Fremder (AT)
(erstellt: November 2009)
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1. Einleitung
Im Blick auf Fremde ist im Alten Testament in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren: 1) nach Literaturgattungen (Recht, Erzählungen, prophetische Texte, Psalmen) und 2) nach unterschiedlichem sozialen Status (Immigrant, Beisasse, Ausländer), ferner zeitlich sowie nach Einzelnen und Volksgruppen.
Einzelne Fremde werden vor allem als „Fremdlinge“ und als „Ausländer“ bezeichnet. „Fremdling“ (גֵּר ger) meint einen „Schutzbürger“ oder Immigranten mit ethnisch fremder Herkunft, der sich auf Dauer in Israel niedergelassen hat; er hat nicht den Status eines Israeliten, genießt aber besonderen Schutz und wird in unterschiedlichem Ausmaß in die israelitische Volks- und Kultgemeinschaft integriert. Ein „Ausländer“ (נָכְרִי nåkhrî bzw. בֶּן־נֵכָר bæn nekhār) hat dagegen keinen Sonderstatus mit besonderen Schutz- und Förderungsmaßnahmen.
Das Substantiv תּוֹשָׁב tôšāv wird meist mit „Beisasse“ wiedergegeben. Es handelt sich dabei um eine Person, die sich an einem Ort fest niedergelassen hat, der nicht mit ihrem Herkunftsort identisch ist, dort aber kein volles Bürgerrecht besitzt. Über die genauere Verhältnisbestimmung zum גֵּר ger besteht keine Klarheit. Bei der Bezeichnung גֵּר וְתוֹשָׁב ger wətôšāv handelt es sich vermutlich um ein Hendiadyoin, dessen Bedeutung vom einfachen גֵּר ger nicht abweicht.
Neben den beiden dominierenden Begriffen גֵּר ger und נָכְרִי nåkhrî gibt es den Terminus „Fremder“ (זָר zār) sowie konkrete Bezeichnungen nicht-israelitischer ethnischer Herkunft, sowohl auf Einzelne wie auch auf Gruppen bezogen; eine Entsprechung zur abstrakten Pauschalbezeichnung „Fremder“ fehlt weitgehend. Mit זָר zār wird jemand bezeichnet, der nicht der von einem Text direkt angesprochenen Personengruppe angehört; wenn es dabei um ethnisch Fremde geht, ist die Bezeichnung oft im Sinne von „feindlicher Fremder“ zu verstehen.
Nach einer verbreiteten Auffassung stehen sich innerhalb der hebräischen Bibel unterschiedliche Stimmen zum Umgang mit den verschiedenen Gruppen von Fremden gegenüber: Solchen, die eine stärker abgrenzende Position vertreten (z.B. → Esra
2. Allgemeiner Forschungsüberblick
2.1. Fremdling (גֵּר)
Nach einer Mehrheit der Ausleger handelt es sich beim „Fremdling“ (גֵּר ger; auch mit „Schutzbürger“ übersetzt) in den meisten Fällen um eine Person fremder ethnischer Herkunft. Diese sei in ihrem ursprünglichen Status, wie er vor allem im → Bundesbuch
Als Ursachen für die Niederlassung des Fremdlings in einer fremden Umgebung werden im Wesentlichen die folgenden genannt: Hungersnot (vgl. Gen 12,10
Zur Stellung der Fremdlinge in der israelitischen Gesellschaft finden sich verschiedene Entwicklungsmodelle. In der Regel wird angenommen, dass im Laufe der Geschichte Israels eine zunehmende religiöse und bürgerliche Integration und Assimilation des Fremdlings stattfand; diese habe ihren Höhepunkt in der Stellung des Fremdlings in den priesterlichen Dokumenten gefunden, in deren letzten Schichten „Fremdlinge“ den vollbürtigen Israeliten faktisch gleichgestellte, mehr oder weniger vollständig integrierte Proselyten bezeichnen (so z.B. Martin-Achard, 1984a, 411; Vogels, 233).
