Deutsche Bibelgesellschaft

Getränke (AT)

(erstellt: November 2008)

Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/19484/

1. Allgemeines

Getränke spielten im Alltag Israels eine bedeutende Rolle. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr war gerade angesichts der oft großen Hitze in diesem Land überlebensnotwendig. Getränke waren aber auch ein ganz wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens. Sie wurden zu einer jeden Mahlzeit gereicht, sie wurden Besuchern angeboten und bei Feierlichkeiten genossen. Getränke gehörten zu den Freuden des Alltags.

Die biblischen Belege des Verbs trinken (hebr. שׁתה šātāh) sind denn auch von eben diesen beiden Aspekten, der bloßen Flüssigkeitsaufnahme einerseits und der mit dem Genuss von Getränken verbundenen Lebensfreude andererseits, geprägt. Trinken bedeutete, den Durst zu löschen (Gen 24,18; Dtn 2,28; 1Kön 13,19; Rut 2,9) oder sich gar vor dem Verdursten zu retten (Num 20,11; Ri 15,19; 1Kön 19,6). Trinken bedeutete aber auch, die Segnungen des Lebens zu genießen. So ist die häufig belegte Wendung „essen und trinken“ nicht nur terminus technicus für das Einnehmen einer Mahlzeit (Gen 24,54; Gen 26,30; Ri 19,4; 2Kön 6,22; Rut 3,7), sondern auch Ausdruck einer zufriedenen Lebenshaltung (1Sam 30,16; 2Sam 11,11; 1Kön 4,20; Jer 22,15; Pred 2,24; Pred 3,13; Pred 5,17; Pred 8,15). Und die zahlreich erwähnten Festmahle, die im Hebräischen sogar als „Trinken“ (משׁתה mištæh) bezeichnet werden, lassen ebenfalls etwas von der Freude erkennen, die eine ausreichende Versorgung mit Getränken bereitete (Gen 21,8; Gen 40,20; Ri 14,10; 1Sam 25,36; Jes 25,6; Hi 1,4; Spr 15,15; Est 1,3-9).

2. Die wichtigsten Getränke

2.1. Nichtalkoholische Getränke

2.1.1. Wasser

Das für den Alltag bedeutendste Getränk war das → Wasser (hebr. מים majim). So heißt es bei Jesus Sirach: „Das Wichtigste im Leben sind Wasser und Brot“ (Sir 29,21, Lutherbibel: Sir 29,28; vgl. Sir 39,26, Lutherbibel: Sir 39,31; → Wasserverbrauch). Eine unzureichende Wasserzufuhr führte angesichts der klimatischen Bedingungen in Israel schon bald zu schwindender Arbeitskraft (1Sam 30,11f) und lebensbedrohlicher Schwächung (Jes 44,12). Die Sicherstellung ausreichender Wasservorräte war daher eine stetige Aufgabe und Herausforderung.

Während Trinkwasser in Ägypten und Mesopotamien vor allem aus Flüssen und Kanälen gewonnen wurde, wurde die Wasserversorgung in Israel vornehmlich durch natürliche Quellen, durch Brunnen, die zum Grundwasserspiegel gegraben wurden, sowie durch Zisternen und Teiche, in denen Regenwasser gesammelt wurde, sichergestellt (→ Wasserversorgung). Dabei wurde das frische Wasser aus Quellen und Brunnen dem Wasser aus den Zisternen vorgezogen (vgl. Jer 2,13). Die Quellen und Brunnen lagen allerdings häufig außerhalb der Städte und Siedlungen, so dass das Trinkwasser mühsam in Gefäßen herangeschafft werden musste – eine Aufgabe, die zumeist den Frauen zukam (Gen 24,11.13.43; 1Sam 9,11).

