Deutsche Bibelgesellschaft

Ehe (AT)

(erstellt: November 2010)

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Frau; → Mann; → Eltern; → Familie; → Verwandtschaft; → Sexualität

1. Ehe

1.1. Definition und Terminologie

1. Die Ehe ist eine auf Dauer angelegte Bindung eines Mannes und einer Frau. Den daraus resultierenden interfamiliären Bindungen kam in der Antike eine große Wichtigkeit zu, sodass die Ehe auch als „relationship contracted between families“ bezeichnet wurde (Hanson 1989). Gesellschaftliche Konventionen sowie rechtliche Bestimmungen regeln den Beginn (Heirat / Hochzeit) und das Ende (Scheidung) einer Ehe ebenso wie die rechtlichen, finanziellen und sozialen Konsequenzen. Die Ehe ist zunächst ein privatrechtlicher Vertrag, der einen neuen Status, im Alten Orient speziell für die Frau, zur Folge hat; er kann mündlich oder schriftlich in Vertragsform (Ehevertrag) festgehalten werden. Bestimmte Aspekte der Ehe werden durch staatliches Recht geregelt; die Verletzung der Ehe (Ehebruch) kann als Verstoß gegen die gesellschaftliche und / oder religiöse Ordnung gewertet werden (Rothenbusch 2003; Westbrook 1990).

Die Ehe ist nach dem Alten Testament patriarchal: Der Ehemann ist Vorsteher der Familie, die familiäre Einheit wird entsprechend als „Vaterhaus“ (בֵּית אָב bêt ’āv) bezeichnet. Die Frau wechselt in die Familie des Mannes, die Ehe ist also patrilokal. Sie ist ferner patrilinear: Die Kinder aus einer Ehe werden als Nachkommen des Vaters gerechnet (vgl. die Filiationsangabe bei Personennamen: „x Sohn des y“). Die Ehe ist für die Frau exklusiv, der Mann kann weitere Ehefrauen haben, die Ehe ist also polygyn.

2. Das Hebräische kennt keinen Abstraktbegriff für „Ehe“. Der Ehemann wird als בַּעַל ba‘al „Herr“ bezeichnet, die verheiratete Frau als בְּעֻלָה bə‘ûlāh bzw. בְּעֻלַת בַּעַל bə‘ûlat ba‘al „(vom Herrn) Besessene / Beherrschte“. Daneben finden auch die neutralen Termini אִישׁ ’îš „Mann“ bzw. אִשָּׁה ’iššāh „Frau“ Verwendung (auch in Wendungen wie „ihr Mann“, „seine Frau“). Die Eheschließung ist durch eine spezifische Terminologie geprägt (s. ‎1.3.1.).

In den Kontext der Ehe gehört auch die von der Wurzel חתן ḤTN abgeleitete Begrifflichkeit von Schwiegervater und Schwiegermutter bzw. Schwiegersohn (חֹתֵן ḥoten, חֹתֶנֶת ḥotænæt, חָתָן ḥātān), sowie das Verbum חתן ḤTN, das als „sich verschwägern“ oder „jemandes Schwiegersohn werden“ übersetzt wird.

1.2. Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen der Ehe beruhen auf Gewohnheitsrecht, den Bräuchen der Sippen sowie kodifiziertem Recht. Im Großen und Ganzen entspricht das alttestamentliche Eherecht den Regelungen, wie sie in den altorientalischen Rechtssammlungen zu finden sind. Das kodifizierte Recht des Alten Testaments (→ Dekalog Ex 20 / Dtn 5, → Bundesbuch Ex 21-23, deuteronomische Gesetze Dtn 12-26 [→ Deuteronomium], → Heiligkeitsgesetz Lev 17-26 sowie verschiedene Einzelregelungen) behandelt nur Teilbereiche des Eherechts, das nicht systematisch entwickelt wird. Inwieweit die hier vorfindlichen Regelungen der tatsächlichen Praxis entsprachen, ist schwierig zu beurteilen. Vieles erfahren wir aus der erzählenden Literatur, hier ist jedoch damit zu rechnen, dass fiktionale Elemente aufgenommen wurden. Als Primärquellen sind Eheverträge aus → Elephantine in Ägypten (5. Jh. v. Chr.) sowie aus dem Wādī Murabba‘āt [Wadi Murabbaat] und dem Babatha-Archiv aus dem Nahal Hever (2. Jh. n. Chr.; ein Beispiel s. auf K.C. Hanson’s Homepage) bekannt; sie spiegeln möglicherweise eine andere Situation als in Israel / Juda in alttestamentlicher Zeit.

1.3. Heirat / Hochzeit

Es war üblich, dass die Ehen schon im Kindesalter durch die Vorstände der Familien (in der Regel die Väter des künftigen Bräutigams sowie der künftigen Braut) arrangiert wurden (negativ formuliert das Dtn 7,3). Gegebenenfalls geschah dies auch zu einem späteren Zeitpunkt unter Mitsprache der Betroffenen. Der Heiratsantrag konnte auch durch den Bräutigam oder dessen Repräsentanten an den Vater der künftigen Braut gestellt werden (Gen 24,33ff; Gen 28,2; 2Sam 13,13f.). Auch in den erhaltenen Eheverträgen aus Elephantine in Ägypten ist dies belegt; selbst wenn die Tochter bereits verwitwet und rechtlich eigentlich selbstständig ist, muss der Vater dem Heiratsantrag zustimmen (vgl. TAD B 3.3,3; B 3.8,3-4; B 2.6).

Liebe war keine notwendige Voraussetzung für die Ehe; sie konnte Ausgangspunkt für eine Brautwerbung sein, die Entscheidung des Brautvaters beeinflussen oder sich erst in der Ehe entwickeln (Gen 24,67; Ri 16,4; 1Sam 18,20; Est 2,17; Pred 9,9; Hhld).

Die Ehe wird in zwei Schritten geschlossen: Im ersten Schritt wird das Brautgeld übergeben, in einem zweiten wird die Braut in das Haus des Bräutigams überführt, erst dann ist die Ehe vollgültig geschlossen.

1.3.1. Terminologie

Gemäß den rechtlichen Formulierungen sind bei der Eheschließung Männer die handelnden Subjekte: Der Mann heiratet, die Frau wird geheiratet. Die Formulierungen lauten im Einzelnen (Guenther 2005; Scharbert 1977):

● „zur Frau nehmen (לקח LQḤ)“: „A (Bräutigam) nimmt B (Braut) zur Frau“ bzw. „C (Vater des Bräutigams) nimmt B (Braut) für A (Bräutigam) zur Frau“

● „zur Frau geben (נתן NTN)“: „D (Vater der Braut) gibt B (Braut) dem A (Bräutigam) zur Frau“

● „Frau sein / werden (היה HJH)“: „B (Braut) ist / wird dem A (Bräutigam) Frau“

● „besitzen / beherrschen“: Der Mann „besitzt“ oder „beherrscht“ (בעל BL Qal) die Frau, diese „wird besessen“ oder auch „begattet“ (בעל BL Nif.); בעל B‘L wird auch neutral mit „heiraten“ übersetzt, trägt aber immer die Konnotation der Überordnung des Mannes über die Frau.

