Bet-Horon
Andere Schreibweise: Beth-Horon; Bethoron
(erstellt: Februar 2022)
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Bet-Horon (בֵּ͏ית חֹרוֹ͏ן bêt ḥorôn; Βαιθωρων Baithōrōn und Bethoron) bezeichnet in der Hebräischen Bibel zwei Ortschaften, die teilweise als unteres (בֵּ͏ית חוֹ͏רוֹ͏ן הַתַּ͏חְתּ͏וֹ͏ן bêt ḥôrôn hattaḥtôn; Βαιθωρων ἡ κάτω Baithōrōn hē katō und Bethoron inferior) und oberes Bet-Horon (בֵּ͏ית חוֹ͏רוֹ͏ן הָﬠֶ͏לְיוֹ͏ן bêt ḥôrôn hāʿæljôn; Βαιθωρων ἡ ἀνωτέρα Baithōrōn hē anōtera und Bethoron superior) unterschieden werden. Diese Ortschaften sind mit Bēt ʿŪr el-Fōqā (Koordinaten: 1608.1436; 31° 53′ 08″ N, 35° 06′ 49″ E
Die beiden Bet-Horon, deren Gründung – einzigartig für die Hebräische Bibel – einer Frau, Scheera, der Tochter Efraims, zugeschrieben wird (1Chr 7,24
Archäologisch sind Bēt ʿŪr el-Fōqā und Bēt ʿŪr et-Taḥtā nur im Rahmen von Surveys untersucht worden, die schwerpunktmäßig Keramik der → Eisenzeit II
Die beiden Bet-Horon haben eine herausragende strategische Bedeutung für die in der Antike wichtige Verbindungsstraße von der Küstenregion nach Jerusalem bzw. nach Transjordanien. Von dieser Bedeutung zeugen die Erwähnungen von der Befestigung der Stadt durch → Salomo
1. Identifikation
Die Identifikation der zwei Orte, unteres und oberes Bet-Horon, mit den modernen arabischen Dörfern Bēt ‘Ūr el-Fōqā und Bēt ‘Ūr et-Taḥtā wurde erstmals von Clarke unter Verweis auf → Eusebius
2. Lage
Die Bedeutung der Orte, oberes und unteres Bet-Horon, liegt in der an ihnen vorbeiführenden Straße, die in antiker Zeit eine wichtige Verbindung Jerusalems zur Küste darstellte, respektive in umgekehrter Richtung von der Küste durch eine Abzweigung vor Jerusalem ins Jordantal und damit ins Ostjordanland führte. Der Weg gabelt sich nach dem unteren Bet-Horon auf und geht entweder nordwestlich über Lydda (el-Ludd) nach → Jaffa
3. Bezeichnung
Nach Reed ist die Etymologie des Ortes nicht gesichert. Er erwähnt eine Herleitung ausgehend von hebräisch חֹר ḥor II „Loch, Höhle“, die von den Höhlen in der Umgebung der Orte ihren Ausgang nimmt. Alternativ könnte der Name von der Gottheit → Horon
Auf Grund der strategischen Bedeutung Bet-Horons wird die Straße nach den Ortschaften benannt (דֶּ͏רֶךְ בֵּ͏ית חֹרוֹ͏ן dærækh bêt ḥorôn; 1Sam 13,18
4. Biblische Überlieferung
4.1. Festungsbau
Aufgrund der beschriebenen strategischen Lage der beiden Bet-Horon verwundert es nicht, dass der biblische Befund die militärische Bedeutung der Ortslagen widerspiegelt. Dies zeigt sich deutlich in der mehrfachen Erwähnung der Befestigung des Ortes. Zuerst ist der Festungsbau Salomos zu nennen, der im Königebuch nur das untere Bet-Horon, in der Chronik auch das obere Bet-Horon umfasst (1Kön 9,17
4.2. Kriegszüge
Des Weiteren spielen die Orte in verschiedenen Kriegszügen eine Rolle. Als erstes ist auf die Schlacht bei → Gibeon
Weiter ist auf den Krieg zwischen Saul bzw. Jonatan und den Philistern einzugehen. Die beiden Heere stehen sich in → Michmas
Ein weiterer Plünderungszug in Juda wird ebenfalls durch die Angabe von Bet-Horon beschrieben: Während des Kriegszugs des judäischen Königs Amazja (802/1-773 v. Chr.) gegen → Seïr
Von einer weiteren Schlacht nahe Bet-Horon erzählt 1Makk 7,26-49
Die Schlacht zwischen Seron, dem Befehlshaber der Streitkräfte in Syrien, und Judas Makkabäus (1Makk 3,13-26
4.3. Bet-Horon als Teil Efraims
Neben ihrer militärischen Bedeutung sind das obere und untere Bet-Horon in der Hebräischen Bibel auch als Grenzstädte zwischen den Stämmen Efraim und Benjamin bekannt: In Jos 16,3
