Behinderung (AT)
(erstellt: Juni 2008)
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Als Behinderung wird die dauerhafte Einschränkung von Funktionen des menschlichen Körpers oder der menschlichen Psyche bezeichnet. Behinderungen können angeboren (congenital) oder erworben sein.
1. Sprachliche Bezeichnungen für Behinderungen im Biblischen Hebräisch
Die Hebräische Bibel nennt als Behinderte insbesondere den Blinden (עור ‘iwwer), den Lahmen (פסח pisseach), den Stummen (אלם ’illem) und den Tauben (חרשׁ chereš). Eine differenziertere medizinische Terminologie körperlicher Behinderungen scheint mindestens teilweise existiert zu haben (siehe insbesondere Lev 21,20
Euphemistische Ausdrücke für Behinderungen wie insbesondere סנורים sanwerîm „Blindheit“ (eigentlich „Erhellung“) dürften zeigen, dass Behinderungen mindestens teilweise mit einem Sprachtabu belegt gewesen sind (→ Euphemismus
Unter den Behinderungen werden Blindheit und Lähmung im Alten Testament mit Abstand am häufigsten genannt, was der tatsächlichen Verbreitung dieser Behinderungsarten im Alten Israel und, nach Ausweis der textlichen und archäologischen Zeugnisse aus Mesopotamien und Altägypten, darüber hinaus im gesamten Alten Orient entsprechen dürfte. Als Bezeichnungen exemplarischer Behinderungen erscheinen „blind“ und „lahm“ häufig als Parallelausdrücke (Lev 21,18
2. Der alttestamentliche Begriff von Behinderungen
Behinderungen werden in der Hebräischen Bibel im Allgemeinen als Mangel gesehen, indem Behinderte als a) sozial abhängig, b) vermindert kultfähig sowie als c) die kulturell gesetzten hygienischen, ästhetischen und maskulinen Normen nicht erfüllend bezeichnet werden:
a) Der Behinderte ist sozial und ökonomisch abhängig (Tob 2,11
b) Dass Behinderten eine verminderte Kultfähigkeit zugeschrieben wurde, geht insbesondere aus Lev 21,17-23
In den Schriften aus der Judäischen Wüste (→ Qumran
c) Lev 21,18
3. Schutz Behinderter
Lev 19,14
4. Erwerb und Heilung von Behinderungen
Während ein ausdrücklicher Beleg für eine kongenitale Behinderung im Alten Testament fehlt (siehe demgegenüber aber die neutestamentliche Erzählung vom Blindgeborenen in Joh 9
5. Behinderte Charaktere in der alttestamentlichen Literatur
Neben den genannten sprachlichen, medizinischen, juristischen und sozialgeschichtlichen Aspekten kommt der Darstellung von Behinderungen in einigen Texten des Alten Testaments eine bedeutende literarische Funktion zu. So setzt die Erzählung, wie → Jakob
6. Archäologische Evidenz
Insbesondere altägyptische Zeugnisse bezeugen bildliche Darstellungen verschiedener Arten von körperlichen Behinderungen, zudem ließen sich an Mumien verschiedene Arten von Verkrüppelungen nachweisen. Entsprechende archäologische Funde aus dem unmittelbaren Umfeld des Alten Israel sind demgegenüber bislang rar. Auf Hilfsmittel, welche die Folgen von Behinderungen nach Möglichkeit mildern sollten, weist aber ein Fund aus dem Nahal Hever bei → En-Gedi
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff. (Art. Krankenfürsorge)
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007 (Art. Behinderte Menschen)
2. Weitere Literatur
- Avalos, H. / Melcher, S.J. / Schipper, J. (Hgg.), 2007, This Abled Body: Rethinking Disabilities in Biblical Studies (Semeia Studies 55), Atlanta
- Olyan, S.M., 2008, Disability in the Hebrew Bible: interpreting mental and physical differences, Cambridge u.a.
- Schipper, J., 2006, Disability studies and the Hebrew Bible: figuring Mephibosheth in the David story (Library of Hebrew Bible / Old Testament studies; 441), New York / London
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