Efrata / Efrat
Andere Schreibweise: Ephrata; Ephrat; Ephratha; Ephrath; Ephrathah
(erstellt: März 2018; letzte Änderung: August 2019)
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1. Name
1.1. Schreibweisen. Der Name Efrata findet sich in zwei Schreibweisen: אֶפְרָתָה ’æfrātāh „Efrata“ (z.B. Rut 4,11
1.2. Etymologie. Traditionell wird der Name von der Wurzel פרי prj „fruchtbar sein“ (vgl. פְּרִי pərî „Frucht“) abgeleitet (vgl. die Volksetymologie zu Efraim in Gen 41,52
1.3. Belege. „Efrata / Efrat“ ist in der Hebräischen Bibel 10-mal belegt. An drei dieser Stellen ist die Frau Kalebs gemeint, bei der es sich jedoch um die Personifizierung eines Gebiets handelt (1Chr 2,19.50
2. Das nördliche Efrata in Benjamin (Benjamins Geburt)
In Gen 35
Auch Jer 31,15
Wo dieses Efrata im Norden Jerusalems genau gelegen hat, lässt sich freilich nicht sagen. Vom Wort her kann Efrata eine Variante des Ortsnamens → Para
Der Identifikation von Efrata mit Chirbet ‛Ēn Fāra entspricht eine Tradition, die Rahels Grab tatsächlich auf der Linie von Bethel / Bētīn nach Chirbet ‛Ēn Fāra lokalisiert (vgl. Gen 35,16
3. Das südliche Efrata in Juda (Davids Heimat)
3.1. Biblischer Befund
Efrata wird im Alten Testament häufig mit → Bethlehem
Efrata bei Jaar / Kirjat-Jearim. Zur Lokalisierung eines Ortes Efrata bei Jaar / Kirjat-Jearim oder auch zur Gleichsetzung der beiden Orte kommt es, wenn Ps 132,6
3.2. Stadt und Gebiet in Nord-Juda
Was „Efrata“ ist, muss – wie z.B. Gen 35,19
3.2.1. Die Stadt Efrata. In der Liste der Städte Judas in Jos 15,1-66
Efrata in Ramat Rahel. Niesiolowski-Spanò hält Efrata – trotz der unterschiedlichen Schreibweisen der Wurzel – für einen anderen Namen von → Gideons
3.2.2. Das Gebiet Efrata. Efrata dürfte auch ein Gebiet im Norden Judas bezeichnet haben, in dem Bethlehem wohl die wichtigste Stadt darstellte (vgl. Demsky, 51; Willi 2009, 95.105f). Die genauen Grenzen lassen sich freilich nicht mehr feststellen und dürften zu unterschiedlichen Zeiten auch andere gewesen sein. Einen Eindruck von der Ausdehnung Efratas mögen vielleicht die → Chronikbücher
1. Schobal, der Vater von Kirjat-Jearim, einem Ort am Westrand des nordjudäischen Berglands,
2. Salma, der Vater von Betlehem, einem Ort im Osten des nordjudäischen Berglands westlich der Wüste Juda (in 1Chr 4,4
3. Haref, der Vater von Bet-Gader, das vielleicht mit dem weiter südlich gelegenen Chirbet Ǧedūr (Koordinaten: 1587.1155; N 31° 37' 58'', E 35° 05' 32''
In 1Chr 2,24
Die Übersetzung der Lutherbibel von 1984 (anders 2017) ändert 1Chr 2,24
Efrata steht in 1Chr 2,3-4,23
4. Das Verhältnis der beiden Efrata
Im Alten Testament ist der Ort Efrata nördlich von Jerusalem von dem gleichnamigen judäischen Gebiet südlich von Jerusalems zu unterscheiden. Die Frage ist, ob dieser Befund den historischen Verhältnissen entspricht oder es ursprünglich nur ein Efrata gegeben hat.
4.1. Zufällige Namensgleichheit der beiden Efrata
Nach der meist vertretenen und immer noch wahrscheinlichsten Sicht haben wir es bei den beiden geographischen Größen mit einer zufälligen Namensgleichheit zu tun. Sie hat allerdings dazu geführt, dass das nördliche Efrata mit dem wichtigsten Ort des südlichen Efrata, nämlich Bethlehem, gleichgesetzt wurde, so vor allem in den späten judäischen Glossen Gen 35,19
4.2. Efratiter als Judäer mit efraimitischem Migrationshintergrund
Schon 1924 hat Albright (118-119 Anm. 6) die These aufgestellt, dass „a colony of Ephrathites (i.e. Ephraimites) formed an enclave in northern Juda, in the district of Bethlehem, whose inhabitants were called Ephrathites for centuries thereafter.” Deswegen werde Efrat in 1Chr 2,19
Auch nach Sara Japhet ist אֶפְרָתִי ’æfrātî immer als „Efraimit“ zu verstehen. Mi 5,1
Na’aman knüpft daran an und stellt die Migration von Efraimiten in das Gebiet von Bethlehem in den Kontext der Siedlungsbewegungen der frühen Eisenzeit (bes. 523-525). In ihrer neuen Heimat hätten sich die Siedler nach ihrer Herkunft Efraimiten / Efratiter genannt und schon damals hätten sie die Tradition vom Rahelgrab nach Bethlehem transferiert. Dass David zu diesen Efraimiten zählte, könne vielleicht auch erklären, warum er die ins efraimitische → Silo
David als Efraimit. Nach Schwab bedeutet אֶפְרָתִי ’æfrātî in Rut 1,2
Nach Michael Niemann (155-168) handelt es sich bei Efrat um einen Clan, dessen Gebiet sich sowohl auf das Land nördlich (1Sam 1,1) als auch das südlich (Rut 1,2) von Jerusalem erstreckte. David habe diesem Clan angehört. Zugleich habe er zum Stamm Benjamin gehört, sei also kein Judäer gewesen. Einen Stamm Juda habe es historisch gesehen nämlich gar nicht gegeben, dieser sei vielmehr eine „ideologische Konstruktion der Daviddynastie“ (167), die den eigenständigen Clans im Bergland Juda (Kalebiter, Keniter etc.) einen Zusammenhalt geben sollte.
4.3. Bestreitung der Existenz eines Efrata in Benjamin
Nach Vogt (30-36) hat es einen Ort Efrata in Benjamin nicht gegeben. In Gen 35,16
4.4. Bestreitung der Existenz eines Efrata in Juda
Nach einer ansprechenden These von Jericke (2013, 202f; 2016) sind allerdings Zweifel angebracht, ob es in Juda eine Größe Efrata gegeben hat. Unmittelbar vor der Erzählung von der Geburt Benjamins bei Efrata im Gebiet Benjamins (s.o. 2.) erhält → Jakob
Literaturverzeichnis
Datenbank Ortsangeben der Bibel (odb)
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006
- Encyclopedia of the Bible and its Reception, Berlin / New York / Boston 2009ff
2. Weitere Literatur
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- Dalman, G., Einige geschichtliche Stätten im Norden Jerusalems, JBL 48 (1929), 354-361
- Demsky, A., The Clans of Ephrath: Their Territory and History, Tel Aviv 13 (1986), 46-59
- Dietrich, W., Samuel. 1Sam 1-12 (BK.AT VIII,1), Neukirchen-Vluyn 2010
- Edelman, D., Saul’s Journey through Mt. Ephraim and Samuel’s Ramah, ZDPV 104 (1988), 44-58
- Garbini, G., Sul nome antico di Ramat Rahel, Rivista degli studi orientali 36 (1961), 199-205
- Heller, J., Noch zu Ophra, Ephron und Ephraim, VT 12 (1962), 339-341
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- Jericke, D., Die Ortsangaben im Buch Genesis. Ein historisch-topographischer und literarisch-topographischer Kommentar (FRLANT 248), Göttingen 2013
- Jericke, D., Art. Efrata, in: Ortsangaben der Bibel, 2016 Internet
(Zugriff: 3.3.2018) - Keel, O. / Küchler, M., Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land, Bd 2: Der Süden, Zürich 1982
- Kessler, R., Micha (HthKAT), Freiburg u.a. 2. Auflage 2000
- Knopf, T., Rahels Grab – eine Tradition aus dem TNK, DBAT 27 (1991), 73-137
- Kutscher, E.-Y., Mittelhebräisch und Jüdisch-aramäisch im neuen Köhler-Baumgartner, in: Hebräische Wortforschung (FS W. Baumgartner; VT.S XVI), Leiden 1967, 158-175
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- Willi, Th., Juda – Jehud – Israel: Studien zum Selbstverständnis des Judentums in persischer Zeit (FAT 12), Tübingen 1995
- Willi, Th., 1.Chronik (BK.AT XXIV/1), Neukirchen-Vluyn 2009
Abbildungsverzeichnis
- Das Gebiet Efrata im Norden Judas, umrissen durch die Orte Kirjat Jearim, Bethlehem und Chirbet Ǧedūr. Der Ort Efrata in Benjamin ist vielleicht mit Chirbet ‛Ēn Fāra zu identifizieren. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Rahels Grab und die Gräber der Söhne Israels in Benjamin. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
- Rahels Grab bei Bethlehem (Kupferstich; 19. Jh.). Aus: C. Ninck, Auf biblischen Pfaden – Reisebilder aus Ägypten, Palästina, Syrien, Kleinasien, Griechenland und der Türkei, 5. Aufl. 1897, 184
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