● „erwerben“: Nach Rut 4,10 wird → Rut „als Frau erworben“ (לי לאשׁה קנה QNH lî lə’iššāh), das Verbum steht jedoch mehrfach (Rut 4,4.5.8.9), sodass es sich nicht unbedingt um spezifische Eheterminologie handeln muss. In Ex 22,15 wird das Verb מהר MHR gelegentlich mit „erwerben“ übersetzt, es bezeichnet genauer die Entrichtung des Brautgeldes (Mohar), s. ‎1.3.3.

In den Verträgen aus Elephantine bestätigt der Mann den Status der Verheiratung durch die Formulierung „sie ist meine Frau, und ich bin ihr Mann, von diesem Tag für immer“ (TAD B 2.6,4; 3.3,4; 3.8,4; vgl. Nutkowicz 2008).

1.3.2. Ehevertrag (Ketubba)

Der Ehevertrag wird von den Familien der Brautleute ausgehandelt bzw. zwischen dem Bräutigam und dem Vater der Braut und kann schriftlich abgefasst werden. Er heißt daher später einfach Ketubba, „Schriftstück“, so etwa auch schon im Vertrag der Babatha (Pap. Yadin 10 Z. 5, Yadin u.a. 1994, Friedman 1996). Im Alten Testament wird nur in Tob 7,14 (Lutherbibel: Tob 7,16) von einem schriftlichen Vertrag berichtet. Im Ehevertrag wird festgehalten, was die Braut an Mitgift und eigenem Vermögen in die Ehe mit einbringt, wie hoch das vom Bräutigam bzw. seiner Familie zu entrichtende Brautgeld (Mohar) ist, um dann bestimmen zu können, wie damit im Todesfall bzw. bei Scheidung zu verfahren ist. Der Vertrag dient dabei vor allem der Rechtssicherheit der Frau, damit sie im Falle der Scheidung nicht mittellos dasteht und damit bei Nachkommen des Mannes mit mehreren Frauen ihr persönliches Vermögen nur an ihre eigenen Kinder vererbt wird. Weitere Pflichten des Mannes werden geregelt, beispielsweise die Frau zu versorgen oder sie auszulösen, falls sie gefangen gesetzt wird (Pap. Yadin 10 Z.10f.). Eine wohlhabende und einflussreiche Familie konnte offensichtlich auch durchsetzen, dass der Bräutigam keine weiteren Ehen eingehen durfte, um so etwaige Besitzansprüche anderer Erben abwehren zu können (belegt in Elephantine: TAD B 2.5; 2.6).

1.3.3. Brautgeld (Mohar)

Das Brautgeld – auch: Brautgabe / Brautpreis / Heiratsgeld / Morgengabe, hebräisch מֹהַר mohar – ist eine Leistung des Bräutigams bzw. seiner Familie an die Familie der Braut.

Die Etymologie von מֹהַר mohar ist unklar; ohne erkennbare Differenzierung wird der Terminus in Gen 34,12 neben dem allgemeinen „Geschenk / Gabe“ (מַתָּן mattān) verwendet.

Der Vater der Braut verlangt die Entrichtung des Mohar (Gen 34,12; 1Sam 18,25). Er kann aus Geld-, Sach- oder Dienstleistungen (z.B. Gen 29,15-30) bestehen. Für die Höhe des Mohar gab es offensichtlich allgemein akzeptierte Tarife, wobei eine Jungfrau einen höheren Preis erzielte: Nach Ex 22,15-16 musste ein Mann, der Verkehr mit einer nicht verheirateten Jungfrau hatte, den entsprechenden Preis dem Vater der Frau entrichten und sie so zur Frau nehmen. Auch in → Elephantine wird der Mohar dem Vater übergeben (TAD B 3.8; 2.6). Bei unvermögenden Familien konnte auf die Gabe des Mohar wohl verzichtet werden.

Der Ursprung der Brautgabe ist undeutlich, die Funktion wird unterschiedlich gedeutet: als Kaufpreis, als Versicherung für die Tochter, als Entschädigung für die Familie der Braut (Otto 1994).

Die Deutung als Kaufpreis und die Übersetzung als Brautpreis sind insofern irreführend, als die Ehe keine Kaufehe ist. Die Frau wird nicht gekauft. Wenn überhaupt etwas erworben wird, dann das Recht auf Heirat und die damit verbundenen Ansprüche (ius mariti, Levine 1999).

Dass die Frau nicht käuflich erworben wird, zeigt sich beispielsweise daran, dass nach dem Alten Testament etwa Eltern ihre Kinder in die Schuldsklaverei verkaufen konnten (z.B. 2Kön 4,1; Neh 5,2), nicht aber ein Mann seine Frau (nach dem Codex → Hammurabi war ihm dies allerdings möglich: CH § 117; Texte aus Mesopotamien). Die Frau wird daher nicht im strengen Sinn zum Eigentum des Mannes, sie wird ihm aber doch zugerechnet, wie dies in den Begehrensverboten des Dekalogs deutlich wird (Ex 20,17; Dtn 5,21). Vergewaltigung und Ehebruch galten als Eingriff in die Rechte des Ehemannes.

Nach Otto 1994 ist der Ursprung des Brautgeldes „in der Funktionssicherung exogamer Heiratsordnung“ zu suchen: Statt der Familie der Braut als Tausch auch eine Braut zur Verfügung zu stellen, wird ihr das Brautgeld übergeben. Damit konnte die Familie der Braut nun für einen ihrer männlichen Nachkommen bei einer anderen Familie eine Braut werben. Der Brautpreis stellt somit „ein Äquivalent für den gestreckten Tausch von Person gegen Person“ dar. Der Mohar hat zudem eine rechtssymbolische Funktion, die darin besteht, die inchoativ verheiratete Frau (s.u.) vor dem Zugriff durch einen anderen Mann zu schützen.

Nach altorientalischem Recht (z.B. Codex → Hammurabi § 136; 163; 164) kann das Brautgeld zur Versorgung der Ehefrau und ihrer Kinder verwendet werden. Ob es ähnliche Regelungen bei Verwitwung oder Scheidung im alten Israel gegeben hat, geht aus den Texten des Alten Testaments nicht hervor. Lediglich die polemische Äußerung in Gen 31,15 (rev. Luther-Übersetzung 1984: „denn er hat uns verkauft und unseren Kaufpreis [wörtl. Silber] verzehrt“) könnte darauf hindeuten, dass der Mohar (hier die Arbeitsleistung Jakobs) den Töchtern zugestanden hätte.

1.3.4. Mitgift

Die Mitgift ist eine Leistung von Seiten der Familie der Braut, genauer des Brautvaters; die Höhe der Mitgift hängt vom Vermögen des Vaters ab (vgl. z.B. Jos 15,19; Ri 1,15; 1Kön 9,16; Gen 29,24.29). Der rechtliche Charakter und die Bedeutung bleiben im Alten Testament undeutlich; eine einheitliche Terminologie fehlt. In → Elephantine besteht die Mitgift aus Geld und verschiedenen Waren sowie Naturalien. Die Mitgift ist kein Geschenk an den Ehemann, stand diesem aber wohl als Nießbrauch zu. Im Falle der Trennung musste sie der Frau wieder übereignet werden. Die Mitgift einer Frau wurde nur ihren leiblichen Kindern vererbt, wie altorientalische Rechtstexte zeigen (Fleishman 2004).

