Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Oktober 2020)

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1. Bedeutung und Verwendung

Behüten im Sinne von „bewahren / beschützen / bewachen“ wird im Hebräischen durch die Wurzeln שׁמר šmr und נצר nzr ausgedrückt. Subjekt beider Verben können Menschen, Engel oder die Gottheit selber sein. Bezeugt ist der Gebrauch in theologischen wie nichttheologischen Zusammenhängen, wobei für die Vertreter der himmlischen Sphäre sachgemäß der theologische Gebrauch überwiegt. Die semantische Konnotation kann variieren und hängt maßgeblich vom jeweiligen Kontext ab. Grundlegend aber ist für beide Verben der Aspekt des Schutzes, und zwar bei theologischem wie nichttheologischem Gebrauch.

In nichttheologischer Verwendung beziehen sich beide Verben auf das Behüten, Bewahren – und auch Aufbewahren – bestimmter Objekte. Nach Spr 27,18 wird ein Feigenbaum bewahrt (נצר nzr), damit er Früchte trägt. Der Schutz impliziert hier die erhaltende Pflege und Fürsorge. Ähnliches gilt für die Verwendung von שׁמר šmr in Gen 2,15; Gen 4,9 oder Gen 30,31. Nach Gen 2,15 erhält der Mensch den Auftrag, den Garten Eden zu bewahren. In Gen 30,31 gilt der Schutz den Nutztieren. Gen 4,9 betrifft die brüderliche Fürsorge.

Bei theologischem Gebrauch beziehen sich die Verben שׁמר šmr und נצר nzr dort, wo der Mensch als Subjekt erscheint, mehrheitlich auf den Gehorsam gegenüber Gott und das „Bewahren / Halten“ bestimmter Verpflichtungen. Überwiegend betrifft dies das Bewahren bzw. Einhalten von Geboten und Weisungen. Ist Gott selbst Subjekt der Verben, geht es zumeist um den Aspekt der rettenden und bewahrenden Fürsorge für den Einzelnen oder das Volk als Kollektiv. Sehr häufig begegnet dieser Aspekt in den Psalmen, nicht selten in Form einer Zusage an den Beter (vgl. Ps 12,8). Seinen wohl bekanntesten Ausdruck findet die Bewahrung durch göttliche Fürsorge im sogenannten → Aaronitischen Segen (Num 6,24), dessen Wortlaut nicht nur alttestamentlich, sondern in Teilen auch durch zwei Silberamulette aus Ketef Hinnom bezeugt ist (7./6. Jh. v.Chr.; TUAT II, 929; HAE 447-456).

Die Wurzel שׁמר šmr ist im Alten Testament 468-mal belegt. Für die Konnotation „behüten / bewachen / bewahren“ sind vor allem jene Belege relevant, in denen die Wurzel als Verbform im Qal erscheint. Besonders häufig begegnet das Verb im Deuteronomium (73-mal; davon 58-mal im Qal) sowie im Psalter (71-mal; davon 62-mal im Qal). Gedanklich hängen viele weitere Belege in den Prophetenbüchern oder den Psalmen von der Verwendung des Verbs im Deuteronomium ab und spiegeln die dortige semantische Konnotation und theologische Konzeption.

Die Wurzel נצר nzr ist deutlich seltener belegt. Sie begegnet (ohne Jes 49,8 und Jer 1,5 [יצר jzr]) 62-mal im Alten Testament, und zwar ausschließlich im Qal. Eine hohe Belegdichte lässt sich vor allem für weisheitliche Kontexte aufzeigen. Gehäuft erscheint das Verb hier im Buch Sprüche (19-mal) sowie im Psalter (24-mal). Nur äußerst selten begegnet das Verb demgegenüber in den erzählenden Büchern des Alten Testaments (1-mal in Exodus; je 2-mal in Deuteronomium und 2Könige).

Die → Septuaginta (LXX) übersetzt das Verb שׁמר šmr zumeist mit φυλάσσειν phylassein, seltener mit τηρεῖν tērein; נצר nzr wird überwiegend mit (δια)φυλάσσειν (dia)phylassein und (δια)τηρεῖν (dia)tērein wiedergegeben. Wo es um das Bewahren der göttlichen Gebote geht, verwendet die LXX vornehmlich (εκ)ζητεῖν (ek)zētein für נצר nzr.

2. Menschen als Subjekt von „bewahren / hüten“

2.1. Hüten von Gegenständen und Lebewesen

Bereits angesprochen wurde die Verwendung von שׁמר šmr in Gen 2,15 und Gen 4,9. Beide Ausführungen finden sich im Rahmen der nichtpriesterlichen Urgeschichte. Gemäß Gen 2,15 hat Jhwh Elohim den Menschen genommen und in den Garten → Eden gesetzt, damit er diesen bebaue und bewahre (→ Paradieserzählung). Im Vordergrund steht hier die Pflege und Fürsorge für den Garten und all seine Gewächse. Dieser Aufgabe zeigt sich der Mensch insofern nicht gewachsen, als er im Folgenden gegen ein göttliches Gebot verstößt, indem er eine Frucht vom → Baum der Erkenntnis isst. Der Ungehorsam zeitigt eine göttliche Strafe, die den ursprünglichen Auftrag aus Gen 2,15 betrifft. Der Erdboden wird verflucht um des Menschen willen; nur mit großer Mühsal wird er ihn bewirtschaften und sich von ihm ernähren können. Während das Behüten in Gen 2,15 demnach konkret und profan auf den Garten bezogen ist, impliziert seine Einbettung in den größeren Zusammenhang von Gen 2f auch eine theologische Dimension: Weil der Mensch den Garten nicht nach der Weisung Gottes bewahrt hat, wird ihm selbst der Schutz im „Paradies“ entzogen.

Von der Verfluchung des Ackerbodens bereits betroffen ist → Kain, der Ackerbauer, in Gen 4. Hiermit mag narrativ zusammenhängen, dass Gott das Opfer Kains, d.h. den Ertrag des Ackerbodens, nicht annimmt (Gen 4,3-5). Dies weckt Kains Zorn gegen seinen Bruder Abel, der bekanntermaßen in einen Brudermord mündet. Im Anschluss erscheint Gott vor Kain und fragt: „Wo ist dein Bruder Abel?“ Kain antwortet mit einer Gegenfrage: „Bin ich meines Bruders Hüter?“ (Gen 4,9). Gemeint ist die brüderliche Fürsorge, die Kain nicht nur vernachlässigt, sondern durch seinen Brudermord geradezu pervertiert hat. Auch hier hat das zwischenmenschliche Fehlverhalten Konsequenzen für das Gottesverhältnis. Weil Kain seinen Bruder nicht behütet, sondern getötet hat, wird er selbst von Gott verflucht. Im Rahmen der nichtpriesterlichen Urgeschichte ist das „Behüten“ in Gen 2-4 demnach zwar an sich profan gebraucht, verweist im Rahmen der größeren Erzählung aber auch auf menschliche Vergehen, die eine göttliche Strafe nach sich ziehen.

Profaner Gebrauch von שׁמר šmr „behüten / bewahren“ begegnet außerdem im Blick auf Nutztiere (Gen 30,31), Nahrungsvorsorge (Gen 41,35) und Obstbäume (Spr 27,18, נצר nzr). Die Konnotation „behüten / bewachen“ findet sich für שׁמר šmr häufiger in den Büchern Samuel und Könige. Behütet bzw. bewacht werden hier u.a. der → Palast (2Sam 15,16; 2Sam 16,21; 2Sam 20,3; 2Kön 11,5f); der König (1Sam 19,11; 1Sam 26,15f) oder sein Besitz (1Sam 9,14; 1Sam 17,22). Ähnlich sprechen Hi 27,18; 2Kön 17,9; 2Kön 18,8 davon, dass ein Feld von einer Hütte bzw. einem festen Turm aus bewacht (נצר nzr) wird.

In der Sentenzensammlung Spr 10,1-22,16 begegnet das Verb „behüten“ (נצר nzr) im übertragenen Sinn. In Spr 13,3 erscheint es mit Bezug auf die menschliche Rede, die im Zaum gehalten werden muss. „Wer seinen Mund bewahrt, bewahrt sein Leben; wer aber seine Lippen aufreißt, kommt in Schrecken“. Gemäß Spr 13,6 ist es Gerechtigkeit, die das Leben bewahrt; Spr 16,17 nennt als Maßstab den rechten Lebenswandel. In den Belegen aus Spr zeigt sich, wie bei den Belegen in Gen 2-4, dass derjenige, der bewahrt, durch den Akt des Bewahrens gleichzeitig selbst bewahrt wird. Ähnliches lässt sich auch für die Vorstellung vom „Behüten / Bewahren“ der göttlichen Gebote und des Bundes aufzeigen.

2.2. Hüten der Gebote Gottes und des Bundes

In Gen 17 findet sich die Wurzel שׁמר šmr im Sinne von „behüten / bewahren“ mit Bezug auf den → Bund zwischen → Abraham und Gott. Dabei sind die Ausführungen über den Bund eng mit unterschiedlichen Verheißungen verbunden. V. 2-6 thematisieren die Mehrungsverheißung an Abraham, V. 7f kreisen um die Verheißung des Landes. In V. 9f wird Abraham dazu aufgefordert, „meinen Bund“ zu halten (שׁמר šmr). Die göttlichen Verheißungen werden damit an das Bewahren des Bundes geknüpft. Er ist Ausdruck der Treue Gottes, die ihrerseits Treue auf Seiten des Menschen erheischt (V. 9f). Diese Vorstellung steht dem Deuteronomium und davon beeinflussten Texten nahe.

Im → Deuteronomium dominiert die Verwendung von שׁמר šmr im Sinne von „behüten / bewahren / (ein)halten“. Objekt sind zumeist die Weisungen Gottes. Die theologische Bedeutung von שׁמר šmr hängt dabei eng mit dem Gebot der Jhwh-Liebe in Dtn 6,5 zusammen. Ihm geht in Dtn 6,4 die Selbstbindung Gottes an Israel voraus. „Dem ‚Jhwh allein‘, der ‚unser Gott‘ ist und zu keinem anderen ein Verhältnis sucht, soll das ‚Nur du allein‘ Israels unmittelbar folgen“ (Spieckermann, 2000, 103). In dieser gegenseitigen → Liebe spiegelt sich die Konzeption altorientalischer Vasallenverträge; sie beinhaltet eine juridische Dimension. Auf Seiten des Herrschers als des Suzeräns umfasst die Liebe Schutz und Fürsorge gegenüber den Vasallen; die Vasallen reagieren mit Treue und Gehorsam.

Dieser in Dtn 6,4f im Rahmen eines gegenseitigen „Liebesverhältnisses“ implizierte → Gehorsam wird im Deuteronomium in vielfältiger Weise expliziert. Darunter fallen auch jene Texte, die vom Behüten bzw. Bewahren der göttlichen Weisungen und Gebote sprechen. Als Leitwort erscheint der Begriff in Dtn 7,8-12. V. 7 konstatiert die Erwählung Israels, die nicht in der Einzigartigkeit Israels gründet, sondern auf eine freie Entscheidung Gottes zurückzuführen ist. V. 8 blickt auf das Heilshandeln im → Exodusgeschehen zurück. Weil Jhwh Israel liebt und seinen Schwur gegenüber den Vätern bewahrt hat, hat er sein Volk aus Ägypten gerettet. V. 9 knüpft an die Selbstbindung Jhwhs aus Dtn 6,4 an: Jhwh allein ist Gott; seine Liebe manifestiert sich im Bewahren des Bundes und der Gnade – und zwar all denjenigen gegenüber, die ihn lieben und seine Gebote bewahren. Denjenigen aber, die ihn hassen, vergilt er, indem er sie vernichtet (V. 11). Die Liebe Jhwhs fordert demnach unmittelbar Gegenliebe, die im Bewahren der göttlichen Gebote ihren angemessenen Ausdruck findet. Das Bewahren der Gebote seinerseits resultiert in die Bewahrung des Menschen durch Gott.

