Deutsche Bibelgesellschaft

(erstellt: August 2010)

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Stein; → Eckstein

1. Begrifflichkeit

Die beiden Wörter צוּר ṣûr und סֶלַע sæla‘, die in der Hebräischen Bibel 74- bzw. 56-mal vorkommen, bedeuten „Fels“ im Sinne von Felsmassiv, Felsblock und Felsgestein (vgl. צר ṣor „Kiesel / Steinmesser“). חַלָּמִישׁ challāmîš (5-mal) meint einen Kiesel oder harten Stein. Schließlich bedeutet auch כֵּף kef (2-mal) „Fels“. Die Septuaginta übersetzt meist mit πέτρα pétra, dem auch im Neuen Testament (15-mal) verwendeten Begriff. Zum weiteren semantischen Feld gehört der allgemeinere Begriff → „Stein“ (hebräisch אֶבֶן ’ævæn bzw. griechisch λιθος líthos).

Einige Namen sind mit צוּר ṣûr oder סֶלַע sæla‘ gebildet. Personennamen sind z.B. Zurischaddai „Schaddai ist mein Fels“ (Num 1,6 u.ö.), Zuriël „Gott ist mein Fels“ (Num 3,35), Elizur „mein Gott ist ein Fels“ (Num 1,5) sowie die für mehrere Männer belegte Kurzform → Zur (Num 25,15). Als Ortsnamen sind z.B. der „Rabenfels“ bzw. „Fels Oreb“ in Ri 7,25 und die Stadt Sela (סֶלַע sæla‘) in 2Kön 14,7 zu nennen.

2. Gegenständlicher Gebrauch

Felsen bilden einen allgegenwärtigen Bestandteil der Topographie Palästinas und kommen daher in der Bibel häufiger vor. Werkzeuge konnten aus „Fels“ (צוּר ṣûr) hergestellt werden, d.h. wohl aus Feuerstein. Insbesondere werden steinerne Messer erwähnt, mit denen die Israeliten nach Jos 5,2f vor der Landnahme beschnitten wurden. Die Verwendung von Stein statt Metall scheint im Zusammenhang mit dem Kult eine besondere Bedeutung gehabt zu haben (vgl. Ex 4,25; Ex 20,25; Dtn 27,5; Jos 8,31).

3. Metaphorischer Gebrauch

3.1. Härte, Festigkeit, Zuverlässigkeit

Für Sprache und Theologie der Bibel ist vor allem die häufige metaphorische Verwendung des Begriffs relevant. Der Fels symbolisiert auch transkulturell Härte, Festigkeit, Zuverlässigkeit usw. So ist auf dem Fels, anders als im Schlamm, ein sicherer Stand möglich (Ps 40,3), und nur das auf Fels gebaute Haus überdauert den Sturm (Mt 7,24f par Lk 6,48). Die Worte → Hiobs sollen in den Felsen gemeißelt werden, um bis zur Ankunft seines Fürsprechers erhalten zu bleiben (Hi 19,23-25). Nicht zuletzt bietet Gott als der Fels absolute Sicherheit (Ps 18,3; zu Gott als Fels s.u. 3.4.). Der Fels kann also für feste Zuversicht stehen, umgekehrt seine Erosion für den Verlust der Zuversicht (Hi 14,18).

Die Härte des Felsens kann auch negativ konnotiert sein: als Beschreibung für den unbewegten Gesichtsausdruck, der eine innere Starrheit und Verschlossenheit zum Ausdruck bringt (Jes 50,7; Jer 5,3; vgl. Ez 3,8f). In eine ähnliche Richtung geht die Metapher vom steinernen Herzen (Ez 11,19; Ez 36,26). Im Gleichnis vom Sämann kann das Samenkorn auf dem unfruchtbaren Felsengrund keine Wurzel treiben: Der Glaube bleibt oberflächlich und ist nicht von Dauer (Lk 8,6.13).