Wasserversorgung Abb 5 Megiddo

Eine besondere Herausforderung war die Sicherstellung einer ausreichenden Wasserversorgung in Zeiten feindlicher Belagerung. So wurde durch unterirdische Tunnel entweder ein Zugang zu außerhalb der Stadtmauern liegenden Quell- oder Brunnenanlagen geschaffen oder es wurde Wasser direkt unter die Stadt geleitet (vgl. zu den Anlagen an den verschiedenen Orten Peleg). Im Gegenzug wurden zur Abwehr einer feindlichen Belagerung bisweilen die vor der Stadt liegenden Wasserstellen, auf die die Feinde hätten zugreifen können, verdeckt (2Chr 32,3-4).

Aufbewahrt wurde das Wasser in den Häusern in Krügen (1Kön 19,6). Auch auf dem Feld standen für die Arbeiterinnen und Arbeiter Krüge mit Trinkwasser bereit (Rut 2,9), ebenso für die Heeresleute in einem Lager (1Sam 26,11.12.16). Auf Reisen wurde Wasser in Schläuchen mitgeführt, die an Quellen und Brunnen wieder aufgefüllt wurden (Gen 21,14-19).

Für das Trinkwasser galten besondere Reinheitsgebote, die wohl als frühe Hygienevorschriften zu verstehen sein dürften. So galt Wasser, das mit einem toten Tier in Berührung gekommen war, als unrein (Lev 11,33f).

Das Darreichen von Wasser war ein selbstverständlicher Akt der Gastfreundschaft (Ri 4,19; 1Sam 30,11; 1Kön 17,10; 2Kön 6,22). Selbst dem Feind sollte Wasser angeboten werden (Spr 25,21). Für Wasser bezahlen zu müssen (Dtn 2,28; Klgl 5,4) oder gar überhaupt kein Wasser zu erhalten (Dtn 23,5; Neh 13,2; Hi 22,7), waren Akte größter Demütigung.

2.1.2. Milch

Milch (hebr. חלב chālāv) war in Israel als Getränk geschätzt. Sie gehörte zu den Grundnahrungsmitteln (Jes 55,1; Spr 27,27; Sir 39,31) und wird bisweilen auf einer Stufe mit Wein genannt (Jes 55,1; Hhld 5,1). Auch die häufige Beschreibung des Landes als „Land, in dem Milch und Honig fließt“, lässt die große Bedeutung, die diesem Getränk zukam, erkennen (Ex 3,8; Ex 13,5; Dtn 6,3; Jos 5,6; Jer 11,5; Ez 20,6 u.ö.; → Milch und Honig). Da Milch wohl zumeist in leicht angesäuertem Zustand getrunken wurde, galt sie sogar als ein geeigneterer Durstlöscher als Wasser (vgl. Ri 4,19; Ri 5,25).

Getrunken wurde in Israel sowohl Ziegenmilch (Ex 23,19; Spr 27,27) als auch Schaf- und Kuhmilch (Dtn 32,14). Aufbewahrt wurde die Milch in Schläuchen (Ri 4,19), getrunken wurde sie aus Schalen (Ri 5,25). Da Milch nicht lange haltbar war, wurde sie auch zu Butter und Käse weiterverarbeitet (Gen 18,8; Dtn 32,14; 1Sam 17,18; Spr 30,33).

Umstritten ist die Bedeutung des in Ex 23,19; Ex 34,26; Dtn 14,21 belegten Verbots, das Böcklein in der Milch seiner Mutter zu kochen (→ Speisegebote; → Ziege). Da in Gen 18,8 Milch, Butter und Fleisch zusammen gereicht werden, dürfte dies zu alttestamentlicher Zeit noch nicht – wie in der späteren Tradition – auf ein generelles Verbot der Vermischung von Milch- und Fleischspeisen abzielen. Unwahrscheinlich ist auch die schon häufiger vorgetragene Deutung, dass es sich hierbei um eine Abwehr fremder Kultpraktiken handelt, fehlen doch eindeutige Belege für derartige Praktiken (vgl. Keel, 28-40). Vermutlich wendet sich dieses Verbot daher gegen eine gewaltsame Verletzung der Beziehung zwischen dem Muttertier und seinem Jungen (vgl. Haran).

