Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: Januar 2010)

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1. Name

Der Name „Etan“ (אֵיתָן ’êtān) kann mit „beständig / langlebig“ wiedergegeben werden (so Noth, 224). Er ist im Alten Testament für mehrere Personen belegt. In 1Kön 5,11 ist von einem weisen Mann mit Namen „Etan, der Esrachiter“ die Rede, ebenso wird in Ps 89,1 ein „Etan, der Esrachiter“ erwähnt, in 1Chr 2,6 gibt es einen „Etan, Sohn des Serach“, während an anderen Stellen in den → Chronikbüchern von dem Sänger „Etan, Sohn des Kischi / Kuschaja“ berichtet wird, der von den Söhnen Meraris abstammt (1Chr 6,29; 1Chr 15,17; 1Chr 15,19). An einer Stelle wird auch Etan in der Linie des → Asaf, als Sohn Simmas, erwähnt (1Chr 6,27).

Die Septuaginta gibt den Namen „Etan“ in 1Kön 5,11 mit Γαιθαν wieder, an den anderen Stellen steht Αιθαν. Im Ps 89,1 (Ps 88,1 LXX) findet sich „Etan, der Israelit“ statt „Etan, der Esrachiter“ (ebenso liest die Septuaginta in Ps 88,1 [Ps 87,1 LXX] „Heman, der Israelit“ statt „Heman, der Esrachiter“).

Es ist durchaus möglich, dass alle Bibelstellen, in denen ein „Etan“ genannt wird, auf 1Kön 5,11 fußen, da sich die Sängergruppen der nachexilischen Zeit nach den Weisen aus 1Kön 5,11 (zumindest nach → Heman und Etan) benannt haben könnten und die Verfasser der Chronik sie dann in die jeweiligen Stammbäume integriert haben. Ps 49,4-5 zeigt beispielsweise, dass „Weisheit“ und „Singen“ durchaus zusammen gehören können (vgl. Grintz, Encyclopaedia Judaica, 803). S. Japhet vermutet dagegen, dass zu → „Heman“ und „Etan“ zwei verschiedene Überlieferungen vorliegen: Die „Weisen unter Salomo sind ‚Serachiten‘ aus dem Stamme Juda, die Tempelsänger Heman und Etan dagegen sind Leviten“ (Japhet, 104).

2. Etan, der Esrachiter

In 1Kön 5,11 wird Etan gemeinsam mit → Heman, Kalkol und Darda, den Söhnen Mahols, als besonders weise dargestellt. Darüber hinaus wird Ps 89 durch seine Überschrift Etan, dem Esrachiter, zugeschrieben (→ Psalter; → Psalmen). Ps 89 wird als „weisheitliches → Lehrgedicht“ (מַשְׂכִּיל maśkîl) bezeichnet; dadurch wird in diesem Psalm das Singen in doppelter Weise mit → Weisheit in Verbindung gebracht: Erstens durch die Nennung des Weisen Etan, zweitens durch die Bezeichnung „Lehrgedicht“. Es ist zu vermuten, dass sowohl Etan als auch → Heman in ihrer Funktion als „weise Männer“ in die Psalmüberschriften aufgenommen wurden, während die chronistische Redaktion in ihnen in Entsprechung zu → Asaf führende Musiker gesehen hat (vgl. Steins, 277).

3. Etan, Sohn des Serach

Innerhalb des Juda-Stammbaumes nennt 1Chr 2,6 die gleichen Personen wie 1Kön 5,11 (statt „Darda“ lesen MT und LXX hier jedoch „Dara“ [דָּרַע]), nur werden Heman, Kalkol und Darda hier nicht als Söhne Mahols, sondern Serachs aufgeführt, Etan wird nicht als Esrachiter, sondern ebenfalls als Sohn Serachs vorgestellt und → Simri wird zusätzlich als weiterer Sohn Serachs genannt, der damit fünf Söhne hat. Diese abweichende Darstellung der Abstammung in der Chronik lässt sich dadurch erklären, dass hier vermutlich der Stammbaum Serachs aufgefüllt wurde. Dem Serach-Bruder Perez wird an mehreren Stellen eine fruchtbare Nachkommenschaft bescheinigt, Serach aber nicht. So konstruiert der Chronist aus 1Kön 5,11 eine → Genealogie für Serach (vgl. Willi, 85; Japhet, 103), die durch die weisen Männer sehr ehrwürdig erscheint. Diese würdige Abstammungsreihe ist notwendig, da der einzig breiter erwähnte Nachfahre Serachs in den Geschichtsbüchern → Achan ist (Jos 7,1ff), Sohn des Karmi, Sohn des Sabdi, Sohn des Serach aus dem Stamm Juda, der sich allerdings gegen Jahwe versündigt hatte. In 1Chr 2,6 erhält Serach neben diesem „schändlichen Nachkommen“ auch eine stolze Ahnenreihe durch die Nennung der Weisen aus 1Kön 5,11.

4. Etan, Sohn des Kischi / Kuschaja

Etan, der Sohn Kischis (1Chr 6,29) / Kuschajas (1Chr 15,17), aus der Abstammungslinie des Merari, wird in der Chronik als Oberhaupt einer Kultsängergilde dargestellt. Die leicht abweichenden Namen des Vaters sind wohl Varianten desselben Namens (vgl. Japhet, 294).

