Bote / Gesandter (AT)
(erstellt: Oktober 2006)
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1. Einleitung
Boten sind erforderlich für die Übermittlung von Informationen über Entfernungen, die eine direkte Kommunikation nicht mehr erlauben, aber auch in Situationen, in denen die Distanz der Kommunikationspartner betont wird (2Kön 5; → Brief
2. Boten im alten Orient
Die Möglichkeit einer Kommunikation über Boten wurde im alten Orient überall genutzt.
Der Bote ist bei der Übermittlung der Botschaft in unterschiedlichen Graden aktiv: die Bandbreite reicht vom bloßen Überbringer einer schriftlichen Botschaft, auf die der Bote keinen Einfluss hat (2Sam 11) bis zu anderen Fällen, in denen der Bote weitaus stärker aktiv ist, etwa dort, wo er als Gesandter nicht nur eine Botschaft übermittelt, sondern einen Auftrag erfüllt (Gen 24
Der Aufgabenbereich des Boten überschneidet sich im alten Orient mit der Tätigkeit des Kaufmanns, besonders dort, wo Verhandlungen um Warenlieferungen Aufgabe des Boten sind (so z.B. im Bericht des Wenamun). Ansonsten sind Boten in allen Bereichen des Lebens und in allen sozialen Zusammenhängen bekannt oder wahrscheinlich. Besondere Bedeutung erlangen sie im alten Orient im profanen Bereich in der Kommunikation der Staaten untereinander, in der Diplomatie.
Entsprechend der Bandbreite der möglichen Aufgaben eines Boten bildeten die Boten keine sozial homogene Gruppe: Als Bote konnte jeder fungieren. Im Botenverkehr der antiken Staaten untereinander wurden, je nach Bedeutung des Auftrags, auch hochrangige Amtsträger oder Mitglieder der Herrscherfamilie als Boten eingesetzt. In diesem zwischenstaatlichen Botenverkehr bildeten sich Konventionen heraus. So wurden Boten gewöhnlich am Hof des Empfängers der Botschaft alimentiert und beschenkt, und sie erhielten auf dem Heimweg Geleitschutz, sofern die Beziehungen als politisch intakt gelten konnten. Da Boten keine förmliche Immunität genossen, konnte es jedoch auch passieren, dass sie längere Zeit gefangen gehalten, in anderen Fällen sogar getötet wurden. Da der Austausch von Botschaften im Interesse der Beteiligten lag, wurden für den Botenverkehr entlang der Fernwege – die Boten wie auch Händler nutzten – Wegstationen eingerichtet. Bei ihrer Ankunft am Zielort wurden Boten befragt, sie mussten sich ausweisen und legitimieren können. Dies geschah nötigenfalls durch vereinbarte Zeichen. Die Aufgabe des Boten war erst mit der Rückkehr zum Auftraggeber und dem Bericht über die Erledigung des Auftrags beendet.
3. Boten im Alten Testament
Das Alte Testament spiegelt dort, wo es von Boten berichtet, ganz ähnliche Verhältnisse, wie sie auch sonst aus dem alten Orient bekannt sind.
Die im Alten Testament verwendeten Begriffe für „Bote“ lauten מלאך ml’k (213 Mal belegt), seltener ציר ṣjr (Jes 18,2
Besonders Spr 13,17
Die Gefährdung der Boten wird deutlich an 2Sam 4,10
Besondere Bedeutung erlangt die Figur des Boten im Alten Testament durch ihre theologische Verwendung. Boten und Vermittler zwischen dem Bereich der Menschen und der Sphäre Gottes kennt das Alten Testament in zwei Ausprägungen: Zum einen ist es der „Engel
Die Bezeichnung „Bote“ (מלאך, ml’k) mit Bezug auf den Propheten findet sich erst in den späten Teilen des corpus propheticum, besonders bei den Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi (Letzterer trägt an Stelle eines Namens die Bezeichnung „mein Bote“ Mal 1,1
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- The Interpreter’s Dictionary of the Bible, New York 1962-1976
- Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
- Tyndale Bible Dictionary, Wheaton 2001
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Cohen, Naomi G., 1985, From Nabi to Mal’ak to „Ancient Figure” (JJS 36), 12-24
- Conrad, Edgar W., 1997, The End of Prophecy and the Appearance of Angels/Messengers in the Book of the Twelve, JSOT 73, 65-79
- Gundlach, Rolf, 2003, Die „Boten des Wesirs“ – Ihre Funktion und Rolle im Staatsaufbau der frühen 13. Dynastie, in: Andreas Wagner (Hg.), Bote und Brief. Sprachliche Systeme der Informationsvermittlung im Spannungsfeld von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, Frankfurt u.a., 11-29
- Hannig, Rainer, 1997, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch, Mainz
- Jeremias, Jörg, 1996, Die Rolle des Propheten nach dem Amosbuch, in: ders., Hosea und Amos (FAT 13), Tübingen, 272-284
- Oller, Garry H., 2000, Messengers and Ambassadors in Ancient Western Asia, in: Jack M. Sasson (Hg.), Civilizations of the ancient Near East, Peabody, 1465-1473
- Wagner, Andreas (Hg.), 2003, Bote und Brief. Sprachliche Systeme der Informationsübermittlung im Spannungsfeld von Mündlichkeit und Schriftlichkeit (Nordostafrikanisch-westasiatische Studien 4), Frankfurt a.M. u.a.
- Zwickel, Wolfgang, 2004, Kommunikationsmöglichkeiten im alten Israel. Ein Beitrag zu den Rahmenbedingungen der Verschriftlichung biblischer Texte, in: Friedhelm Hartenstein / Jutta Krispenz / Aaron Schart (Hgg.), Schriftprophetie (FS Jörg Jeremias), Neukirchen-Vluyn, 459-479
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