2.1.3. Most

Auch Most (hebr. תירושׁ tîrôš), also unvergorener oder nur leicht vergorener Fruchtsaft, wurde in Israel gerne getrunken. Most wurde vor allem aus Trauben, aber auch aus anderen Früchten, etwa aus Granatäpfeln (Hhld 8,2), hergestellt. Da die Gärung schon recht bald einsetzt, gab es frischen Most nur zur Erntezeit. Das Vorhandensein von Most galt als Grund zur Freude, war dies doch Zeichen einer erfolgreichen Ernte (vgl. Ps 4,8; Jes 24,7).

2.1.4. Essig

Essig (hebr. חמץ chomæṣ) entsteht durch Gärung alkoholischer Getränke, wobei in Israel neben Wein auch andere alkoholische Getränke als Grundlage dienen konnten (Num 6,3). Dabei wurde der Essig nicht immer bewusst hergestellt, sondern entstand häufig durch das unbeabsichtigte Versauern des Weines beim Transport.

Essig wurde als Getränk verwandt (Num 6,3), wobei hier an eine mit dem römischen Posca vergleichbare, mit Wasser verdünnte Essiglimonade zu denken sein dürfte. Zudem wurde Essig zum Eintunken von Brot (Rut 2,14) und zum Würzen gebraucht.

Der bittere Geschmack des Essigs wurde als unangenehm empfunden (Ps 69,22). Auch galt Essig als schädlich für die Zähne (Spr 10,26).

2.2. Alkoholische Getränke

Alkoholische Getränke waren in Israel selbstverständlicher Bestandteil der täglichen Ernährung. Dabei wurde in Israel vor allem Wein getrunken. Bier war demgegenüber von geringerer Bedeutung.

Problematisiert wird der Genuss alkoholischer Getränke im Alten Testament eher selten. Gerade der Wein wird vielfach für seine belebende Wirkung gepriesen (s.u. 2.2.1). Dass der Mutter des Simson eigens verboten wird, während der Schwangerschaft mit diesem besonderen Kind alkoholische Getränke zu sich zu nehmen (Ri 13,7), lässt darauf schließen, dass normalerweise auch Schwangere Alkohol tranken.

Kritische Stimmen gegen den Genuss von Alkohol finden sich v.a. in der Prophetie und der Weisheit. In der Prophetie wird Trunkenheit als Teil des dekadenten Lebens der Oberschicht angeprangert (Jes 5,11.22; Jes 56,11f; Am 2,8; Am 6,6). In der Weisheit wird bisweilen recht eindringlich vor den Folgen alkoholischer Getränke gewarnt. Denn der Genuss von Alkohol verhindert Reichtum (Spr 21,17), er provoziert Streit (Spr 23,29f), lässt Falsches reden (Spr 23,33) und taumeln (Spr 23,34).

Freiwillige oder von außen aufgezwungene Enthaltsamkeit von alkoholischen Getränken kam nur recht selten vor. So war den diensttuenden Priestern, um die ordnungsgemäße Verrichtung des Kults nicht zu gefährden, der Genuss alkoholischer Getränke unter Androhung der Todesstrafe verboten (Lev 10,8f; vgl. Ez 44,21). Die → Nasiräer tranken während der Zeit ihres → Gelübdes keinen Alkohol (Num 6,2f). Und schließlich enthielten sich die → Rechabiter, die sich an einem beduinischen Lebensideal ohne Haus, Getreide- und Weinanbau orientierten, alkoholischer Getränke (Jer 35,1-19).

2.2.1. Wein

Weinbau hat in Palästina eine lange Tradition. Es wurden Kelteranlagen gefunden, die aus der zweiten Hälfte des 4. Jt. v. Chr. stammen, und schon zu Beginn des 2. Jt. wird Palästina in der ägyptischen Erzählung des Sinuhe dafür gepriesen, dass es dort mehr Wein als Wasser gibt (§15,12; vgl. TUAT III,5, 887-911; Texte aus Ägypten). Auch die Tatsache, dass Noah nach Gen 9,20 als erster Weinbauer dargestellt wird, lässt ein Bewusstsein dafür erkennen, dass die Vorfahren der Israeliten von jeher Wein angebaut haben. Anders als in Ägypten und Mesopotamien waren die klimatischen Bedingungen und die Böden für den Weinbau ideal, so dass sich anders als dort nicht Bier (s.u. 2.2.2), sondern eben Wein als das bedeutendste alkoholische Getränk etablierte.