Ähnlich gehäuft findet sich die Wurzel שׁמר šmr in Dtn 8,1-6. In V. 1 verbindet sich das Bewahren der Gebote direkt mit einer Lebensverheißung. Alle Gebote, welche ich dir heute befehle, sollst du bewahren, dass du sie tust, damit du lebst.“ Es folgt ein Rückverweis auf den Schwur an die Väter (V. 1) sowie eine Erinnerung an die Wüstenwanderung. Die Zeit in der Wüste wird dabei als Zeit der Prüfung durch Jhwh verstanden. Die Israeliten sollen sich an alle Wege erinnern, auf die Jhwh sie in der Wüste geführt hat, um zu prüfen, ob sie seine Gebote halten (V. 2). Deshalb demütigte er sie, ließ sie hungern und speiste sie mit → Manna, das weder sie noch ihre Väter kannten. Auf diese Weise sollten sie verstehen, dass der Mensch nicht vom → Brot allein, sondern durch jedes Wort aus dem Munde Jhwhs lebt (V. 3). Der Rückblick mündet in die Paränese aus V. 6: „So halte nun die Gebote Jhwhs, deines Gottes, indem du in seinen Wegen gehst“. Das Beziehungsgeflecht der Verse untereinander gibt die primäre Aussageabsicht zu erkennen: Jhwh hat Israel durch die Wüste geführt, damit sie erkennen, dass sie auf seinen Wegen wandeln müssen. Dies tun sie, indem sie auf die Worte hören, die aus seinem Mund hervorgehen. Denn wie das Manna in der Wüste bewahrt der Gehorsam gegenüber den Worten Jhwhs das eigene Leben.

Auch wenn das Stichwort „Liebe“ in Dtn 8,1-6 nicht explizit fällt, so kennzeichnet doch auch diese Ausführungen die Vorstellung, dass sich die Liebe zu Jhwh im Halten der Gebote realisieren muss. Dieser innere Zusammenhang bestimmt ferner die Rede vom „Behüten / Bewahren“ in den Büchern Josua bis Könige. Dort spielen die Anführer des Volkes – Josua, Richter und Könige – eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung des Bundes bzw. der Gebote. Es verwundert entsprechend nicht, dass der Aspekt des „Behütens / Bewahrens“ oftmals im Rahmen von Reden begegnet, die entweder als Gottesrede an bekannte Führungspersönlichkeiten gerichtet sind oder aus dem Munde der menschlichen Anführer selbst ergehen. Jene Reden sind nicht selten gezielt, d.h. mit programmatischer Absicht in den Kontext platziert worden. So finden sich bspw. im Buch Josua Belege für שׁמר šmr in den großen Reden am Buchanfang bzw. Buchende und legen mithin einen Rahmen um das Buchganze.

In Jos 1,1-9 ergeht eine Gottesrede an → Josua. Nachdem → Mose in Dtn 34 verstorben war, tritt Josua seine Nachfolge an und soll die Israeliten über den Jordan in das verheißene Land führen. „Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über diesen Jordan, du und dieses ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Kindern Israel, gegeben habe … Sei getrost und unverzagt; du sollst diesem Volk das Land als Erbe austeilen“ (Jos 1,2.6). Jos 1,7 greift den göttlichen Zuspruch wieder auf und verbindet ihn mit der Bewahrung des Gesetzes. „Sei nur getrost und ganz unverzagt, indem du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du weise handelst überall, wohin du gehst.“

