Deutsche Bibelgesellschaft

Andere Schreibweise: Cheber; Chever

(erstellt: März 2010)

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1. Der Name

Heber (hebr. חֶבֶר chævær) bedeutet „Gefährte / Freund“ bzw. „Verbindung / Gemeinschaft“ sowie „Bannspruch / Beschwörung“ (vgl. Jes 47,9.12). Abgeleitet wird der Personenname von der Wurzel חבר chbr II „sich binden / beschwören / sich verbünden“. Der Name kommt im Alten Testament relativ selten vor und bezeichnet unterschiedliche Personen (Gen 46,17; Num 26,45; Ri 4,11.17.21; Ri 5,24; 1Chr 4,18; 1Chr 7,31-32; 1Chr 8,17).

2. Heber in Genealogien

(1) In den genealogischen Notizen von Gen 46,17; Num 26,45 und 1Chr 7,31f werden Heber und Malkiel als die beiden Söhne Berias, eines Nachkommen Assers, zu denen gezählt, die → Jakob nach Ägypten begleiten (vgl. Gen 46,8-27). Nach Num 26,45 stammt die Sippe der Heberiter von eben diesem Heber ab.

(2) 1Chr 4,18 nennt auch unter den Nachkommen → Judas einen Mann namens Heber, der als Sohn Mereds und Vater von Socho vorgestellt wird.

(3) In 1Chr 8,17 trägt einer der sieben Söhne Elpaals, ein Benjaminiter, den Namen Heber.

3. Heber, der Keniter, der Mann Jaëls (Ri 4-5)

Heber, der Keniter, ist der Mann der → Jaël, die in der Erzählung von Ri 4Sisera, den Hauptmann des kanaanäischen Königs → Jabin tötet und damit neben → Debora und → Barak sowie dem Eingreifen JHWHs die Rettung Israels bewirkt. Heber wird in Ri 4,11 mit der Bemerkung eingeführt, dass er sich von → Kain und dessen Sippe Hobab (→ Keniter), die im Süden Palästinas zu lokalisieren sind, losgelöst und sein Zelt bei der Eiche in Zaanannim nahe → Kedesch im Norden Palästinas aufgeschlagen habe. Im weiteren Handlungsverlauf spielt er keine Rolle mehr. Lediglich in Ri 4,17 wird auf das Friedensverhältnis zwischen ihm und Jabin hingewiesen. In Ri 4,21 und Ri 5,24 – nicht dagegen bei den ersten Erwähnungen in Ri 4,11.17 – wird er mit Jaël in Verbindung gebracht, wenn diese als „Frau Hebers“ vorgestellt wird.

3.1. Hebers Zugehörigkeit zu den Kenitern

Heber wird in Ri 4-5 vier Mal als „der Keniter“ bezeichnet (Ri 4,11.17 in V. 17 zwei Mal; Ri 5,24), nur in Ri 4,21 fehlt diese Angabe. Dieser Klan bzw. das Volk der → Keniter (vgl. Donner, 51.69.132; Worschech, 464) ist neben dem zusammenfassenden Ausdruck „Kanaanäer“ als ein Völkername für die vorisraelitische Bevölkerung zu verstehen. Die Gruppe der Keniter gehört nicht zum Volk Israel, ihre Vorgeschichte entspricht jedoch der der Israeliten. Der Sippenverband hält sich südlich und südöstlich von → Hebron auf (vgl. Jos 15,57; Ri 1,16f; 1Sam 30,29) und hat Anteil an der Südwüste (vgl. 1Sam 27,10). Einige Keniter, darunter Heber, finden sich dagegen in der Ebene von → Megiddo im Norden Palästinas (Ri 4,11.17; Ri 5,24).

Soggin versteht חֶבֶר chævær nicht als Eigennamen Heber, sondern denkt angesichts der Grundbedeutung „Gemeinschaft“ an einen Klan. חֶבֶר הַקֵּינִי übersetzt er nicht „Heber, der Keniter“, sondern mit „der kenitische Klan“. Nach den Regeln der hebräischen Grammatik müsste man dann in Ri 4,17 jedoch übersetzen „Jaël, die (statt: eine) Frau des kenitischen Klans“. Da ein Klan nicht nur eine Frau hat, ist diese Deutung kaum möglich. Im Übrigen werden Frauen im Alten Testament meist über Männer (Ehemänner, Väter etc.) in die Erzählungen eingeführt (vgl. z.B. → Batseba in 2Sam 11,3; → Abigajil in 1Sam 25,14 und → Rebekka in Gen 24,15).