Wein (hebr. יין jajin) spielte im Alltag der Israeliten eine besondere Rolle. Er war Bestandteil einer jeden ordentlichen Mahlzeit (Gen 27,25; Ri 19,19; Jes 22,13; Spr 9,5) und gehörte sehr selbstverständlich zu jeder Feier, ganz gleich, ob diese bei der Königsinthronisation (1Chr 12,40f), anlässlich der Weinlese (Ri 9,27) oder im Kreis der Familie (Hi 1,13) abgehalten wurde. Anders als in der griechisch-römischen Welt durften auch Frauen Wein trinken (Ri 19,19; Hi 1,13), und eventuell durften sogar Kinder am Wein teilhaben (vgl. Klgl 2,12).

Die Zeit der Weinlese war denn auch eine Zeit besonderer Freude (vgl. Jes 16,9f). In den Monaten August und September wurden die Trauben geerntet (→ Weinproduktion). Anschließend wurden sie zu einer meist in der Nähe des Weinbergs befindlichen Kelter gebracht (Neh 13,15; Jo 4,13), einer aus zwei Becken bestehenden Anlage, in deren einem Becken die Trauben von den Arbeitern zertreten wurden und in deren zweitem Becken sich dann der gepresste Traubensaft sammelte. Zur Gärung wurde der Saft in Tonkrüge oder Schläuche gegeben, und am Ende des Gärprozesses wurde der fertige Wein zur Lagerung in andere Gefäße umgefüllt. Dabei wurde normalerweise die Hefe, die sich bei der Gärung abgelagert hatte, aus dem Wein entfernt, gab sie dem Wein doch einen ungewollten Beigeschmack (vgl. Ps 75,9).

In biblischer Zeit war in Israel ausnahmslos Rotwein bekannt (vgl. Gen 49,11f; Dtn 32,14; Jes 63,2; Spr 23,31). Es wurde nicht zwischen verschiedenen Rebsorten unterschieden. Stattdessen wurde der Wein nach seiner Herkunft bezeichnet. So wird im Alten Testament etwa Wein aus dem Libanon (Hos 14,8), aus Helbon (Ez 27,18f) oder aus → En Gedi (Hhld 1,14) erwähnt. Neben Wein aus Trauben wurde auch Wein aus Granatäpfeln (Hhld 8,2) sowie aus Rosinen oder Datteln hergestellt.

Bekannt war auch Mischwein (Spr 9,2.5; Hhld 8,2), bei dem Gewürze oder andere Zutaten wie Honig oder Rosinen zugefügt wurden, was der Geschmacksveredelung, aber vermutlich auch der Aufwertung von minderwertigem Wein diente. Dass Wein mit Wasser gemischt wurde, ist erst für die hellenistische Zeit belegt (2Makk 15,39; Lutherbibel: 2Makk 15,40). Zuvor galt dies als Unsitte (vgl. Jes 1,22).

Gelagert wurde der Wein in Krügen. Für den Königshof und den Tempel sind größere Weinlager mit eigens hierfür verantwortlichem Personal belegt (1Chr 9,29; 1Chr 27,27; 2Chr 11,11). Transportiert wurde der Wein in Schläuchen (Jos 9,4.12f; 1Sam 16,20; 2Sam 16,1) oder Krügen (1Sam 1,24; 1Sam 10,3; 1Sam 25,18; Jer 13,12). Als Trinkgefäße wurden zumeist tönerne Schalen oder → Becher gebraucht (Jer 35,5; Am 6,6). Trinkgefäße aus Metall wurden nur in der Oberschicht, vor allem am Königshof, verwandt (Gen 44,2; Est 1,7).

Wein wurde häufig als Geschenk oder Zeichen der Ehrerbietung überreicht (1Sam 16,20; 1Sam 25,18; 2Sam 16,1; 1Chr 12,41). Weinrationen gehörten zum Lohn der Handwerker (2Chr 2,9.14) wie auch des Statthalters (Neh 5,15.18).