Über die genauere Herkunft der als Fremdlinge bezeichneten Fremden finden sich verschiedene Mutmaßungen. Eine der gängigen lautet, dass es sich bei den Fremdlingen vor allem um die im Land verbliebenen Kanaanäer handle (so z.B. Bächli, 128). Nach einer anderen Vermutung handelt es sich primär um Flüchtlinge aus dem Nordreich, die in der Zeit der assyrischen Angriffe auf dieses Gebiet nach Juda flohen (so z.B. Crüsemann, 16; Görg, 224). Wegen der Verwandtschaft mit den Judäern kann in diesem Fall natürlich nicht von einer ethnischen Fremdheit im vollen Sinn gesprochen werden. Ein weitgehend nicht-ethnisches Verständnis der „Fremdlinge“ liegt auch dort vor, wo in Fremdlingen der späteren, priesterlichen Bestimmungen solche Israeliten bzw. Judäer gesehen werden, die nicht im babylonischen Exil waren und darum nicht zum engeren Kreis der Rückkehrergemeinde gehörten (so van Houten, 154f.). Eine noch radikalere Infragestellung der ethnischen Auffassung der Fremdlinge findet sich bei Bultmann, der den Terminus ger in den ältesten Schichten des Deuteronomiums als „sozialen Typenbegriff“ im Sinne der Bezeichnung eines Minderprivilegierten aus dem eigenen Volk deutet (s. Bultmann, 93; zur Kritik dieser These s. Zehnder, Umgang 285f.).
2.2. Ausländer (נָכְרִי)
Der als „Ausländer“ (נָכְרִי nåkhrî) bezeichnete Fremde wird in aller Regel als einzelner Fremder verstanden, der sich meist nur zeitweise in Israel aufhält, jedenfalls keine weitreichenden Bemühungen um Assimilation an die israelitische Gesellschaft erkennen lässt und auch keinen besonderen rechtlichen Schutz genießt – in wesentlichen Punkten also vom „Fremdling“ klar unterschieden ist (so z.B. Bultmann, 93; Martin-Achard, 1984a, 67f.; Vogels, 230f.). Es findet sich aber auch die gegenläufige Ansicht, dass der „Ausländer“ „wenig Gewicht auf seinen angestammten nationalen Charakter“ lege und die Tendenz habe, „sich dem Volke zu nähern und sich zu assimilieren“ (Bächli, 44). Wiederholt wird hervorgehoben, dass es vor allem wirtschaftliche Beziehungen seien, die den „Ausländer“ mit den Israeliten verbinden (s. z.B. Bächli, 44; Welten, 132). Seine wirtschaftlich-soziale Stellung sei eher die eines „Starken“ als die eines „Gefährdeten“ (so z.B. Bultmann, 96).
3. Gesetzliche Bestimmungen
Wichtig ist zunächst die im Vergleich zum Umfeld keineswegs selbstverständliche Tatsache, dass verschiedene Gruppen von einzelnen oder kollektiven Fremden überhaupt in den Gesetzessammlungen – und zwar in allen – als besondere Subjekte vorkommen. Dies steht in auffälligem Gegensatz etwa zu den Verhältnissen in Mesopotamien. Im Rahmen der biblischen Geschichtsdarstellung ist dieser Sachverhalt vor allem durch die häufigen Hinweise (unter Verwendung der Wurzel gwr) auf die Erfahrung der Fremdlingschaft der Väter und des werdenden Volkes in Kanaan und Ägypten erklärbar.
3.1. Fremdling (גֵּר)
3.1.1. Dekalog
Im Zusammenhang des Sabbatgebots (→ Dekalog
Bei der Frage, ob das Arbeitsverbot als Berechtigung oder als Verpflichtung des Fremdlings zu verstehen ist, finden sich gewichtigere Argumente für die erste Alternative, ohne dass allerdings das Element der Verpflichtung ganz ausgeschlossen werden kann (s. zum Näheren Zehnder, Umgang 313f.).