3.2. Hebers Verhältnis zu Israel

Die Stammeslinie des Heber geht laut Ri 4,11 auf Hobab, den Schwiegervater des → Mose, zurück, der an anderen Stellen → Jitro (vgl. Ex 3,1; Ex 18,1) bzw. Reguël (vgl. Ex 2,18; Num 10,29) genannt wird. Über Hobab stehen die Keniter mit den → Midianitern in Verbindung (vgl. Ex 2,16-21; Ex 18,1), und durch ihn soll Mose mit dem JHWH-Glauben in Berührung gekommen sein. Die Beziehung zwischen den Kenitern und Mose wird außer in Ri 4,11 noch in Ri 1,16 dokumentiert. Die verwandtschaftliche Verbindung zu Mose soll eine Verbindung zwischen Heber (und Jaël!) und dem Volk Israel herstellen. Eine weitere Verbindung ergibt sich durch die Parallelisierung mit der machtvoll wirkenden Prophetin und Richterin → Debora: Während diese unter einer Palme sitzt (Ri 4,5), lagert Heber bei einer Eiche (Ri 4,11).

Ri 4,11 ist als verbindendes Element zwischen dem Debora-Teil und dem Jaël-Teil in der Erzählung von Ri 4 zu betrachten (Groß, 262). Der Vers wird aus literarkritischen Gründen häufig ausgeklammert, da er die Erzählung unterbreche. Zunächst können Leser und Leserinnen mit dem Vers, der die Loslösung Hebers von Kain und der Sippe Hobabs und das Aufschlagen des Zeltes in Nord-Palästina notiert, nichts anfangen, doch liefert er eine wichtige Hintergrundinformation, denn er erklärt, dass sich das Zelt der Jaël, zu dem Sisera flieht (Ri 4,17), nahe bei dem Kampfgeschehen im Norden Palästinas befindet. Nach Baruch Margalit (629.640) hat sich Heber von den Kenitern nicht nur physisch und geographisch, sondern auch politisch getrennt. Wenn zwischen Jabin und dem Haus Hebers nämlich, wie Ri 4,17 berichtet, ein friedliches Verhältnis bestand, hat sich Heber mit dem Feind Israels verbunden und damit die eigene Sippe der Keniter verraten. Wenn Jaël dann Jabins Heerführer Sisera tötet und damit Israel zum Sieg verhilft, beschreibt dies einen tiefen Konflikt zwischen ihr und ihrem Mann. Mit dieser Tat, die eigentlich gegen Heber gerichtet ist, stellt Jaël die durch Heber verletzte Familien-Ehre wieder her. Ähnlich argumentieren Sarna / Sperling (58), die den Totschlag Siseras als einen Akt zurück zur Loyalität mit Israel verstehen, nachdem sich der Keniter Heber zuvor mit Jabin, Israels Feind, verbunden hat.

Als Jaël Sisera in Ri 4,18 entgegengeht, muss dieser sie als die Frau des Heber wahrnehmen, der mit seinem König Jabin einen Friedenspakt unterhält. Sisera sieht also eine Frau, die ihm helfen und auf der Flucht Schutz geben kann. Doch aus der Parteilichkeit Hebers folgert er zu Unrecht auf die Jaëls. Es folgt daraufhin der Totschlag Siseras durch Jaël, der das Kriegstreiben beendet. Für diese Tat wird Jaël, die Frau des Keniters Heber, in Ri 5,24 als unter allen Frauen gesegnete gepriesen.

