Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Juli 2009)

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1. Der Name

Der männliche Personenname Bildad (בלדד bldd, nach der masoretischen Vokalisation בִּלְדַּד bildad) leitet sich vermutlich von dem akkadischen Gottes- und Personennamen Apil-Adda / Apil-Adad / Apla-Adad ab, der sich gehäuft seit dem 8. Jh. v. Chr. in neuassyrischen Inschriften findet (Lipiński, 53ff.; Schwemer, 626ff). Als Gottesname ist er auch auf einem → Siegel belegt, das in → Beerscheba gefunden wurde (übersetzt in: CScr II, 319). Er bedeutet wie der verwandte aramäische bzw. hebräische Name Birhadad / Barhadad (vgl. KAI, 5. Aufl., 47, Nr. 201; 76, Nr. 310; TUAT, I, 625; TUAT.E, 178f.) bzw. Benhadad (vgl. 1Kön 15,18; 1Kön 20,1) „Sohn des (Gottes) → Hadad“. In einer griechischen Inschrift aus → Dura Europos begegnet der Name in der Gestalt Αφλαδ Aphlad im 1. Jh. n. Chr. (Lipiński, 69f.). Gelegentlich wird auch eine Rückführung auf den in altsüdarabischen Inschriften nachgewiesenen Namen Birdād vertreten (Knauf / Herion, 1992). In der → Septuaginta und den davon abhängigen griechischen Texten erscheint der Name zumeist in der Schreibweise Βαλδάδ Baldad, ebenso vokalisiert die → Vulgata Baldad. Im Alten Testament kommt der Name nur im Buch → Hiob vor (Hi 2,11; Hi 8,1; Hi 18,1; Hi 25,1; Hi 42,9; Hi 42,17e [LXX]).

2. Bildad, ein Freund Hiobs

Bildad gehört zusammen mit → Elifas, dem Temaniter, und → Zofar, dem Na‘amatiter, zu den drei Freunden, die kommen, um den unverschuldet ins Leid geratenen Hiob zu trösten (Hi 2,11). Bildad wird stets an zweiter Stelle hinter Elifas genannt und hält im Verlauf des Hiobdialogs (Hi 3,1-42,6) jeweils die zweite Freundesrede (Hi 8; Hi 15; Hi 25). Ob der Name aus einer älteren (Hiob-) Überlieferung oder allgemein aus der Welt altvorderorientalischer Personennamen in das Hiobbuch aufgenommen wurde, um der Figur des Bildad ein besonderes Profil zu geben, lässt sich nicht entscheiden. Eine rein innerbiblische Kunstbildung (so Gordis, 22f.) ist unwahrscheinlich.

2.1. Die Herkunft des Bildad

Bildad trägt immer das Epitheton ha-šûchî „der Schuchiter“, wodurch er als ein Bewohner von Schuach (šûach) gekennzeichnet wird. In der quellenmäßig schwer einzuordnenden Liste der Söhne → Abrahams und → Keturas (Gen 25,1-4) begegnet das Wort Schuach als Personenname neben Simran, Jokschan, Medan, Midian und Jischbak (Gen 25,2; 1Chr 1,32) (Seebass, 254ff.; Ruppert, 615ff.). Diese erscheinen als Väter unterschiedlicher arabischer und aramäischer Stämme im Osten Palästinas (Gen 25,6). Wahrscheinlich ist Schuach mit dem am mittleren Euphrat, südöstlich der Mündung des Chabur, gelegenen Gebiet Suchu (Suchi) zu identifizieren (Tübinger Bibelatlas, B IV 13, Koordinaten: N 34° 30', E 42° 47'). Suchu ist in akkadischen Inschriften seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. belegt. Seit dem 9. Jh. v. Chr. stand es zunehmend unter aramäischem Einfluss (Dion, 57). In Briefen an den assyrischen König → Sargon II. (722-705 v. Chr.) taucht Suchu als Weidegebiet arabischer Beduinen auf (Parpola, Nr. 82). Für die Zusammenstellung Bildads, des Schuchiters, mit Suchu spricht die enge Verbindung des Namens Apla-Adad (hier für den Gott) mit Suchu (Dion, 72; CScr II, 279 Anm. 5; Schwemer, 625ff).