1.3.5. Inchoativ-Ehe („Verlobung“)

Nach der Wahl der Ehepartner meist durch die Väter des Ehepaares wird der Ehevertrag ausgehandelt und das Brautgeld (Mohar) übergeben. Der deutsche Terminus „Verlobung“ wird hierfür oft verwendet, entspricht aber nicht den rechtlichen Folgen, denn die ehelichen Pflichten beginnen bereits: Hat die Braut nun Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann, so gilt dies als Ehebruch (Dtn 22,23ff.). Die Ehe hat also bereits anfanghaft begonnen, der Ehemann muss die Frau nur noch zu sich ins Haus holen (vgl. Dtn 20,7). Man spricht deswegen von Ehe im ersten Stadium oder Inchoativ-Ehe [Inkohativ-Ehe]. Die Braut, die noch im Haus des Vaters lebt, untersteht nun sowohl der Verfügungsgewalt des Vaters wie ihres Mannes. Die Ehe ist erst vollgültig, wenn die Braut vom Bräutigam in dessen Haus geholt wird, also aus der Gewalt ihres Vaters in die des Ehemannes wechselt.

Die Frau wird als „einem Mann verlobt (inchoativ verheiratet)“ (מְאֹרָשָׂה לְאִישׁ mə’orāśāh lə’îš) bezeichnet, der Mann hat „(sich) eine Frau verlobt / inchoativ geheiratet“ (ארשׂ אִשָׁה ’RŚ ’iššāh).

Nach altorientalischem Recht konnte die inchoative Ehe durch den Brautvater aufgelöst werden, der Brautpreis musste dann doppelt zurückerstattet werden. Diese Auflösung wurde nicht als Scheidung im engeren Sinn aufgefasst (Rothenbusch 2003).

1.3.6. Brautführer

Ein Brautführer (auch: Paranymph) findet sich im Alten Testament nur in Ri 14-15. Die Erzählung setzt aus dem Alten Orient bekannte Bräuche voraus: Der Brautführer ist als „Freund“ des Bräutigams verpflichtet, in dessen Namen im Haus des Brautvaters während der Zeit der inchoativen, noch nicht vollständig vollzogenen Ehe zu handeln und darf seine Vertrauensstellung nicht missbrauchen. Ihm die Braut zu geben wäre gänzlich unmöglich gewesen. „Der Erzähler, Simson und die Philister sehen somit gemäß Codex Lipiteschtar § 29 und Codex → Hammurabi § 161 das zur Rache berechtigende Vergehen des Brautvaters nicht darin, daß er seine Tochter an einen beliebigen anderen Mann, sondern daß er sie an den Brautführer Simsons verheiratet hat.“ (Groß 2009; vgl. Westbrook u.a. 2009).

1.3.7. Hochzeitsfest

Das Alte Testament berichtet mehrfach davon, dass die Hochzeit feierlich begangen wurde. Dauer und Umfang der Feier richteten sich sicherlich auch nach den finanziellen Möglichkeiten der Familien, mehrfach wird von sieben- oder gar vierzehntägigen Feiern gesprochen, was aber auch auf literarische Gestaltung zurückgehen mag: Gen 29,22.27f. (Festmahl und Brautwoche), Ri 14,12.17 (sieben Tage bei den Brauteltern); Tob 8,19 (vierzehn Tage bei den Brauteltern [Lutherbibel: Tob 8,22]), Est 2,18 (Königshof). Nur in Hhld 3,11 wird das Hochzeitsfest als חֲתֻנָּה ḥǎtunnāh bezeichnet.

1.4. Recht der Frau auf Geschlechtsverkehr

Wenn es auch Hauptzweck der Ehe ist, den Fortbestand der Familie des Mannes durch (männliche) Nachkommen zu sichern, so hat doch jede Frau in einer potentiell polygynen Ehe ein Interesse an eigenen Nachkommen. Die Beziehung zu diesen war exklusiv, während der Mann noch andere Frauen und Kinder haben konnte. Die Kinder und speziell Söhne waren für die Versorgung der Frau etwa im Falle der Verwitwung wichtig. Nach Ex 21,10 darf daher eine Frau (hier: Schuldsklavin / Nebenfrau) hinsichtlich des Geschlechtsverkehrs nicht benachteiligt werden. Das Recht auf ehelichen Verkehr wird somit als individuelles Recht der Frau gesehen. In ähnlicher Weise sieht das deuteronomische Gesetz in Dtn 24,5 vor, dass ein Neuvermählter ein Jahr lang nicht in den Krieg ziehen muss, sondern seine Frau erfreuen darf (vgl. Dtn 20,7). Dass der Mann nicht ausreichend Möglichkeiten sich fortzupflanzen hätte, liegt außerhalb des Blickfeldes alttestamentlicher Texte. Die verheiratete Frau ist allein von ihrem Mann abhängig und auf ihn angewiesen, Ansehen erlangt sie nur als Mutter.

1.5. Jungfräulichkeit und Ehehindernisse

Die Braut war bei der Hochzeit im Idealfall Jungfrau. Der Brautvater erzielte so einen höheren Brautpreis; er hatte daher auf die Tochter zu achten (vgl. Dtn 22,21; Lev 19,29; Lev 21,9; Sir 42,9-11; Zimmermann 2003). Für die Familie des Bräutigams war so sichergestellt, dass die Kinder der Braut nicht von einem anderen stammten.

Die Frau hatte das Recht auf ihren guten Ruf. Nach Dtn 22,13-21 konnte ein Ehemann eine Frau verstoßen, wenn er feststellte, dass sie bei der Hochzeit keine Jungfrau mehr war. Stellte sich der Vorwurf als falsch heraus (Beweis mit Hilfe des Bettlakens), so wurde dem Mann eine hohe Geldbuße auferlegt und er verlor das Recht, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Diese blieb dadurch dauerhaft versorgt.

Für den normalen Israeliten stellte es kein Ehehindernis dar, wenn die Braut keine Jungfrau mehr war. Er konnte auch eine Witwe oder eine Prostituierte heiraten (Ri 11,1). Der Hohepriester durfte allerdings nur eine Jungfrau aus seinem eigenen Stamm heiraten (Lev 21,13-15), was mit (kultischen) Reinheitsvorstellungen (→ Reinheit) begründet wird; die Priester wurden demnach vor allem durch weibliches Fehlverhalten in der Ausübung ihres Kultes bedroht (Gerstenberger 1993).

Nach Dtn 23,1 durfte ein Mann nicht eine Frau seines Vaters heiraten (→ Blutschande). Das Verbot hat einen polygynen Familienverband im Blick, die eigene Mutter zu ehelichen war ohnehin tabu. Möglicherweise konnte der Nachfolger auf dem Königsthron den Harem des Vaters als Teil der königlichen Autorität mit übernehmen (2Sam 12,8.11; 2Sam 16,20-22; vgl. 1Kön 2,13-25) – die Königinmutter nahm sowieso eine Ehrenstellung am Hofe ein. Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass hier Fälle von Usurpation bzw. gezielter Provokation vorliegen.

Nach Lev 18,18 war es einem Mann nicht erlaubt, eine Frau und zugleich ihre Schwester als Nebenfrau zu heiraten. Grundsätzlich war dem Mann der Sexualverkehr mit den nahen weiblichen Verwandten wie (Halb-)Schwestern, Tanten, Enkelinnen sowie Schwägerinnen und Schwiegertöchtern versagt, damit auch die Ehe mit ihnen (Lev 18; Lev 20; Halbe 1980, McClenney-Sadler 2007).

