Götterpolemik (AT)
(erstellt: Januar 2007)
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1. Begriffserklärung
1.1. Deutsch
1.1.1. Götze
Martin Luther führte das Wort „Götze“ in die Bibelübersetzungen ein. Es kann einerseits vom mittelhochdeutschen götz „Heiligenbild“ abgeleitet werden und andererseits aus der Kurzform „Götz“ für „Gottfried“, die im 15. Jh. als Schimpfwort „Dummkopf / Schwächling“ verwendet wurde.
1.1.2. Abgott
Das Wort bezeichnet einen falschen Gott oder etwas, das wie ein Gott verehrt wird, und dürfte eine Entlehnung aus dem Gotischen sein. Dort existiert ein ähnlich lautendes Adjektiv mit der Bedeutung „gottlos / frevlerisch / ruchlos“, welches das griechische asebēs „gottlos“ wiedergibt.
1.1.3. Idolatrie
Weish 11-15 nimmt die enge Verbindung von Gottes Alleinverehrungsanspruch und → Bilderverbot
1.2. Hebräisch
1.2.1. Begriffe für die Verehrung fremder Götter
’älohîm ’ăchērîm „andere Götter“, ’älohîm han-nekār „fremde Götter“ und ’älohîm chădāšîm „neue Götter“: Die Wendung „andere Götter“ kommt im Dekalog vor (Ex 20,3
Verehrung „anderer Götter“ lautet die Schuldzuweisung im deuteronomistischen Geschichtsschema: Abfall Israels – Strafe durch Feinde – Hilferuf – Rettung durch charismatische Führer (z.B. Ri 2,12
Die Rede von „fremden“ (Dtn 31,16
šiqqûṣ „Abscheulichkeit“: Das zumeist im Plural gebrauchte Wort hat mit den Fremdgöttern zu tun, ihren Bildern und ihren Kulten. Es benennt Erscheinungsformen der kanaanäischen Religion, die Götter → Milkom
tô‘evāh „Gräuel“: Das Nomen dient zur harschen Abgrenzung Jahwes und Israels gegenüber anderen Völkern, Gebräuchen und Göttern, besonders gegenüber der vorisraelitischen Bevölkerung Kanaans, deren Gebräuche ihre Ausrottung begründen (Lev 18,22
1.2.2. Bezeichnungen für Götterbilder
pæsæl (ûmassekhāh) „(geschmiedetes) Götterbild“: Die Wurzel psl bedeutet „Stein behauen“, doch das Nomen bezeichnet nicht unbedingt etwas aus Stein Gearbeitetes. Ein pæsæl kann auch aus Holz sein (Jes 42,17
‘ăṣabbîm „Götterbilder“: Das nur im Plural vorkommende Nomen ist von einer Wurzel mit der Bedeutung „bilden / schaffen“ abgeleitet. Da es noch eine homonyme Wurzel mit der Bedeutung „betrüben / kränken“ gibt, mag bei dem Begriff ein spöttischer Unterton mitklingen, der die Götterbilder als in betrüblich anstrengender Arbeit geschaffene Kränkungen Jahwes bloßstellt (Jes 48,5
ṣælæm „Skulptur“: In 1Sam 6,5
tərāfîm „(Orakel-)Maske“: Vom Teraphim (→ Hausgott
sæmæl „Beigesellte(r)“: Das Wort stammt wohl von dem indogermanischen Stamm sml „zusammen / zugleich / simul“. Es kommt nur im Hebräischen und Phönizischen / Punischen vor und ist dort vor allem in Zypern belegt. Gemeint ist ein Bildnis, das einer Gottheit als Beterstatue oder Kultbild beigesellt wird. So bezeichnet das Wort in Ez 8,3
In 2Chr 33,7
tavnît „Darstellung“: Dtn 4,16-18
təmûnāh „Gestalt“: Das Nomen findet sich sechsmal im Zusammenhang des Bilderverbots (Ex 20,4
(’ævæn) maśkît „Relief“: In Lev 26,1
1.2.3. Ausdrücke für die Nichtigkeit der Götzen und Götterbilder
gillûlîm „Götterbilder aus Stein“ oder „Mistdinger“: Das Nomen stammt von einer Wurzel mit der Bedeutung „rollen / wälzen“. Zwar kann man Steine zu einem „Steinhaufen“ rollen, aber auch das Wort für → „Kot
’ælîlîm „Nichtse“: Diese von der Wortwurzel „schwach sein“ abgeleitete Spottbezeichnung zielt auf die Machtlosigkeit der fremden Götter ab. Es kommt 10-mal bei Jesaja vor, wo die Götterpolemik zumeist eine Götterbildpolemik ist. Daher sind die fremden Götter als Götterbilder, als Kultbilder, verstanden (Jes 2,8
hævæl „Hauch“: Als Bezeichnung für Götzen(bilder) spricht das Wort diesen ihre wirkende und wirkliche Existenz ab (Dtn 32,21
1.3. Griechisch
Der Begriff eídōlon „Idol“ kann im Wechsel mit ágalma „Kleinod” (Jes 19,3
1.4. Religionswissenschaftliche Grundlegung
Der Götterpolemik liegt die Unterscheidung zwischen wahr und falsch in Bezug auf die Religion zugrunde. Ob man darunter nun die Unterscheidung zwischen dem wahren und einem falschen Gott sieht oder die zwischen wahren und falschen Formen der Verehrung des wahren Gottes, die Polemik basiert auf einem emphatischen Wahrheitsbegriff und schließt ein starkes Negationspotential ein. Daher gehört die Götterpolemik zu jenen Elementen der biblischen Religion, die sie religionswissenschaftlich zu einer sekundären Religion machen: Während die primären Religionen mit den Lebensräumen und Kulturen, in denen sie entstanden sind, ein symbiotisches Verhältnis haben, sind sekundäre Religionen Gegenreligionen.