Der Wein wurde – neben der durchaus auch belegten kritischen Bewertung (s.o. 2.2) – zumeist für seine belebende Wirkung gelobt. So erfreut der Wein das Herz des Menschen (2Sam 13,28; Sach 10,7; Ps 104,15). Er hilft gegen Traurigkeit (Jer 16,7; Sach 10,7; Pred 2,3) und lässt die Sorgen vergessen (Spr 31,6f).

2.2.2. Bier

Im Gegensatz zum Wein war Bier als Getränk in Israel von untergeordneter Bedeutung. Eindeutige Belege für Bier fehlen im Alten Testament. Es wurde zwar immer wieder vermutet, dass der hebräische Begriff שׁכר šekhar, der häufig zusammen mit Wein belegt ist und gerne mit „starkes Getränk“ oder „Rauschtrank“ wiedergegeben wird (Lev 10,9; Num 6,3; 1Sam 1,15; Spr 20,1; Mi 2,11 u.ö.), das Bier bezeichnet (vgl. v.a. Homan). Doch dürfte es sich hierbei wohl eher um einen Sammelbegriff für alkoholische Getränke verschiedener Art handeln. So wird Bier in Israel zwar nicht gänzlich unbekannt gewesen sein. Es hat im Alltag des Volkes aber keine herausragende Rolle gespielt (vgl. Walsh, 21-32).

Anders waren die Verhältnisse hingegen in Ägypten und Mesopotamien. Hier kam dem Bier der Stellenwert zu, den in Israel der Wein einnahm (s.o. 2.2.1). Es war das wichtigste Getränk, das in sämtlichen Bevölkerungsschichten normalerweise täglich genossen wurde. Bier war Teil der Bezahlung der Arbeiter und der Beamten des Hofes. Es wurde bei privaten wie auch bei offiziellen und kultischen Feiern getrunken.

Aus Ägypten und Mesopotamien sind auch zahlreiche Informationen erhalten, wie Bier in damaliger Zeit hergestellt wurde. So wurden aus Gerstenmalz, Gerste, Emmer und Gewürzen zunächst sogenannte Bierbrote gebacken. Diese Bierbrote wurden mit Wasser übergossen, und die so gefertigte Maische wurde unter Kochen zum Gären gebracht. Nach dem Gärprozess wurde das fertige Bier in Vorratsbehälter abgesiebt. Auch in Ägypten wurde die Maische zur Bierherstellung aus Bierbroten gewonnen. Anders als in Mesopotamien wurde die Maische hier allerdings nicht erhitzt. Stattdessen wurde der Maische zur Gärung neben Wasser auch angegärtes Dattelmus beigegeben.

Bier wurde in verschiedenen Sorten hergestellt, die sich vor allem im jeweiligen Verhältnis von Gerste und Emmer unterschieden. So enthielt etwa das „dunkle Bier“ mehr Gerste, das „rotbraune Bier“ mehr Emmer. Daneben war auch mit Wasser vermengtes Dünnbier bekannt. Zudem wurden verschiedene Qualitätsstufen, vom „Normalbier“ bis zum „guten Königsbier“, unterschieden.

Gegenüber dem heutigen Bier war das Bier in der Antike eher trübe und hatte einen süßlichen Geschmack. Es war nur kurze Zeit haltbar. Getrunken wurde das Bier angesichts der aus dem Herstellungsprozess verbliebenen Rückstände häufig mit einem langen Strohhalm.

3. Getränke im Kult

Getraenke 06
Im Kult waren Getränke gleich in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. So wurde von den Kultteilnehmern bei den Feiern am Heiligtum Wein getrunken (Dtn 14,26; Am 2,8). Zudem war der Wein eine wichtige Opfergabe, die den tierischen Opfern in festgelegter Menge hinzugegeben wurde (Ex 29,40; Lev 23,13; Num 15,1-12). Im Bereich des privaten Kults ist auch das Darbringen von Wasser als Trankopfer belegt (1Sam 7,6; 2Sam 23,13-17).

