Esra
Andere Schreibweise: Ezra (engl.); Esdras
(erstellt: November 2005)
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1. Der Name Esra
Der Name עֶזְרָא ‘æzrā’ (sprich: Esra) kann als aramäisches Wort „Hilfe“ oder als hebräische Kurzform von → Asarja
2. Die Person Esra
2.1. Der biblische Befund
Erst im siebten Kapitel taucht die Titelfigur des Esrabuches (s.u.) auf: der in Esr 7,6
Genealogisch wird Esra auf Aaron zurückgeführt, um ihn mit dem Ursprung des Priestertums zu verbinden (Esr 7,1ff
Die Mission Esras ist die Neuordnung der Kultusgemeinde in Jerusalem unter persischer Oberhoheit. Zunächst erhielt Esra nach Esr 7,12-26
Exkurs: Das Gesetz in den Händen Esras.
Auf der Ebene des Esra-Nehemia-Buches ist mit dem „Gesetz des Himmelsgottes“ ganz sicher der Pentateuch gemeint, die Tora des Mose (vgl. Esr 7,6
Aus historischer Perspektive darf man nicht einfach die Tora und das „Gesetz des Himmelsgottes“ aus dem Artaxerxes-Auftrag gleichsetzen: dāt ist zunächst nicht das aramäische Äquivalent zu tôrāh im Hebräischen (Rendtorff, 1984; 1999). Insofern wäre es zu einfach, Esras Tätigkeit als Einführung der Tora als persisches Reichsrecht zu beschreiben. Esra erhält die Aufgabe der Aufrichtung einer Rechtsordnung mithilfe des „Gesetzes des Himmelsgottes“, das in seiner Hand ist (und dessen genauer Bestand heute nicht mehr rekonstruierbar ist). Die persische Zentralregierung hatte wohl kein Interesse daran, die „Tora“ als solche mit Autorität zu versehen, wohl aber ratifizierte die persische Verwaltung die Anwendung der „Gebote und Satzungen“ der Tora (Esr 7,11
Auf der Ebene des Buches „Esra-Nehemia“ erfolgt durch die Einleitung bzw. den Kontext des Artaxerxesbriefes in Esr 7 eine Verschmelzung der Begriffe und Konzepte, so dass die Leserinnen und Leser des vorliegenden Textes das, was Esra in der Hand hat, mit dem identifizieren, was Esra in Neh 8,1-12
Unter Esra wurde der Einfluss der babylonischen Exiljudäer noch stärker. Wenn hier mit Esra der Versuch unternommen wurde, dass die exilierten Judäer einen Priester aus Babylon mit persischer Vollmacht nach Jerusalem schicken, zeigt dies nicht nur ein tiefes Misstrauen der babylonischen Judäer gegenüber der bisherigen Tempeladministration in Jerusalem, sondern auch, dass vermutlich problematische Zustände in Religion und Gesellschaft in Jerusalem herrschten. Vielleicht gibt das Maleachi-Buch ebenfalls Zeugnis von den Zerrüttungen dieser Zeit, da z.B. auch dort das Problem der Mischehen eine Rolle spielt (Mal 2,11
Esra brachte dazu freiwillige Rückkehrer mit, beschaffte Geld vom Großkönig für die Ausstattung des Tempels und erreichte Steuerfreiheit für das Kultpersonal. Ferner berichtet das Esra-Nehemia-Buch von einem radikalen Einschreiten gegen Mischehen zwischen Judäern und Nicht-Judäern, das bis hin zur Scheidung dieser Ehen ging (Esr 9-10). Die nächste größere Aktion Esras war die feierliche Verlesung der Tora (Neh 8) – wenn es historisch zutreffen sollte, dass dies erst nach der Ankunft Nehemias geschah, dann entsteht eine zeitliche Differenz von etwa 13 Jahren (458-445) (s.u.).
2.2. Die Hochschätzung Esras im Frühjudentum
Die Hochschätzung Esras zeigt sich außerhalb von Esra-Nehemia schon in Esdras A’ (= 3. Esra; s. → Esra-Schriften
Die Darstellung Esras als „zweiter Mose“ und als beispielhaft frommer Beter im Esra-Nehemia-Buch wird in der frühjüdischen Literatur ausgebaut, vor allem im vierten Esrabuch (4. Esra; s. → Esra-Schriften
Es liegt die Vermutung nahe, dass Esra als „Vorzeigegestalt“ zu einer Idealfigur wird, die das Image bestimmter Kreise aufbessern soll bzw. für bestimmte Gruppen die Leit- und Orientierungsgestalt darstellt. Zum einen dürften es die Priesterkreise gewesen sein, die den „Priester Esra“ zu ihrem Leitbild erkoren haben: Damit signalisieren sie der Öffentlichkeit, woran sie sich orientieren und dass die Missstände in der Priesterschaft, die das Esra-Nehemia-Buch beklagen muss (insbesondere die Mischehen mit nicht-jüdischen Frauen), überwunden sind. Auch ist es denkbar, dass die Priesterkreise mit der literarischen Gestalt des idealen Esra, mit der sie sich identifizieren, ihre eigene Position untermauern wollen.