Im Blick auf das Zelt, zu dem Sisera flieht, kann man fragen, ob es sich um das Zelt Hebers oder um ein Haremszelt handelt oder ob Jaël ein eigenes Zelt besitzt. Ist es das Zelt der beiden, dann drängt sich die Frage auf, wo sich Jaëls Mann befindet, als Sisera in das Zelt tritt. Ri 4,17 spricht jedoch ausdrücklich vom Zelt der Jaël. Sie wird also als Eigentümerin dargestellt. Nach Matthews (69f) liegt Siseras Fehler darin, dass er Jaëls und nicht Hebers Zelt aufsucht und damit Heber als Haupt des Haushaltes das Recht nimmt, Gastfreundschaft anzubieten. Sisera wollte nicht gefunden werden und hat daher jenes Zelt gewählt, wo man ihn am wenigsten vermutet. Die Frage, ob Jaël alleine im Zelt war oder noch andere am Geschehen beteiligt waren, beantwortet die Textstelle nicht.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Bibel-Lexikon, Einsiedeln 1951
  • Lexikon zur Bibel, 2. Aufl., Wuppertal 1960
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Das große Bibellexikon, 2. Aufl., Wuppertal 1990
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Brunnen Bibellexikon, Gießen 1994
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

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  • Bedenbender, A., 1997, Biene, Fackel, Blitz. Zur Metaphorik der Namen in der Deborageschichte (Ri 4-5), Texte und Kontexte 76, 43-55
  • Block, D.I., 1999, Judges, Ruth (NAC 6), Nashville
  • Boling, R.G., 1975, Judges (AncB 6), New York
  • Donner, H., 1984, Geschichte des Volkes Israels und seiner Nachbarn in Grundzügen. Teil 1: Von den Anfängen bis zur Staatenbildungszeit, Göttingen
  • Eder, S., 2008, Wie Frauen und Männer Macht ausüben. Eine feministisch-narratologische Analyse von Ri 4 (HBS 54), Freiburg u.a.
  • Fischer, I., 2002, Gotteskünderinnen. Zu einer geschlechterfairen Deutung des Phänomens der Prophetie und der Prophetinnen in der Hebräischen Bibel, Stuttgart
  • Groß, W., 2009, Richter (HThK.AT), Freiburg / Basel / Wien
  • Gunn, D.M., 2005, Judges (Blackwell Bible Commentaries), Oxford
  • Matthews, V.H., 2004, Judges and Ruth (New Cambridge Bible Commentary), Cambridge
  • Margalit, B., 1995, Observations on the Jael-Sisera-Story (Judges 4-5), in: D. Wright u.a. (Hgg.), Pomegranates and Golden Bells. Studies in Biblical, Jewish, and Near Eastern Ritual, Law, and Literature (FS J. Milgrom), Winona Lake / Indiana, 629-641
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  • McCann, J.C., 2002, Judges (Interpretation. A Bible Commentary for Teaching and Preaching), Louisville
  • Moore, G.F., 7. Aufl. 1958, A Critical and Exegetical Commentary on Judges (ICC), Edinburgh
  • Neef, H.D., 2002, Deboraerzählung und Deboralied: Studien zu Jdc 4,1-5,31 (BThSt 49), Neukirchen-Vluyn
  • Olson, D.T., 1998, The Book of Judges: Introduction, Commentary, and Reflections (The New Interpreter’s Bible 2), Nashville, 721-888
  • Pfeiffer, H., 2005, Jahwes Kommen von Süden. Jdc 5; Hab 3; Dtn 33 und Ps 68 in ihrem literatur- und theologiegeschichtlichen Umfeld (FRLANT 211), Göttingen
  • Richter, W., 2. Aufl. 1966, Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zum Richterbuch (BBB 18), Bonn
  • Sarna, N. / Sperling, S., 2007, Art. Jael, in: Encyclopaedia Judaica, 2. Aufl., 58-59
  • Scherer, A., 2005, Überlieferungen von Religion und Krieg. Exegetische und religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Richter 3-8 und verwandten Texten (WMANT 105), Neukirchen-Vluyn
  • Schwennen, J., 1995, Biblische Eigennamen. Gottes-, Personen- und Ortsnamen im Alten Testament, Neuhausen u.a.
  • Soggin, J.A., 1981, „Ḥeber, der Quenit“. Das Ende eines biblischen Personennamens?, VT 31, 89-92
  • Worschech, U., 1995, Art. Keniter, in: NBL 2, Zürich u.a., 464

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