3.1.2. Bundesbuch
An drei Stellen wird innerhalb des sog. → Bundesbuches
Bei Ex 22,20
Die Schutzbestimmungen für den Fremdling werden in beiden Versen mit dem Hinweis auf die Fremdlings-Erfahrung der Israeliten in Ägypten motiviert.
Der Einbezug des Fremdlings in die Sabbatruhe in Ex 23,12
Allen auf den Fremdling bezogenen Weisungen innerhalb des Bundesbuches ist gemeinsam, dass sie ihn nicht als verantwortliches Subjekt der Gebotserfüllung, sondern als passiven Nutznießer von Geboten, die sich an den israelitischen Vollbürger richten, in den Blick nehmen. In seiner sozialen Stellung erscheint der Fremdling als ein vom angesprochenen israelitischen Vollbürger abhängiger „Klient“.
3.1.3. Priesterliche Gesetzessammlungen (Leviticus und Numeri; Ex 12)
In den priesterlichen Gesetzestexten ist an 30 Stellen vom „Fremdling“ die Rede. An zwei Stellen werden die Israeliten selber als „Fremdlinge“ bezeichnet: Lev 19,34
Thematisch sind die den Fremdling betreffenden Bestimmungen wie folgt zu ordnen: a) Kultischer Bereich: Ex 12,19
Der Fremdling wird sowohl in kultischen und moralischen Gesetzen als auch im Bereich des Körperverletzungsrechts als verantwortliches Subjekt angesprochen. Dabei lassen sich folgende Tendenzen feststellen: Bei den nicht-kultischen Bestimmungen liegt praktisch eine Gleichbehandlung des Fremdlings mit dem Einheimischen (אֶזְרָח ’æzrāch) vor. Was die kultischen Bestimmungen betrifft, ist die Situation komplexer. Deutlich erkennbar ist ein Bemühen um eine weitgehende Integration des Fremdlings in die israelitische Volks- und Kultgemeinschaft auf allen Ebenen. Dennoch behält er einen rechtlichen Sonderstatus als Fremdling bzw. „Klient“.
Das Schwergewicht der Erwähnungen des Fremdlings in den priesterlichen Gesetzen fällt auf den kultischen Bereich. Einige der betreffenden Bestimmungen eröffnen dem Fremdling einen Zugang zum israelitischen Kult und regeln die Art seiner Teilnahme daran, in der Mehrzahl der Fälle so, dass sie dem Fremdling die Teilnahme am JHWH-Kult als Option offen halten, gleichzeitig aber festlegen, dass bei einer Partizipation für ihn die gleichen Rechte und Pflichten wie für den vollbürtigen Israeliten gelten.
In einer zweiten Gruppe von Bestimmungen wird dem Fremdling zur verbindlichen Pflicht gemacht, einige der grundlegenden kultischen Regelungen, die für die vollbürtigen Israeliten gelten, ebenfalls zu respektieren, unabhängig davon, wieweit er sich religiös in die Kultgemeinschaft der Israeliten integrieren will. Bei diesen Geboten geht es insbesondere um die Vermeidung jeden „Gräuels“ und die Beseitigung jeder Schuld und Unreinheit, die das Land und das Heiligtum beflecken und die – wenn nicht gesühnt – dazu führen würden, dass das Land die Bewohner insgesamt „ausspeit“. Ebenso wird der Fremdling da zur Einhaltung gewisser Bestimmungen aufgefordert, wo ein abweichendes Verhalten die israelitische Gesellschaft als Ganze unmittelbar tangieren bzw. die Einhaltung bestimmter Ordnungen durch die vollbürtigen Israeliten erschweren würde, was wiederum negative Auswirkungen auf den Bestand ganz Israels im von Gott verheißenen Land nach sich zöge. Die Forderung der Einhaltung eines Mindestmaßes an jahwistisch inspirierten kultischen Vorschriften bedeutet aber nicht, dass der Fremdling genötigt würde, die JHWH-Religion insgesamt zu übernehmen. In der Tendenz bedeutet das praktisch, dass der Fremdling in der Regel in die Verbote einbezogen und von den Geboten dispensiert wird (s. Milgrom, 171).
