Elihu / Elihureden
(erstellt: Juli 2009)
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1. Der Name
Der männliche Personenname אליהוא (’ljhw’, in der masoretischen Vokalisation אֱלִיהוּא / אֱלִיהוּ ’ælîhû’ / ’ælîhû) ist ein Satzname, der aus den Elementen אֵל ’el „Gott“, verbunden mit dem Possessivsuffix der 1. Pers. Sing., und הוּא hû’ „er“ zusammengesetzt ist und „Mein Gott ist er“ bedeutet. Inschriftlich ist er auf einem hebräischen Ostrakon aus Arad aus dem 8. Jh. v. Chr. (Arad (8):69,4, vgl. HAE II/1, 59) nachgewiesen. In der Form hwil kommt er in Texten aus → Ugarit
Im Alten Testament tragen fünf verschiedene Figuren den Namen Elihu: 1. ein Gesprächspartner Hiobs (Hi 32,2
2. Elihu, ein Kritiker Hiobs
Elihu erscheint im → Hiobbuch
2.1. Die Herkunft Elihus
Elihu wird genealogisch als Sohn des Busiters Barachel (barakhel „Gott hat gesegnet“) aus der Sippe Ram (rām „Er ist erhaben“) vorgestellt.
Der im Alten Testament nur in Hi 32,2
Bus (bûz) erscheint in einer quellenmäßig schwer einzuordnenden Liste der Nachkommen des → Nahor
Ram ist als Sippenname im Alten Testament nicht mehr belegt, sondern findet sich nur als Personenname für den Judäer Hezron (Rt 4,19; 1Chr 2,9f
Vermutlich ist die gesamte genealogische Einordnung Elihus künstlich (Gordis, 552; Wahl, 39ff.).
2.2. Die Funktion Elihus
Elihu erfüllt wie die anderen redenden Figuren im Hiobbuch die dramaturgische Funktion eines Gesprächspartners des unschuldig ins Leid geratenen und Gottes Gerechtigkeit einfordernden Hiob. Darüber hinaus erscheint Elihu aber auch als Kritiker der Freunde Hiobs und als Vorbereiter der Gottesreden (Hi 38f
Aus dem Namen und den Herkunftsangaben in Hi 32,2
2.3. Die Reden Elihus
Die Reden Elihus sind insgesamt von der Überzeugung geprägt, dass 1. Gott absolut gerecht ist, 2. Hiob sich gegenüber Gott, aber auch gegenüber der von den Freunden vertretenen Vergeltungstheorie im Unrecht befindet und 3. der von Gottes Geist bewegte Elihu Hiob argumentativ widerlegen und diesen zur Umkehr zu Gott bewegen kann. Jeder der vier Monologe kreist um ein spezifisches Thema.
Im Mittelpunkt der ersten Rede (Hi 32,6-33,33
Die wesentlichen Sprachformen der Elihureden stammen wie die der Freundesreden aus dem Bereich der → Weisheit
Die Monologe Elihus bilden aufgrund ihrer kompositionellen, formgeschichtlichen, sprachlichen und inhaltlichen Besonderheit anerkanntermaßen einen späten Einschub in das Hiobbuch (Wahl, 1993; Witte, 1993).
1) Kompositionell zerreißen die Elihureden den unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Herausforderungsreden Hiobs und den Gottesreden (vgl. Hi 31,35-37
2) Formgeschichtlich handelt es sich bei den Elihureden in einem noch höheren Maß als bei den ursprünglichen Reden um theologische Traktate. Häufiger als in den Reden Hiobs und der drei Freunde finden sich Stilmittel. Der Verfasser von Hi 32-37
3) Sprachlich weisen die Elihureden einen stärkeren Einfluss des Aramäischen auf als das sonstige Buch. Der hebräische Text von Hi 32-37
4) Inhaltlich nehmen die Elihureden mit ihrem Hinweis auf Gott als den gerechten Schöpfer die von den Gottesreden gebotene Lösung des Hiobproblems vorweg. Einzelne kosmologische Vorstellungen (z.B. die Ausführungen zum Wasserkreislauf in Hi 37,10ff
Wie die innere literarische Schichtung von Hi 32-37
2.4. Ausblick auf die Wirkungsgeschichte
Im → Testament Hiobs
Ikonographisch ist besonders auf die Darstellung Elihus in der byzantinischen Buchmalerei hinzuweisen, die seit dem 6. Jh. über einen festen Bestand an Miniaturen zu einzelnen Szenen des Hiobbuchs verfügt (Wessel, 143ff., Huber). So wird hier z.B. Elihu als ein kleiner König dargestellt werden, der sich auf allen Vieren von Hiob und den Freunden entfernt (vgl. TestHi 42,2).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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- The Anchor Bible Dictionary, New York u.a. 1992
2. Weitere Literatur
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Abbildungsverzeichnis
- Landkarte zur Herkunft Hiobs und seiner Freunde. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Elihu wird vor Hiob zweimal als kleiner König dargestellt – einmal stehend und spottend, einmal auf allen Vieren wegkriechend (Ausschnitt aus einer Miniatur des Codex Hagíou Táphou 5; 13. Jh.).
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