Die Aufgabe der Kultsänger bestand darin, durch ihre Musik (nicht nur durch Gesang, sondern auch durch das Spielen von Zither, Harfe oder Zimbeln (→ Musik / Musikinstrumente), Jahwe zu loben. Obwohl die Chronik die Sicht nahelegt, Etan sei bereits zu → Davids Zeiten als Sänger tätig gewesen (vgl. 1Chr 15,17ff), ist fraglich, ob es die Kultsänger bereits in vorexilischer Zeit – am ersten Tempel – gegeben hat.

Innerhalb des → chronistischen Geschichtswerks ist die Zuordnung der Sänger zum Tempelpersonal unklar, bzw. sie spiegelt womöglich einen Eingliederungsprozess wider: Während die Sänger nach Esr 2,41 und Esr 2,70 nicht zu den Leviten zählen, sondern gesondert aufgelistet werden, werden sie in Neh 11,17 und in 1Chr 6 als Gruppe innerhalb der Leviten gesehen.

Des Weiteren ist im → chronistischen Geschichtswerk ein Wettstreit in der Rangordnung der Sänger ablesbar. Dabei wird Etan jedoch in keiner Darstellung als der wichtigste Sänger positioniert: Dies sind entweder → Asaf (z.B. 1Chr 16; Esr 2,41; Esr 3,10; Neh 7,44), → Heman (z.B. 1Chr 6; 1Chr 25) oder → Korach (2Chr 20,19).

Darüber hinaus fällt in der Chronik auf, dass entweder Etan oderJedutun genannt werden. Nach H. Gese ist die Tradition der Rangfolge Asaf-Heman-Jedutun älter als die Tradition Heman-Asaf-Etan (vgl. Gese, 225f), so dass sich die Annahme nahelegt, Etan habe in der Zeit des Zweiten Tempels – zumindest in der Überlieferung – einen Karriere-Aufstieg erlebt. Aus der Sicht Geses (225) hat Etan die Sängergruppe des Jedutun um die Wende vom 4. zum 3. Jh. v. Chr. verdrängt. G. von Rad (111ff) schließt aus der Tatsache, dass das dritte Haupt der Sänger bis 1Chr 15,16 Etan, ab 1Chr 16,38 jedoch Jedutun heißt, dass „Etan“ in „Jedutun“ umbenannt worden sei, und zwar im Rahmen der Neuordnung des Levitendienstes durch David. Denn bei dieser Neuordnung legte es sich nahe, „dass der, dessen Beruf es ist, לְהוֹדוֹת [ləhôdôt „zu loben, zu preisen, zu bekennen“; M.N.-D.], nunmehr יְדוּתוּן [Jedutun; M.N.-D.] heißt“ (von Rad, 112). S. Japhet hält dazu fest, dass der von ihr angenommene umgekehrte Wechsel von Jedutun zu Etan wohl nicht als Niederschlag eines historisch-soziologischen Vorgangs zu betrachten sei, sondern es sich vielmehr um ein literarisches Phänomen homiletischer Natur handele, das auf den Chronisten selbst zurückgehe: Der unverständliche Name „Jedutun“ wurde durch Hebraisierung zu „Etan“ (vgl. Japhet, 401f).

5. Wirkungsgeschichte

Im Neuen Testament wird keiner der Kultsängergruppen aus dem Alten Testament genannt. In der rabbinischen Literatur beschränken sich die Nennungen Etans auf zwei Aspekte: Zum einen wird gesagt, Etan habe Anteil an der kommenden Welt (gemeinsam mit Simri, → Heman, Kalkol und Darda, vgl. Babylonischer Talmud, Traktat Sanhedrin 44b; Text Talmud), zum andern wird Etan mit → Abraham identifiziert (z.B. Midrasch Mischle Par. 1; Pesiqta de Rav Kahana Pis. 4; Pesiqta Rabbati Pis. 14). Im → Midrasch Rabba zu Leviticus (WarR Parascha 9) finden sich beide Traditionslinien. Die Identifikation mit Abraham geschieht über Jes 41,2 und über die Wurzel זרח zrch aus dem Wort מִזְרַח mizrach „Osten“. Darüber hinaus findet sich im Babylonischen Talmud, Traktat Baba Batra (15a), die Notiz, → Heman und → Jedutun hätten → David beim Komponieren der → Psalmen geholfen – Etan wird hierbei aber nicht genannt. An dieser Stelle wird bei den Rabbinen vorausgesetzt, dass Etan und Abraham dieselbe Person sind.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992

2. Weitere Literatur

  • Gese, H., 1963, Zur Geschichte der Kultsänger am Zweiten Tempel, in: O. Betz / M. Hengel / P. Schmidt (Hgg.), Abraham unser Vater. Juden und Christen im Gespräch über die Bibel (FS O. Michel; AGSU 5), Leiden / Köln, 222-234
  • Japhet, S., 2002, 1 Chronik (HThK.AT), Freiburg / Basel / Wien
  • Noth, M., 1928, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung (BWANT 3. Folge Heft 10), Stuttgart
  • von Rad, G., 1930, Das Geschichtsbild des chronistischen Werkes (BWANT 4. Folge Heft 3), Stuttgart
  • Steins, G., 1995, Die Chronik als kanonisches Abschlußphänomen. Studien zur Entstehung und Theologie von 1 / 2 Chronik (BBB 93), Weinheim
  • Willi, Th., 2009, Chronik, 1. Teilband, 1 Chronik 1,1-10,14 (BK XXIV), Neukirchen-Vluyn

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