Aufgrund dieser Beobachtungen ist deutlich, dass der Fremdling nicht direkt mit einem „Proselyten“ gleichgesetzt werden kann. In die gleiche Richtung weist die Tatsache, dass der Fremdling nicht nur in kultischen Ordnungen, sondern – wenngleich eher am Rand – auch als Nutznießer sozialer und allgemein humanitärer Bestimmungen auftritt.
1) Obligatorische Bestimmungen. Zur Gruppe von kultischen Gesetzen, die für jeden Fremdling verbindlich sind, gehört insbesondere das Verbot der Arbeit am großen Versöhnungstag (Lev 16,29
Weitere Bestimmungen innerhalb dieser Kategorie der obligatorischen Inpflichtnahme des Fremdlings sind: Verbot von Gesäuertem (Ex 12,19
2) Fakultative Bestimmungen. Als herausragendes Beispiel für diejenige Gruppe von kultischen Gesetzen, die für den Fremdling fakultativen Charakter haben, ist auf die Bestimmungen zur Passafeier in Ex 12,43ff
In ihrer Grundtendenz gehen die Bestimmungen zum Passa dahin, dass an diesem Fest nur derjenige teilnehmen soll, der sich mehr oder weniger permanent in Israel aufhält und der bereit ist, sich soweit religiös mit Israel zu identifizieren, dass er auch den weitreichenden Eingriff der Beschneidung auf sich nimmt. Die umstrittene Frage, ob man die Beschneidung als faktische Eingliederung in den religiösen Verband Israels auffassen darf, ist positiv zu beantworten, da es schwierig ist, sich vorzustellen, dass die Beschneidung etwas grundsätzlich anderes als die Aufnahme in die israelitische Kultgemeinschaft sein sollte. Auf der anderen Seite ist aber einzuräumen, dass die Beschneidung einen Fremdling noch nicht zum Vollbürger mit allen damit verbundenen Rechten macht; denn dazu gehört der Besitz von eigenem Land, und dieser wird ihm nicht schon mit seinem Übertritt in die israelitische Kultgemeinschaft, sondern erst auf dem Weg über die Einheirat in eine israelitische Familie möglich geworden sein.
Weitere Bestimmungen der fakultativen Klasse sind die Gesetze über die Darbringung von Brand- und Schlachtopfer in Lev 17,8f
Wendungen wie „ein Gesetz soll gelten für euch, für den Fremdling wie für den Einheimischen“ (so Lev 24,22
3.1.4. Deuteronomische Gesetze
Im Deuteronomium ist vom „Fremdling“ an 18 Stellen die Rede, wie in den priesterlichen Gesetzeskorpora stets in Parallele zu einer anderen sozialen oder ethnischen Bezeichnung, wobei im Deuteronomium die sozialen Bezeichnungen überwiegen (besonders häufig Witwe und Waise); Parallelsetzungen mit „Einheimischer“ (אֶזְרָח ’æzrāch), „Haus Israel“ (בֵּית יִשְׂרָאֵל bêt jisrā’el) und „Söhne Israels / Israeliten“ (בְּנֵי יִשְׂרָאֵל bənê jisrā’el) finden sich hier nicht.
