als unbekannter (aber offensichtlich „wichtiger“) Richter in der Rede Samuels darstellt, vom Text nicht bewusst gesetzt ist, um den Leser an einer für die Darstellung der Geschichte Israels zentralen Stelle, dem Übergang zur Königszeit, zum intensiven „Arbeiten“ und damit auch zum Reflektieren über das bisher Gelesene zu animieren.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • אנציכלופדיה מקראית (Encyclopedia Biblica), Jerusalem 1964-1982
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000

2. Weitere Literatur

  • Day, J., 1993, Bedan, Abdon or Barak in 1 Samuel XII 11?, VT 43, 261-264.
  • Ewald, H., 1853, Die Geschichte des Volkes Israel II, Göttingen
  • Jacobson, H., 1992, The Judge Bedan (1 Samuel xii 11), VT 42, 123-124
  • Japhet, S., 2002, 1 Chronik (HThK.AT), Freiburg / u.a.
  • Kreuzer, S. (Hg.), 2006, Taanach / Tell Ta’annek. 100 Jahre Forschung zur Archäologie, zur Geschichte zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Frankfurt a. M. / u.a.
  • Tsamura, D.T., 1995, Bedan, a Copyist`s Error? (1 Samuel XII 11), VT 45, 122-123
  • Tsamura, D.T., 2007, The First Book of Samuel (NICOT), Grand Rapids / Cambridge
  • Willi T., 2009, Chronik I: 1. Chronik 1,1-10,14 (BK.AT 24.1), Neukirchen-Vluyn
  • Zakovitch, Y., 1972, יפתח = בדן [Bedan = Jiftach], VT 22, 123-125

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