Deutsche Bibelgesellschaft

Haare / Haartracht (AT)

(erstellt: September 2020)

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1. Vokabular

Haare 01
Auch wenn das Haar in der Wahrnehmung des Bibellesers und der Forschung nur am Rande vorkommt, so überrascht die Anzahl der Begriffe im mit ihm verbundenen Wortfeld. Die griechischen Übersetzungen geben das hebräische Vokabular meist nicht einheitlich wieder.

Als relevante Nomina kommen im Alten Testament vor:

● Haar (hebr. שֵׂעַר śe‘ar, Gen 25,25; Lev 13,3-4 u.ö.; griech. meist θρίξ thrix);

● Strähnen (hebr. מַחְלָפוֹת maḥlāfôt, Ri 16,13 [griech. σιρά sira]; Ri 16,19 [griech. βοστρυχός bostrychos]);

● Bart (hebr. זָקָן zāqān, Lev 13,29-30; Lev 14,9; Lev 19,27 u.ö.; griech. meist πώγων pōgōn);

● frei hängendes Haar (hebr. פֶּרַע pæra‘, Num 6,5; Dtn 32,42; Ri 5,2; Ez 44,20);

● Glatze (hebr. קָרְחָה qårḥāh, Lev 21,5; Dtn 14,1; Jes 3,24; Jes 15,2; Jes 22,12; Jer 47,5; Jer 48,37; Ez 7,18; Ez 27,31; Am 8,10; Mi 1,16);

● Schnurrbart (hebr. שָׂפָם śāfām, Lev 13,45; 2Sam 19,25; Ez 24,17; Ez 24,22; Mi 3,17);

● Augenbrauen (hebr. גַּבֹּת עֵינַיִם gabbot ‘ênajim, Lev 14,9);

● Barbier / Friseur (hebr. גַּלָּב gallāv, Ez 5,1).

Die Haare an den Beinen (hebr. שַׂעַר הָרַגְלַיִם śa‘ar hāraglajim, Jes 7,20) bezeichnen auch die Schamhaare. Die Nomina Kopf (hebr. רֹאשׁ ro’š, z.B. Lev 13,45; Hi 1,20) und Kranz / Diadem (hebr. נֵזֶר nezær, z.B. Jer 7,29) können manchmal auch den Kopf mitsamt Kopfhaar bezeichnen. Werkzeug der Rasur und der Schur ist das Schermesser (hebr. תָּעַר tā‘ar, Num 6,5; Num 8,7; Jes 7,20; Ez 5,1; מוֹרָה môrāh, Ri 13,5; Ri 16,17; 1Sam 1,11).

Verben, die den Umgang mit Haaren bezeichnen, sind:

● scheren, rasieren (hebr. גלח glḥ, Gen 41,14; Lev 13,33; Lev 14,8-9 u.ö.);

● scheren, stutzen (hebr. גרע gr‘, Jes 15,2; Jer 48,37; Ez 5,11);

● frei hängen lassen (hebr. פרע pr‘, z.B. Lev 10,6; Lev 13,45; Lev 21,10; Num 5,18; Ri 5,2);

● trimmen (hebr. כסם ksm, Ez 44,20);

● schneiden (hebr. גזז gzz, Jer 7,29; Mi 1,16; Hi 1,20);

● eine Glatze scheren (hebr. קרח qrḥ, Lev 21,5; Jer 16,6; Ez 27,31; Ez 29,18; Mi 1,16).

Einen Schnurrbart verhüllt man (hebr. עטה ‘ṭh, Lev 13,45; Ez 24,17; Ez 24,22; Mi 3,7). Hinzukommen das Hinübergehenlassen (hebr. עבר ‘br) des Schermessers (hebr. תָּעַר tā‘ar, Num 6,5; Num 8,7; Ez 5,1; Jes 7,20 oder hebr. מוֹרָה môrāh mit der Wurzel „hinaufgehen“ עלה ‘lh, Ri 13,5; Ri 16,17; 1Sam 1,11) über den Kopf oder andere Körperteile oder den gesamten Körper.

Adjektive sind haarig (hebr. שָׂעִיר śā‘îr, Gen 27,11; Gen 27,23; Dan 8,21) und das Antonym glatt (hebr. חָלָק ḥālāq, Gen 27,11).

2. Haartrachten und -pflege in der Umwelt Israels

Frisuren, Haartrachten und Haarpflege unterliegen regionalen und zeitlichen Unterschieden, Entwicklungen und Moden. Insbesondere ikonografische Zeugnisse geben uns Auskunft darüber. Mittels der abgebildeten Haar- und Barttracht unterschied man Volksgruppen voneinander. Haarpflege, Haarschmuck und Haarkosmetik waren zur damaligen Zeit ebenfalls verbreitet.

2.1. Ägypten

Haare 02
Die Ägypter, v.a. die Oberschicht, schoren ihre Körperbehaarung sehr kurz oder rasierten sie ganz, wohl um Parasitenbefall zu verhindern. Auch → Josef rasiert sich nach seinem Gefängnisaufenthalt, bevor er zum Pharao geht (Gen 41,14). Perücken für Männer und Frauen waren weit verbreitet (Abb. 2). Bärte sind nur in der Ikonografie des Alten Reiches bezeugt. Die royale Ikonografie bildet den Pharao und Götter häufig mit einem stilisierten Zeremonialbart ab. Haussklaven sind meist kahlgeschoren dargestellt, Sklaven für die Arbeit auf den Feldern mit natürlichem, unfrisiertem Haar. Ferner sind ägyptische Priester am ganzen Körper rasiert.

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Nicht-Ägypter, denen die Ägypter von Haus aus wenig zugewandt waren, und insbesondere ausländische Feinde werden behaart abgebildet, etwa bärtig oder mit längerem Haupthaar (Abb. 3). Verbreitet ist das Motiv, auf denen der Pharao die besiegten Feinde beim Haarschopf packt und mit einem Schlaggestus bedroht (siehe Abb. 1).

2.2. Mesopotamien

Seit dem 3. Jt. v. Chr. informieren Funde von Rollsiegeln, Statuen, Stelen, Reliefs usw. über die Haarmoden und Haartrachten Mesopotamiens. Nach Zeit, Raum und Ethnie variieren diese sehr stark und auch innerhalb einer Kultur zu einer Zeit ist nochmals je nach sozialer Klasse ein Unterschied zu machen. Im Folgenden werden nur wenige Informationen aus diesen umfangreichen Funden wiedergegeben; diese beziehen sich aber dafür vorrangig auf die Entstehungszeit der Hebräischen Bibel.

Haare 04
Neuassyrische Ikonografie zeigt männliche Assyrer immer mit deutlich erkennbaren, langen Bärten; diese enden unten meist rechteckig, sind manchmal aber auch spitz zulaufend ausgeführt. Die Bärte sind in kunstvollen, gleichmäßigen Lockenreihen mit Längs- und Querriegeln frisiert. Die Bartlänge, die Anzahl und Pracht an Lockenreihen zeigen den Status der jeweiligen Person an. Den prächtigsten Bart hat selbstverständlich der assyrische König (Abb. 4). Assyrische Männer tragen das Haar – wiederum auffallend starr gelockt – bis über die Schulter, entweder offen oder mit einem Band leicht zusammengebunden, sodass die Frisur manchmal fast wie ein Knoten wirkt. Auf Reliefs, die Stadteroberungen und kriegerische Auseinandersetzungen zeigen, haben assyrische Soldaten längeres Haupt- und Barthaar als die – selbstverständlich besiegten – Feinde.

Eunuchen sind bartlos und tragen das Haar leicht im Nacken zusammengebunden oder zu einem runden Knoten gebunden (Abb. 4). Dieser Haarknoten ist ebenfalls bei Abbildungen von Frauen zu finden.

Haare 05
Perser werden auf Abbildungen mit lockigen Bärten und Haaren dargestellt. Das Haar ist im Nacken massiert, vielleicht leicht zusammengebunden. Der persische König fällt selbstverständlich ebenfalls durch seine auffallende Bart- und Haarpracht auf.

2.3. Levante

2.3.1. Israel und Juda

Haare 06
Fremdzeugnisse informieren uns über die Haar- und Barttracht der Einwohner von Israel und Juda. Ägyptische ikonografische Quellen aus dem ausgehenden 2. Jt. v. Chr. zeigen, dass Männer aus der Levante und Syrien bärtig (teils aber auch rasiert) waren, das Haar schulterlang trugen, manchmal mit einem Haarband zusammengefasst (Niditich 2008, 34-35). Der schwarze Obelisk von Nimrud (errichtet 825 v. Chr.; → Kalchu; Abb. 4) zeigt den israelitischen König → Jehu (2Kön 9-10), wie er sich vor dem assyrischen König → Salmanassar III. (859-824 v. Chr.) zu Boden wirft (Abb. 4). Jehus Haare sind etwas länger als schulterlang, sein Bart ist voll und von mittlerer Länge. Er trägt eine konische, leicht nach hinten fallende Mütze als Kopfbedeckung. Auf dem Lachisch-Relief (→ Lachisch) aus dem Palast → Sanheribs (705-681 v. Chr.) in → Ninive tragen die männlichen Judäer recht kurzes, gelocktes Kopf- und Barthaar (Abb. 6).

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Derartige Abbildungen können historisch akkurat die Haar- und Barttracht von Israeliten und Judäern wiedergeben, allerdings spielen Gestaltungskonventionen und der Kontext der Bilder auch eine Rolle; die abgebildete Haar- und Barttracht kann auch ideologischen Darstellungstendenzen geschuldet sein, die „Ausländer“ und „Feinde“ bewusst von der eigenen Gruppe unterscheiden. Möglicherweise geben die sog. „judäischen Pfeilerfigurinen“ eine verbreitete Frauenfrisur für die Zeit zwischen 900 und 700 v. Chr. wieder (Abb. 7). Auf dem Lachisch-Relief sind die Häupter der Frauen, die aus der Stadt fliehen, mit einem Schleier bzw. einem Teil der Oberbekleidung bedeckt.

Unklar ist, ob Ri 5,2 die Frisur israelitischer Krieger, nämlich lange und lose Haare, historisch korrekt wiedergibt oder eher das Motiv des langen, losen Haares als Zeichen von Stärke und Wildheit aufgreift.