Anstelle der vor allem im Heiligkeitsgesetz üblichen Wendungen „in eurer Mitte“ (בְּתוֹכָם bətôkhām), „bei euch“ (אִתְּכֶם ’ittəkhæm) und „in eurem Land“ (בְּאַרְצְכֶם bə’arṣəchæm) findet sich im Deuteronomium häufig die Prädizierung des „Fremdlings“ sowohl mit einem Personalsuffix, vor allem „dein Fremdling“ (Dtn 5,14
Die speziellen wirtschaftlichen Fürsorgebestimmungen für den Fremdling lassen die Annahme zu, dass er – anders als das im Bundesbuch (und eventuell im Dekalog) vorausgesetzt zu sein scheint – nicht (mehr) als Teil des Haushaltes des israelitischen Vollbürgers und Grundbesitzers im Blick steht. Auch die dominierenden Näherbestimmungen „in deinen Toren“ und „in deiner Mitte“ weisen möglicherweise darauf hin, dass der Fremdling rechtlich nicht (mehr) in die Zuständigkeit eines „Patrons“, sondern der lokalen Dorfgemeinschaft als ganzer fällt. Diese Formulierungen sind wohl zugleich als Hinweis darauf zu verstehen, dass die Fremdlinge über keinen eigenen Landbesitz verfügen.
Thematisch sind die den Fremdling betreffenden Bestimmungen wie folgt zu ordnen: a) Kultische Bestimmungen: Dtn 14,21
Der Fremdling taucht primär, ja fast ausschließlich, als Objekt der sozialen Gesetzgebung, konkret als Begünstigter verschiedener wirtschaftlicher bzw. sozialer Förderungs- und rechtlicher Schutzmaßnahmen, auf. Dagegen wird auf seine zivil- und kultrechtliche Stellung anders als in den priesterlichen Gesetzeskorpora nie (Zivilrecht) bzw. kaum (Kultrecht) Bezug genommen; ebenso fehlt eine Erwähnung in Bestimmungen zum moralischen Bereich. Der Fremdling ist nicht einfach ein „Armer“, aber er steht in einer sozialen und rechtlichen Position, die zur Armut führen kann, wenn nicht besondere Schutz- und Förderungsmaßnahmen ergriffen werden.
3.2. Ausländer (נָכְרִי)
Vom „Ausländer“ (נָכְרִי nåkhrî bzw. בֶּן־נֵכָר bæn nekhār) ist außer in Ex 12,43
Im Abschnitt Dtn 15,1-3
Die Bestimmungen zum → Zinsverbot
Die Bestimmungen von Dtn 14,21
3.3. Weitere Kategorien von Fremden
In den Gesetzessammlungen tauchen neben „Fremdlingen” und „Ausländern“ weitere Kategorien von Fremden auf, nämlich Angehörige bestimmter Volksgruppen. Am wichtigsten dabei sind die → Kanaanäer
Das Gesetz über den Eintritt in die Gemeinde in Dtn 23,2-9
4. Erzählungen
Gegenüber den Gesetzestexten ergibt sich in den historischen bzw. erzählenden Berichten der hebräischen Bibel insofern eine Verschiebung, als zwar relativ häufig von dauerhaft in Israel niedergelassenen Einzelnen und Gruppen die Rede ist, die auf Grund ihres Namens oder (häufiger) einer spezifischen ethnischen Herkunftsangabe als Fremdstämmige erkennbar sind; dagegen tauchen die Bezeichnungen „Fremdling“ und „Ausländer“ nur selten auf.