Ein besonderer Fall der Verwendung von Getränken im Kult war schließlich der Gebrauch von Wasser im Zusammenhang des Gottesurteils (→ Ordal), das ein Mann einholen konnte, wenn er seine Frau der Untreue verdächtigte und keine Zeugen bereitstanden (Num 5,11-31). Für ein solches Ordal mischte ein Priester Wasser und Staub vom Boden des Heiligtums. Dieses Gemisch, das auch als fluchbringendes Wasser (המים המאררים hammajim hamə´ārǎrîm) bezeichnet wird, gab er der Frau zu trinken. Nahm die Frau durch das Getränk Schaden an ihren inneren Organen, so galt sie der Untreue überführt. Blieb sie gesund, wurde sie als unschuldig betrachtet.

4. Getränke in theologischen Kontexten

Entsprechend der klimatischen Bedingungen in Israel, wo eine mangelnde Versorgung mit Trinkwasser und ausbleibende Ernteerträge eine stetige Gefahr darstellten, wurde das Vorhandensein von Wasser wie auch von Most und Wein in besonderer Weise als Folge des segensreichen Handelns Jhwhs verstanden. So wird Jhwh häufig dafür gepriesen, dass er zur rechten Zeit Regen kommen lässt und seinem Volk Wasser gibt (Dtn 11,10-15; Ps 65,10; Ps 104,10; Jes 43,20; Jes 55,1; Ez 34,26). Zudem handeln zahlreiche Erzählungen davon, wie Jhwh das Volk oder einzelne Personen vor dem Verdursten bewahrt (Gen 21,19; Ex 17,1-16; Num 20,1-11; Ri 15,18f; 1Kön 19,4-8). Auch die Versorgung des Volkes mit Wein und die damit verbundene Lebensfreude werden auf das segensreiche Wirken Jhwhs zurückgeführt (Gen 27,28; Jo 2,23f; Jes 55,1; Am 9,14; Ps 104,13-15). Umgekehrt wird das Ausbleiben von Regen oder eine missglückte Weinernte als Folge göttlichen Gerichts verstanden (Dtn 28,39; 1Kön 8,35; Jes 16,10; Jes 24,9; Jer 48,33; Jo 1,5; Am 4,7f).

Die Hoffnung auf eine ausreichende Versorgung mit Wasser und anderen Getränken ist auch bei den prophetischen Darstellungen einer über die Gegenwart hinausgehenden, eschatologischen Zukunft von Bedeutung (→ Eschatologie). So ist die Erwartung belegt, dass Jhwh einst in der Wüste Wasser hervorbrechen lassen wird (Jes 35,6f) oder vom Zion aus das gesamte Land bewässern wird (Ez 47,1-12; Sach 14,8). Zudem findet sich die Ankündigung, dass die Berge und Hügel einst zergehen und von Most und Milch triefen werden (Jo 4,18; Am 9,13).

Getränke werden auch an zahlreichen Stellen in metaphorischem Sinne erwähnt. So wird Jhwh als Wasserquelle bezeichnet, aus der das Volk sein Heil schöpfen wird (vgl. Jes 12,2f; Jer 2,13; Jer 17,13), oder es wird beschrieben, wie Jhwh sein Volk mit dem Strom seiner Wonne tränkt (Ps 36,9).

Beachtenswert ist schließlich die mehrfach belegte Gerichtsvorstellung, nach der Jhwh sein Volk oder die Völker aus einem Taumelbecher trinken lässt (Jes 51,17-23; Jer 25,15-28; Jer 49,12; Jer 51,7; Ez 23,31-34; Hab 2,16; Ob 16; Ps 60,5; Ps 75,9; Klgl 4,21; → Becher). Dabei wird bisweilen das Trinken aus diesem Becher als die eigentliche Strafe dargestellt, da mit dem im Becher befindlichen Wein auch die Hefe ausgetrunken werden muss (Ps 75,9). Zumeist werden aber die Folgen des Trinkens hervorgehoben. Es führt zu Trunkenheit (Jes 51,21; Jer 25,27; Klgl 4,21), Taumeln (Jer 25,16; Hab 2,16; Ps 60,5), Verrücktheit (Jer 25,16; Jer 51,7) und Wehrlosigkeit gegenüber feindlichen Angriffen (Jer 25,16.27).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • British Museum Dictionary of the Ancient Near East, London 2000