TBB722

Die politische und wirtschaftliche Bedeutung Suchus im 1. Jahrtausend v. Chr. zeigt sich u.a. an dem Tribut, den der Statthalter Marduk-apal-uṣur an den assyrischen König → Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) entrichten musste (vgl. die Darstellung im vierten Register des so genannten Schwarzen Obelisken Salmanassars III., abgebildet in: ANEP, Nr. 351-355), oder in einer Inschrift des Statthalters Ninurta-kudurrī-uṣur von Suchu und → Mari (Mitte 8. Jh. v. Chr.), der von einem Überfall auf eine Karawane aus → Tema und → Saba spricht (übersetzt in: CScr II, 279-282, hier: 281, Kol. iv.26b’-38’; TUAT.NF, 84-88; vgl. Hi 6,19; zu weiteren Suchu-Annalen und Erwähnungen Suchus in akkadischen Texten siehe CScr II, 282f.; ANET, 275; 304; 482; 559; ANEP, Nr. 533; TUAT I, 356ff.).

Von einem palästinischen Standort aus gesehen wird Bildad als aus dem Nordosten kommend verstanden. In welcher geographischen Konstellation dies zu Hiob aus dem Lande → Uz (Hi 1,1) und zu den beiden Begleitern Bildads, Elifas von Teman und Zofar von Na‘ama steht, hängt von einer Lokalisierung ihrer jeweiligen Herkunftsorte ab, für die unterschiedliche Ortslagen im syrisch-aramäischen, edomitischen und arabischen Raum diskutiert werden. Deutlich ist, dass Hiob und seine Freunde außerhalb Israels lokalisiert und als weit voneinander entfernt wohnend gedacht werden: Damit wird herausgestellt, dass Hiob und das im Hiobbuch behandelte Thema eine universale Dimension besitzen (Görg, 12).

2.2. Die Funktion Bildads

Bildad erfüllt wie Elifas und Zofar die dramaturgische Funktion eines Trösters und Gesprächspartners des unschuldig ins Leid geratenen Hiob. Als Figur des Dialogs vertritt er wie die anderen Freunde die weisheitliche Vorstellung einer durch Gott garantierten gerechten Weltordnung, die Hiob durch sein Schicksal in Frage gestellt sieht. Gemäß seinem Namen „Sohn des (→ Wettergottes) → Hadad“ glaubt Bildad, Gottes gerechtes Handeln in der Welt mittels des Hinweises auf die Erfahrung früherer Generationen verteidigen zu können, und muss sich doch am Ende von dem Gott, der aus dem Wettersturm spricht (Hi 38,1), wie Elifas und Zofar, eines besseren belehren lassen (Hi 42,7-9). Wie mit den anderen Figuren des Hiobbuchs hat der Dichter mit Bildad die Möglichkeit zum dialogischen Austausch theologischer Grenzaussagen geschaffen, an dem der Leser selbst teilhaben und zu dem er Stellung beziehen kann.

2.3. Die Reden Bildads

Die erste Bildadrede (Hi 8) ist eine als Ringkomposition gestaltete Mahn- und Trostrede. In ihrem Mittelpunkt steht ein Traditionsbeweis zur Funktion der göttlichen Vergeltung (Hi 8,1-19). Als Rahmen dienen a) die theologische These, Gott beuge nicht das Recht (Hi 8,3.20), und b) die direkten Anreden Hiobs (Hi 8,2.21f.). Die Argumentation Bildads basiert – wie die der anderen Freunde – auf der Vorstellung, dass Gott gerecht handelt (8,3.21), was sich in der Bestrafung der Frevler und der Belohnung der Frommen zeige. Damit reagiert Bildad auf die vorangehenden Vorwürfe Hiobs, Gott verhalte sich ihm gegenüber maßlos (Hi 6-7), und betont die in der ersten Rede des Elifas (Hi 4-5) herausgestellte absolute Gerechtigkeit Gottes.

Die zweite Bildadrede (Hi 18) entspricht strukturell und inhaltlich der zweiten Rede des Elifas (Hi 15) und bildet wie diese eine Streit- und Lehrrede. In ihrem Zentrum steht das metaphorisch beschriebene grauenvolle Schicksal des Frevlers, als der sich Hiob aufgrund seines eigenen Ergehens, aber in scharfem Kontrast zu seiner eigenen Überzeugung, unschuldig zu sein, verstehen muss. Das theologische Hauptargument Bildads, die Funktionsfähigkeit der göttlichen Vergeltung, wird im Gegensatz zu seiner ersten Rede nur hinsichtlich ihrer negativen Seite entfaltet. Eine Schlussanrede Hiobs erfolgt nicht mehr.