Wenn Felsen bersten, weist dies auf eine immense Krafteinwirkung und somit auf die Anwesenheit einer großen Macht hin, etwa bei dem Erscheinen Gottes (1Kön 19,11; Nah 1,6; Mt 27,51; → Epiphanie). Das Wort Gottes ist wirkmächtig wie ein Hammer, der Felsen zertrümmert (Jer 23,29). Doch auch der Mensch ist in der Lage, Felsen zu durchgraben, was seine überragende Leistungsfähigkeit gegenüber der anderer Geschöpfe verdeutlicht (Hi 28,9).

3.2. Der Fels als Zufluchtsort

Felsen und Felsenklüfte dienten auch als Verstecke und Schutzorte (z.B. 1Sam 13,6). Der Gerechte wohnt bildlich gesprochen im Schutz der Felsen sicher (Jes 33,16). Andererseits ist das Leben in Felsspalten mit Entbehrungen verbunden. Nur verachtenswerte Menschen betrachten diese als dauerhaften Wohnsitz (Hi 30,6; vgl. Hi 24,8), und es ist beklagenswert, wenn sich Städte leeren, weil deren Bewohner aus Angst vor dem Feind in die Berge fliehen (Jer 4,29; Jer 48,28).

Gegen das Gericht Gottes, z.B. durch die Assyrer, bieten jedoch selbst Felsklüfte keinen sicheren Schutz (Jes 2,10.19.21; Jes 7,19; Jer 16,16). Um sich dem Gericht Gottes zu entziehen, würde den Israeliten nur noch helfen, von den Hügeln gleichsam völlig begraben zu werden (Hos 10,8), eine Hyperbel, die im Neuen Testament im Zusammenhang mit dem Endgericht wieder aufgegriffen wird (Lk 23,30; Apk 6,15f).

3.3. Der Fels als erhabener Ort

Die Höhe von Felsen kann → Stolz versinnbildlichen. So nistet der stolze → Adler bzw. → Geier in felsigen Höhen (Hi 39,27f), und die Überheblichkeit des im Gebirge nistenden → Edoms wird zu dessen Sturz führen (Jer 49,16; Ob 3; vgl. Num 24,21). Auch Jerusalem, das hochmütig über den Felsen thront, wird gerichtet (Jer 21,13).

An einigen Stellen ist die Höhe positiv konnotiert: Wen Gott über seine Feinde erhebt, den stellt er bildlich auf einen Felsen (Ps 27,5; Ps 61,3). Ob damit auf den Jerusalemer Tempelberg angespielt wird, ist umstritten (dagegen argumentieren z.B. Hossfeld / Zenger, 173f).

3.4. Gott als Fels

In der Hebräischen Bibel wird Gott selbst ca. 35-mal als Fels bezeichnet. Das Bild steht neben einer Fülle anderer Bilder von Gott, die durchaus in Spannung zueinander stehen können. Dies zeigt, dass sie jeweils nur Aspekte Gottes, und zwar unterschiedliche Aspekte, veranschaulichen wollen. So widersetzt sich Israels Gottesbild einer reduktionistischen Homogenisierung (vgl. Brueggemann, 261-266).

Die Belege, die meist das Wort צוּר ṣûr verwenden, finden sich ausschließlich in poetischen Texten, vor allem im Psalter (19-mal) und im „Lied des Mose“ in Dtn 32 (6-mal). Aber auch die programmatischen poetischen Stücke am Anfang und Ende der Samuelbücher greifen das Bild auf (1Sam 2,2; 2Sam 23,3; außerdem 2Sam 22 = Ps 18, mit vier Belegen). Schließlich sind das Jesajabuch (Jes 17,10; Jes 26,4; Jes 44,8) sowie Hab 1,12 zu nennen.

Verschiedene Eigenschaften Gottes werden mit dem Bild des Felsens illustriert. Vor allem steht es für die Sicherheit und Geborgenheit, die der Beter bei Gott erlebt, vergleichbar mit dem Schutz, den eine hochgelegene Felsenburg vor dem Feind bietet (Ps 18,3; Ps 31,3f u.a.). Gelegentlich werden auch andere Verbindungen hergestellt: Wie der Fels die Zeiten überdauert, so ist auf Gott für alle Zeiten Verlass (Ps 73,26; Jes 26,4); wie ein Fels beständig ist und dem Druck standhält, so ist Gott vollkommen, gerecht und wahrhaftig (Dtn 32,4; Ps 92,16; vgl. 1Sam 2,2f).