Nach Abschluss der Landnahme verpflichtet Josua das Volk auf den Gehorsam gegen Gott. Seine direkte Rede greift dabei explizit auf Jos 1,7 zurück: „So seid nun sehr fest, dass ihr alles haltet und tut, was im Gesetzbuch des Mose geschrieben steht, dass ihr nicht davon abweicht, weder zur Rechten noch zur Linken“. Auch hier schimmert der grundlegende Zusammenhang von Liebe und Gesetzesgehorsam durch. Das verheißene Land ist Manifestation der Liebe Gottes. Mit der Landvergabe hat Gott sein Wort an die Väter erfüllt. Diese Treue Gottes verlangt nach Gehorsam auf Seiten des Volkes, der hier wie andernorts zwischen Leben und Tod entscheidet.

In den Königebüchern findet sich eine hohe Konzentration von Belegen im Zusammenhang der Erzählungen um → Salomo (1Kön 3-11) und hier vor allem mit Bezug auf den Tempelbau (1Kön 6-8). Mit dem Tempelbau setzt eine neue Epoche in der Geschichte Israels ein. Er ist Gegenstand einer göttlichen Verheißung, die in 2Sam 7 an David ergeht. Die Zusage wird in 1Kön 6,12 explizit aufgegriffen und mit der Gesetzesobservanz verknüpft „So sei es mit dem Haus, das du baust: Wirst du nach meinen Satzungen leben, nach meinen Rechten tun und alle meine Gebote halten, indem du nach ihnen lebst, so will ich mein Wort an dir bestätigen, das ich zu deinem Vater David geredet habe“. Die Treue Jhwhs zu seinem Wort bedingt auch hier die Treue bzw. den Gehorsam des Königs und des Volkes gegenüber dem göttlichen Wort (vgl. 1Kön 8,23-25.57-61; vgl. auch die Vision Salomos in 1Kön 9,1-6).

Der Aspekt der Gesetzesobservanz spiegelt sich auch in einigen → Psalmen (Ps 78; Ps 105; Ps 106). Eine besonders hohe Belegdichte findet sich in Ps 119, wo neben שׁמר šmr (21-mal) auch das Verb נצר nzr häufig begegnet (10-mal; vgl. Ps 78,7; Ps 105,45).

Im Jesajabuch häufen sich Belege für שׁמר šmr in Jes 56 (→ Tritojesaja). V. 1 bezieht sich dort allgemein auf das Halten der Gebote, während V. 2.4.6 konkret das Gebot der Sabbatruhe thematisieren. Das Bewahren der Gebote bzw. des Sabbatgebotes wird hier zum entscheidenden Kriterium für eine Zugehörigkeit des Einzelnen zu Jhwh. „Und die Fremden, die sich zu Jhwh gewandt haben, damit sie ihm dienen und seinen Namen lieben, damit sie seine Knechte seien; jeder, der den Sabbat hält und ihn nicht entweiht“ (Jes 56,6).

Auch im Buch Ezekiel begegnet שׁמר šmr mit dem Objekt Weisung (חֻקָּה ḥuqqāh; 4-mal) oder Gebot (מִשְׁפָּט mišpāṭ; 5-mal). Öfter allerdings erscheint das Verb dort in Verbindung mit dem Nomen „Dienst“ (מִשְׁמֶרֶת mišmæræt; 7-mal). Die Kombination von שׁמר šmr mit מִשְׁמֶרֶת mišmæræt konzentriert sich auf den Verfassungsentwurf in Ez 40-48 und hier vor allem auf Ez 44, wo der Kult neu geordnet wird. Die Verwendung weist entsprechend auf kultischen Hintergrund. „In die gleiche Richtung zielt der relativ häufige Gebrauch von šmr mit Subst., die zum Bereich der Feste, Riten etc. gehören […]. Im Unterschied zum Dtn findet sich šmr in […] Ez niemals mit miṣwāh / miṣwôt noch mit dāḇār / deḇārîm.“ (García Lopéz, 1995, 299).

