Gorgias
(erstellt: November 2005)
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Gorgias war im 2. Jh. v. Chr. ein Feldherr des seleukidischen Königs → Antiochus IV. Epiphanes
1. Verortung und Quellen
In der antiken Literatur ist Gorgias fast nur als Akteur in den Auseinandersetzungen des Seleukidenreiches mit Judas Makkabäus fassbar (→ Seleukiden
2. Person
Über die Person des Gorgias berichten die antiken Quellen sehr wenig. Aufgrund seiner Rolle in den Auseinandersetzungen mit Judas Makkabäus muss man annehmen, dass er im 2. Jh. v. Chr. eine wichtige Position in der Reichsverwaltung unter Antiochus IV. Epiphanes und Antiochus V. Eupator inne hatte. Diese zu definieren fällt jedoch schwer: Während ihn 2Makk 12,32
Die weiteren Aussagen der antiken Quellen bleiben ebenfalls im Oberflächlichen verhaftet: 2Makk 8,9
3. Die Rolle des Gorgias während der Erhebung der Makkabäer
Gorgias gehört zu den Hauptakteuren des seleukidischen Feldzuges zur Niederschlagung des beginnenden Makkabäeraufstandes im Jahre 165 v. Chr. und wird auch im Kontext späterer Ereignisse dieser Erhebung erwähnt.
Der Ursprung der Entsendung und die genaue militärische Position des Gorgias in diesem Feldzug sind unklar. Während nach 1Makk 3,38
Während des Feldzuges scheint Nikanor die Position des Oberbefehlshabers eingenommen zu haben (2Makk 8,9
Bezüglich der Entsendung der Feldherren nimmt Niese (1900, 466; vgl. Bengtson, 1964, 168) an, dass die Darstellung des 2Makk den Sachverhalt getreuer wiedergibt, da diese Vorgehensweise dem seleukidischen Dienstweg entspreche. Die abweichende Darstellung von 1Makk sei darauf zurückzuführen, dass die Erfolge des Judas Makkabäus durch eine Entscheidung, welche vom Seleukidenherrscher direkt ausgeht, aufgewertet werden sollen. Zu dieser Position ließe sich kritisch anmerken, dass Josephus der Darstellungslinie des 1Makk folgt, ohne dessen theologische Tendenz zu kopieren. Zudem zeigt 2Makk 10,9-11
Bezüglich der Rangordnung der Feldherren vermuten Schürer / Vermers / Millar (160 Anm. 58), dass die beiden divergierenden Makkabäerbücher den Sachverhalt insofern korrekt darstellen, als Gorgias der Reiterführer, Nikanor der Führer der Fußtruppen war; jedoch gibt es hierfür keine Quellenbelege. Dagegen nennt Schürer (1901, 206-207 Anm. 56) Gorgias den Befehlshaber der Streifschaar, Nikanor den Führer des Hauptheeres. Dies harmoniert zwar mit der Darstellung der Schlacht bei Mizpa, findet sich jedoch nirgends explizit ausgeführt. Möglicherweise geht das Vorgehen auf eine nur für diese Schlacht getroffene Entscheidung der seleukidischen Heeresführung zurück. Der Stratege Ptolemaios, Sohn des Dorymenes, war sicherlich nicht selbst anwesend, dürfte aber pro forma als Oberbefehlshaber angesehen worden sein. Die Führung selbst hatte wohl Nikanor inne, der zu den ersten Freunden (tōn prōtōn phílōn), einem weiteren seleukidischen Adelsrang, gezählt wird. Gorgias erscheint demgegenüber eher als militärischer Spezialist.
Den antiken Quellen zufolge kam es während dieses Feldzuges nur zu einer Schlacht: Nachdem die seleukidischen Truppen bei Emmaus, das westlich von Jerusalem, beim heutigen ‘Amwas liegt (nicht identisch mit dem neutestamentlichen Emmaus; vgl. Schürer / Vermers / Millar, 159 Anm. 57) gelagert hatten (1Makk 3,57
Als Datum der Schlacht nimmt man allgemein den Sommer 165 v. Chr. an. Dieses Datum ergibt sich aus der Kombination von 1Makk 3,37
Nach dem Regierungsantritt des Antiochus V. Eupator (nach Josephus, Antiquitates XII 8,6 [351] in Verbindung mit XII 9,1 [357], aber bereits unter Antiochus IV. Epiphanes) bekämpfte Gorgias, anscheinend von Jamnia aus, weiterhin die jüdischen Aufständischen (2Makk 10,14
In der älteren Forschung findet sich die Überlegung, ob die Episoden 1Makk 5,55-62
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft, Stuttgart 1894-1972
- Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 1996-2003
- Jewish Encyclopedia http://www.jewishencyclopedia.com
(2002)
2. Weitere Literatur
- Bar-Kochva, Bezalel, 1989, Judas Maccabaeus, Cambridge
- Bengtson, Hermann, 1964, Die Strategie in der hellenistischen Zeit, Bd. II, München, 168-172
- Dancy, John Christopher, 1954, A Commentary on I Maccabees, Oxford
- Haag, Ernst, 2003, Das hellenistische Zeitalter. Israel und die Bibel im 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr. (Biblische Enzyklopädie 9), Stuttgart
- Niese, Benedictus, 1900, Kritik der beiden Makkabäerbücher nebst Beiträgen zur Geschichte der Makkabäischen Erhebung, Hermes 35, 268-307.453-527
- Niese, Benedictus, 1903, Geschichte der griechischen und makedonischen Staaten seit der Schlacht bei Chaeronea, 3 Bde., Bd. III: von 188-120 v. Chr., Gotha, 234-243
- Schürer, Emil / Vermers, Geza / Millar, Fergus, 1973, The History of the Jewish People in the Age of Jesus Christ, by Emil Schürer, edd. by. Geza Vermes and Fergus Millar, Edinburgh, Bd. I, 159-160
- Schürer, Emil, 1901, Geschichte des Jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, Leipzig (Repr. Hildesheim – New York 1970), Bd. I, 205.212
- Wellhausen, Julius, 1905, Über den geschichtlichen Wert des zweiten Makkabäerbuchs im Verhältnis zum ersten, Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-hist. Klasse, Göttingen, 117-163
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