Credo, kleines geschichtliches
(erstellt: März 2011)
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1. Name und Inhalt
Das Bekenntnis Dtn 26,5-9
2. Alter
Das Credo erfuhr in der überlieferungsgeschichtlichen Forschung Mitte des letzten Jahrhunderts bei → Gerhard von Rad
Seit den 1960er Jahren (Rost 1965; Richter 1967) hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass derartige komplexe Summarien erst einer vergleichsweise späten Zeit der Bekenntnisentwicklung entstammen. Konkret denken heute viele an eine Entstehung frühestens in der exilischen Zeit des 6. Jh.s v. Chr. Das Credo wird auch wegen seiner terminologischen Eigenheiten als Paradebeispiel exilisch-deuteronomistischer Theologie identifiziert. Dass der → Sinai
3. Der umkommende Aramäer
Lediglich der Aufhänger vom – je nach Übersetzung – „umkommenden“, „umherirrenden“ oder „heimatlosen“ → Aramäer
Im Hebräischen besteht der erste Satz des Credo als verbloser Nominalsatz nur aus drei kurzen alliterierenden Worten ’ăramî ’ôved ’avî: „(Ein) Aramäer, (ein) umkommender, (war) (mein) Vater“. Auch wegen dieser geradezu poetischen Form halten viele diesen Satz für einen älteren, vordeuteronomistischen Kern, zu dem ggf. auch der Bekenntnissatz von V. 10a gehören soll. Bei der Identifikation des Aramäers ist am ehesten an → Jakob
Vielleicht steckt hinter dem Bekenntnis dazu, von einem „umkommenden Aramäer“ abzustammen, gar keine alte Tradition, allerdings auch kein ganz junger Rahmen um die vermeintlich älteren Verse Dtn 26,6-9
4. Theologische Aussage
Der Akzent des Credo, das bis V. 9 insgesamt wie der erste Satz des Credo in Dreierrhythmen gegliedert ist, liegt auf der Aussage, dass sich Israel aus Ausländern, Fremden und sozial Deklassierten herleitet und so ein aus Not und Unterdrückung entstandener Verband ist, der sich nun seinerseits solidarisch gegenüber Marginalisierten zeigen soll. Deshalb findet sich die Fremden- und Unterdrückungsthematik in und nach dem Credo so fest verankert. Man vgl. Dtn 26,11
Im strengen Sinne ist Dtn 26,5-9
Literaturverzeichnis
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