4.1. Fremde in Erzählungen über die vorstaatliche Zeit
Von dem unter 3.1.3 erwähnten Grenzfall Ex 12
Im Blick auf die Zeit der Landnahme erwähnt das Buch → Josua
Wesentlich breiteren Raum nimmt die Darstellung des Verhältnisses zu den kanaanäischen Vorbewohnern des verheißenen Landes ein. Das dominierende Motiv ist dabei dasjenige des → „Banns
In auf die Richterzeit bezogenen Erzählungen taucht einmal der Terminus „Ausländer“ (in der fem. Variante „Ausländerin“) auf, mit Bezug auf die Moabiterin → Rut
Weiter finden sich verschiedene direkte oder indirekte Hinweise auf Mischehen (Ri 3,3
4.2. Fremde in Erzählungen über die Königszeit
1) Fremdling. Was die Gruppe der Fremdlinge angeht, ist der → Amalekiter
Weiter ist von Fremdlingen in 1Chr 22,2
2) Ausländer. Vom „Ausländer“ ist ebenfalls nur selten die Rede. Ittai aus Gat, Anführer einer 600-Mann starken philistäischen Fremdsöldnertruppe, wird als Ausländer bezeichnet (2Sam 15,19
Im Tempelweihgebet Salomos findet sich die Bitte, dass JHWH auf einen Ausländer, der aus einem fernen Lande um des Namens JHWHs willen nach Jerusalem kommt und „zu diesem Haus“ gewendet betet, hören möge, damit alle Völker der Welt den Namen JHWHs erkennen und ihn fürchten (1Kön 8,41-43
3) Weitere Fremde. Neben den vereinzelten Erwähnungen von „Fremdlingen“ und „Ausländern“ ist von zahlreichen weiteren Fremden die Rede, vorwiegend am Königshof. Unter diesen finden sich der Edomiter → Doëg
Es werden auch ganze Gruppen von Fremden erwähnt, die im Dienst des Königshofes stehen: die →Kreter und Pleter
4.3. Fremde in Erzählungen über die nachexilische Zeit
In Berichten über die nachexilische Zeit ist von Fremden in der Gestalt des „Fremdlings“ nicht die Rede, vom „Ausländer“ dagegen schon, allerdings unter einem gegenüber den Gesetzessammlungen veränderten Blickwinkel: Esr 9f
Unter den Israeliten lebende Fremde begegnen weiter in der Gestalt erstens der als „Tempeldiener“ (הַנְּתִינִים hannətînîm) bezeichneten Diener der Leviten, die von David und „den Fürsten“ in ihr Amt eingesetzt wurden (Esr 2,43-54
5. Prophetische Texte
5.1. Fremde in der Gegenwartskritik der Propheten
In Jer 7,6
Ähnlich wie in Jer 7,6
Von den Fremdlingen als einer besonderen, unter den Israeliten lebenden Gruppe ist auch in Ez 14,7
In Ez 44,7
Mal 2,10-16
5.2. Fremde in den Zukunftserwartungen der Propheten
Wie in den erzählenden Texten tauchen „Fremdling“ und „Ausländer“ nur am Rande auf. Viel häufiger finden sich kollektive Hinweise auf fremde Völker.
5.2.1. Fremde als Grund und Werkzeuge des Gerichts über Israel
Zu den Hauptthemen biblischer Prophetie gehört die Ankündigung des → Gerichts JHWHs
Genauso zahllos wie die Stellen, die vom drohenden Gericht Gottes über Israel sprechen, sind diejenigen, die die Überwindung der Feinde Israels und die Schaffung eines endgültigen Heilszustands für Israel ankündigen. Die nachfolgenden Abschnitte 5.2.2. bis 5.2.5. fallen in diese Kategorie.