Wann in Israel die Monolatrie (→ Monotheismus
Es gibt biblische Zeugnisse für ein spezifisches Profil Jahwes, das die Opposition Jahwes gegenüber anderen Göttern und damit auch Götterpolemik schon vor dem Exil wahrscheinlich macht: 1) Trotz der Verschmelzung Jahwes mit dem kanaanäischen Gott → El
4) Archäologische Funde von drohenden bzw. „schlagenden“ und thronenden Götterfiguren sowie Stierbildern können sowohl → Baal
Obwohl in der Gebetssprache des Alten Orients Aufforderungen belegt sind, nur einem bestimmten Gott zu vertrauen, und Aussagen über die Unvergleichlichkeit der Gottheit (vgl. Ex 15,11
1.5. Bibeltheologische Grundlegung
Das Gebot, Jahwe allein zu verehren, begründet die Bibel damit, dass Jahwe ein „eifersüchtiger“ Gott ist (Ex 21,3-6
Folge der Einzigartigkeit und Intoleranz Jahwes ist das Bilderverbot. Die Religionsverspottung innerhalb des Alten Testaments richtet sich hauptsächlich gegen die Götzenbilder. Aber auch Jahwe zu sehen, ist nicht erlaubt. Man stirbt sonst (Ausnahmen Ex 24; Ez 1-2; Jes 6). Nichts, was man abbilden könnte, kann ihm gleichkommen. Der Eifer Jahwes hängt mit dem Bilderverbot zusammen (Ex 20,5
2. Hebräische Bibel
Die Polemik richtet sich nicht nur gegen Götzenbilder, sondern gegen verschiedene religiöse Praktiken wie die Verehrung astraler Gottheiten (Dtn 4,19
2.1. Polemik gegen Kultbilder im Rahmen der Verehrung Jahwes
Während manche Stellen Mazzeben als Kultbilder im Zusammenhang der Verehrung Jahwes wertfrei erwähnen (Gen 28,18
In Ri 17f; 1Kön 12,25ff
2.2. Verehrung fremder Götter
In der Baal-Polemik bei → Hosea
Die erzählende Literatur deuteronomistischer Prägung rügt Israel dafür, Baalen und Astarten sowie den Göttern der Nachbarvölker gedient und so den Zorn Jahwes entfacht zu haben (Ri 10,6f
In späten Texten ist der Götzendienst von der Sünde zur Strafe geworden. Israel ist im Exil dazu verdammt, statt dem lebendigen Gott „Werke von Menschenhand“, „Holz und Stein“, die „weder sehen noch hören noch essen noch riechen“, zu verehren (Dtn 4,28
2.3. Götzenbilderverspottung
Die Erzählung von der Gefangenschaft der → Bundeslade
Im Alten Orient wurden Götterbilder durch ein Mundwaschungsritual zu Trägern göttlicher Präsenz, waren aber nicht mit den Göttern identisch, zumal die Götter gleichzeitig in ihren Sternen gegenwärtig waren. Dagegen reduziert die Götzenbildpolemik den Gott auf das Material des Götzenbildes. Mit der altorientalischen Gattung der Berufssatire verspottet die Götzenpolemik die handwerkliche Mühe der Herstellung, um jedes Vertrauen in solche Machwerke ins Absurde zu ziehen. Wie die Götzenbilder nichtig sind (Jes 46,1f
3. Septuaginta
Im Hellenismus war das Judentum einem starken politischen und kulturellen Druck zur Anpassung an die heidnische Umwelt ausgesetzt. Deshalb verstärkt die Septuaginta die Transzendenz Gottes (z. B. Ps 113,24
4. Neues Testament
Das Neue Testament erwähnt Götzendienst (eidōlolatría) im Rahmen der Lasterkataloge (Gal 5,20
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Abbildungsverzeichnis
- Mesopotamische Rollsiegel zeigen oft rituelle Szenen mit den astralen Repräsentanten der Gottheiten wie dem Siebengestirn (Sebetti), der Mondsichel (Sin) und dem Stern (Ischtar), (neuassyrisches Rollsiegel aus Sichem; 8./7. Jh. v. Chr.). Aus: O. Keel / Chr. Uehlinger, Götter, Göttinnen und Gottessymbole (QD 134), Freiburg 5. Aufl. 2001, Abb. 287; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Viele sog. „Säulenfigürchen“ – Abbildungen der Göttin Aschera – wurden in Häusern aus dem 8. und 7. Jh. v. Chr. gefunden, die man in Juda und Jerusalem ausgegraben hat (BIBEL+ORIENT Datenbank Online
). Sammlung Bibel + Orient Freiburg / Schweiz; VFig 1998.3; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz - „Schlagender“ Gott. Aus: O. Keel / Chr. Uehlinger, Götter, Göttinnen und Gottessymbole (QD 134), Freiburg, 5. Aufl. 2001, Abb. 139; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Stierstatuette der sog. → Bull Site
(offenes Heiligtum östlich von Tell Dōṭān; Eisenzeit I; BIBEL+ORIENT Datenbank Online ). Aus: O. Keel / Chr. Uehlinger, Götter, Göttinnen und Gottessymbole (QD 134), Freiburg, 5. Aufl. 2001, Abb. 142; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz - Vorderasiatische Völker wie die Assyrer deportierten die Götterbilder aus den Tempeln eroberter Städte. Jes 46,1f sagt solch eine Deportation den Statuen der babylonischen Götter Bel / Marduk und Nebo / Nabu voraus (Wandrelief aus dem Palast Tiglat-Pilesers III., 745-727 v. Chr., in Nimrud). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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