Bedan
(erstellt: Januar 2010)
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Bedan ist ein Personenname, der nur in zwei Listen belegt ist. Da er in 1Sam 12,11
1. Name
Der Name Bedan (בְּדָן bədān) ist semitischer Herkunft. Er ist in der Form bdn (Badūnu) in den Texten aus → Ugarit
Die Etymologie des Namens ist unklar. Zumeist wird er über das arabische Wort badān „Steinbock / Bergziege“ erschlossen, kann alternativ aber auch mit badīn „fett“ in Verbindung gebracht werden. Im letzteren Fall wäre Bedan der „Fette“ (bzw. der „Kräftige / Vitale“).
2. Belege in der Bibel
In der Bibel findet sich der Name Bedan nur an zwei Stellen: in 1Chr 7,17
2.1. 1Chr 7,17
1Chr 7,17
In der Manasse-Genealogie stößt der Leser auf mehrere textliche Probleme, die auch die Darstellung des Stammbaums des Bedan erschweren. So taucht in 1Chr 7,15
Weiterhin ist die Filiation von Ulam und seinem Bruder Rekem unklar: Die Wendung „dessen Söhne“ in v16 (Einheitsübersetzung) kann ebenso auf Peresch wie auf Scheresch bezogen werden. Von welchem der beiden Machir-Söhne (also Peresch oder Scheresch) Ulam und Rekem und schließlich auch Bedan abstammen, bleibt im Text offen. Die obige Darstellung setzt voraus, dass die Genealogie (von Machir an) stets die Linie der jeweils Erstgeborenen verfolgt.
Zuletzt bereitet die Abschlussnotiz in 1Chr 7,17
Lässt man die in 1Chr 7,19
2.2. 1Sam 12,11
Im hebräischen Text von 1Sam 12,11
1Sam 12,11
Da Bedan – im Gegensatz zu Jerubbaal (Gideon) und Jeftah – im Richterbuch nicht vorkommt und auch an keiner anderen Stelle als Retter oder Richter Israels eine Rolle spielt, verwundert es, dass er in einer Liste angeführt wird, die ohnehin nur eine knappe Auswahl aus den Rettergestalten des Richterbuchs bietet und viele bedeutende Richter außen vor lässt. So wird ihm eine Bedeutung zugesprochen, die der Leser aus der Darstellung des Richterbuchs nicht verifizieren oder greifen kann. Dieser Umstand hat seit der Antike zu den unterschiedlichsten Erklärungs- und Harmonisierungsversuchen geführt, die im Folgenden im Überblick präsentiert werden sollen.
2.2.1. Harmonisierungsversuche in antiken Übersetzungen
In den antiken Übersetzungen der Hebräischen Bibel ist der Versuch greifbar, den „unbekannten Richter“ Bedan in 1Sam 12,11
a) Barak
Die Septuaginta (LXX) – aber auch die syrische Peschitta – liest in 1Sam 12,11
Offen bleibt dabei die Frage, ob sich in der hebräischen Vorlage der LXX tatsächlich der Name Barak fand, der später in der hebräischen Tradition zu Bedan korrumpiert wurde, oder ob der LXX die Lesart Bedan vorliegt, die sie als einen Textfehler interpretiert, den sie durch Konjektur behebt.
b) Simson
Das aramäische → Targum
Bedan, das ist Simson. Warum aber wurde er Bedan gerufen? Weil er aus (dem Stamm) Dan kam (בדן זה שׁמשׁון ולמה נקרא שׁמו בדן דאתי מדן).
Die Tosafisten, Talmudkommentatoren des Mittelalters, geben zu dieser Stelle die Anmerkung: Bedan, das ist die Abkürzung von ben-dan („Sohn Dans“).
