Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: März 2016)

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1. Begriff

Der lateinische Begriff favis(s)a, im Plural favis(s)ae bezog sich zunächst nur auf die favisae Capitolinae, unterirdische Kammern im heiligen Bezirk des römischen Kapitols in unmittelbarer Nähe des Jupitertempels. Diese Kammern, ursprünglich Zisternen für die Wasserversorgung des Tempels, wurden nach dem Bau von Aquaedukten einer neuen Nutzung übergeben. Sie dienten als Aufbewahrungsort für vom Tempel gefallene Statuen sowie für Weihegaben, die aus Platzgründen nicht mehr im Tempel verwahrt werden konnten (Aulus Gellius, Noctes Atticae 2,10; Pauli Excerpta ex libris Pompeii Festi 88,4). Die Etymologie des Wortes „favis(s)a“ ist unklar. Der Begriff hat keinen lateinischen Ursprung und könnte etruskischer Herkunft sein (Thesaurus Linguae Latinae, Berlin u.a. 1907-2015, Stichwort „favis(s)ae“; Hackens, 71-86).

2. Bedeutung und Funktion

Sowohl in der Klassischen als auch in der Biblischen Archäologie wird der Begriff „Favissa“ neben „Votivdeposit“ für Gruben oder Gräben verwendet, die innerhalb eines Kultbezirks angelegt wurden, um nicht mehr verwendbares Kultmaterial rituell zu bestatten. Dieses Kultmaterial umfasste die im Tempelbereich auf Bänken zahlreich deponierten Weihegaben wie Terrakottafigurinen, Siegel, Skarabäen und andere persönliche Gegenstände, sowie Gefäße für flüssige oder vegetabile Opfergaben und Geschirr für Kultmahlzeiten. Von Zeit zu Zeit, wenn das Material zu zahlreich wurde, mussten die Gegenstände abgeräumt werden, um Platz für neue Weihegaben zu schaffen. Der Vorgang wird als Sekundärbestattung bezeichnet, da die Gruben nicht der ursprüngliche Aufbewahrungsort der Objekte waren. Die geweihten Gaben galten als Besitz der Gottheit, sobald sie im Heiligtumsbereich abgelegt wurden. Eine profane Wiederverwendung der geweihten Gegenstände musste vermieden werden. Auch eine Entfernung aus dem Heiligtum war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Die geweihten Gegenstände wurden deshalb innerhalb des Kultbereichs respektvoll rituell bestattet und so unzugänglich gemacht. Zur Bestattung gehörte häufig das rituelle Zerstören von Gefäßen und Zerbrechen von Statuen, die damit dem Kreislauf profanen Gebrauchs entzogen wurden.

Wenn ein Tempel nach einer Zerstörung aufgegeben oder renoviert werden musste, wurden ganze Architekturteile pars pro toto, Statuen und andere Ausstattungsgegenstände von Tempeln rituell bestattet.

Die Sekundärbestattung in Favissae unterscheidet sich von der Primärbestattung von Weihegaben und organischen Resten, die nach Opferhandlungen direkt in Gruben deponiert wurden (Opfergruben, griech. βόθροι bothroi; Hackens, 87-89; Haase, 345).

3. Archäologischer Befund

3.1. Syrien und Phönizien

Im Syro-phönizischen Siedlungsgebiet wurden rituelle Bestattungen nachweislich von der Bronzezeit bis in das 4./3. Jh. v. Chr. vorgenommen. Am Tempel des Ninhursag in → Mari / Tell Ḥarīri (Koordinaten: N 34° 32' 58'', E 40° 53' 24'') wurde eine Favissa aus dem frühen 3. Jt. v. Chr. gefunden (Margueron, 112-114). Im Hof des mittelbronzezeitlichen Ischtar-Tempels (→ Ischtar) in → Ebla / Tell Mardīḫ (Koordinaten: N 35° 47' 56'', E 36° 47' 55'') wurden zwei Favissae entdeckt, in denen wiederholt Votivgaben und Ritualgefäße abgelegt worden sind (Marchetti / Nigro, 1-44).

In → Byblos (Koordinaten: N 34° 07' 10'', E 35° 39' 48'') wurden im Gebäude des temple du champs des offrandes und dessen Vorhöfen 22 Depots gefunden, die hauptsächlich Bronzefigurinen, Waffen und Schmuck enthielten. Die Objekte waren sorgfältig in Amphoren, Tonzylindern und in einem Krug abgelegt (Dunand 1950, 271-273; Pl. III-LXXX). Im spätbronzezeitlichen Schrein D in Kāmid el-Lōz (Koordinaten: N 33° 37' 00'', E 35° 48' 00''), dem bronzezeitlichen Kumidi, ca. 50 km südöstlich von Beirut, wurden nach der Zerstörung von Schicht T3 in dem Podium des Tempels mehrere Deposite von Weihegaben rituell bestattet. Es handelte sich vorwiegend um Pfeilspitzen, Bronze- und Silberstatuetten, Perlen und meist komplette Keramik in Form von Schalen und Räuchergefäßen (Metzger, 66-80). In → Ugarit (Tell Rās Šamra; Koordinaten: N 35° 36' 07'', E 35° 47' 08'') fand man im spätbronzezeitlichen Tempel innerhalb des Palastbereichs („Hurrian Temple“) zwischen zwei Mauern eine 2,35 m hohe Schicht von mittel- bis spätbronzezeitlichen Lampen und Votivvasen. Möglicherweise handelt es sich um eine spätbronzezeitliche Grube im Schutt des mittelbronzezeitlichen Tempels (Schaeffer, Bd. 1, 126-143; Pls. XVI-XVII; Figs. 112-113). Unterhalb der Lampen, am Boden des Zwischenraums befand sich die Darstellung einer hurritischen Göttin des 19.-18. Jh. v. Chr. (Schaeffer, Bd. 2, 250, Figs. 196. 1006A).

Am eisenzeitlichen Quell- und Heilungsheiligtum von Amrit (griech. Μάραθος Koordinaten: N 34° 50' 20'', E 35° 54' 29''), ca. 6 km südlich von Tartus wurde etwa 100 m westlich des Tempels (7./6. Jh. v. Chr.) eine Favissa angelegt. Die Funde lagen, in Erde und Wurzeln eingebettet, etwa 0,75-1,40 m unter der Erdoberfläche (Dunand, 1944-1945, 99-101). Bestattet wurden vor allem Architekturelemente, die vermutlich aus dem Bau des Tempels stammten. Hunderte von fragmentierten Steinstatuetten, Lampen und ein Altar. Alle Stücke sind nach Ansicht von Dunand absichtlich zerstört worden. Zwischen den Objekten wurde keine sterile Erdschicht entdeckt, was darauf hindeutet, dass die Stücke zeitgleich bestattet worden sind. Die Statuetten werden in die Zeit zwischen 600 und 450 v. Chr. datiert. Die jüngsten in der Favissa gefundenen Stücke, die Lampen, weisen auf ca. 350 v. Chr. als frühesten Zeitpunkt für die Schließung der Favissa hin (Lembke, 27). Zu dieser Zeit wurde der Tempel verlassen, das Becken gesäubert, die Favissa angelegt und der Kultbetrieb weitgehend eingestellt. Die Statuetten wurden demnach etwa mindestens 100 Jahre aufbewahrt, bevor sie bestattet wurden. In einer Favissa im Hof direkt neben dem perserzeitlichen Tempel von Ḫarā’ib (Kharayeb, N 33° 20' 42.4'', E 35° 17' 57.4'') wurden Fragmente von etwa 8000 Figurinen aus dem Zeitraum von der Perserzeit bis zum Hellenismus entdeckt. (Chéhab, 7-12; Kaoukabani, 41-60; Oggiano, 6-7).

Im perserzeitlichen Quell- und Heilungsheiligtum von Bustān aš-Šayḫ (Koordinaten: 186.334; N 33° 35' 08.5'', E 35° 23' 53.5'') in der Nähe von Sidon wurde eine Favissa nach der Zerstörung des Tempels 350 v. Chr. angelegt. Am Fuß des Podiums des Tempels verlief eine breite Rinne, die das Quellwasser entlang des Podiums in einige Becken leitete. Nach der Zerstörung des Tempels wurde diese Kanalisationsrinne als Favissa verwendet (Dunand, 1973, 7-25; Stucky, 9-10). Die Favissa enthielt einige Steine des zerstörten Tempels sowie Fragmente von Hunderten von Kalkstein- und Marmorskulpturen. Die Skulpturen stammen aus dem späten 5. und frühen 4. Jh. v. Chr. (Stucky, 30).

3.2. Zypern

In Alasia (Koordinaten: N 35° 9' 58'', E 33° 52' 14''), dem heutigen Enkomi, ist die Bronzefigur einer Gottheit aus dem frühen 12. Jh. v. Chr. in einer Grube innerhalb eines Gebäudes rituell bestattet worden. Im gleichen Raum wurden weitere Deposite mit Schalen entdeckt (Dikaios, 195-199).

Bei ca. 60 der etwa 200 bisher entdeckten Heiligtümern von der zyproarchaischen bis zyproklassischen Zeit (ca. 750-310 v. Chr.) wurde rituelle Sekundärbestattung nachgewiesen. Die bedeutendsten Funde wurden in Kition, Alt-Paphos (Kouklia) und Kourion gemacht. In Kition (Larnaka, Koordinaten: N 34° 55' 23'', E 33° 37' 49'') wurden zahlreiche Favissae im Bezirk des Heiligtums angelegt. Dies geschah zum einen im Zuge der kontinuierlichen Nutzung der Tempelgebäude, um die zahlreichen Weihegeschenke und Reste von Mahlzeiten abzuräumen, zum anderen nach der Zerstörung von Gebäuden. Einige Favissae befanden sich innerhalb des Gebäudes (Bothroi 3-5 in Tempel I, 4. Phase, ca. 850-725 v. Chr.), andere in den Höfen, wo sie nur etwa 10 cm tief gegraben und einfach mit Erde zugedeckt worden sind. Die Gruben enthielten vor allem Asche, Knochen, Keramik und Miniaturkeramik. Die Favissae des Tempel I enthielten ab der 6. Phase (550-350 v. Chr.) auch kostbare Weihegaben wie Skarabäen, Fayencevasen und Elfenbeinarbeiten (Karageorghis, 64-107).

Favissa 01

Im Heiligtum des Apollo Hylates bei Kourion an der zyprischen Südküste (8. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr.; Koordinaten: N 34° 39' 52'', E 32° 53' 17'') wurden in zwei Favissae insgesamt ca. 10.000 Terrakottafigurinen zusammen mit Keramik und Knochenresten entdeckt.

Favissa 02

Die Figurinen stammten aus dem 8. Jh. v. Chr. bis zum 1. Jh. n. Chr. Während der Nutzungszeit des Heiligtums wurden sie kontinuierlich als Votivgaben dargebracht. Die jüngere der beiden Favissae war direkt neben einem römerzeitlichen Gebäude angelegt worden. Die Gegenstände wurden über mehrere Jahrhunderte gesammelt, bis sie schließlich in einem Vorgang zerbrochen, in der ca. 4 m breiten und 30-65 cm tiefen Grube abgelegt und mit einer dünnen Erdschicht bedeckt wurden. Weit über zwei Drittel der Figurinen stellen Reiter und Wagenlenker dar (Young / Young, 6-7. Pls. 1-25).

Im Kultzentrum der zyprischen Muttergöttin in Alt-Paphos (Koordinaten: N 34° 45' 42'', E 32° 24' 30'') an der Südküste Zyperns (1200 v. Chr. bis 400 n. Chr.) wurden die Überreste von mindestens zwei Favissae aus dem 5./4. Jh. v. Chr. entdeckt. Die Gruben enthielten insgesamt fast 8000 Terrakottafiguren, deren Größe von ca. 10 cm bis zu fast lebensgroßen Darstellungen reichte. Bei den Figuren handelt es sich nahezu ausschließlich um die Darstellung weiblicher Personen. Alle Figurinen waren zerbrochen worden (Maier / Karageorghis, 182-183).

3.3. Israel / Palästina

3.3.1. Neolithikum

Rituelle Bestattung in Favissae lässt sich in Israel / Palästina bis in das 7. Jt. v. Chr. zurückverfolgen. Beispielhaft sind hier mehrere Gruben in ‘Ēn Ġazāl (Koordinaten: 2092.1241; N 31° 42' 31'', E 35° 37' 25'') zu nennen, in denen beschädigte Statuen abgelegt worden sind (Garfinkel, 159-188).

3.3.2. Bronzezeit

Favissa 03

In → Hazor (Koordinaten: 2035.2693; N 33° 01' 05.65'', E 35° 34' 08.59'') wurde genau im Zentrum des mittelbronzezeitlichen Tempelgebäudes (ca. 17.-16. Jh. v. Chr.; Ben-Tor, 248) ein großes Keramikdeposit in einer etwa 3 m tiefen Favissa gefunden. Der Tempel wurde verlassen und mit Erde aufgefüllt. Ob die Favissa im Rahmen dieser rituellen Bestattung angelegt wurde oder schon vorher bestand, muss offen bleiben.

Am spätbronzezeitlichen Orthostatentempel der Unterstadt von Hazor (14. Jh. v. Chr.) konnten zwei Gruben mit verschiedenen Formen der Sekundärbestattung nachgewiesen werden. Grube 2140 wurde direkt am Eingang des Tempelgebäudes angelegt. Die 1,80 m tiefe Grube diente der rituellen Bestattung einer Löwenstatue, die ursprünglich an dieser Stelle im Eingang des Tempelgebäudes als einer von zwei Torwächtern platziert worden war. Möglicherweise wurde bei der Zerstörung des Tempels ein Mauerstück mit dem Löwen eingerissen. Die anscheinend unbeschädigte Statue wurde in die Grube geworfen und mit einem Steinhaufen bedeckt, der weitere Statuenfragmente enthielt. Es ist anzunehmen, dass der Löwe durch eine feindliche Zerstörung des Tempels der Schicht IB entweiht und damit kultisch unbrauchbar geworden war (Ben-Tor u.a., 246; Yadin u.a., Pls. CXVIII. CXIX. CXX). In einer weiteren Grube im Hofbereich (L2156/2182) wurde dagegen vor allem Geschirr für die Zubereitung und den Verzehr von Mahlzeiten gefunden.

Favissa 04

Der während der gesamten Spätbronzezeit durchgängig genutzte Grabentempel in Lachisch war von Dutzenden Gruben im Hofbereich umgeben, in die fortlaufend Geschirr für Opfermahlzeiten sowie Weihegaben abgelegt wurde (Tufnell, 43-44).

3.3.3. Eisenzeit

Es gibt nur einen Beleg für rituelle Bestattung in der frühen Eisenzeit IB (→ Eisenzeit I; → Eisenzeit II). Bei Tempel 200, Schicht XI (ca. 1100-1050 v. Chr.) in Tell Qasīle (Koordinaten: 1307.1676; N 32° 06' 05'', E 34° 47' 37'') wurden im Hofbereich eine Favissa (Grube 125) angelegt, die Reste von Opfergaben, Trankopfer (Libationen) und Mahlzeiten enthielt, aber keine persönlichen Weihegaben. Die Grube wurde spätestens durch den Bau des Altars der nächsten Schicht X versiegelt (Mazar, 24-25). Ebenfalls in der philistäischen Küstenregion, in → Jabne (Koordinaten: 1260.1415; N 31° 53', E 34° 44'), wurde eine Grube aus der Eisenzeit IIB entdeckt, die Tausende von zerbrochenen Schalen, Kelchen und 118 Kultständer unbekannter Funktion enthielt. Alle Gefäße waren durch Werfen in die Grube oder Zerstören vor der Ablage zerbrochen worden (Kletter u.a., 2010). Um eine Favissa handelt es sich wahrscheinlich auch bei dem Befund von Room 49 in → Lachisch (Eisenzeit IIB; Koordinaten: 1357.1082; N 31° 33' 54'', E 34° 50' 59''). Dafür spricht sowohl die kreisförmige Anlage der Fundansammlung als auch die Tatsache, dass die umgebenden Mauern kein zusammengehöriges Gebäude ergeben (Ussishkin, 205-211, gegen Aharoni, 26-29). Die Funde bestanden aus Gefäßen für Räucheropfer und Mahlzeiten (Aharoni, Pls. 41-43).

Eisenzeit II 33

Weitere Zeugnisse ritueller Bestattung in Juda bieten die Favissae in ‘Ēn Ḥaṣevāh (arabisch: ‘Ēn el-Ḥusb; Koordinaten: 1734.0242; N 30° 47' 50'', E 35° 14' 43'') und → Ramat Rahel (arabisch: Chirbet Ṣāliḥ; Koordinaten: 1706.1275; N 31° 44' 24'', E 35° 13' 00''), beide aus der späten Eisenzeit IIC. Die Favissae im Hof des Palastgebäudes von Ramat Rahel enthielten vorwiegend Reste von Mahlzeiten (Fulton u.a., 29-48), während die Favissae vor dem Festungsgebäude von ‘Ēn Ḥaṣevāh im → Negev, neben den Resten eines Kultgebäudes angelegt, ein festes Set aus (teilweise anthropomorphen) Kultständern und Räucherschalen boten (Ben-Arieh, 107-175). Offensichtlich handelt es sich hier um Kultgeräte des Kultraums, die anlässlich der Zerstörung des Kultraums rituell bestattet wurden. Eine rituelle Bestattung von Gefäßen für Opfergaben wurde in → Kuntillet ‘Aǧrūd (Koordinaten: 0948.9554 N 30° 11' 35'', E 34° 25' 16'') in einem Eckraum (L13) neben der Kultnische des Eingangsbereichs Bench Room nachgewiesen (Meshel, 28-30).

3.3.4. Perserzeit

Die Befunde für rituelle Bestattung in der Perserzeit konzentrieren sich auf Orte in der phönizisch dominierten Küstenebene und des küstennahen Hinterlands, der Schefela. Allerdings konnte bei keinem Befund ritueller Bestattung ein nahe liegendes Heiligtum gefunden werden – oft auf Grund des schlechten Erhaltungszustands der perserzeitlichen Schicht. Dennoch ist aufgrund der Analogien zu phönizischen und zyprischen Favissae davon auszugehen, dass es sich auch bei den Gruben mit Figurinenfunden in Tel Ṣippor (arabisch: Tell eṭ-Ṭuyūr; Koordinaten: 1248.1181; N 31° 39' 17'', E 34° 44' 02''), Tel ‘Erani (arabisch: Tell eš Šēḫ Aḥmed el-‘Arēni; Koordinaten: 1298.1133; N 31° 36' 41'', E 34° 47' 07''), Dor L4321 (Areal C1) und L228 (Areal B) (Koordinaten: 1424.2247; N 32° 37' 00'', E 34° 55' 02'') und möglicherweise auch in Lachisch, Areal 500 um Favissae handelt (Negbi, 1-22; Ciasca, 45-63; Stern, 277-287). Bei einer in → Akko (Koordinaten: 158.258; N 32° 55' 17'', E 35° 05' 15'') in Areal F gefundenen Grube (L46) mit kostbarem attischen und ostgriechischen Essgeschirr und Tierknochen handelt es sich vermutlich um die rituelle Bestattung nach einer Kultmahlzeit (marzeaḥ; Raban, 73-98). Alle genannten Favissae datieren um 400-350 v. Chr.

4. Religionsgeschichtliche Bedeutung

Rituelle Bestattung ist ein weltweit gebräuchliches Phänomen, das seit dem Neolithikum bis in die Neuzeit nachgewiesen werden konnte (Straßburger, noch nicht erschienen). Die Befunde deuten darauf hin, dass rituelle Sekundärbestattung in Israel / Palästina seit dem Neolithikum bis zum Ende der Königszeit (587 v. Chr.) ein fester Teil des Kultgeschehens war. Der Ritus bestand aus rituellem Zerbrechen der Gegenstände und der Bestattung in Gruben im Hofbereich neben dem jeweiligen Kultgebäude. Er unterschied sich nicht von dem Ritus der syro-phönizischen Nachbarregion.

Über den Zeitraum der Spätbronzezeit bis zur babylonischen Eroberung blieb die Form der Bestattung im Gebiet der zeitweiligen Königreiche Israel und Juda fast unverändert. Veränderungen zeigten sich allerdings in der Position der Kultgebäude und der Art der bestatteten Gegenstände. Die Favissae der Spätbronzezeit lagen an monumentalen Stadttempeln und öffentlichen Kulträumen, wo in hohen Mengen Votivgaben abgelegt und schließlich rituell bestattet wurden. Diese Votivgaben fehlen dagegen fast vollständig in den Favissae der kleineren, oft nur einer Elite zugänglichen einräumigen palastnahen Kulträume der Königszeit (Eisenzeit IIB-C). Die Überreste von Kultmahlzeiten sind dagegen durchgängig nachweisbar. Mit der Zerstörung der einräumigen Kultanlagen (Jericke, 177-191) im Rahmen der babylonischen Eroberungen endete auch der Ritus der Sekundärbestattung in Juda. Ab der Perserzeit gibt es im Raum der Provinzen Yehud und Samaria keine archäologischen Hinweise auf rituelle Bestattung mehr. Im Alten Testament werden rituelle Bestattungen nicht erwähnt. In den eher phönizisch geprägten Gebieten der Küstenregion und der Schefela blieb die rituelle Bestattung dagegen noch bis in die hellenistische Zeit erhalten.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Favissa im Heiligtum des Apollo Hylates in Kourion. © Nicole Straßburger
  • Wagenlenker aus Terrakotta (gefunden im Heiligtum des Apollo Hylates in Kourion). Im Kourion-Museum, Episkopí; © Nicole Straßburger
  • Mittelbronzezeitlicher Tempel von Hazor mit einer Favissa im Zentrum. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2014)
  • Auffangschale für flüssige Opfergaben in Form einer Elfenbeinhand aus Favissa L175 (Grabentempel in Lachisch). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum (Nr. 160162)
  • Die Kultstätte von ‘Ēn Ḥaṣevāh. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2015)

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