Haare 08
Haare und Bart wurden geschnitten oder geschoren. Rasiermesser aus Stein und Metall sind erhalten, ebenso wie Kämme und Haarnadeln aus Holz, Gräten oder sogar Elfenbein (Abb. 8). Haarbänder sind ikonografisch bezeugt. Mittels wohlriechender Salben und Fette wurde die Frisur in Form gehalten und parfümiert. Haare konnten nicht nur gefärbt, sondern auch gebleicht werden. Auch Enthaarungen, etwa der Achseln, wurden vorgenommen.

Der Beruf des Barbiers (hebr. גַּלָּב gallāv) ist im Alten Testament nur in Ez 5,1 bezeugt. Diese Berufsgruppe kümmerte sich im Alten Orient nicht nur um Haar- und Bartpflege, sondern hatte auch ärztliche und zahnärztliche Aufgaben. Sie sind deshalb oft an Höfen und Tempeln angestellt.

Haare spielen in der medizinischen Diagnostik eine Rolle. In den biblischen Anweisungen zum Umgang mit Hautaussatz ist die Farbe der Haare einer möglicherweise betroffenen Stelle von Bedeutung (Lev 13,1-46). Ist das Haar an der Stelle farblos oder hat eine anormale Farbe, ist dies ein Hinweis auf eine mögliche Hautkrankheit. Bei Kopfverletzungen wurde die betreffende Gegend rasiert, bevor man einen Verband anlegte. Gebärenden wurde wahrscheinlich die Schamgegend rasiert. Ferner wurden bei Heilungsritualen in Mesopotamien die Haare abrasiert und in einem Krug weggeschafft.

2.3.2. Philister

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Über die Haartracht der → Philister, die möglicherweise Nachfahren der sog. → Seevölker sind, gibt insbesondere ein Wandrelief aus Medinet Habu Auskunft, das die Seeschlacht Ramses III. gegen die Seevölker im Nildelta abbildet (Abb. 9). Die Angehörigen der Seevölker sind glattrasiert und tragen einen Helm mit Federreihen (?) auf dem Kopf; das Haar scheint kurz geschnitten zu sein. Ähnliches zeigt eine Abbildung auf einem philistäischen Trinkgefäß aus Aschkelon (Niditch 39).

3. Bedeutungsdimensionen von Haaren und Haartracht

Das Haupthaar und die Gesichtsbehaarung sind weithin sichtbar. Damit kommt ihnen eine bedeutende kommunikative Funktion zu. Haare und Haartracht können wie → Kleidung und → Tätowierungen z.B. Alter, soziale Klasse, Geschlecht, politische Einstellung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder Ethnie usw. für die Umgebung kenntlich machen. Sie sind Teil des Ausdrucks der individuellen Identität und des Selbstverständnisses, zugleich aber in soziale Kontexte und Vorgaben eingebettet. Soziale, politische oder religiöse Vorstellungen können auf das Aussehen von und den Umgang mit Haaren Auswirkungen haben (Niditch 6-9). Die Kontrolle über Haare (gleich ob Haupt-, Bart- oder Schamhaare) ist ein Zeichen von Macht, die man über sich selbst oder über jemand anderen besitzt, da sie den individuellen Körper und damit eventuell auch soziale und religiöse Rollen sichtbar verändern kann.

Man kann Haare schnell und unkompliziert modifizieren. Man kann sie schneiden, teilweise oder komplett abrasieren, wachsen lassen usw. Diese Veränderungen sind im Unterschied zu anderen Körperveränderungen (wie etwa der Verstümmelung oder der Einritzung der Haut) zeitlich begrenzt, vollständig natürlich reversibel und schmerzlos. Von der Kleidung meist verdeckt sind Achsel- und Schamhaare; Letzteren kommt oft eine stark erotisch-sexuelle Bedeutung zu. Insgesamt zeigt sich, dass Haaren im kulturellen und religiösen Symbolsystem einer bestimmten Zeit und Kultur ein komplexes Spektrum an möglichen Bedeutungen auf mehreren Ebenen zukommen kann.

Grundsätzlich ist eine große Haarpracht und Haarfülle positiv konnotiert. Üppig wachsendes Haar verbindet man mit Kraft, Vitalität, Schönheit und – bei Männern – mit Maskulinität. Der Verlust von Haaren – meist unfreiwillig – ist dies hingegen nicht, insbesondere dann, wenn der Haarverlust durch eine Zwangsrasur erfolgt.

3.1. Schönheitsideal und Erotik

Haare 10
Volles Haar ist erotisch und sexuell konnotiert und auch Teil eines bestimmten weiblichen und männlichen Schönheitsideals. Bildliche Darstellung weiblicher Gottheiten zeigen diese oft nackt, allerdings mit auffallenden Frisuren und / oder deutlich sichtbarem Schamdreieck (Abb. 7 und Abb. 10).

Hhld 6,5 preist das offene Haar der Geliebten, das einer aus dem Gebirge herabsteigenden Herde gleicht. Da das Schönheitsideal im Denken des antiken Israel insbesondere von Dynamik gekennzeichnet ist, ist damit wohl ein üppiges, lockig wallendes Haar gemeint. Davids Sohn → Absalom wird als äußerst schön beschrieben und sein Haar ist entsprechend reichlich: Jedes Jahr schor er sein Haar, das es auf stattliche 200 Schekel (ca. 2,26 kg) brachte (2Sam 14,25-26). Langes Männerhaar war wohl frisiert, denn → Simson trug sein Haar in sieben Strähnen (Ri 16,13).