Bedan ist dieser Interpretation zufolge kein Eigenname im eigentlichen Sinn, sondern eine Art Anagramm. Die Wortsilbe „-dān“ wird als Hinweis auf den biblischen Stamm Dan (דָן) verstanden. Die Silbe „bə-“ (בְּ) hingegen wird als Präposition „in“ bzw. bei den Tosafisten als Abkürzung des Nomens ben (בֵּן), „Sohn“ interpretiert. In beiden Fällen bringt sie eine Herkunft oder Abstammung (aus dem Stamm Dan) zum Ausdruck. „Bedan“ ist folglich ein „Sohn Dans“, bzw. „der [Richter], der aus dem Stamm Dan stammt“: Simson. Das Targum bzw. die ihm zugrundeliegende rabbinische Exegese von 1Sam 12,11
c) Bedan
Die Vulgata übernimmt die in der hebräischen Tradition einhellig bezeugte Lesart Bedan, verzichtet also auf einen Harmonisierungs- oder Erklärungsversuch.
In der Zusammenschau bezeugen aber auch Septuaginta, Peschitta und Targum – gerade wegen ihrer unterschiedlichen Herangehensweisen – die problematische Lesart Bedan, da sie das gemeinsame Bemühen erkennen lassen, die unbekannte Größe aus Samuels Geschichtsrückblick greifbar zu machen.
2.2.2. Erklärungs- und Harmonisierungsversuche der neueren Forschung
In der modernen Exegese finden sich mehrere kleinere Stellungnahmen zur „Bedanproblematik“, die zumeist die in den antiken Übersetzungen greifbaren Harmonisierungsversuche fortführen und von dem gleichen Grundanliegen getragen sind, den unbekannten Bedan mit einer bekannten Figur zu identifizieren bzw. ihn durch eine bekannte Figur zu ersetzen.
a) Barak
Der in der LXX bezeugten Identifikation des Bedan mit Barak kommt dabei das größte Gewicht zu, da sie von der überwiegenden Mehrheit der Autoren vertreten bzw. übernommen wird. Der Vorzug dieser Hypothese wird vor allem darin gesehen, dass Barak im Richterbuch als Retter Israels von Bedeutung ist. Das Problem eines „unbekannten Richters“ in der Rede Samuels ist damit gelöst. Als Argument für die Annahme, dass statt „Bedan“ eigentlich „Barak“ zu lesen ist, dient dabei in erster Linie die große Ähnlichkeit der beiden Namen. Zudem wird auf das Zeugnis der LXX (sowie der Peschitta) verwiesen.
Erklärungsbedürftig ist allerdings das Zustandekommen der Lesart „Bedan“. Hierfür finden sich in der Literatur verschiedene Hypothesen, die jeweils von nicht unproblematischen Prämissen ausgehen.
J. Day (1993) beispielsweise nimmt einen Schreibfehler in der hebräischen Überlieferung an, muss dazu allerdings postulieren, dass von den drei Buchstaben des hebräischen Namens Barak (ברק) zwei korrumpiert sind. So wurde ein ursprüngliches r (ר) zu d (ד) und ein ursprüngliches q (ק) zu n (ן) verschrieben. Diese Annahme ist für den Wechsel von ר zu ד aufgrund der Ähnlichkeit der Buchstaben (in der Quadratschrift) einigermaßen plausibel. Die Buchstaben ק und ן hingegen unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild so deutlich, dass ein Kopierfehler hier nur schwer nachzuvollziehen ist. Zudem müsste anschaulich gemacht werden, welcher Umstand zu einer (gleichzeitigen?) Verschreibung von gleich zwei Buchstaben in einer ansonsten sehr gewissenhaften Texttradition geführt hat.
Dieser Problematik versucht D.T. Tsamura (1995 / 2007) zu entgehen, wenn er die Lesart Bedan aus der Veränderung der Aussprache des Namens Barak erklärt. Somit verwandelt er ein im engeren Sinne textkritisches Problem in ein phonetisches. Der von ihm nachgezeichnete Prozess der Lautverschiebung (vgl. Tsamura 1995, 122) ist allerdings zu „konstruiert“ und spekulativ, um wirklich überzeugen zu können. Zudem setzt Tsamuras Hypothese die schwer beweisbare Annahme voraus, ein späterer Abschreiber habe – warum auch immer – (nur!) den Namen Barak in der zu seiner Zeit üblichen Aussprache und in Abweichung von der z.B. in Ri 4-5 gebräuchlichen „Orthographie“ phonetisch wiedergegeben.