Ein Mann konnte seine von ihm geschiedene ehemalige Frau nicht wieder heiraten, wenn diese zwischenzeitlich mit einem anderen Mann verheiratet war (Dtn 24,1-4). Nach Spr 30,23 ist die Wiederheirat einer Geschiedenen grundsätzlich etwas Anstößiges.

Ehen mit Angehörigen fremder Völker, sog. Mischehen, werden erst in exilischer bzw. nachexilischer Zeit als Problem angesehen.

1.6. Polygamie / Polygynie

Von Polygamie (Vielehe) spricht man, wenn die Ehe nicht exklusiv ist, wenn eheliche Verbindungen also zur gleichen Zeit mit mehreren Partnern eingegangen werden konnten, andernfalls von Monogamie (Einehe). Wenn der Mann mehrere Frauen ehelichen konnte, so wird das als Polygynie (despektierlich: Vielweiberei) bezeichnet, der umgekehrte Fall als Polyandrie.

Im Alten Orient war es erlaubt und akzeptabel, dass ein verheirateter Mann eine weitere Frau oder Nebenfrau hatte, vorausgesetzt, er konnte sie alle unterhalten. Es waren also vor allem die begüterten Israeliten, die mehrere Frauen hatten. Der Großteil der Bevölkerung dürfte praktisch monogam gewesen sein (Levine 1999). Polygynie sicherte vor allem im Falle der Unfruchtbarkeit der (ersten) Frau den Fortbestand der Familie effektiv (vgl. Gen 16; 30; Plautz 1963).

Ob sich aus Belegen wie Gen 2,24; Spr 5,15ff.; Spr 12,4; Spr 18,22; Pred 9,9; Mal 2,14 u.ä. ablesen lässt, dass Monogamie das Ideal war, erscheint fragwürdig, da in mythischen Begründungen und in Spruchweisheit immer die Lebensform schlechthin in den Blick gerät, die typische Verbindung von Mann und Frau. Hierbei ist die gesellschaftliche Realisierung und Einschränkung von Polygynie etc. nicht relevant.

Das Alte Testament berichtet vor allem zur Zeit der → Erzväter von polygynen Beziehungen (Gen 22,20-24; Gen 25,6; Gen 29,21-30; Gen 36,2-3.12). In den meisten Fällen, in denen im Alten Testament von der Polygynie einfacher Israeliten die Rede ist, handelt es sich um Bigamie bzw. Bigynie, d.h. die Ehe mit zwei Frauen (vgl. z.B. 1Sam 1,2).

Die gesetzlichen Regelungen des Alten Testaments behandeln nur Sonderfälle. Sie zeigen damit zugleich an, dass Polygamie üblich war:

Dtn 21,15-17 regelt einen Sonderfall bei der Erbfolge: Das Recht des Erstgeborenen ist unbedingt zu respektieren, auch wenn der erstgeborene Sohn von der weniger geliebten Frau stammt.

Ex 21,7-11 behandelt den Fall einer Schuldsklavin, die ein Israelit sich zur Frau genommen hat. Wenn er sich eine weitere Frau nimmt, so darf er die erste weder hinsichtlich Nahrung noch Kleidung noch Geschlechtsverkehr benachteiligen. Dies gilt sicherlich auch für die Gleichbehandlung von freien Hauptfrauen. Möglicherweise stehen der Schuldsklavin diese Rechte nur als erster Frau in einer polygynen Ehe zu (Friedl 2000).

In Elephantine wurde im Ehevertrag der Miptahja (TAD B 2.6) eigens geregelt, dass ihr Mann keine andere Frau heiraten durfte. Für diesen Fall wurde sogar eine Strafe festgelegt. Hiermit sollte vor allem vermieden werden, dass andere Kinder das Erbe beanspruchen konnten.

1.7. Hauptfrau und Nebenfrau

Nebenfrau (veraltet und abwertend auch: Konkubine, Kebsweib) bezeichnet die Ehefrau, die weniger Rechte und einen niedrigeren Status als die Hauptfrau hat, aber einen höheren Status als eine Sklavin (→ Sklaverei). Der Terminus im Hebräischen ist פִּלֶגֶשׁ pilægæš; der Ursprung dieser Bezeichnung ist unbekannt, es gibt keine verwandten semitischen Wörter. Eine ähnliche Bedeutung haben bisweilen שִׁפְחָה šifḥāh und אָמָה ’āmāh, die aber einen breiteren Bedeutungsraum haben und auch eine Sklavin bezeichnen können (Baker 2007).

Die Nebenfrau ist auch abgesetzt von einer Geliebten oder Mätresse sowie von einer Prostituierten, weswegen ihre Stellung zumindest teilweise rechtlich geregelt wird. Sie galt wohl im Unterschied zu den Sklavinnen als Freie. Ihr Rechtsstatus wird in den Gesetzen allerdings nicht deutlich; ob sie wie die Hauptfrau Anspruch auf einen Scheidebrief (siehe unten: ‎2.) hatte, ist unklar. Nach der späteren talmudischen Differenzierung (→ Talmud) hatte eine Hauptfrau eine Ketubba (Ehevertrag), eine Nebenfrau nicht (Jerusalemer Talmud, Traktat Ketubbot 5,2,29d), was deren schlechtere Rechtsposition verdeutlicht.

Ex 21,7-11 schließt sich an die allgemeine Regelung für die Schuldsklaverei an und behandelt den Fall einer אָמָה ’āmāh, einer „geheirateten Schuldsklavin“ (Friedl 2000; Arneth [2004] spricht hier von „‚purchase’ marriage“; Guenther 2005). Die sexuelle Beziehung des Sklavenbesitzers zur Sklavin begründet einen gewissen Rechtsanspruch, der als eheliches Verhältnis verstanden werden kann. So hat sie Anspruch auf Nahrung, Kleidung sowie עֹנָה ‘ōnāh „ehelichen Verkehr“ (Baker 2007; Levine 1999). Verliert der Besitzer den Gefallen an ihr, darf er sie nicht weiterverkaufen, sondern sie kann durch ihre eigene Familie ausgelöst werden. War sie für den Sohn des Besitzers bestimmt, ist der Herr ihr gegenüber in der Pflicht und muss sie wohl adoptieren (Ex 21,9, Arneth 2004). Dass die Sklavin das Recht hat, ihren Herrn zu verlassen, wenn ihr Nahrung, Kleidung oder Geschlechtsverkehr vorenthalten werden, wird bisweilen als Recht der Frau auf Scheidung interpretiert (Friedl 2000; Tosato 2001). Das hier gebrauchte Verb יצא JṢ’ Qal „ausziehen“ wird im Rahmen der Scheidung auch in Dtn 24,2 verwendet, kann aber auch im Kontext des voranstehenden Sklavenrechtes verstanden werden (vgl. Ex 21,2; vgl. Arneth 2004). Die Eheterminologie ist in Ex 21,7-11 undeutlich.

Die → Erzelternerzählungen beinhalten die Vorstellung, dass eine unfruchtbare Ehefrau ihre Sklavin dem Mann überlassen kann, damit diese anstelle der Frau Kinder bekommt, die dann auch als Kinder der Ehefrau gelten (→ Sara / → Hagar, Gen 16; → Rahel / → Bilha sowie → Lea / → Silpa, Gen 30). Diese Vorstellung ist im Alten Orient nicht ohne Parallele (Otto 1994). Die Sklavin fungiert quasi als Leihmutter; sie wird zugleich Nebenfrau des Ehemannes.

Ri 19 zeigt, dass auch eine freie Tochter eines israelitischen Vollbürgers als Nebenfrau (פִּלֶגֶשׁ pilægæš) geheiratet werden konnte. Da ihr Mann nach der Erzählung keine Besitzansprüche geltend macht, war sie offensichtlich nicht seine Schuldsklavin.

1.8. Endogamie / Mischehen

Von Endogamie im engeren Sinne spricht man, wenn der Ehepartner aus der Großfamilie (Sippe) stammt, im weiteren Sinne, wenn er aus demselben Volk stammt, das dabei ebenfalls als verwandtschaftlicher Verbund verstanden wird. Die Überschreitung dieser Grenzen wird als Exogamie bezeichnet. Der Begriff „Mischehe“ (auch Konnubium, engl. intermarriage) wird für Ehen zwischen Israeliten und Angehörigen fremder Völker verwendet.

Die Einstellung alttestamentlicher Texte gegenüber Mischehen ist nicht einheitlich:

Priesterschriftliche wie nicht-priesterschriftliche Passagen des Pentateuch betonen die endogamen Ehen der Erzeltern (→ Abraham: Gen 11,29; Gen 20,12; → Isaak: Gen 24; → Jakob: Gen 28f.). Besonders in der Situation der → Diaspora ist Endogamie wichtig, so ist sie durchgängiges Thema des → Tobitbuches (Hieke 2005). Das Buch orientiert sich in seiner Vorstellung dabei an den Erzelternerzählungen. Die Endogamie wird hier eng gefasst: Nicht nur innerhalb des Volkes, sondern einer Familie soll geheiratet werden (Tob 1,9; Tob 3,15; Tob 4,12-13; Tob 6,12-13.16; Tob 7,10-11 [z.T. nicht in Lutherbibel]). Dadurch wird gewährleistet, dass das Vermögen in der Familie bleibt und – was noch wichtiger ist – die jüdische Identität in der Diaspora bewahrt wird.

Verschiedene weitere Erzählungen lassen keine Vorbehalte gegenüber Mischehen erkennen (→ Esau und eine kanaanitische und zwei hethitische Frauen, Gen 26,34; Gen 28,6-9; → Juda mit einer Kanaaniterin Gen 38,2; → Josef mit einer Ägypterin Gen 41,45; → Mose mit einer → Midianiterin Ex 2,21; → Simson mit einer → Philisterin Ri 14; Ri 16,4-22; → David 2Sam 3,3; → Salomo 1Kön 3,1; 1Kön 11,1; 1Kön 14,21; → Ahab mit einer Phönizierin 1Kön 16,31).

Spätere Texte kritisieren solche Ehen scharf und zeigen eine veränderte Einstellung (Num 12,1; 1Kön 11,1-13; 1Kön 16,31-33). Die deuteronomistischen Polemiken (→ Deuteronomismus) gegen die Ehen von Salomo (1Kön 11,1-13) oder Ahab (1Kön 16,31-33) sind paradigmatisch: Israeliten folgen fremden Göttern, weil sie mit fremden Frauen verheiratet sind. Mischehen gefährden deshalb die exklusive Verehrung von JHWH und schwächen so die jüdische Identität; daher darf kein Bündnis mit fremden Völkern eingegangen werden (vgl. Ex 34,14-16; Dtn 7,1-5; Jos 23,12-13; Ri 3,5-7). Der Fokus der Texte liegt dabei überwiegend auf der Verbindung eines israelitischen Mannes mit ausländischen Frauen; nach Dtn 7,3 dürfen zwar auch die israelitischen Töchter nicht in die Fremde verheiratet werden, die Befürchtung, dass aus der Ehe eine Abkehr von JHWH und daraus rasche Vernichtung resultiert, wird jedoch nur in Bezug auf den Sohn formuliert (Dtn 7,4). Die Verschwägerung (חתן ḤTN) mit den Nachbarvölkern hat auch zur Folge, dass Israel letztlich in diesen anderen Völkern aufgeht und aus dem Land verschwindet (Jos 23,12-13).

Die → Chronikbücher zeigen sich Mischehen gegenüber nicht so kritisch wie ihre Vorlage (→ Samuelbücher und → Königsbücher), Mischehen werden teilweise anerkannt (1Chr 2,3; 1Chr 2,17; 1Chr 2,34-35; 1Chr 3,1-2; 1Chr 4,22; Knoppers 2001).

Frühjüdische Texte aus hellenistischer Zeit betonen allerdings wieder die Endogamie und zeigen starke Vorbehalte gegenüber Mischehen; die eigene religiöse Identität soll vor der Hellenisierung geschützt werden (z.B. im → Genesis-Apokryphon oder im Buch der Wächter [→ Henoch / Henochliteratur]; Lange 2008/2010). Besonders radikal fordert das → Jubiläenbuch die Trennung von anderen Völkern (Frevel 2010).

Der kleine Umfang des persischen Jehud sowie die Besiedlungspolitik der → Perser machten die Mischehen zu einem zentralen Problem des nachexilischen Judentums. Nach Esr 9,1 waren Israeliten mit Frauen von acht Völkern verheiratet, die in Esr 10 als „fremd“ bezeichnet werden. Diese Ehen sollten geschieden und die Frauen weggeschickt werden (Esr 9-10; Neh 13,23-27). Die Männer mit fremden Frauen werden für die schlechte Lage in Jehud verantwortlich gemacht (Janzen 2002). Nur hier, Esr 9-10, wird von der erzwungenen Scheidung der Mischehen gesprochen; es könnte ein historischer Kern vorliegen (Lange 2008).

Die perserzeitliche Ablehnung der Mischehen gründet auf einem kultischen Verständnis jüdischer Identität. Endogame Ehe-Vorstellungen, die ursprünglich für den Hohenpriester bzw. die Priester im Allgemeinen entwickelt wurden (Lev 21,6-9.13-15; Ez 44,17-27), wurden wohl bereits vor → Esra / Nehemia auf alle Angehörigen des JHWH-Volkes übertragen (Mal 2,11-12, eventuell im 5. Jh. v. Chr., vgl. Lange 2008, anders Bianchi 2005). Zudem wurde die Idee der Erwählung mit Hilfe biologischer Kategorien formuliert: Nach Esr 9,2 ist „heiliger Same“ mit den Völkern des Landes vermischt worden. Die negative Beurteilung der Mischehen beruhte daher auf der Angst vor Synkretismus und Abfall von JHWH. Dies wird ausgedrückt in Termini der Unreinheit und des Tabus (Esr 9,11-12: נִדָּה niddāh / טֻמְאָה tum’āh „Unreinheit“ und תּוֹעֵבָה tô‘evāh „Gräuel“; vgl. mit den Bündnisverboten Dtn 7,1-5; Ex 34,11-16). B. Becking vermutet, dass es in Esra / Nehemia gar nicht um die Ehen mit Frauen fremder Völker geht, sondern um innerjüdische Gruppierungen, die JHWH nicht in Jerusalem, sondern in Tempeln außerhalb der Provinz Jehud verehrten, weswegen Beziehungen zu ihnen unterbunden werden sollten (Becking 2008).

Das Buch → Rut vertritt in persischer Zeit die Gegenposition und zeichnet ein positives Bild der Mischehe: Mischehen verunreinigen nicht die jüdische Gemeinschaft und führen auch nicht zum Verlust der jüdischen Identität. Vielmehr wird Rut selbst, die nach dem Gesetz der → Leviratsehe handelt (Dtn 25,5-10), zum Rollenmodell einer jüdischen Frau. Rut als → Moabiterin folgt Noemi nach und integriert sich in ihre judäische Schwiegerfamilie (Rut 1,16f.), sie zeigt sich Israel und seinem Gott gegenüber loyal (Rut 3,10). Es wird dabei jedoch deutlich, dass Mischehen kein weitverbreitetes Phänomen waren (Lange 2008).

Das → Jubiläenbuch greift im 2. Jh. v. Chr. das Reinheits-Unreinheits-Paradigma auf und kombiniert es mit der Opposition „Same Israels“ – „Same der Heiden“ und kommt so zu einer „absoluten Ablehnung der Mischehen …, insofern jegliche sexuellen Kontakte mit Außenstehenden als verunreinigend angesehen und als der Heiligkeit und Reinheit des Volkes nicht angemessen ausgeschlossen werden.“ (Frevel 2010, 163). Dabei ist nach Jub 30,7 auch der Israelit des Todes schuldig, der seine Tochter oder Schwester mit einem Heiden verheiratet.

In → Elephantine waren Mischehen offensichtlich üblich, wie entsprechende Eheverträge zeigen. Zwischen endogamen und exogamen Ehen scheint dabei kein Unterschied bestanden zu haben (Nutkowicz 2008).

1.9. Leviratsehe

Die → Leviratsehe (Schwagerehe, vgl. Dtn 25,5-10) zeigt deutlich, dass Zweck der Ehe die Fortpflanzung und die Fortführung der Familie des Mannes waren.

1.10. Besuchsehe

Die Ehe von → Simson mit der Timniterin in Ri 14 wurde häufig unter Zuhilfenahme von entfernten Kategorien zu deuten versucht, z.B. als „erebu-Ehe“, bei der keine häusliche Gemeinschaft besteht oder bei der der Schwiegersohn vom Brautvater adoptiert wird, weil dieser keine eigenen männlichen Nachkommen hat (vgl. die Eheverträge von → Nuzi), bzw. als Besuchsehe (Zadiqa-Ehe), bei der die Frau in ihrem eigenen Haushalt bleibt und den Ehemann, der sie von Zeit zu Zeit besucht, zulässt oder abweist. Eine ähnliche Form ist die Erklärung mithilfe des sog. „besuchenden oder wiederkehrenden Ehemannes“ (arabisch: ǧoz mussariv / mitsarrev; Jaussen 1910; de Vaux 1958), der eine Witwe mit Kindern heiratet, die aber in ihrer Wohnung verbleibt und nicht in den Haushalt des Ehemannes übersiedelt. Die Erzählung Ri 14 kann jedoch besser unter patrilokalen Vorgaben auf dem Hintergrund der altorientalischen Regelungen verstanden werden, die herangezogenen Vergleiche sind daher nicht überzeugend (Groß 2009, vgl. ‎1.3.5).

Eine Form der Besuchsehe (Beena-Ehe oder Zadiqa-Ehe) wurde auch für 1Kön 3,16-28, Ri 16,1 und weitere Stellen angenommen; זֹנָה zonāh sei hier nicht wie üblich als „Hure“ zu übersetzen, sondern bezeichne die selbstständig lebende Frau in einer matrilinearen Familienform. Erst in der Königszeit hätte sich die patriarchale ba‘al-Ehe etabliert und in diesem Zuge זֹנָה zonāh die negative Bedeutung „Hure“ erhalten (Schulte 1992, Plautz 1962, → Hure / Hurerei).

1.11. Ehen von Sklaven

Auch → Sklaven konnten Ehen führen, waren darin jedoch von ihrem Herrn abhängig. Nach Ex 21,2-4 durfte ein Schuldsklave, der sich zusammen mit seiner Frau in die Schuldsklaverei verkauft hatte, diese auch wieder mitnehmen, wenn er nach sieben Jahren als freier Mann gehen konnte. Hatte sein Herr ihm während der Zeit seiner Schuldknechtschaft eine Frau gegeben, so verblieben die Frau und Kinder dann aber beim Herrn, wenn der Schuldsklave ging. In diesem Fall kann er sich auch für eine andauernde Sklavenschaft und damit den Verbleib bei Frau und Kindern entscheiden.

Dtn 21,10-14 behandelt die im Krieg gefangene Frau: Eine Kriegsgefangene war potentiell eine Sklavin, konnte jedoch auch zur Frau oder Nebenfrau genommen werden; wurde diese eheliche Beziehung beendet, so gewann die Frau ihre Freiheit, sie durfte nicht als Sklavin verkauft werden, weil der Mann eine intime Beziehung mit ihr hatte. Die Sklavin wurde durch die Heirat also wieder zu einer eigenen Rechtsperson.

1.12. Heirat nach Verführung bzw. Vergewaltigung

Nach Dtn 22,28-29 hatte ein Mann, der beim Geschlechtsverkehr mit einer nicht verlobten, jungfräulichen Frau ertappt wurde, dem Vater der Frau 50 Silberschekel als Brautpreis zu geben und damit die Frau zu heiraten. In diesem Fall durfte er sich künftig nicht von ihr scheiden lassen. Der Vater wird somit für den Verlust der Jungfräulichkeit der Tochter entschädigt, die Tochter kommt in den Stand der Ehefrau mit dem Privileg der Sicherheit vor Verstoßung (Gravett 2004). Als Entjungferte wäre es dem Vater möglicherweise schwer gefallen, für sie einen Ehemann zu finden. Auf ihren Willen oder ihre Gefühle wird keine Rücksicht genommen; das Gesetz formuliert nur aus Sicht des Mannes bzw. ihres Vaters.

1.13. Theologische Begründung und Wertschätzung der Ehe

Die sich ergänzende Partnerschaft der Geschlechter ist schöpfungstheologisch grundgelegt (Gen 1,27; Gen 2,18-24; vgl. Tob 8,6 [Lutherbibel: Tob 8,8]). Der Ursprung der sozialen Unterordnung der Frau unter den Mann liegt gemäß der Erzählung vom sog. → Sündenfall (Gen 3,16) nicht in der Schöpfungsordnung. Das Rechtsinstitut der Ehe wird im Alten Testament nicht eigens theologisch begründet. Die im Pentateuch gesammelten Gesetze gelten jedoch insgesamt als göttliches Recht, speziell der → Dekalog mit dem Ehebruchverbot (Ex 20,14; Dtn 5,18), und nach Mal 2,14-16 ist die Ehe ein vor JHWH geschlossener → Bund (בְּרִית bərît).

Religiöse Zeremonien im Rahmen der Hochzeit werden im Alten Testament nicht berichtet. Nur das → Tobitbuch kennt einen → Segen sowie → Gebete in Verbindung mit einer Dämonenaustreibung (Tob 7,13 [Lutherbibel: Tob 7,13-15]; Tob 8,2-8.15-17 [Lutherbibel: Tob 8,2-10.17-18]; Miller 2009; → Dämonen).

In der → Weisheitsliteratur wird die Ehe hoch geschätzt, zugleich der Ehebruch sowie der Umgang mit Prostituierten als schändlich und gegen Gott gerichtet abgelehnt (vgl. z.B. Pred 9,9; Spr 5,18-20; Spr 6,29; Sir 9,1-9 [Lutherbibel: Sir 9,1-11]; Sir 23,16-27 [Lutherbibel: Sir 23,21-37]). Speziell wird – aus der Perspektive des Mannes – die tüchtige und verständige Frau gelobt, sie wird als „von JHWH“ geschenkt beschrieben (Spr 18,22; Spr 19,14; Spr 31,10-31). Ihr gegenüber steht die zänkische Frau (Spr 19,13; Spr 21,9.19). Die Perspektive der Frau bleibt wiederum ausgeblendet.

2. Ehescheidung

Das Alte Testament kennt nur die Scheidung von Seiten des Mannes. Der Mann entlässt (שׁלח ŠLḤ) bzw. verstößt (גרשׁ GRŠ) seine Frau, die geschiedene Frau heißt „Verstoßene“ (גְרוּשָׁה gərûšāh). Einen Ausdruck für den Ehemann nach der Scheidung gibt es nicht.

Nach Dtn 24,1-4 konnte der Mann die Scheidung vollziehen, wenn die Frau ihm nicht mehr gefiel und er an ihr „etwas Anstößiges“ fand oder sie „hasste“ (שׂנא ŚN’). Die offene Formulierung „etwas Anstößiges“ lässt keinen spezifischen Grund erkennen, vermutlich ist ein nicht justiziabler Fall von Ehebruch darin mit eingeschlossen. „Hassen“ ist der Terminus technicus, der den Trennungswillen zum Ausdruck bringt; es muss nicht emotionell verstanden werden (Nutkowicz 2007). Der Mann musste der Frau einen Scheidebrief (oder Scheidungsurkunde: סֵפֶר כְּרִיתֻת sefær kərîtut) ausstellen, mit dem sie nachweisen konnte, dass sie nicht mehr verheiratet ist, damit sie eine neue Ehe eingehen konnte. Er schickte sie aus seinem Haus fort (שׁלח ŠLḤ), sie zog aus (יצא JṢ’). Der Auszug stellt das Gegenstück zur Heimholung der Braut dar. Die Kinder blieben in der Familie des Vaters, sodass die Frau nun wieder auf sich gestellt war.

Im Falle der Scheidung hatte die Frau Anspruch auf die Aushändigung des Brautpreises, der Mitgift sowie im Ehevertrag möglicherweise geregelter weiterer Schenkungen, die sie etwa im Todesfall des Mannes absichern sollten, sowie etwaigen weiteren finanziellen Leistungen, die speziell für die Scheidung vorgesehen waren (Locher 1986; Groß 1987; Westbrook 1988). Die Scheidung war für den Mann folglich finanziell riskant, speziell wenn die Frau aus einer Familie mit starker Rechtsposition kam.

Es ist fraglich, ob nach alttestamentlichen Vorstellungen auch die Frau die Scheidung initiieren konnte. Die Texte behandeln dies nicht explizit. Eventuell kann aus Ex 21,7-11 gefolgert werden, dass eine Frau sich scheiden lassen konnte, wenn ihr gewisse Rechte verweigert werden (vgl. oben ‎1.7.). Mit dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung konnte möglicherweise die Idee verbunden sein, dass die Ehe aufgelöst war und sich die Frau auch wieder verheiraten konnte (Ri 15,2; 1Sam 25,44).

Die Frau bleibt in gewissen Fällen vor der Scheidung geschützt: bei falscher Anschuldigung, bei der Heirat nicht mehr Jungfrau gewesen zu sein (Dtn 22,13-19), sowie bei Geschlechtsverkehr vor der Hochzeit (Dtn 22,28-29), etwa wenn mit der Heirat eine Vergewaltigung gutgemacht werden sollte.

Die geschiedene Frau durfte eine erneute Ehe eingehen, nur Priestern war es verboten, eine Geschiedene zu heiraten (Lev 21,4.7; vgl. Zipor 1987). Fand sie keinen Mann (vgl. die abschätzige Bemerkung Spr 30,23), konnte sie in das Haus ihres Vaters zurückkehren (vgl. Lev 22,13: hier die Tochter eines Priesters). Dtn 24,1-4 konstatiert die Endgültigkeit der Scheidung, wenn die Frau von einem anderen Mann geheiratet wurde.

In → Elephantine (vgl. Nutkowicz 2008; Holtz 2001) konnte die Scheidung von beiden Seiten initiiert werden, die Folgen einer Scheidung werden im Ehevertrag geregelt. Sie betreffen finanzielle, ökonomische und soziale Belange. Die Ehe konnte aufgrund subjektiver oder objektiver Gründe geschieden werden. Die Entscheidung für die Trennung musste vor einer Versammlung mit der Formulierung „Ich hasse meinen Mann N.N.“ bzw. „Ich hasse meine Frau N.N.“ oder ausführlicher: „Ich hasse meine Frau, sie ist nicht mehr länger meine Frau“, bzw.: „Ich hasse dich, ich bin nicht länger deine Frau“ zum Ausdruck gebracht werden. Wenn der Mann sich scheiden ließ, verlor er den Mohar („Brautgeld“), die Frau behielt diesen und bekam die Aussteuer zurück. Wenn die Frau die Trennung betrieb, musste sie eine gewisse Summe als Scheidungsgeld bezahlen (ksp śn’, wörtl.: „Hass-Geld“). Die finanziellen Angelegenheiten mussten geregelt werden und die Frau die gemeinsame Wohnung verlassen.

Die altorientalischen Gesetze regeln ebenfalls die Folgen der Scheidung (Otto 1994): Nach dem Codex Eschnunna (§ 59) erhält die Frau bei der Scheidung sogar den Besitz des Mannes, wenn Kinder aus der Ehe vorhanden sind; ihre Rechte und die der Kinder werden dadurch gesichert. Ob die Frau im Alten Orient ein Scheidungsrecht hatte, wie dies der Codex → Hammurabi nahelegt (CH § 142), wird diskutiert.

3. Ehebruch

3.1. Rechtsfall

Mit Ehebruch bezeichnet man die sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe. Dabei kommt es nicht auf eine „innere Treue“ an, sondern lediglich auf den Geschlechtsakt als solchen. Das Hebräische kennt ein eigenes Verb für „Ehebruch begehen“: נאף N’P. Im Alten Orient ist dabei die verheiratete Frau, die Verkehr mit einem anderen Mann hat, immer eine Ehebrecherin; sie bricht ihre eigene Ehe. Der Mann ist nur dann ein Ehebrecher, wenn er Verkehr mit einer verheirateten Frau hat; er bricht dann die Ehe des anderen Mannes. Kontakte des verheirateten Mannes mit Prostituierten oder anderen unverheirateten Frauen fallen demgegenüber nicht unter Ehebruch; sie beeinträchtigen nicht die Rechte der Ehefrau (in analoger Weise ist Subjekt der Eifersucht, קנא QN’ Pi., immer der Mann, die Frau Objekt; vgl. Num 5).

Auch der Verkehr mit einer inchoativ verheirateten (verlobten) Frau gilt als Ehebruch (Dtn 22,23), was altorientalischem Recht entspricht (Codex Eschnunna § 26; Codex → Hammurabi § 130). Eine Ausnahme ist allerdings in Lev 19,20-22 gegeben: Bei der einem anderen Mann als Nebenfrau zugesprochenen Sklavin greift das Gesetz über Ehebruch nicht, da sie weder durch Loskauf noch durch den Vollzug der Ehe mit einem freien Mann einen höheren Rechtsstatus erlangt hatte.

3.2. Rechtsfolgen

Ehebruch ist verboten und wird sanktioniert. Das Verbot sollte verhindern, dass die Nachkommen eines anderen Mannes in die Familie und damit auch in die Erblinie kommen. Dies konnte nur durch sexuelle Treue der Frau gewährleistet werden, da eine Bestimmung der Vaterschaft nicht möglich war.

Auf Ehebruch stand im Alten Testament die → Todesstrafe (Lev 20,10). Nach Dtn 22,22ff. sollen beide, Ehebrecher und Ehebrecherin, gesteinigt werden, wenn sie in flagranti delicto überrascht werden: Werden sie „in der Stadt“ ertappt, ohne dass die Frau geschrien hat, so gilt der Geschlechtsverkehr als einvernehmlich und beide sollen als Ehebrecher sterben. Werden sie „auf dem Feld“ angetroffen, so ist die Rechtsvermutung zu Gunsten der Frau; selbst wenn sie geschrien hätte, wäre niemand darauf aufmerksam geworden. Der Fall wird als Vergewaltigung angesehen (Gravett 2004), nur der Mann soll getötet werden.

Es ist fraglich, ob die Todesstrafe gemäß den alttestamentlichen Regelungen auch tatsächlich praktiziert wurde. Es gibt keine Erzählung über eine danach durchgeführte Steinigung. Erstes Hindernis dürfte gewesen sein, dass die beiden beim Ehebruch durch zwei → Zeugen hätten überrascht werden müssen; die Aussage eines einzelnen Zeugen hätte für eine Todesstrafe nicht ausgereicht (Zwei-Zeugen-Regel, vgl. Num 35,30; Dtn 17,6). Zum anderen deutet Spr 6,35 darauf hin, dass im Fall des Ehebruchs Ersatzleistungen, Sühnegeld, üblich gewesen sein dürften (in Num 35,31 ist Sühnegeld nur für Mord ausgeschlossen).

Im Verdachtsfall konnte ein Gottesurteil darüber eingeholt werden, ob eine Frau Ehebruch begangen hatte (sog. Eifersuchtsordal, Num 5,11-31). Dieses sollte verhindern, dass von der Ehebrecherin weiterhin Kinder geboren werden konnten (Num 5,28).

Die Regelungen im Alten Orient sind nicht so streng wie im Alten Testament. Zwar halten auch die altorientalischen Rechtssammlungen den Ehebruch für ein todeswürdiges Verbrechen, kennen aber auch ein Gnadenrecht des Ehemannes: Beide, die Frau wie der Beischläfer, werden im gleichen Maße bestraft (Codex → Hammurabi § 129; mittelassyrische Gesetze § 12-16; hethitische Gesetze § 197f.; vgl. Rothenbusch 2003).

4. Ehelosigkeit

Die Ehe war die Lebensform, die nach den gesellschaftlichen Maßstäben der damaligen Zeit für ein geglücktes Leben notwendig war. Sie allein versprach Nachkommen, die für den Fortbestand der Familie notwendig waren und die die Eltern im Alter versorgen konnten. Ehelosigkeit war demnach kein Ideal. Die ehelose, aber sexuell aktive Frau genoss kein gesellschaftliches Ansehen. Ein unverheirateter Mann wurde mit Argwohn betrachtet (Sir 36,29-31 [Lutherbibel: Sir 36,26-28]). Die Ehelosigkeit → Jeremias sollte ein Unheilszeichen sein (Jer 16,1-9). Die Frau war so sehr darauf ausgerichtet, Kinder zu gebären, dass Kinderlosigkeit als Schande angesehen wurde und in Notzeiten die Frauen sogar bereit waren, auf gewisse Rechte zu verzichten, nur um überhaupt geheiratet zu werden (Jes 4,1).

Eine zölibatäre Lebensform entwickelt sich erst unter dem Einfluss griechischer Askese-Ideale. Sie ist bei den → Essenern belegt und wird auch für die Gemeinderegel aus Qumran (1QS) diskutiert (Regev 2008).

5. Ehe als Bild des Verhältnisses von JHWH und Israel

Hos 1-3 verwendet „Ehe“ als Metapher, um das Verhältnis von JHWH und seinem Volk Israel zu beschreiben (vgl. ausführlich Kelle 2005; Stienstra 1993; zur Forschungsgeschichte Kelle 2009). Nach Wacker (1996) ist als Gegenüber des Eheherrn JHWH in Hos 1-3 „zunächst eine Stadt anzunehmen, deren Konturen verschoben werden auf Israel als Exodusgemeinschaft (2,16f), sodann aber noch einmal auf das ‚Land‘ als einer geradezu mythisch aufgeladenen Größe (1,2).“ (328). JHWH ist als Eheherr auch der Versorger Israels.

Die Liebe der Frau, d.h. Israels, gilt ihren „Liebhabern“, von denen sie mit Lebensmitteln versorgt werden will, während sie JHWH nicht als wahren Versorger anerkennt. In Umkehrung der Hochzeitsterminologie (Hos 2,4) kündigt JHWH daher wegen ihrer Hurerei (זנה ZNH) und ihres Ehebruchs (נאף N’P) die Verbindung auf und will sie öffentlich bloßstellen. Der Vorwurf des Ehebruchs zieht den Verlust der ehelichen Versorgung nach sich (Wacker 1996, 255ff.; Zvi 2004). „Hos 2:4 does not represent a divorce formula but a description of a situation in which the wife refuses to comply with the marital relationship, and this description again suggests that the primary image-base of Hosea’s metaphorical language is the actual practices of marriage and divorce in the ancient Near East.“ (Kelle 2005, 58). Die angedrohten Strafen bewegen sich im Rahmen der im Alten Orient üblichen Strafmöglichkeiten.

Unterschiedlich wird beurteilt, wer mit den „Liebhabern“ gemeint ist. Die Mehrzahl sieht in ihnen kultisch verehrte andere Götter, speziell Baal-Götter (vgl. Hos 2,15; Dearman 2001), oder eine Auseinandersetzung mit der Macht einer weiblichen Gottheit (Wacker 1996; Baumann 2000). Hierauf könnte das Bild der „Ehefrau“ deuten. Somit stünde die Kultthematik im Zentrum des Bildes.

Andere betonen den politischen Aspekt des Terminus „Liebe“ (אַהֲבָה ’āhǎvāh); die „Liebhaber“ wären dann politische Bündnispartner Israels (Keefe 2001, 125ff.; Yee 2001; Ackerman 2002; Kelle 2005, 119ff.; Day 2006). Demnach sei der Text primär mit Staatsangelegenheiten befasst, wobei die politischen Bündnisse möglicherweise die Verehrung anderer Götter nach sich ziehen.

Die Ehemetapher zur Beschreibung des Verhältnisses von JHWH und seinem Volk Israel wird in verschiedenen prophetischen Texten aufgenommen: Jer 2-3; Ez 16; Ez 23; Jes 62,4f.; nach Ez 23,1-4 sind die beiden Häuser Israels als die zwei Frauen JHWHs dargestellt. Als Bild für Fremdgötterkult wird „hinterherhuren“ in anderen Texten aufgegriffen: Ex 34,15f.; Dtn 31,16; Ri 2,17; Ri 8,33 (siehe ausführlicher: → Hure / Hurerei).

Siehe auch: → Heilige Hochzeit.

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