Bei der dritten Bildadrede (Hi 25) handelt es sich weniger um eine Rede als um eine in eine poetische Form gegossene theologische These. Im Vergleich mit den anderen Freundesreden fehlen eine Anrede Hiobs, eine rhetorische Eröffnung und ein Summarium. Mit nur fünf Versen ist sie die kürzeste aller Freundesreden in der Hiobdichtung. Inhaltlich wiederholt sie die in Hi 4,17-19 und Hi 15,14-16 geäußerten Argumente. So bietet Hi 25, gerahmt von einer hymnischen Prädikation auf Gottes Schöpfer- und Erhaltermacht und einer über die rhetorische Figur des Schlusses a maiore ad minus erreichten Folgerung zur geschöpflichen Unwürdigkeit des Menschen, die grundsätzliche Infragestellung menschlicher Gerechtigkeit. Die Besonderheit von Hi 25 wird in der Forschung entweder als dichterisch bewusst gestaltetes Schlussvotum der Freunde angesehen, an dem sich die Stagnation des Dialogs und die Entfremdung zwischen Hiob und seinen Freunden ablesen lasse, oder als überlieferungstechnischer Unfall, bei dem Teile der Rede verloren oder an die falsche Stelle geraten seien, oder – und dieser Fall ist angesichts der Literar- und Kompositionsgeschichte des gesamten Hiobbuchs am wahrscheinlichsten – als redaktionelle Ergänzung (Witte, 1994).

2.4. Ausblick auf die Wirkungsgeschichte

In der Hiob-Septuaginta (Hi-LXX), der wohl im 1. Jh. v. Chr. angefertigten griechischen Übersetzung des Hiobbuchs (Witte / Kepper), und in dem davon abhängigen Fragment des jüdisch-hellenistischen Exegeten Aristeas (übersetzt in: JSHRZ III, 293-296) erscheint Bildad / Baldad als „Tyrann“ (Hi 2,11 [LXX]; Hi 42,17e [LXX]), was hier aber ohne negative Konnotation synonym zur Bezeichnung des Elifas und des Zofar als König ist. Die Kennzeichnung der Freunde Hiobs als Herrscher (vgl. auch Babylonischer Talmud, Traktat Baba Batra 16b; Text Talmud) basiert auf der nur in der Septuaginta vorliegenden Gleichsetzung Hiobs mit dem in der edomitischen Königsliste genannten Jobab (Hi 42,17b [LXX], vgl. Gen 36,33f.), möglicherweise auch auf einer Exegese von Hi 29,25. Aus der Herkunftsbezeichnung „Bildad, der Schuchiter“ wird in Hi 2,11 [LXX] und Hi 42,17 [LXX] die Angabe des von Bildad beherrschten Volkes: der „Sauchäer“, was auf einer Transkription des hebräischen Wortes Schuach beruht (in Gen 25,2 und 1Chr 1,32 transkribieren die Übersetzer Schuach mit Σωυε / Σωε Sōye / Sōe): „Bildad, der Alleinherrscher der Sauchäer“. In Hi 8,1, Hi 18,1, Hi 25,1 und Hi 42,9 bietet die griechische Übersetzung die einfache Herkunftsbezeichnung („der Sauchiter“).

Im Testament Hiobs (→ Testament Hiobs; übersetzt in: JSHRZ III, 303ff., Text Pseudepigraphen), einer aus dem 1./2. Jh. n. Chr. stammenden, ebenfalls von der Hiob-LXX abhängigen Neudichtung, in der Hiob als der über sein Leid vollkommen erhabene und fest an eine jenseitige Vergeltung und ein ewiges Leben glaubende Lehrer seiner Freunde auftritt, erscheint Bildad / Baldad gleichfalls als König (TestHi 30,2). Ein besonderer Erzählzug ist hier, dass Bildad den über Hiob verärgerten Elifas davon abhält, in seine Heimat zurückzukehren, und er dessen Rede an Hiob kritisiert: „So sollte man nicht mit einem Menschen reden, der trauert, noch weniger mit einem, der (so) arg geplagt ist.“ (TestHi 35,1; Übersetzung von Schaller, 353). In der rabbinischen Tradition kann Bildad, wie Hiob, die zwei anderen Freunde und Elihu, als Prophet der Heiden gewürdigt werden (Babylonischer Talmud, Traktat Baba Batra 15b; Text Talmud).