b) Abdon
Den Grundansatz der „Bedan = Barak“-Hypothese, Bedan unter der Annahme eines Textfehlers (bzw. unter Annahme einer Veränderung der Lautgestalt des Namens) mit einer aus dem Richterbuch bekannten Figur zu identifizieren, nimmt auch → Heinrich Ewald
In neuerer Zeit wurde dieser Vorschlag aus dem 19.Jh. durch H. Jacobson in modifizierter Weise neu aufgelegt. Jacobson betrachtet Bedan und Abdon als zwei „gleichwertige“ Varianten desselben Namens und kann so auf die starke (textkritische) Prämisse eines Kopierfehlers verzichten.
Mit der Gleichsetzung von Bedan und Abdon gelingt es zwar, das Auftreten eines „Unbekannten“ in der Rede Samuels zu vermeiden, doch bleibt dabei die Frage offen, warum Samuel gerade auf Abdon als beispielhaften Befreier Israels (vgl. 1Sam 12,11
c) Jeftah
Die in der rabbinischen Tradition belegte Interpretation des Namens Bedan als Anagramm, das letztlich Simson bezeichnet, wird in der neueren Forschung nicht mehr vertreten. Einen im Grunde vergleichbaren Ansatz präsentiert allerdings Y. Zakovitch, der vorschlägt, Bedan als „Beinamen“ für → Jeftah
d) Bedan
Zuletzt wird – als Minderheitsmeinung – auch die Position vertreten, im Gefolge des masoretischen Textes und der Vulgata an der Lesart Bedan als lectio difficilior festzuhalten.
2.2.3. Fazit
Der knappe Überblick über die Forschungsgeschichte zum „Bedanproblem“ lässt vor allem erkennen, dass der unbekannte Richter in Samuels Geschichtsrückblick die Ausleger (und Übersetzer) des Textes seit der Antike dazu animiert hat, Bedan mit einer bekannten Figur zu identifizieren und so das störende Unbekannte aus dem Text zu entfernen. Eine wirklich überzeugende Lösung wurde dabei nicht gefunden und scheint auch nicht in Sicht zu sein. So ist zu fragen, ob das Element der Befremdung, das Bedan als unbekannter (aber offensichtlich „wichtiger“) Richter in der Rede Samuels darstellt, vom Text nicht bewusst gesetzt ist, um den Leser an einer für die Darstellung der Geschichte Israels zentralen Stelle, dem Übergang zur Königszeit, zum intensiven „Arbeiten“ und damit auch zum Reflektieren über das bisher Gelesene zu animieren.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- אנציכלופדיה מקראית (Encyclopedia Biblica), Jerusalem 1964-1982
- Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
2. Weitere Literatur
- Day, J., 1993, Bedan, Abdon or Barak in 1 Samuel XII 11?, VT 43, 261-264.
- Ewald, H., 1853, Die Geschichte des Volkes Israel II, Göttingen
- Jacobson, H., 1992, The Judge Bedan (1 Samuel xii 11), VT 42, 123-124
- Japhet, S., 2002, 1 Chronik (HThK.AT), Freiburg / u.a.
- Kreuzer, S. (Hg.), 2006, Taanach / Tell Ta’annek. 100 Jahre Forschung zur Archäologie, zur Geschichte zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Frankfurt a. M. / u.a.
- Tsamura, D.T., 1995, Bedan, a Copyist`s Error? (1 Samuel XII 11), VT 45, 122-123
- Tsamura, D.T., 2007, The First Book of Samuel (NICOT), Grand Rapids / Cambridge
- Willi T., 2009, Chronik I: 1. Chronik 1,1-10,14 (BK.AT 24.1), Neukirchen-Vluyn
- Zakovitch, Y., 1972, יפתח = בדן [Bedan = Jiftach], VT 22, 123-125
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