Handwerk / Handwerker (AT)
(erstellt: November 2007)
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→ Färben / Färberei
1. Terminologie
Das Alte Testament kennt keine Vokabel für das Abstraktum „Handwerk“ (außer vielleicht מלאכה, was in einem weiten Sinne „Arbeit“ bedeutet, wenn auch eine beruflich qualifizierte), aber mehrere für den Begriff „Handwerker“.
1. חֶרֶשׁ ḥæræš „Handwerker.“ Der meistverwendete Begriff ist חֶרֶשׁ ḥæræš (31 Belege). Das Verb חרשׁ ḥrš umfasst verschiedene Tätigkeiten: pflügen, eingraben und verarbeiten. Ob dem eine Grundbedeutung „einschneiden / einritzen“ zugrunde liegt, ist umstritten. Sofern nicht → „pflügen
2. Bestimmte Handwerker. Bezeichnungen für bestimmte Handwerker sind בונים bônîm „Baumeister“, חצבים ḥoṣəvîm „Steinhauer“ und מסגר masger „Schmied“. Unspezifisch können Handwerker als יודעים jôdə‘îm „Kundige“ bezeichnet werden (1Kön 5,20
2. Handwerk in alttestamentlicher Sicht
2.1. Ursprung
Eine „Ätiologie“ des Handwerks, insbesondere des → Metall
2.2. Entwicklung
1. Frühzeit. Der erste explizite, historisch verwertbare Hinweis auf Handwerk und Handwerker im Alten Testament ein negativer: 1Sam 13,19-22
2. Königszeit. Noch für die Arbeiten an repräsentativen Bauten wie dem Königspalast (2Sam 5,1
Während auf dem Land die Bauern- und Hirtenfamilien sicherlich zu großen Teilen handwerklich Selbstversorger waren, bestand in den Städten eine deutliche Ausdifferenzierung in verschiedene Handwerksberufe. So sind in Städten wie → Jerusalem
3. Nachexilische Zeit. In nachexilischer Zeit scheinen sich handwerksspezifische Zusammenschlüsse herausgebildet zu haben (vgl. Neh 3,8
Spätestens seit der spätvorexilischen Zeit lassen sich örtliche Konzentrationen je eines Gewerbes beobachten. So ist in Jer 37,21
Die Ausbildung für ein Handwerk geschah wahrscheinlich im elterlichen Betrieb, sodass in der Regel der Beruf vom Vater auf den Sohn übertragen wurde. Unklar ist die Frage, ob Handwerker umherzogen oder sesshaft waren. Die Beantwortung hängt davon ab, wie hoch man die Kaufkraft eines Ortes einschätzt, in der sich ein solcher Handwerker niederlassen könnte. So hat man auf umherziehende Töpfer aus Krügen geschlossen, die so groß sind, dass man sie auch im leeren Zustand kaum transportieren kann und folglich vor Ort hergestellt haben dürfte, die aber in Profil und Volumen an den verschiedenen Fundorten so grosse Übereinstimmungen aufweisen, dass sie von erfahrenen Töpfern gemacht worden sein müssen, wie es sie angesichts der geringen Nachfrage in den einzelnen Dörfern jedoch kaum gegeben haben kann.
Ausser professionellen Handwerkern gab es → Sklaven
3. Handwerkliche Tätigkeiten
3.1. Metallverarbeitung
Die Metallgewinnung und Metallverarbeitung hat in Israel spätestens in der spätvorexilischen Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad. Darauf lässt die mehrfache metaphorische Bezeichnung Ägyptens als Eisenschmelzofen (Dtn 4,20
In der Metallverarbeitung gibt es die Schmiedekunst und die Metallgießerei. Zur Herstellung eines Gusses wurde der Gegenstand aus Wachs hergestellt, dann mit Ton ummantelt und gebrannt. In der Hitze floss das Wachs aus, der Ton wurde fest, sodass eine Hohlform entstand, in die man das flüssige Metall giessen konnte. Nach Zerschlagen der Tonform erhielt man die Gussplastik. Gebrauchsgegenstände wurden auch in Steingussformen gefertigt; das ermöglichte höhere Produktionszahlen, ging aber auf Kosten der Feinheiten. So konnte wegen der wiederverwendbaren Formen zwar kostengünstiger, aber nicht so filigran gearbeitet werden wie mit den Tongussformen. Zudem mussten die Ränder nachgeschliffen werden.
Die Entwicklung und Bedeutung der Metallverarbeitung über die Epochen hinweg zeigt sich im Alten Testament sowohl in dem für Israel negativen Befund 1Sam 13,19-22
3.2. Töpferei
Die ältesten Erwähnungen von Tongefäßen und damit von → Töpferei
Den grössten Teil der Töpfererzeugnisse machten Gebrauchsgegenstände für den Haushalt aus, aber auch Figurinen für kultische Zwecke wurden hergestellt. Diese wie auch feinere Keramik wurde oft über weite Entfernungen gehandelt und transportiert, während einfache Haushaltskeramik lokal erzeugt und verwendet wurde.
3.3. Textilhandwerk
Ri 16,13f
Welchen Stellenwert → Kleidung
Neben der Weberei gab es auch Walkereien und Färbereien (→ Wasserverbrauch
3.4. Bauhandwerk
Auch für den Hausbau wurden Handwerker gebraucht. Mauern wurden im Wesentlichen aus luftgetrockneten Ziegeln gebaut, die aus mit Stroh vermengtem Lehm bestanden (→ Wasserverbrauch
Der Lehm wurde mit Wasser und Stroh vermischt und geknetet, dann in Formen gepresst und anschließend in der Sonne getrocknet. Diese Ziegel waren so widerstandsfähig, dass man mit ihnen sogar Festungen baute. Steinmauern waren offenbar eine Seltenheit und besonderen Bauten vorbehalten. So wird beim Salomonischen → Tempel
Literaturverzeichnis
1. Lexikonartikel
- Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
- Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
- Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
- The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
- Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
- Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
2. Weitere Literatur
- Dalman, G., 1937, Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. V: Webstoff, Spinnen, Weben, Kleidung, Gütersloh (Repr. Hildesheim u.a. 1987)
- Dalman, G., 1942, Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. VII: Das Haus, Hühnerzucht, Taubenzucht, Bienenzucht, Gütersloh (Repr. Hildesheim u.a. 1987)
- Heaton, E. W., o.J., Biblischer Alltag. Zeit des Alten Testaments, München
- Kippenberg, H.G., 1978, Religion und Klassenbildung im antiken Judentum. Eine religionssoziologische Studie zum Verhältnis von Tradition und gesellschaftlicher Entwicklung, Göttingen
- Lurje, M., 1927, Studien zur Geschichte der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse im israelitisch-jüdischen Reiche von der Einwanderung in Kanaan bis zum Babylonischen Exil (BZAW 45), Gießen
- Zwickel, W., 1997, Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Ein Sach- und Arbeitsbuch, Stuttgart
Abbildungsverzeichnis
- Holzhandwerker arbeiten die mit Säge, Bohrer und Stößel (Grab des Ti in Sakkara; 5. Dyn., 2500-2350 v. Chr.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Arbeit in einer Metallgießerei. Arbeiter bringen Rohmetall (rechts), treten auf Blasebälge, um Luft ins Feuer zu blasen (links oben), darunter wird Metall geschmolzen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- In Formen aus Stein wurden Bronze bzw. Gold und Silber z.B. zur Herstellung von Äxten und Speerspitzen bzw. Schmuck gegossen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- In einer Töpferei wird in einem Becken Ton gestampft (unten), in Krügen gelagert (rechts und oben), auf einer Scheibe geformt (oben Mitte) und die Gefäße werden für das Brennen aufgestellt (links). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Töpfer mit langsam drehender Scheibe, bei der eine oberer Stein mit Zapfen auf einem unteren Stein mit Loch für den Zapfen gedreht wird. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Frauen beim Weben auf ägyptischer Darstellung. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
- Bearbeitung von Quadersteinen auf ägyptischer Darstellung. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
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