3.2. Männlichkeit

Üppiges Haar gilt als Zeichen von Männlichkeit und Virilität. Die Gegenüberstellung der beiden Brüder Jakob und Esau macht dies deutlich: → Esau ist der Liebling seines Vaters, ein Jäger, ein Mann des Feldes, mit Bogen und Köcher, über und über von rötlich glänzendem Haar bedeckt; sein Bruder → Jakob hingegen ist der Liebling seiner Mutter, ein Koch, der lieber zuhause im Zelt bleibt (Gen 25,24-34; Gen 27). Er wird als „glatt“ bezeichnet, während Esau „haarig“ ist (Gen 27,11). Jakob hat kaum Bartwuchs, da sein glatter Hals mit Fell bekleidet werden muss, um den blinden Vater zu täuschen (Gen 27,16).

Körperliches Kennzeichen des Richters Simson (Ri 13-16), dessen Maskulinität schon als hypermaskulin bezeichnet werden kann, ist sein ungeschnittenes und daher sehr volles und langes Haar. Mit dem Verlust seines Haares geht eine De-Maskulinierung Simsons einher (Groß 724): Er wird überwältigt, was auch den Aspekt der Vergewaltigung bezeichnen kann (hebr. ענה ‘nh, Ri 16,19), er muss im Gefängnis die Handmühle bedienen (Ri 16,21) und geht damit einer für Frauen typischen Tätigkeit nach.

Die Vorstellung, Haare seien der Sitz von Kraft und auch Lebenskraft, ist im Alten Testament nur in der Simsonerzählung Ri 13-16 (Ri 16,17) belegt und ohne Parallele in den semitischen Kulturen. Eine solche Vorstellung ist eher im griechischen Kulturraum zu finden (Groß 668.736).

3.3. Natur und Kultur

Steht der geregelte Umgang mit Haaren, z.B. durch bestimmte Frisuren usw., für Kultiviertheit und die Seite der Kultur, so steht übermäßige und ungeregelte Haarpracht und Haartracht für eine wilde, „natürliche“ Seite.

Haare 11
Ein Beispiel für die „kulturelle“ Seite geregelter Haartracht sind etwa die Abbildungen des sog. sechslockigen Helden (Abb. 11). Hierbei handelt es sich um ein Motiv, auf dem ein (manchmal nackter) bärtiger Mann mit sechs (teils sieben) Locken, also einer Frisur, Tiere dominiert und zähmt. Ein biblisches Beispiel wäre Simson, der sein Haar in sieben Locken frisiert trägt (Ri 16,13) und Tiere dominiert (Ri 14,5-6; Ri 15,4-5). Die zurechtgemachte, frisierte, üppige Haarpracht ist in beiden Fällen mit Stärke und Dominanz gegenüber der Natur verbunden. Über Vermutungen zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem sechslockigen Helden und Simson kommt man allerdings nicht hinaus.

Ein Beispiel für die wilde und „natürliche“ Seite ist etwa Enkidu, die über und über haarige und wilde Gestalt aus dem Gilgamesch-Epos, der erst aus seiner Wildheit und „Natürlichkeit“ durch den Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten langsam in den Bereich der Kultur überführt wird. Ein biblisches Beispiel wäre der über und über mit Haaren bedeckte Esau, der ein Mann des Feldes und ein Jäger ist, der Kulturtechnik des Kochens wohl unkundig (Esau bereitet zwar das Fleisch für seinen Vater vor, Gen 27,31, während Jakob ein vegetarisches Gericht kocht, Gen 25,29-34). Ihm steht sein glatter, recht haarloser – und damit „kultivierter“ – Bruder Jakob gegenüber.

Allerdings darf man die Gegenüberstellung von „Natur“ und „Kultur“ nicht allzu schroff sehen. Der sechslockige Held ist oftmals unbekleidet und Simson wohnt auch in Höhlen (Ri 15,8); beides zeugt nicht unbedingt von einer Nähe zum Raum der Kultur. Die Jagd des haarigen Esaus mit Pfeil und Bogen ist ebenfalls eine ausgefeilte Kulturtechnik.

Möglicherweise kann man dem Propheten → Elia, der in einen haarigen Mantel gehüllt ist (2Kön 1,8) und in Höhlen lebt (2Kön 19,9) auch eine gewisse Kulturferne und Wildheit unterstellen (Mobley 227).

3.4. Kahlheit

Kahlheit kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Es empfiehlt sich, zwischen natürlich-unfreiwilliger, künstlich-unfreiwilliger und künstlich-freiwilliger Kahlheit zu unterscheiden.

3.4.1. Natürlich-unfreiwillige Kahlheit

Mit fortschreitendem Alter verlieren Männer wie Frauen das Haupthaar in unterschiedlichem Maße. Der natürliche Haarverlust ist damals wie heute unerwünscht. In 2Kön 2,23-24 verspotten die Jungen der Stadt → Bethel den Propheten → Elisa als Kahlkopf. Daraufhin verflucht Elisa sie, zwei Bärinnen kommen aus dem Wald und zerreißen 42 der Jungen.

3.4.2. Künstlich-unfreiwillige Kahlheit

Hierzu zählt die Rasur oder Schur, die jemandem von einem anderen zugefügt wird. Diese gelten i.d.R. als entehrend und beschämend, da sie die körperliche Integrität beschädigen. Zugleich wird der individuelle Körper von außen modifiziert und in seinem Ausdrucksgehalt verändert. Die Kontrolle über Haare (gleich ob Haupt-, Bart- oder Schamhaare) ist ein Zeichen von Macht, die man über jemanden besitzt. Entsprechend kann die Modifikation von Haaren auch dazu dienen, jemanden zu beschämen. In 2Sam 10,1-5 lässt der König der Ammoniter den Emissären → Davids den halben Bart abrasieren und ihre Gewänder abschneiden, sodass ihr Intimbereich freiliegt. Die Emissäre sollen in → Jericho warten, befiehlt David, bis ihre Bärte wieder nachgewachsen sind. In diesem Fall, bei dem auch der Genitalbereich freigelegt wird, ist eine sexuelle Demütigung naheliegend, da der Bart – ein sekundäres Geschlechtsmerkmal – durch die Halbrasur ebenfalls unnatürlich und auch entgegen kulturellen Konventionen verunstaltet wird und ein sichtbares Merkmal des Verlustes der Kontrolle über die eigene Geschlechtsidentität zeigt.

In der Umwelt des antiken Israel gibt es Praktiken der Beschämung, die den Bart involvieren. Eckart Otto (Otto 2008, 235-236) sieht in den Mittelassyrischen Gesetzen §§ 18; 19 die Strafe der Zwangsrasur des Bartes bei Verleumdung, nicht der Kastration. Die Rasur der Schläfe ist eine Strafe im Codex → Hammurabi CH §127, die der Beschämung eines Verleumders dient (TUAT I/1 58):

„Wenn ein Bürger über eine entu-Priesterin oder die Gattin eines Bürgers üble Nachrede verbreitet, aber das nicht beweist, so soll man diesen Bürger vor die Richter schleppen und man rasiert ihm eine (Kopf)hälfte.“

Der Verleumder wird somit sichtbar für alle entehrt. Vor Assurbanipal erniedrigt sich der besiegte Rebell Tamarītu, der zuvor einen Vasallen Sargons II. vom Thron gestürzt hatte:

„Tamarītu, seine Brüder, Familie (und) der Same seines Vaterhauses flohen mit 85 Fürsten seines Gefolges vor Indabibi, seinem Diener, krochen nackt auf ihrem Bauch und kamen nach Ninive. Tamarītu küßte meine königlichen Füße und machte den Erdboden mit seinem Bart zurecht. Er faßte das Bodenbrett meines Wagens und überstellte sich selbst zur Sklaventätigkeit für mich.“ (TUAT.NF II, 79).

Ähnliches findet sich auch in einem Brief des Königs Midas von Phrygien an Sargon II.:

„Bezüglich dessen, was du mir geschrieben hattest: ‚Ein Bote aus Urpala kam zu mir mit dem phrygischen Boten‘ – lass ihn kommen und lass Assur, Schamasch, Bel und Nabu befehlen, dass alle diese Könige mit ihren Bärten deine Sandalen putzen sollen.“ (nach Parpola 6).

Bildlich dargestellt ist diese Form der Unterwerfung auch auf dem Schwarzen Obelisken (Abb. 4): Jehus Bart berührt den Boden vor den Füßen des assyrischen Königs. Ein Zeichen der Beschämung ist auch ein verhüllter Bart (Mi 3,7).

Im Gerichtswort Jes 7,20 wird metaphorisch die Rasur von Haupt-, Scham- und Barthaar angedroht. Das Schermesser ist der König von Assur. Diese Metapher verdeutlicht bildlich den totalen Kontrollverlust an den König von Assur.

3.4.3. Künstlich-freiwillige Kahlheit

Haare 12
Künstlich-freiwillige Kahlheit begegnet v.a. bei Kultpersonal. Ägyptische Priester sind meist am ganzen Körper glatt rasiert; dies ist teils auch in Mesopotamien der Fall. Kahlheit gilt mitunter als Kennzeichen der Priester. Die Gudea-Statuen, die einen glatzköpfigen oder kurzhaarigen und glatt rasierten König Gudea zeigen, betonen dessen priesterliche Funktion (Abb. 12).

Im Alten Testament begegnet diese Form der Kahlheit vor allem in kultischen Kontexten. Die Leviten werden bei ihrer Weihe in Num 8,7 im Rahmen von verschiedenen Reinigungsritualen komplett rasiert. Auch der genesene Aussätzige, der als Reiner wieder in die Kultgemeinschaft integriert wird, muss sich – ebenfalls im Rahmen weiterer Reinigungsvorschriften – einer Ganzkörperrasur unterziehen (Lev 14,1-9). Die soziale Praxis des Trauerns beinhaltet auch eine (Teil-)Rasur des Haupt- und / oder Barthaares.

3.5. Trauer

Die Modifikation von Haaren gehört neben dem Ritzen der Haut, der Vernachlässigung der Körperpflege und dem Einreißen der Kleidung zum Komplex der → Trauerriten. Haupt- und Barthaare bleiben ungepflegt, werden geschoren oder abgeschnitten (2Sam 19,25; Hi 1,20; Jes 15,2; Jes 22,12; Jer 7,29; Jer 16,6; Jer 41,5; Jer 48,37; Ez 7,18; Mi 1,16; Esr 9,3). Auch der Bart wird verhüllt (Ez 24,17; Ez 24,22; Am 8,10; Mi 3,7). Diese Riten waren in Israel und Juda und ihrer Umwelt verbreitet.

Lev 19,27-28; Dtn 14,1 verbieten jedoch die Kahlrasur oder Teilrasur des Kopfes und das Stutzen des Bartes im Zustand der Trauer sowie Einritzungen der Haut. Dtn 14,2 begründet dies mit der Aussonderung des Volkes Israel für JHWH; es soll sich in seinen Trauerbräuchen und den sichtbaren Zeichen der Trauer unterscheiden. Lev 19,2 stellt fest, dass Volk solle heilig sein; in diesem Abschnitt steht das Verbot Lev 19,27-28. → Heiligkeit und bestimmte Trauerbräuche, die den Körper beschädigen, die Lebenskraft mindern und Zeichen der Sphäre der Trauer und des Todes sind, vertragen sich nicht und sind daher verboten (Olyan 2000, 188-189).

Die Selbstminderungsriten, zu denen auch der entsprechende Umgang mit Haaren gehört, sind eine kulturell akzeptierte Antwort auf den Verlust eines Menschen. Möglicherweise soll durch sie die körperliche Integrität beschädigt werden, um einerseits den Schmerz über den Verlust eines Menschen nach außen hin sichtbar zu machen und andererseits durch das geminderte eigene Leben dem Toten ähnlich zu werden (Olyan 1994, 616-617). Zudem wird so nach außen von weitem sichtbar kommuniziert, dass die trauernde Person unrein ist (Olyan 2000, 183-184).

3.6. Alter

Spr 16,31 weist das graue, silbrige Haar (hebr. שֵׂיבָה śêvāh) als überaus prächtiges Diadem aus; man finde es auf den Wegen der Gerechtigkeit. Die Betonung liegt auf dem hohen Alter, das als Ergebnis eines gerechten Lebenswandels ausgewiesen wird, nicht auf dem silbrig-glänzenden Haar. Unberücksichtigt bleibt der Haarausfall, der mit dem Alter einhergehen kann. Dies zeigt, dass das graue Haar metonymisch für das hohe Alter steht und nicht für das graue Haar an sich.

4. Haare in Kult und Kultpraxis

Insbesondere beim Kultpersonal oder Personen, die ein Gelübde ablegen, spielt die Haartracht eine Rolle. Mitunter wird mit den Haaren auch im Rahmen von Ritualen entsprechend verfahren.

4.1. Aussatz

Ein Aussätziger (→ Krankheit), und damit Unreiner, soll nach außen hin für seine Umgebung als solcher kenntlich sein: Nach Lev 13,45 soll er zerschlissene Kleidung tragen, sein Haar frei hängend tragen und seinen Oberlippenbart verhüllen. Zudem soll er „unrein, unrein!“ rufen.

Ist ein Mensch von seinem Aussatz genesen, so wird er schrittweise wieder in die Gemeinschaft reintegriert. Hierzu gehören Reinigungsrituale, Waschungen und offenbar auch die zweimalige vollständige Körperrasur während der zwei Wochen der schrittweisen Reintegration in die Gemeinschaft (Lev 14,8-9).

4.2. Priester und Leviten

Nach Ez 44,20 sollen Priester ihre Haare schneiden und trimmen, also pflegen. Es soll weder ungehemmt wachsen noch ganz oder teilweise geschoren werden. Dies ist ein markanter Unterschied zur Umwelt, in der Priester oft kahl sind. Der Priester soll sich bei der Trauer um einen Toten weder eine Glatze scheren noch den Bart stutzen und auch nicht Einritzungen zufügen. Begründet wird dies mit seiner Heiligkeit (Lev 21,5-6). Durch diese Trauerriten würde der Priester seinen Körper beschädigen. Da körperliche Unversehrtheit eine Voraussetzung für den gefahrlosen Kontakt mit Heiligem ist, würde er für seinen Dienst untauglich werden bzw. die Sphäre des Heiligen gefährden.

Der Hohepriester soll sein Haupthaar nicht frei hängen lassen im Falle der Trauer (Lev 21,10), was darauf schließen lässt, dass er es für gewöhnlich schnitt und pflegte. Damit kann auch gemeint sein, dass er den Turban seiner Amtskleidung abnimmt (Hieke 830). Eine gleiche Trauerpraxis verbietet → MoseAaron und seinen beiden verbliebenen Söhnen Elasar und Itamar, nachdem dessen Söhne Nadab und Abihu starben: Sie sollen ihr Haupthaar nicht frei hängen lassen und sich nicht die Kleider zerreißen; ansonsten würden sie sterben und der → Zorn JHWHs käme über die Israeliten (Lev 10,6). Denkbar ist, dass im Unterschied zum Hohepriester das freie Hängen des Haares und das Einreißen der Kleidung bei trauernden Priestern akzeptiert waren.

Olyan vermutet, das Verbot von Einritzungen und der Rasur der Haare verwische Statusgrenzen. Einige der Trauerriten, wie das Tragen bestimmter Kleidung, lassen sich sofort abstellen, wenn die Trauer vorbei ist; Hauteinritzungen und geschorene Körperteile sind aber nur sehr langsam reversibel. Insofern würde ein Priester auch nach seiner Trauerzeit Zeichen seiner Trauer an seinem Körper tragen. Die Sphäre des Todes, der Quelle der Unreinheit schlechthin, verträgt sich allerdings nicht mit der Sphäre der Heiligkeit. Deshalb ist Priestern das Trauern in bestimmten Formen untersagt (Olyan 2000, 184-187).

Im Rahmen ihrer Weihe werden die → Leviten zunächst gereinigt (Num 8,5-7). Sie sollen mit dem Entsündigungswasser besprengt werden, sich komplett rasieren und ihre Kleidung waschen. Die Ganzkörperrasur zeigt nicht nur die Reinigung und Reinheit der Leviten an, sondern auch deren Ablösung von dem Rest der Israeliten und einen Übergang in eine neue Sozialform, getrennt von der bisherigen. Die Ganzkörperrasur visualisiert eine Vollständigkeit und Ganzheit der Körper und damit auch die vollständige Transformation der Leviten in einen von den restlichen Israeliten unterschiedenen Status.

Die Ganzkörperrasur stellt vielleicht einen Übergangsritus dar: Der geheilte Aussätzige wird durch Ganzkörperrasuren wieder in den Bereich der Reinheit reintegriert (Lev 14,8-9). In Num 8 werden die Leviten von den übrigen Israeliten abgesondert und in einen besonderen Bereich in der Nähe des Heiligtums überführt. In beiden Fällen wird ein Bereich verlassen und ein neuer betreten.

Der Fall der kriegsgefangenen Frau in Dtn 21,10-14 gehört zwar nicht in den Bereich des Kultes, stellt jedoch vielleicht ebenfalls einen Übergangsritus dar. Wird eine im Krieg erbeutete Frau in das Haus eines Israeliten gebracht, weil er sie schön findet und zur Frau nehmen will, so soll sie die Gefangenenkleidung gegen normale eintauschen, ihre Nägel schneiden und das Haar scheren (Dtn 21,12-13).

4.3. Nasiräat (Num 6)

Für eine bestimmte Zeit kann ein Mann oder eine Frau sich in besonderer Weise weihen. Dieses zeitliche → Nasiräat stellt drei Grundforderungen: die Enthaltung von Trauben und Traubenprodukten; das Verbot der Verunreinigung durch Totenkontakt; das Verbot der Schur des Haupthaares. Ein Nasiräer / eine Nasiräerin soll sein / ihr Haar lang wachsen lassen und offen tragen. Nur das Haupthaar ist Gegenstand dieser Bestimmung. Sollte sich der Nasiräer / die Nasiräerin zufällig an einer Leiche verunreinigen, soll er / sie das Haar nach den sieben Tagen der Reinigung abschneiden, das Nasiräat kann von vorne beginnen. Mit Ende der Weihe wird das Haar geschoren und im Feuer verbrannt. Dass mit den Haaren eine besondere körperliche Kraft einhergeht, ist im Gegensatz zur Simson-Erzählung Ri 13-16 in Num 6 nicht erkennbar.

Es ist uneindeutig, in welchem Feuer das Haar des Nasiräers / der Nasiräerin in Num 6,18 verbrannt wird: Es kann das Feuer auf dem Altar sein oder das Feuer unter dem Kessel, in dem die zum Verzehr bestimmten Opferteile des Schelamim-Opfers kochen. Es handelt sich hierbei nicht um ein Haaropfer (zu Haaropfern in Kulturen der Umwelt des antiken Israel siehe ausführlich Henninger 1981). Diese waren in der Umwelt bekannt (z.B. Ilias 23,141-153; Plutarch, Thes. 5; Sueton, Nero 12; Lukian, De Dea Syria 55.60; Diodor Sic. I,18.83). Gegen ein Haaropfer in Num 6 spricht, dass der Nasiräer / die Nasiräerin selbst das Haar verbrennt, nicht der Priester. Num 6,14-15 schildert die Bereitstellung der Opfermaterie durch den Nasirärer / die Nasiräerin, mit der der Priester in Num 6,16-17; Num 6,19-20 dann verfährt. Die Haare kommen weder bei der Vorbereitung noch bei der Durchführung des Opfers vor. Vielleicht werden sie auch gar nicht auf dem Altarfeuer verbrannt.

Sind die Haare in Num 6 nur ein Zeichen des besonderen Status als Nasiräer / Nasiräerin? Oder sind sie heilig, besitzen also eine eigene Qualität? In Num 6 fällt auf, dass die Weihe offenbar mit dem Kopf und nicht mit den Haaren verbunden ist (רֹאשׁ נִזְרוֹ, z.B. Num 6,9; siehe v.a. Num 6,7 „denn die Weihe seines Gottes ist auf seinem Kopf“). Der Kopf ist primärer Träger der Weihe, die Haare beziehen indirekt von ihm ihre Qualität. Im Falle der Verunreinigung geht der Kopf seiner Weihe verlustig und wird unrein (Num 6,9). Nach einer Reinigungszeit von sieben Tagen ist die Unreinheit beseitigt, die Haare werden geschoren. Weiter muss mit ihnen nicht verfahren werden. Werden die Haare im Zustand der aktiven Weihe geschoren, also beim Ende des Nasiräats (Num 6,18), müssen sie verbrannt werden. Dies weist darauf hin, dass ihnen in diesem Fall eine besondere Qualität zukommt. Sie scheinen heilig zu sein und müssen daher einer möglichen Profanierung entzogen werden, indem man sie verbrennt (vgl. Winkler).

Zwar kennt die Umwelt Israels und Judas auch religiöse Schwüre und Gelübde, das Nasiräatsgelübde in Num 6 ist jedoch singulär. Die Geschichte der religiösen Institution ist nicht mehr sicher rekonstruierbar. Es ist unsicher, ob eine Kriegerweihe der Ursprung dieser Institution ist.

Nasiräer werden auch in Am 2,10 erwähnt, allerdings nur in Bezug auf das Alkoholverbot. → Samuel soll zeitlebens das Haar nicht geschnitten werden (1Sam 1,11), allerdings wird er nicht Nasiräer genannt. Der Richter → Simson wird vor seiner Geburt (Ri 13,5; Ri 13,7) als Nasiräer bezeichnet und er nennt sich auch selbst so (Ri 16,17); allerdings ist er nur von dem Verbot der Haarschur betroffen, das Alkoholverbot ergeht an seine Mutter. Er selbst tötet zahlreiche Philister und kommt somit mit Leichen in Kontakt. Er nimmt auch an Festen teil, wird also auch Alkohol konsumiert haben. Es bestehen nur wenige Berührungspunkte zwischen dem Nasiräat in Num 6 und dem des Richters Simson.

4.4. Eifersuchtsordal (Num 5)

Num 5,11-31 schildert ein Ritual, das angewandt wird, wenn ein Mann seine Frau des Ehebruchs verdächtigt, aber keine Zeugenberichte oder Beweise vorliegen. Der betreffenden Frau werden während des Rituals die Haare geöffnet, d.h. die Frisur gelöst (oder die Kopfbedeckung abgenommen?), wenn sie vor JHWH steht und das Erinnerungsopfer auf ihre Hände gelegt wird. Es ist nicht klar, welche Funktion und Bedeutung das offene Haar in diesem Fall hat. Soll das offene Haar ein Hinweis auf ein mögliches sexuelles Vergehen sein? Ist es eine Entstellung, eine sichtliche Störung des Normalzustandes? Stellt es einen natürlichen, nicht-kultivierten Zustand dar?

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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Abbildungsverzeichnis

  • In einem traditionellen Bildmotiv packt der Pharao die Feinde an den Haaren und erschlägt sie mit einer Keule (ptolemäischer Chnumtempel in Esna). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2004)
  • Bartlose ägyptische Arbeiter mit schwarzer, gelockter Perücke bei der Schlachtung (Saqqara Grab des Kagemni; 24. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © Sémhur (talk), Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 26.10.2020
  • Ankunft einer semitischen Familie, erkennbar an der Haartracht und Bärten (Grabmalerei aus Beni Hassan; 19. Jh. v. Chr.). Aus: H. Gressmann, Altorientalische Bilder zum Alten Testament, Berlin / Leipzig 2. Aufl. 1927, Tafel XXI
  • König Jehu vor dem assyrischen König Salmanassar III., umgeben von Eunuchen (Schwarzer Obelisk von Nimrud; 9. Jh. v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Der persische König Darius und dahinter Kronprinz Xerxes mit langen Bärten (Persepolis, Apadana, Nordtreppe; 5. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © alisamii, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 2.0 generic; Zugriff 26.10.2020
  • Assyrer häuten gefangene Judäer mit kürzeren Bärten und Haaren (Ausschnitt aus dem Lachisch-Relief aus Kalchu; um 700 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 124909 lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 26.10.2020
  • Judäische Pfeilerfigurine (Eisenzeit IIc; Fundort unbekannt; BIBEL+ORIENT Datenbank Online). © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
  • Elfenbeinkamm aus Megiddo (13.-11. Jh. v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Angehörige der Seevölker, glattrasiert und mit Federhelm (Ausschnitt aus dem Wandrelief von Medinet-Habu). Aus: Arthur Evans, The Palace of Minos at Knossos, Vol. I, London 1921, Fig. 489
  • Die nackte Göttin Ischtar mit ausgearbeitetem Schamdreieck (altbabylonisch, ca. 1750 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 1994,1001.1 lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 26.10.2020
  • Akkadisches Rollsiegel mit sechslockigen Helden im Kampf mit Bullenmensch und Löwen (2200-2400 v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 121566,d lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 26.10.2020
  • Statue des Königs Gudea von Lagasch (20. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM C. 196 lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 26.10.2020

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