5.2.2. Der Ausschluss der Fremden vom Zion
Verschiedene Texte sprechen die Erwartung aus, dass die Israeliten in der Situation des kommenden Heilszustandes Fremden nicht mehr dienen müssen, weder im eigenen Land noch in der Fremde (z.B. Jer 30,8f
5.2.3. Der Zug der Fremden zum Zion
In einer Reihe von Texten wird von einer Hinwendung Fremder zu JHWH gesprochen, dieser Vorgang aber ganz ohne direkten Bezug zu den Angehörigen des JHWH-Volkes in Israel oder zum Land Israel beschrieben (z.B. Jes 19,18ff
In anderen Texten findet sich die Erwartung, dass die Hinwendung der Fremden zu JHWH mit einem Zug nach Jerusalem und einem Aufenthalt in Israel einhergehen wird (z.B. Jes 2,1-4
In einer weiteren Gruppe von Texten, die vom Zug Fremder zum Zion sprechen, kommt ein spezifisches neues Element hinzu: Die Völker werden mit vollen Händen zum Zion pilgern (z.B. Jes 18,7
Schließlich ist davon die Rede, dass Angehörige fremder Völker bei ihrem Zug zum Zion die versprengten Israeliten zurückbringen (z.B. Jes 11,12
5.2.4. Die Herrschaft Israels über Fremde
Auffällig häufig ist davon die Rede, dass die Fremden den Israeliten untergeordnet werden, indem diese an ihnen das Gericht vollziehen oder dauernd über sie herrschen (z.B. Jes 11,14
5.2.5. Die Eingliederung Fremder ins endzeitliche Gottesvolk
Unter den verschiedenen Gruppen von Fremden, von denen eine Eingliederung in das endzeitliche Gottesvolk erwartet wird, finden sich die „Fremdlinge“ (Jes 14,1
Auch von anderen Gruppen als den Fremdlingen wird eine Integration in das künftige Gottesvolk erwartet. Innerhalb des Abschnitts Jes 56,1-8
Jes 61,5f
Vom endzeitlichen Anschluss einzelner Fremder an JHWH und sein Volk sprechen auch Jes 44,5
6. Psalmen
In den Gebeten der Psalmen spiegeln sich verschiedene der in den Abschnitten 3-5 genannten Bezugnahmen auf den Fremdling:
Ps 39,13
In Ps 94,6
Entsprechungen finden sich auch zu verschiedenen Aspekten prophetischer Zukunftserwartung: die (möglicherweise mit einem Zug zu seinem Heiligtum verbundene) künftige Hinwendung Fremder zu JHWH in Ps 22,28
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
- Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
- Bibeltheologisches Wörterbuch, Graz 1994
- New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2005
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Bächli, O., 1962, Israel und die Völker (AThANT 41), Zürich / Stuttgart
- Bultmann, C., 1992, Der Fremde im antiken Juda (FRLANT 153), Göttingen
- Crüsemann, F., 1987, Fremdenliebe und Identitätssicherung, WuD N.F. 19, 11-24
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- Martin-Achard, R., 4 Aufl. 1984a, Art. גּוּר gūr als Fremdling weilen, THAT I, 409-412
- Martin-Achard, R., 4 Aufl. 1984b, Art.נֵכָר nēkār Fremde, THAT II, 66-68
- Milgrom, J., 1982, Religious Conversion and the Revolt Model for the Formation of Israel, JBL 101, 169-176
- Reiterer, F.V., 1993, Du sollst den Fremden lieben wie Dich selbst (Lev 19,34), in: G. Bachl (Hg.), Die Fremden, Regensburg, 67-99
- Vogels, W., 1994, L’immigrant dans la maison d’Israël, in: J.-C. Petit (Hg.), „Où demeures-tu?“, Québec, 227-244
- Welten, P., 1986, „… ihr seid ja auch Fremdlinge gewesen in Ägypten“ (Ex 22,20) – Zur Frage nach dem Fremden im Alten Testament, in: E.L. Ehrlich / B. Klappert (Hgg.), „Wie gut sind deine Zelte, Jaakov …“, Gerlingen, 130-138
- Zehnder, M., 2001, Jesaja 14,1f.: Widersprüchliche Erwartungen zur Stellung der Nicht-Israeliten in der Zukunft?, in: B. Huwyler / H.-P. Mathys / B. Weber (Hgg.), Prophetie und Psalmen (FS K. Seybold; AOAT 280), Münster, 3-29
- Zehnder, M., 2005, Anstösse aus Dtn 23,2-9 zur Frage nach dem Umgang mit Fremden, FZPhTh 52, 300-314
- Zehnder, M., 2005, Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien (BWANT 168), Stuttgart
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