Gibeon / Gibeoniter
(erstellt: Februar 2016)
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Gibeon ist ein Ort, der 9km nordnordwestlich von Jerusalem liegt.
1. Name
Der Ortsname Gibeon (Hebräisch גִּבְעוֹן giv‘ôn) bedeutet vermutlich „Hügelchen“ (vgl. Day, 113). Er besteht aus der Endung וֹן ôn (vgl. bei Ortsnamen → Ajalon
2. Quellen und Überlieferung
2.1. Ägyptischer Beleg
Am Bubastidentor des Tempels von Karnak in Oberägypten rühmt sich der ägyptische Pharao → Scheschonq
2.2. Biblische Überlieferung
2.2.1. Vertrag mit Gibeon und Kämpfe bei Gibeon zur Zeit Josuas
Nach Jos 9,3-27
Jes 28,21
2.2.2. Gibeon in Benjamin
Im Anschluss an die Aufteilung des Landes unter den Stämmen Israels gehörte Gibeon nach Jos 18,25
2.2.3. Kämpfe in Gibeon zur Zeit Davids
2Sam 2,12-16
Im Kontext der Niederschlagung des Scheba-Aufstands (→ Scheba
2.2.4. Kultstätte in Gibeon zur Zeit Salomos
Nach 1Kön 3,4
Dass Salomo außerhalb Jerusalems Opfer dargebracht hat, war für den → Chronisten
Walters (74-76) schreibt die Verortung in Gibeon dagegen der antisaulidischen Tendenz der Chronik zu. Saul ist in ihr Benjaminit, nicht weil er von Benjamin abstammt, sondern nur weil seine Sippe aus dem Gebiet Benjamin kommt, und zwar aus dem kanaanäischen Gibeon. Deswegen habe er nicht König Israels sein können.
2.2.5. Kämpfe in Gibeon zur Zeit des Exils
Jer 41,4-18
2.2.6. Weitere Notizen
Schließlich erscheint Gibeon als Herkunfts- oder Wohnort von einzelnen Personen bzw. Gruppen (Neh 3,7
In Ri 20,31
Eine Notiz in 2Sam 5,25
2.2.7. Historisch zutreffende Aussagen?
Nebī Samwīl
Gegenüber derartigen Darstellungen ist zu fragen, ob man den Texten für die Zeit, von der sie handeln, historisch zuverlässige Aussagen entnehmen kann. Skeptisch stimmt schon, dass Jos 10,2
3. Identifikation und Lage
Die Identifikation mit el-Ǧīb findet sich neuzeitlich bereits 1676 bei F.F. von Troilo (290), der Gibeon wenig nördlich von Nebī Samwīl lokalisiert (zu mittelalterlichen Lokalisierungen vgl. Pringle, 144-146). Die explizite Gleichsetzung mit „Geb“ nimmt 1754 R. Pococke (73) vor. Durchgesetzt hat sie E. Robinson (1856, 455-457).
Für die Identifikation mit el-Ǧīb, die zunächst vom ähnlichen Klang der Ortsnamen inspiriert war (Robinson, 456), werden folgende Argumente angeführt:
1. Nach Josephus (Jüdischer Krieg 2,19,1 = 2,516; Text gr. und lat. Autoren
2. Nach → Hieronymus
3. 1956-1959 wurden in el-Ǧīb bei Ausgrabungen 62 beschriftete Krughenkel gefunden, die Renz (HAE I,258) paläographisch in die erste Hälfte des 7. Jh.s datiert (vielfach jedoch: 6. Jh., z.B. Cross; Lipschits, 176; Ahituv, 216; etwas früher: Faust, 221f). Sehr viele Aufschriften nennen (teils beschädigt) gb‘n „Gibeon“, und das dürfte für die Identifizierung Gibeons mit el-Ǧīb sprechen.
Die Aufschrift auf den Henkeln lautet beispielsweise: „Gibeon. Geder. Azarjahu“ (Nr. 1) und nennt damit vermutlich 1. den Ort, 2. ein Gebiet oder eine Sippe innerhalb des Ortsbereichs (?; vgl. Gedor in 1Chr 8,31
Gegen das hier vorgetragene Argument wird eingewandt, dass sich „Gibeon“ nicht auf den Fundort el-Ǧīb beziehen müsse. Es könne auch der Herkunftsort gemeint sein, von dem die Krüge nach el-Ǧīb transportiert worden seien, oder der Bestimmungsort, zu dem sie von el-Ǧīb aus gebracht werden sollten (vgl. Elliger, 130f.; Gaß 325f.). Klar ist, dass die Aufschrift nur sinnvoll ist, wenn der betreffende Krug nicht ausschließlich innerhalb Gibeons verwendet wurde, sondern im Warenverkehr mit anderen Orten. Deswegen müsste es „Gibeon“-Krüge an all diesen anderen Orten gegeben haben. Gefunden wurden sie (anders als Henkel mit den Ortsnamen der Königsstempel; → Eisenzeit II
Gegen die Identifikation mit el-Ǧīb (Alt 1926, 11-22; ders., 1953, 18-27; Gaß, 325f.) wurden folgende Argumente angeführt:
1. Der arabische Name el-Ǧīb lässt sich nicht von dem hebräischen Namen גִּבְעוֹן giv‘ôn ableiten, da sich der Wegfall des Ajin und die Dehnung des i schwer erklären lassen (vgl. Kampffmeyer, 26-28). In der Tat ist die lautliche Ähnlichkeit eher zufällig.