2. Weitere Literatur

  • Böcher, O., 1989, Der Wein und die Bibel, Grünstadt
  • Broshi, M., 2001, Wine in Ancient Palestine: Introductory Notes, in: ders., Bread, Wine, Walls and Scrolls (Journal for the Study of Pseudepigrapha, Supplement Series 36), London / New York, 144-172
  • Dalman, G., 1935, Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. 4 (Schriften des Deutschen Palästina-Instituts 7), Gütersloh, 291-413
  • Dierx, W. / Garbrecht, G., 2001, Wasser im Heiligen Land. Biblische Zeugnisse und archäologische Forschungen (Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft, Supplementband 3), Mainz
  • Frankel, R., 1999, Wine and Oil Production in Antiquity in Israel and Other Mediterraean Countries (JSOT/ASOR Monograph Series 10), Sheffield
  • Haran, M., 1985, Das Böcklein in der Milch seiner Mutter und das säugende Muttertier, ThZ 41, 135-159
  • Helck, W., 1971, Das Bier im Alten Ägypten, Berlin
  • Homan, M.M., 2004a, Beer and Its Drinkers: An Ancient Near Eastern Love Story, Near Eastern Archeology 67, 84-95
  • Homan, M.M., 2004b, Beer, Barley and שֵׁכָר in the Hebrew Bible, in: Friedman, R.E. / Propp, W.H.C. (Hgg.), Le-David maskil (FS D.N. Freedman), Winona Lake, Indiana, 25-38
  • Keel, O., 1980, Das Böcklein in der Milch seiner Mutter und Verwandtes. Im Lichte eines altorientalischen Bildmotivs, OBO 33, Freiburg, Schweiz / Göttingen
  • Peleg, J., 2001, Unterirdische Wasserversorgungsanlagen biblischer Städte, in: Dierx, W. / Garbrecht, G., Wasser im Heiligen Land. Biblische Zeugnisse und archäologische Forschungen (Schriftenreihe der Frontinus-Gesellschaft, Supplementband 3), Mainz, 148-158
  • Röllig, W., 1970, Das Bier im Alten Mesopotamien, Berlin
  • Sasson, J.M., 1994, The Blood of Grapes. Viticulture and Intoxication in the Hebrew Bible, in: Milano, L. (Hg.), Drinking in Ancient Societies. History and Culture of Drinks in the Ancient Near East, Padova, 399-419
  • Smend, R., 1977, Essen und Trinken – ein Stück Weltlichkeit des Alten Testaments, in: Donner, H. u.a. (Hgg.), Beiträge zur Alttestamentlichen Theologie (FS W. Zimmerli), Göttingen, 446-459
  • Walsh, C.E., 2000, The Fruit of the Vine: Viticulture in Ancient Israel (Harvard Semitic Museum Publications 60), Winona Lake

Abbildungsverzeichnis

  • Der Wasserzugang in Megiddo. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1999)
  • Krüge zur Aufbewahrung von Wasser oder Wein. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Schaf- oder Ziegenbälge wurden am Hals und an den Beinen zugeschnürt, um als Schläuche zum Transport von Getränken zu dienen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Um Butter herzustellen, wurde Milch in einem Tierbalg geschüttelt. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Männer beim Keltertreten (Wandmalerei; Grab des Nacht in Theben; 18. Dyn.; 1580-1350). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Getränke wie Wein oder Wasser wurden auch als Opfer dargebracht (Wandmalerei aus Mari; um 2000 v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Mose lässt Wasser aus dem Felsen sprudeln (Tintoretto; 1577).

PDF-Archiv

Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:

Abbildungen

Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz) und ihrem Präsidenten Othmar Keel.

VG Wort Zählmarke
Deutsche Bibelgesellschaftv.4.25.3
Folgen Sie uns auf: