Dienen / Diener (AT)
(erstellt: Mai 2013)
Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/16437/
1. Zum Begriff
„Dienen“ gibt das hebräische Verb עבד ‘āvad, seltener שׁרת šārat wieder. Das Nomen עֶבֶד ‘ævæd übersetzt die Lutherbibel meist mit „Knecht“, seltener mit „Diener“ und kaum mit „Sklave“ (→ Knechtschaft
2. Zwischenmenschliches dienen
Dienstverhältnisse sind nach den Überlieferungen des Alten Testaments nicht an spezielle Berufe oder an einen niedrigen sozialen Status gebunden, sondern es gibt eine Vielfalt an Möglichkeiten, wie ein einzelner Mensch oder eine Gruppe einer Bezugsperson bzw. Bezugsgruppe dient.
2.1. Dienen in familiären Beziehungen
In familiären Beziehungen können Dienstverhältnisse positiv oder negativ geprägt sein: Die Barmherzigkeit Gottes wird nach Mal 3,17
2.2. Dienen in rechtlich-politischen Beziehungen
Der Dienst eines einzelnen Menschen gegenüber seinem Herrn hat verschiedene Grade an Inanspruchnahme und Abhängigkeit. Josef wird in Ägypten Diener des Beamten → Potifar
Am judäischen König → Hiskia
Im Kontext des Königshofes können angesehene Beamte des Königs als עֲבָדִים ‘ǎvādîm des Königs bezeichnet werden; so gibt der Pharao anlässlich seines Geburtstages ein Festmahl für alle seine Diener (Gen 40,20
Aus den verschiedenen Abhängigkeitsverhältnissen zu einem König, Lehnsherren oder anderen Herren entsteht die Selbstbezeichnung „dein Diener“ als formelhafter Ausdruck von Höflichkeit und Untergebenheit. Häufig begegnet die Bezeichnung im Zusammenhang mit einer Bitte, die an den König herangetragen wird (David zu Jonathan 2Sam 20,7-8
Auch auf Siegeln werden hohe Beamte häufig als „Diener“ des Königs tituliert (Belege s. Davies, 453).
Neben solchen individuellen Dienstverhältnissen gibt es zahlreiche Belege für das Dienen eines Kollektivs. Nach Gen 14,4
3. Religiöses dienen
3.1. Gott bzw. anderen Göttern dienen
3.1.1. Dienen im kultischen Sinne
Die Wurzel עבד ‘āvad findet sich in theologischer Verwendung häufig als Ausdruck der kultischen Verehrung Gottes. Gott in diesem Sinne untergeben zu sein bedeutet dabei nie Knechtschaft in einem negativen Sinn. In der Gottesrede im Zusammenhang der Berufung → Moses
3.1.2. Dienen im ethischen Sinne
In deuteronomischer und deuteronomistischer Tradition (→ Deuteronomismus
In prophetischer Überlieferung finden sich Verheißungen dazu, dass der Dienst an Jahwe wiederhergestellt wird (Jer 30,8-9
3.2. Diener Jahwes
Im Alten Testament werden Menschen nie als Diener / Knecht (עֶבֶד ‘ævæd) eines fremden Gottes bezeichnet, sondern stets in Bezug auf den Gott Israels.
In den alttestamentlichen Gottesreden werden insgesamt nur neun individuelle Personen als „mein Diener“ benannt. Statistisch gesehen ist mit 18 Erwähnungen zuallererst → David
Berücksichtigt man alle Vorkommen eines individuellen Knechtes Gottes im Alten Testament auch außerhalb von Gottesreden, rückt Mose mit über 40 Erwähnungen an die erste Stelle und andere Einzelgestalten wie → Kaleb
Eine Reihe von Personennamen bezeichnet den Namensträger als Diener / Verehrer einer Gottheit.
Im Alten Testament sind dies z.B. die Namen → Obadja
Es gibt kein inhaltlich klares Profil, was mit der Bezeichnung „Diener“ generell verbunden wird, sondern es ist für die jeweilige Figur zu diskutieren. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass mit der Bezeichnung als עֶבֶד ‘ævæd Jahwes a) die Frömmigkeit und Gottergebenheit, b) das besondere Vertrauensverhältnis zu Gott, c) eine titulaturhafte Ehrenbezeichnung und Riege besonderer Männer Gottes und d) die Unterordnung und der Gehorsam betont werden soll. Die Titulatur עֶבֶד ‘ævæd stellt eine Auszeichnung auf horizontaler Ebene – im Vergleich zu anderen Menschen – dar und in vertikaler Bestimmung des Verhältnisses zu Gott. Dabei wird häufig die Haltung des Dieners / Knechtes hervorgehoben, die von Vertrauen und Gehorsam geprägt ist.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979.
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff.
- Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995.
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001.
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007.
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003.
- Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2006.
- Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel, Gütersloh 2009.
- Herders Neues Bibel Lexikon, Freiburg in Br. 2008.
2. Weitere Literatur
- Barth, Chr., 1966, Mose, Knecht Gottes, in: E. Busch u.a. (Hgg.), Parresia (FS K. Barth), 68-81.
- Davies, G.I. (Hg.), 1991, Ancient Hebrew Inscriptions. Corpus and Concordance, Bd. 1, Cambridge u.a.
- Floß, J. P., 1975, Jahwe dienen – Göttern dienen (BBB 45), Bonn.
- Herrmann, W., 2004, Theologie des Alten Testaments. Geschichte und Bedeutung des israelitisch-jüdischen Glaubens, Stuttgart.
- Riesener, I., 1979, Der Stamm ‘bd im Alten Testament (BZAW 149), Berlin / New York.
- Rohde, M. 2007, Der Knecht Hiob im Gespräch mit Mose. Eine traditions- und redaktionsgeschichtliche Studie (ABG 28), Leipzig.
- Rütersworden, U., 1985, Die Beamten der israelitischen Königszeit (BWANT 117), Stuttgart.
Abbildungsverzeichnis
- Siegel mit der Aufschrift: „Dem Schema, Diener Jerobeams, gehörend“ (Megiddo; 8. Jh.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Siegel mit der Aufschrift: „Dem Jaazanjahu, Diener des Königs, gehörend“ (Tell en-Naṣbe; 7. Jh. v. Chr.?). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
PDF-Archiv
Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:
Abbildungen
Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz)