Elisa
Andere Schreibweise: Elischa; Elisha (engl.); Elisäus
(erstellt: März 2013)
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1. Name
Der Name Elisa (hebräisch אֱלִישָׁע ’älîšā‘, griechisch Ἐλισαῖος Elisaios) bedeutet wohl „Gott hat geholfen / gerettet“, ist also eine Bekenntnisaussage, dass Gott Hilfe und Rettung bringt, wobei „Gott“ hier eindeutig mit JHWH zu identifizieren ist. Die alternative Übersetzung „Gott ist edel / vornehm“ (Becking 1994) ist eher unwahrscheinlich. Der Name erscheint außerbiblisch auf Ostraka, einer Elfenbeininschrift sowie auf Siegeln (Renz / Röllig II/1 1995, 59; Avigad / Sass 1997, 594). In Tel Rechov, in der Nähe von → Bet-Schean
2. Der Prophet Elisa
2.1. Herkunft und zeitliche Einordnung
Elisa wird in 1Kön 19,16
In dem Abschnitt 1Kön 19,19-21
Die erste biblische Erwähnung in 1Kön 19,16
A. Schenker (2004, 135-138) hält es aufgrund der Einordnung von 2Kön 13,14-21
2.2. Die Elisa-Überlieferungen
2.2.1. Überblick
Nach der erstmaligen Erwähnung Elisas in 1Kön 19,16
Im folgenden Kapitel hilft er der armen Witwe eines Gruppenpropheten durch ein Ölwunder (2Kön 4,1-7
In die Welt der Mächtigen führt die nächste Erzählung von der Heilung des aramäischen Feldherrn → Naaman
Die nächste umfangreiche Erzählung zeigt Israel in einer bedrohlichen Lage durch die Belagerung der Hauptstadt Samaria. Elisa kündigt das Abziehen der Aramäer an, was durch ein göttliches Eingreifen tatsächlich geschieht (2Kön 6,24-7,20
In 2Kön 8,7-15
2.2.2. Die Wachstumsgeschichte der Texte
Die Elisa-Überlieferungen sind ein Teil der → Königsbücher
1. Für Elisa werden unterschiedliche Titel verwendet: Gottesmann, aber auch Prophet (נָבִיא nāvî’). Vor allem ist er ein Wundertäter, ebenso ein Visionär (2Kön 6
2. In mehreren Überlieferungen wird Elisa eine militärische Funktion zugeschrieben: Er unterstützt die Könige von Israel (und Juda) im Krieg gegen Moabiter und Aramäer und wird selbst militärisch aktiv (2Kön 6,8-23
3. Elisa ist Nachfolger Elias; er erbt den → Geist
4. Elisa ist das Haupt von „Gruppenpropheten“ (בְּנֵי הַנְּבִיאִים bәnê hannәvî’îm). Diese Bezeichnung begegnet außerhalb der Elisa-Überlieferungen nur noch in 1Kön 20,35
5. Wie ansonsten nur noch Elia überschreitet Elisa die Grenzen Israels und wird auch in Damaskus tätig (2Kön 8,7-15
Hinzu kommt, dass die einzelnen Elisa-Texte in sich nicht kohärent erscheinen. So ist Elisa in 2Kön 6,8-23
Die von der Forschung zur Erklärung der Differenzen ins Spiel gebrachten Modelle zur Wachstumsgeschichte unterscheiden sich erheblich voneinander: Eine komplizierte Entwicklungsgeschichte mit vielen Teilsammlungen und Redaktionen hat Schmitt 1972 rekonstruiert. Stipp hat 1987 den Versuch vorgelegt, aufgrund der verwendeten Titel die Zuordnung zu bestimmten Milieus zu bestimmen und damit Teilsammlungen festzulegen. Allerdings ist diese Aufteilung nicht überzeugend (s. Otto 2001, 225 Anm. 325; Lehnart 2003, 413f.). Auf eine Verbindung zwischen 2Kön 2
Angesichts der Unsicherheiten in der diachronen Analyse ist im Moment nur die Aussage möglich, dass es eine oder mehrere Sammlungen von Elisa-Geschichten in einem frühen Stadium, wahrscheinlich noch im Nordreich gegeben hat (8. Jh.). Sie sind wohl im Bereich der Gruppenpropheten entstanden. Dass diese Gruppenpropheten den „Geist der Ekstase“ (Gunkel 1922, 7) pflegten, lässt sich aus den Texten nicht belegen.
Weiterhin ist eine Bearbeitung in Juda mit der Bevorzugung des judäischen Königs anzunehmen (2Kön 3
Für 2Kön 9-10
2.2.3. Die Einfügung in die Königsbücher
Für → M. Noth
Aus diesen Gründen wird die Einfügung der Elisa-Überlieferungen in jüngerer Zeit nicht mit der grundlegenden deuteronomistischen Redaktion der Königsbücher in Verbindung gebracht (so schon Schmitt 1972, Stipp 1987, Otto 2001, am radikalsten Würthwein 1984, der auch noch 2Kön 9-10
2.3. Das vielschichtige Bild Elisas
Elisa wird als ein Prophet dargestellt, der mehr als einen Wirkungsort hat. Er ist in → Samaria
In einer Vielzahl von Überlieferungen ist Elisa von Gruppenpropheten umgeben; er erscheint als deren Haupt (2Kön 2
Überwiegend wird für Elisa die Bezeichnung „Gottesmann“ verwendet, daneben auch der Titel „Prophet“ (נָבִיא nāvî’; 2Kön 3,11-12
Mit dem Ehrentitel „Wagen Israels und sein Gespann“ (רֶכֶב יִשְׂרָאֵל וּפָרָשָׁיו rækhæv jîśrā’el wәpārāšāw, 2Kön 13,14
Machttaten zeigt Elisa im Kontext von Alltagsproblemen; er bewahrt die Witwe eines Gruppenpropheten durch ein Ölwunder vor Armut (2Kön 4,1-7
2.4. Elia und Elisa
Elisa wird in 1Kön 19,19-21
2.5. Die Beteiligung an der Jehurevolte
Der Darstellung der Jehurevolte in 2Kön 9-10
Skepsis ist auch angebracht hinsichtlich der Historizität der Salbung Jehus durch einen der Gruppenpropheten um Elisa. Die Szene in 2Kön 9,1-13
3. Zur Wirkungsgeschichte des Propheten Elisa
3.1. Jesus Sirach
Im Lobpreis der Väter (Sir 44,1-50,24
3.2. Neues Testament
Im Neuen Testament wird Elisa ein einziges Mal in Lk 4,27
3.3. Flavius Josephus
Flavius Josephus erwähnt Elisa in den Antiquitates in VIII, 347-354 (Text gr. und lat. Autoren
3.4. Qumran
In den → Qumranschriften
3.5. Vitae Prophetarum
Die → Vitae prophetarum
3.6. Rabbinisches Judentum
Wie schon Jesus Sirach nimmt das rabbinische Judentum von Elisa an, dass er doppelt soviele Wunder gewirkt hat wie Elia, entsprechend dem doppelten Anteil des Geistes, den er von Elia erhalten hat (vgl. David Kimchi zu 2Kön 2,14
3.7. Islam
Elisa (arab. al-Jasa‘) kommt im Koran zwei Mal vor: In Sure 6,85-87 (Text Koran
In der nachfolgenden nicht-koranischen Literatur finden sich weitere Angaben. So soll der Name seines Vaters Akhṭub gewesen sein, sein Stammvater Aaron. Es wird behauptet, dass Elisa der Sohn der Frau war, die Elia beherbergt hatte und dass Elia ihn geheilt hat. Andere sind der Auffassung, dass Elia und Elisa Blutsverwandte waren. Diskutiert wird auch, ob er wirklich ein Prophet oder doch nur ein rechtschaffener Mann war.
3.8. Kunst
Die Darstellung Elisas in der Kunst geschieht in frühchristlicher Zeit ausschließlich in Verbindung mit der Entrückung des Elia. In der byzantinischen Kunst wird Elisa auch als Jugendlicher dargestellt, während in der abendländischen Darstellung die Kahlköpfigkeit besonders hervorgehoben ist.
Einzeldarstellungen der Elisa-Überlieferungen sind selten. Sie begegnen vor allem in Gegenüberstellungen mit neutestamentlichen Szenen. So wird die Auferweckung des Sohnes der Frau aus Schunem mit der Auferweckung des Lazarus bzw. der Tochter des Jairus oder des Jünglings von Naim zusammengestellt. Die Verspottung durch die Knaben wird mit der Verspottung Jesu in der Passion parallelisiert. Die Heilung Naamans im Jordan ist Vorbild für die Taufe. Ausführlichere Darstellungen Elisas finden sich in spanischen Bibelillustrationen sowie in der Bible moralisée und der Wenzelsbibel.
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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- New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
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- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
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Abbildungsverzeichnis
- Der Prophet Elisa (Russische Ikone, 1654 n. Chr.).
- Der Prophet Elisa (Haupteingang des Kölner Doms, 19. Jh.). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2012)
- Elisa, die wohlhabende Sunamiterin und ihr Sohn (Rembrandt, 1640).
- Elisa erweckt den Sohn der Sunamiterin (Frederick Leighton, 19. Jh.).
- Elisa bringt eine Axt zum Schwimmen (Rembrandt, 1650).
- Wiederbelebung des Leichnams durch die Berührung der Gebeine Elisas (J. Nagel, 1596).
- Elisa im Krieg gegen die Aramäer (Gustave Doré, 19. Jh.).
- Elia übergibt Elisa seinen Mantel (Sarkophag von Stilicho, 385 n. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © 2008 Giovanni Dall'Orto, Wikimedia Commons; Zugriff 20.12.2011
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