Ikonographisch ist besonders auf die Darstellung Bildads und seiner Begleiter in der byzantinischen Buchmalerei hinzuweisen, die diese gemäß der Septuaginta als Könige stilisiert und seit dem 6. Jh. über einen festen Bestand an Miniaturen zu einzelnen Szenen des Hiobbuchs verfügt (Wessel, 143ff., Huber).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York u.a. 1992

2. Weitere Literatur

Vgl. Kommentare zum Buch → Hiob

  • Clines, D.J.A., 1989, Job 1-20 (WBC 17), Dallas
  • Clines, D.J.A., 2006, Job 21-37 (WBC 18a), Nashville
  • Dion, P.-E., 1995, Les Araméens du Moyen-Euphrate au VIIIe siècle à la lumière des inscriptions des maîtres de Suhu et Mari, in: J.A. Emerton (Hg.), Congress Volume Paris 1992 (VT.S 61), 53-73
  • Fohrer, G., 1989, Das Buch Hiob (KAT 16), 2. Aufl., Gütersloh
  • Ginzberg, L., 1948 (1969), The Legends of the Jews, Bd. II, Philadelphia, 225-242
  • Ginzberg, L., 1953 (1968), The Legends of the Jews, Bd. V, Philadelphia, 381-387
  • Gordis, R., 1978, The Book of Job (MorS II), New York
  • Görg, M., 1980, Ijob aus dem Lande ‛Ūṣ. Ein Beitrag zur „theologischen Geographie“, BN 12, 7-12
  • Huber, P., 1986, Hiob. Dulder oder Rebell? Byzantinische Miniaturen zum Buch Hiob in Patmos, Rom, Venedig, Sinai, Jerusalem und Athos, Düsseldorf
  • Knauf, E.A., 1983, Supplementa Ismaelitica 4. Ijobs Heimat, BN 22, 25-29
  • Knauf, E.A., 1988, Hiobs Heimat, WO 19, 65-83
  • Knauf, E.A. / Herion, G.A., 1992, Art. Bildad, in: AncBD, Bd. I, New York u.a., 741-742
  • Lévêque, J., 1970, Job et son Dieu. Essai d'exégèse théologie biblique (ÉtB), Bd. I-II, Paris
  • Lipiński, E., 1976, Apladad, Or. NS 45, 53-74
  • Müller, H.-P., 1970, Hiob und seine Freunde. Traditionsgeschichtliches zum Verständnis des Hiobbuches (ThSt(B) 103), Zürich
  • Parpola, S., 1987, The Correspondence of Sargon II, Part I. Letters from Assyria and the West (SAA 1), Helsinki
  • Ruppert, L., 2002, Genesis. Ein kritischer und theologischer Kommentar, 2. Teilband: Gen 11,27-25,18 (FzB 98), Würzburg
  • Schaller, B., 1979, Das Testament Hiobs (JSHRZ III/3), Gütersloh
  • Schwemer, D., 2001, Die Wettergottgestalten Mesopotamiens und Nordsyriens im Zeitalter der Keilschriftkulturen, Wiesbaden
  • Seebass, H., 1999, Genesis II. Vätergeschichte II (23,1-36,43), Neukirchen-Vluyn
  • Simon, J, 1959, The Geographical and Topographical Texts of the Old Testament. A Concise Commentary in XXXII Chapters, Leiden
  • Wessel, K., 1972, Art. Hiob, in: Reallexikon der byzantinischen Kunst, Bd. III, Stuttgart, 131-152
  • Witte, M., 1994, Vom Leiden zur Lehre. Der dritte Redegang (Hiob 21-27) und die Redaktionsgeschichte des Hiobbuches (BZAW 230), Berlin / New York
  • Witte, M. / Kepper, M., 2009, Job. Das Buch Ijob (Hiob), in: W. Kraus / M. Karrer (Hgg.), Septuaginta Deutsch, Stuttgart, 1007-1056

Abbildungsverzeichnis

  • Landkarte zur Herkunft Hiobs und seiner Freunde. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Schwarzer Obelisk von Kalchu (Nimrud, 841 v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Bildad im Gespräch mit Hiob (Miniatur aus dem Codex Hagíou Táphou 5; 13. Jh.).

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