In der Weisheitsliteratur wird der Aspekt des Behütens oftmals durch die Wurzel נצר nzr ausgedrückt. Eine Vielzahl von Belegen findet sich in den sogenannten Lehr- und Mahnreden in Spr 1-9. Der Adressat wird dort zu einem bestimmten Tun aufgefordert, das auch das Bewahren von Weisung, Gebot, Zucht, Bund oder Erkenntnis / Wissen betrifft. Das Bewahren resultiert in gesundheitlichem, emotionalem oder finanziellem Wohlergehen (→ Tun-Ergehen-Zusammenhang).

3. Gott als Subjekt von „bewahren / hüten“

An zahlreichen Stellen im Alten Testament erscheint Gott als Subjekt von „bewahren / behüten“. Grundlegend für diese Aussagen ist die Vorstellung der Treue Gottes gegenüber dem Volk Israel sowie dem Individuum. Dies betrifft zum einen Ausführungen, in denen Gott als „Hüter“ des Bundes (vgl. Dtn 7,9; 1Kön 8,23; Dan 9,4; Neh 1,5; Neh 9,32; 2Chr 6,14) oder des Schwurs (vgl. Dtn 7,8) erscheint. Es umfasst zum anderen Belege, in denen die schützende Fürsorge Gottes im Vordergrund steht. In Gen 28,13-15 träumt der Erzvater → Jakob zu → Bethel von einer Leiter, die Himmel und Erde verbindet. Während des Traums erscheint ihm Jhwh und verspricht ihm seinen Beistand: „Siehe, ich bin mit dir und werde dich behüten, wohin du auch ziehst“. Die Verheißung impliziert die wohlwollende Zuwendung Gottes, die Schutz in Bedrängnis verspricht. Eine ähnliche Vorstellung begegnet im → Aaronitischen Segen (Num 6,24-26), wo der göttliche Schutz mit dem Segen parallelisiert wird. „Jhwh segne dich und behüte dich“ (Num 6,24). Diese beiden Kernaussagen werden in Num 6,25f entfaltet. Das Leuchten des Angesichts veranschaulicht die gnadenvolle Zuwendung Jhwhs zum Gesegneten (V. 25). Das Erheben des Angesichts verbindet sich mit dem Zuspruch des Schalom, der hier den Frieden im Sinne eines ganzheitlichen Wohlergehens meinen dürfte (V. 26).

In vielfältiger Variation ist die Vorstellung Gottes als Hüter Israels bzw. des Einzelnen im → Psalter anzutreffen. Sie kann sowohl durch das Verb שׁמר šmr wie auch נצר nzr ausgedrückt werden. In Ps 31,24 werden die Frommen ermahnt, Jhwh zu lieben, der seine Treuen beschützt, während er den Treulosen ihren Hochmut vergilt. Um den Gegensatz von Frommen und Frevlern geht es auch in Ps 12. Der Beter klagt vor Jhwh über das Leid der Frommen und Treuen. Indes vertraut er auf die Bereitschaft Gottes, die Gerechten zu restituieren. „Du, Jhwh, wirst sie halten, wirst ihn behüten vor diesem Geschlecht allezeit“ (Ps 12,8). Als Vertrauensaussage ist ferner Ps 32,7 formuliert. Ps 40,12 und Ps 140,2.5 richten sich als Aufforderung an Jhwh und bitten um seinen Schutz in existentieller Bedrängnis. „Bewahre mich, Jhwh, vor der Hand der Gottlosen; behüte mich vor den Gewalttätigen, die planen, mich zu Fall zu bringen“ (Ps 140,2.5). Alle genannten Stellen haben Bekenntnischarakter. Die Betenden sind überzeugt, dass es Jhwhs Willen und Wollen entspricht, diejenigen zu bewahren, die ihn lieben.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Westermann, Claus, Genesis. 2. Teilband. Genesis 12-36 (BK.AT), Neukirchen-Vluyn 1986

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