2. Nach Jer 41,12
3. Nach → Euseb
Die Identifizierung ist zwar nicht gesichert, aber noch immer die wahrscheinlichste und verbreitetste Auffassung.
→ A. Alt
4. Der Grabungsbefund von el-Ǧīb
In el-Ǧīb fanden 1957-1962 unter der Leitung von James B. Pritchard Grabungen statt, die sich jedoch auf ein kleines Gebiet am Nordosthang der südlichen Kuppe des Hügels (östlich des heutigen Friedhofs) sowie Sondagen im Westen beschränkten und auf die Eisenzeit konzentrierten. Die Sondagen ergaben vier Schichten (eine 18./17. Jh.; drei 9.-6. Jh.), doch kann eine klare Stratigraphie nicht erstellt werden, weil die Mehrzahl der Kleinfunde – auch die oben genannten Henkelinschriften – aus Füllschichten des großen Wasserzugangs und der Kellerräume (s.u.) stammen, also aus nicht stratifizierbarem Kontext. Das macht Datierungen schwierig, und die von Pritchard vertretenen Frühdatierungen sind ebenso wie die gesamte Stratifizierung vielfach und zu Recht kritisiert worden (z.B. von Lapp, 391-393). 1983-1984 untersuchte H. Eshel 13 Gräber am Osthang des Hügels, meist 7.-6. Jh.
4.1. Bronzezeit
In der Frühbronzezeit, die vor allem in einigen Schachtgräbern (→ Grab
4.2. Eisenzeit
Nach dem Bau der Mauer wurde die → Wasserversorgung
Im 8.-7. Jh. v. Chr. bildete el-Ǧīb nach Pritchard (1964, 1-27) ein Zentrum der Weinproduktion (vgl. dagegen Lapp, 392; Kuschke, 97). Davon zeugen neben Weinpressen Becken, in denen sich etwas absetzen konnte, und glockenförmige Felskeller, die bei einem Durchmesser von ca. 2m über 2m tief waren. Für die Lagerung von Getreide waren diese Keller zu feucht. In Krügen mit 36 Liter Fassungsvermögen, die ausweislich entsprechender Kleinfunde mit Trichtern gefüllt und mit Lehmstöpseln verschlossen wurden, konnte man in ihnen Wein bei konstanten 18°C lagern. Die 63 ausgegrabenen, zum Teil unterirdisch miteinander verbundenen Keller boten genug Raum für 95.000 Liter Wein, allerdings können in ihnen zum Teil auch andere Dinge gelagert worden sein.
4.3. Spätere Zeiten
Den Untergang der eisenzeitlichen Stadt datiert Pritchard (1962, 163) in die Zeit der babylonischen Eroberung. Danach sei der Hügel bis ins 1. Jh. v. Chr. unbesiedelt gewesen. Neh 3,7
Nach Diana Edelman (153-165) wurde der große Schacht der Wasseranlage, da er noch perserzeitliche Funde enthielt, nicht im Kontext der → Zerstörung Jerusalems
In römischer Zeit gab es hier wieder eine größere, unbefestigte Siedlung. Ein großes Becken sicherte die Wasserversorgung. Von Reichtum zeugen die Badebecken mehrerer Häuser. Viele Gräber wurden gefunden, vor allem eine Grabanlage mit Stuck-Wandfriesen und Kolumbarium. Ein späteres Gebäude, von dem einige Reste erhalten sind, wird von Bagatti als byzantinische Kirche gedeutet. Pringle (147-160) unterscheidet dagegen eine ältere Bauschicht aus dem 5.-8. Jh. und eine jüngere aus dem 12. Jh. Bei der älteren handele es sich um die Halle eines größeren Gebäudekomplexes, etwa einer Villa oder eines omajjadischen Palastes, bei der jüngeren wahrscheinlich um ein landwirtschaftliches Verwaltungszentrum der Kreuzfahrer.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Karte zur Lage von Gibeon. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Gibeon in der Siegesinschrift Scheschonqs in Karnak. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
- Jahwe wirft Steine auf Israels Feinde (Gustave Doré; 19. Jh.).
- Rizpa kümmert sich um die Leichen der Sauliden (Gustave Doré; 19. Jh.).
- Salomos Traum in Gibeon (Luca Giordano; 1693).
- Blick auf el-Ǧīb (Bildzentrum) von Nebī Samwīl aus. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
- Der Grabungsareale von el-Ǧīb. Aus: J.B. Pritchard, Gibeon: Where the Sun Stood Still. The Discovery of the Biblical City, Princeton 1962, 12
- Plan zu den beiden Maueranlagen und den beiden Wasserzugängen der Eisenzeit. Aus: J.B. Pritchard, Gibeon: Where the Sun Stood Still. The Discovery of the Biblical City, Princeton 1962, 57
- Ein Schacht mit Treppe und Brüstung bildet einen Zugang zum Wasser. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1999)
- Ein Stollen mit Treppe führt zu einer Zisterne, die über einen Tunnel von einer Quelle gespeist wird. Aus: J.B. Pritchard, Gibeon: Where the Sun Stood Still. The Discovery of the Biblical City, Princeton 1962, 58
- Öffnung zu einer in den Fels geschlagenen Vorratsgrube. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1999)
- Glockenförmige Vorratsgrube im Querschnitt. J.B. Pritchard, Gibeon: Where the Sun Stood Still. The Discovery of the Biblical City, Princeton 1962, 94
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