Über die Hälfte der Belegstellen nennen jedoch keinen konkreten Vergleichspunkt. Das Bild von Gott als Fels ist so geläufig, dass es sich zu einer stehenden Metapher entwickelt und das Wort צוּר ṣûr geradezu die Funktion eines Beinamens Gottes übernimmt. So bezeichnet eine ganze Reihe von Stellen Gott als „Fels des Heils“ oder „Fels und Erlöser“, ohne dass das tertium comparationis eindeutig zu bestimmen wäre (Dtn 32,15; Ps 89,27; Ps 95,1 u.a.). Ganz ohne erklärende Zusätze wird der Begriff z.B. in der Anrede „Jhwh, mein Fels“ (Ps 28,1; vgl. Ps 42,10) oder in der Bezeichnung Gottes als „Fels Israels“ (2Sam 23,3) verwendet. Das Lied des Mose schließlich beschreibt Gottes Gerichtshandeln mit den Worten: „ihr Fels hat sie verkauft“ (Dtn 32,30). Die Götter der anderen Völker werden zu unterlegenem Felsen: „Denn nicht wie unser Fels ist ihr Fels” (Dtn 32,31.37).

Dem Bild von Gott als Fels eng verwand ist das Bild von Gott als → Berg, das sich ebenfalls auch außerhalb Israels findet. Der sumerische Gott Enlil erhält beispielsweise oft das Beiwort „der große Berg“ (Ringgren 69f, mit Textbeispiel aus Falkenstein, Nr. 1; vgl. Albright 188f). Dahinter steht die im Alten Vorderen Orient verbreitete Vorstellung, dass Götter ihren Wohnsitz auf hohen Bergen haben. Eine Verknüpfung dieser Vorstellung mit dem Berg Zion als Wohnort Jhwhs und Standort des Jhwh-Tempels liegt nahe und wird in der Bildsprache des Alten Testaments auch vollzogen (Ps 48,3; vgl. Jes 30,29; anders Jes 14,13; Ps 121,1).

Die Frage nach der zeitlichen Einordnung der Metaphorik wird kontrovers diskutiert. Freedman (93.114f) ordnet das Bild der Königszeit ab dem 10. Jh. v. Chr. zu, u.a. wegen der gehäuften Vorkommen in den Samuelbüchern und Davidspsalmen. Haag (879) stellt ebenfalls die Beziehung zum Berg Zion her, siedelt die Metaphorik aber um die Ereignisse von 701 v. Chr. (Bewahrung des Zion vor dem Angriff der Assyrer) oder 515 v. Chr. (Einweihung des zweiten Tempels) an. Wegen der weiten zeitlichen und räumlichen Verbreitung der Fels- und Berg-Metaphorik in den umgebenden Kulturen bleibt die Argumentation unsicher.

Die Tendenz der → Septuaginta, die bildliche Redeweise über Gott abzuschwächen, ist auch bei dem Bild von Gott als Fels erkennbar. Die Übersetzer geben das Wort צוּר ṣûr an den entsprechenden Stellen mit Begriffen wie „Helfer“, „Stärke“ oder auch einfach „Gott“ wieder.

3.5. Der Wasser spendende Fels als Heilszeichen

Einige Stellen kontrastieren die Kargheit von Felsen mit Honig und mit Öl, die man auf ihnen finden kann (Dtn 32,13; Ps 81,17; Hi 29,6). Beim Honig ist wahrscheinlich an Bienenstöcke in Felsspalten gedacht (vgl. auch die Biene Assur in Jes 7,18f; → Milch und Honig; → Biene); bei Öl möglicherweise an Ölbäume, die auf felsigem Untergrund wachsen. Sowohl Honig als auch Öl sind im Gegensatz zum Felsen weich bzw. flüssig und nahrhaft. An den genannten Stellen geht es jeweils darum, dass Gott überraschend reichhaltig versorgt.

Ein vergleichbares Bild, nämlich das vom Wasser, das aus dem Felsen sprudelt, findet sich in den Erzählungen von der → Wüstenwanderung. Ex 17,1-7 und Num 20,1-13 erzählen, wie → Mose auf die Anordnung Gottes in der Wüste → Wasser aus einem Felsen sprudeln lässt, um das murrende Volk zu versorgen (→ Murren). Das Motiv illustriert die Güte Gottes als dem wunderbaren Versorger Israels. Es wird an einigen Stellen aufgegriffen, um zu Ehrfurcht und Respekt gegenüber Gott anzuleiten (Dtn 8,15; Ps 114,8). Andere Texte kontrastieren Gottes Treue mit dem Versagen Israels und rufen daraufhin zur Buße auf (Ps 78,15f.20; Ps 105,41 mit Ps 106; Neh 9,15).

Das Jesajabuch beschreibt die Rückkehr Israels aus dem babylonischen Exil als einen „zweiten Exodus“ (Rendtorff, Bd. 2, 58-61). Versorgte Gott Israel unter Mose mit einer einzelnen Quelle aus dem Felsen (Jes 48,21), so brechen nun Ströme auf, die ganze Landstriche neu bewässern (Jes 35,1-10; Jes 41,17-20; Jes 43,19f u.a.)

In 1Kor 10,3-4 deutet Paulus im Rahmen einer auf das Herrenmahl bezogenen vergleichenden Betrachtung von Altem und Neuem Bund den Wasser spendenden Felsen auf Jesus Christus hin. Hierbei kommen die Bilder von Gott als „Fels des Heils“ und von Jesus als dem Geber lebendigen Wassers zusammen. Dass der Fels geschlagen werden muss, bevor er Wasser gibt, wird als Vorschattung der Kreuzigung verstanden.

Im rabbinischen Schrifttum entwickelt sich außerdem eine Legende von einem Wasser spendenden Felsen, der Israel auf seinem Weg durch die Wüste begleitet.

3.6. Der Fels des Anstoßes und der Eckstein der Gemeinde

Die Rede vom „Fels des Strauchelns“ in Jes 8,14 wird in Verbindung mit dem „Eckstein“ von Jes 28,16 und Ps 118,22 im Neuen Testament ebenfalls auf Christus gedeutet. Für die Glaubenden ist der Christus Eckstein und Fundament, für die Gegner jedoch „ein Stein des Anstoßes“ (Mt 21,42-44; Röm 9,32f; 1Petr 2,6-8).

Umstritten in ihrer Bedeutung ist die Aussage von Mt 16,18 „Du bist Petrus (pétros), und auf diesem Felsen (pétra) werde ich meine Gemeinde bauen.“ In der römisch-katholischen Auslegung wird der Fels traditionell mit der Person des Petrus identifiziert. Bei der protestantischen Auslegung steht dagegen das Bekenntnis des Petrus im Vordergrund: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes” (Mt 16,16), welches demnach Grundlage der Kirche bilden soll.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. u.a. 1993-2001
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
  • Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, Wuppertal 2000
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Albright, W.F., Yahweh and the Gods of Canaan: a Historical Analysis of two Contrasting Faiths, Winona Lake 1968
  • Brueggemann, W., Theology of the Old Testament: Testimony, Dispute, Advocacy, Minneapolis 1997
  • Falkenstein, A. (Hg.), Sumerische Götterlieder, Bd. 1, Heidelberg 1959
  • Freedman, D.N., Divine Names and Titles in Early Hebrew Poetry, in: ders., Pottery, Poetry and Prophecy: Collected Essays on Hebrew Poetry, Winona Lake 1980
  • Haag, E., Art. סֶלַע sæla‘, in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Bd. 5, Stuttgart u.a. 1986, 872-880
  • Hossfeld, F.-L. / E. Zenger, Psalmen 51-100, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, 3. Aufl., Freiburg u.a. 2000
  • Rendtorff, R., Theologie des Alten Testaments. Ein kanonischer Entwurf, Neukirchen-Vluyn 1999-2001
  • Ringgren, H., Die Religionen des Alten Orients, Das Alte Testament Deutsch Ergänzungsreihe, Göttingen 1979
  • Werbick, J., „Auf der Spur der Bilder“, Bibel und Kirche 54 (1999), 2-9

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