Ob mit den Leuten, die sich um Esra versammeln und über die Worte des Gottes Israels erschrocken waren (wörtlich: die „Zitternden“), in Esr 9,4
Wenn eine feste Gruppe gemeint ist, erklärt sich das Fehlen Esras im „Lob der Väter“ des Sirachbuchs vielleicht damit, dass Ben Sira Kreisen angehörte, die sich von den Einstellungen der „Zitternden“ eher distanzierten, und das Fehlen würde sich dann gleichsam „tagespolitischen“ Ursachen verdanken (z.B. Coggins). Immerhin fällt auf, dass 3. Esra (Esdras A’) und 4. Esra Esra ungemein idealisieren, aber über Nehemia schweigen – während Ben Sira (Sirach) und 2Makk umgekehrt Nehemia idealisieren und über Esra schweigen (zu Vermutungen über das Fehlen Esras bei Ben Sira vgl. Hieke, 58).
2.3. Esra als „zweiter Mose“ im Babylonischen Talmud
Die enge Verbindung zwischen Esra und der Tora bzw. Mose macht die hohe Meinung deutlich, mit der der Babylonische Talmud (Traktat Sanhedrin 21b; Text Talmud
Die rabbinische Literatur sieht die Heimkehr aus Babylon unter Esra als den Übergang von der biblischen zur rabbinischen Zeit an. Esra steht als Idealfigur in beiden Welten. Auch wenn Esra nicht so groß wie „Mose unser Rabbi“ ist, so ist er neben Mose die einzige biblische Figur, die sowohl mit der schriftlichen wie mit der mündlichen Tora verknüpft ist. Auch ist Esra in den Augen der Rabbinen die einzige Gestalt, die zur Tora, zum Tempel und zum Land – drei entscheidende Mythologeme der rabbinischen Diskussionen – in Beziehung steht. Eine besondere Nähe sehen die Rabbinen zum Propheten Maleachi: Gerade Mal 2,11
In ihrem Selbstverständnis knüpfen die Rabbinen stark an Esra an: Sie wissen, dass sich in seiner Zeit viel verändert hat, doch sie sehen diese Veränderungen als den natürlichen Verlauf des göttlichen Planes an, nicht als Bruch in der Geschichte. Die Rabbinen sehen sich in direkter Beziehung zur Tora, die Esra abschrieb, erklärte und überlieferte – mit ihm rechtfertigen sie ihre eigenen Aktivitäten und Innovationen, denn er, der lange nach Mose lebte, überarbeitete und adaptierte die Tora, wie es die Rabbinen tun. Esra änderte ihrer Meinung nach nicht nur die Schrift der Tora (gemeint ist zur „aramäischen“ Quadratschrift), sondern machte die Tora vor allem verständlich für die Leute. In dieser Nachfolge sehen sich die Rabbinen.
2.4. Esra in der frühen Kirche
Die Gestalt Esras ist in der frühen Kirche nicht sehr hervorgehoben worden. Im Neuen Testament und in den Apostolischen Vätern taucht der Name nicht auf. Bei Irenäus findet sich in dessen Behandlung der Entstehungslegende der Septuaginta eine interessante Nebenbemerkung. Irenäus hält es gar nicht für verwunderlich, dass Gott bei der Übersetzung der Tora ins Griechische inspirierend eingriff: „Als nämlich während der Gefangenschaft des Volkes unter → Nebukadnezar
2.5. Esra in der Kunst
Eine bildliche Darstellung Esras aus dem Judentum könnte sich in der Synagoge von Dura Europos (Syrien) befinden: Auf der Wandmalerei (Westwand) ist eine Figur dargestellt, die eine geöffnete Schriftrolle in der Hand hält und vermutlich daraus vorliest (Abb. 1). Eine genaue Identifikation der Gestalt ist schwierig, da es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Es wäre möglich, dahinter nicht Mose zu vermuten, der an anderen Stellen auftaucht und wohl eher als Schreibender abgebildet worden wäre, vielmehr ist in Verbindung mit Neh 8 eher an Esra als Vorleser der Tora zu denken.
In der christlichen Ikonographie begegnen Esra-Darstellungen selten. Esra wird z.B. als Gelehrter in seiner Bibliothek abgebildet (Codex Amiatinus, 6./7. Jh.) oder als Redner mit Zuhörern (Farfabibel, Initiale am Beginn des Buches Esra, 11. Jh.).
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
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Abbildungsverzeichnis
- Esra; Fresko in der Synagoge von Dura Europos (3.Jh.)
- Esra im Codex Amiatinus (6./7. Jh.)
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