4.4. Sanballat aus Bet-Horon?
Eventuell könnte → Sanballat
5. Außerbiblische Erwähnungen
In EA 290 beklagt → Abdi-Chepa
Darauf folgt zeitlich die Erwähnung auf einem fast quadratischen Ostrakon (6x6 cm), das bei Tell el-Qasile (antike Hafenstadt im Stadtgebiet von Tel Aviv) als Oberflächenfund aufgelesen wurde (Text und Einleitung: HAE III, 229-231; Qas[8]:2). Die zweizeilige Inschrift, die von Renz ins letzte Viertel des 8. Jh. v. Chr. datiert wird, lautet, wie folgt: „Gold aus Ophir für Beth Horon: / 30 Šeqel“. Die Notiz wird von Renz als Lieferschein bzw. Rechnung klassifiziert. Ein Trenner zwischen „Beth“ und „Horon“ schließe dabei einen Ortsnamen nicht aus, könne aber auch dafürsprechen, dass es hier eigentlich um einen „Tempel des Horon“ gehe.
In Jub 34,4 (datiert um 150 v. Chr.) wird → Jakob
Zuletzt führt die Schatzliste auf der so genannten Kupferrolle aus Höhle 3 in Qumran (→ Qumran-Handschriften
6. Archäologie
In den 1980ern koordinierte die Israel Antiquities Authority (IAA) einen Survey, der das Bergland des Stammesgebietes von Benjamin und Teile Efraims umfasste. Bēt ‘Ūr et-Taḥtā war schon zuvor zweimal im Rahmen von kleineren Surveys der IAA untersucht worden. Sowohl in Bēt ‘Ūr et-Taḥtā (Survey-Nr. 22) als auch an den beiden in Bēt ‘Ūr el-Fōqā untersuchten Stellen (Survey-Nr. 28 und 143) wurde schwerpunktmäßig Keramik aus der → Eisenzeit II
7. Bet Horon ab römischer Zeit
Bet-Horon ist auch von Bedeutung zur Zeit der Spannung zwischen Juden und Römern, die sich im Jüdischen Aufstand (66-70 n. Chr.) entluden. Der Vorfall um einen Sklaven des Kaisers Claudius (41-54 n. Chr.), der bei Bet-Horon überfallen wurde, zeigt die schon zuvor erregte Lage, als ein Soldat im Zuge einer Vergeltungsmaßnahme ein jüdisches Gesetzbuch schmähte. Die aufgebrachte Bevölkerung ließ sich nur durch die Hinrichtung des Soldaten wieder beruhigen (Jos. Bell. II,228-231; Text gr. und lat. Autoren
Der Kriegszug des Cestius Gallus (Jos. Bell. II,513-555; Text gr. und lat. Autoren
In römischer Zeit könnte auch Paulus auf seinem Weg nach Caesarea über Antipatris (Rās el-‘Ēn, Koordinaten: 1435.1680, 32° 06′ 19″ N, 34° 55′ 47″ E
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Plan des Wegnetzes, das das nördliche Juda mit der Küste verband. 590a bezeichnet das „obere Bet-Horon“. Aus: Dorsey 1991, 182 (farbliche Markierungen hinzugefügt)
- Kapitell aus einer byzantinischen Kirche an einem modernen Gebäude. Aus: Bagatti 1979, Tf. 41, Abb. 2
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