Heilige Mahlzeit (AT)
(erstellt: September 2016)
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→ Mahl / Mahlzeit
1. Definition
Als Heilige Mahlzeit oder Kultmahl bezeichnet man ein in der Regel gemeinschaftliches Essen und Trinken, das nicht zuerst dem Lebenserhalt oder der Sättigung dient, sondern eine Verbindung zum Heiligen schafft (Konvivium) oder Anteil am Heiligen gibt (Kommunio). Im Konvivium wird eine Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen geschaffen, indem man einen Teil der Mahlzeit Gott übergibt, das Übrige aber von den Mahlteilnehmern selbst verzehrt wird. Von Kommunio spricht man, wenn die Mahlteilnehmer auf irgendeine Weise an Gott teilhaben und sich Gott einverleiben. Beide Arten von Kultmählern geschehen nicht zufällig und arbiträr, sondern folgen bestimmten Regeln und finden an bestimmten Orten sowie zu bestimmten Zeiten statt. Sie können auch die Anwesenheit von bestimmten Personen, z.B. Priestern, voraussetzen (→ Ritual
Die Grenzen zwischen einem Alltagsmahl und einem Kultmahl sind oft fließend, beinhalten doch alle Mähler – besonders gemeinschaftlich eingenommene Mähler – rituelle Elemente, die in irgendeiner Weise auf den Kult Bezug nehmen oder einen direkten Bezug zum Kult haben können. Auch ist die Frage, ob ein Mahl ein Kultmahl ist, oft von der Einstellung und der Erinnerungsfähigkeit der Speisenden abhängig. So können ein im Kult entstandenes Mahl oder Elemente davon auch im säkularen Bereich Bestand haben, ohne dass sich die Teilnehmer am Mahl der Verflechtung mit dem Kult bewusst sind und manchmal nicht einmal bemerken, dass sie → Rituale
2. Mahl bzw. Kultmahl und Ritual
Essen und Trinken sind selbstverständliche und natürliche Handlungen aller Tiere und Menschen. Sie dienen dem Lebenserhalt, dem Genuss, der Belohnung, aber auch der Zerstörung; Letzteres zum Beispiel, wenn ein Lebewesen getötet wird, um es zu essen und so etwas von dessen Lebenskraft in den eigenen Körper zu übertragen. Sie setzen Leiblichkeit voraus, vermitteln und schaffen Identität und können Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wachrufen.
Ereignen sich Mahlzeiten außerhalb des individuellen Alltagslebens und in einer menschlichen Gemeinschaft, dienen sie oft nicht nur dem biologischen Lebenserhalt, sondern nehmen einen gesellschaftlich, kulturell oder religiös bedeutungsschweren Charakter an. Mähler in Gemeinschaft charakterisieren die Gemeinschaft, in der sie stattfinden, und werden durch sie charakterisiert. So können gemeinsame Mähler Gruppengrenzen definieren und Identitäten darstellen, politische und kulturelle Gegebenheiten ins Recht setzen sowie Veränderungen im Leben der Gemeinschaft und im Leben des Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft markieren. Die Nahrungsauswahl bei gemeinschaftlichen Mählern geschieht ebenfalls nicht alleine aufgrund des biologischen Nährwertes, sondern aufgrund von kulturellen, sozialen und religiösen Wertvorstellungen und Bedeutungszuschreibungen (Counihan / Van Esterik, Dietler / Hayden, Friedman, Goody, Nielsen / Nielsen, Wiessner / Schiefenhövel).
Das Interesse an der Erforschung des Mahles als Ritual reicht bis in die Renaissance zurück, als man versuchte, die Mahlgewohnheiten in der Antike zu rekonstruieren. Im 20. Jahrhundert begannen Anthropologen, Ethnologen, Soziologen und Religionswissenschaftler, das rituelle Mahl als aussagekräftiges und gleichzeitig strukturierendes Merkmal von Gemeinschaften und Gesellschaften zu entdecken. Anstoß gaben hier wohl die Lectures on the Religion of the Semites von William Robertson Smith, später waren die Arbeiten von Claude Lévi‑Strauss und Mary Douglas richtungsweisend.
Weil das individuelle und gemeinsame Speisen etwas zutiefst Menschliches und Alltägliches ist und meist eine tiefere Bedeutung hat, werden Mähler in der Geschichte der Menschen zu symbolisch aufgeladenen Ereignissen, denen immer mehr inne liegt als der Wille nach dem körperlichen Weiterleben. Das ist besonders dann der Fall, wenn sie im Zusammenhang mit dem Kult stattfinden und nicht nur die horizontalen Beziehungen zwischen den Mahlteilnehmern, sondern auch die vertikale Beziehung zwischen den Menschen und Gott schaffen oder darstellen. In allen Arten von Mählern sind Rituale omnipräsent (Grimes).
Kultische Mahlzeiten hat es wohl zu allen Zeiten und in allen Kulturen gegeben. Kultspeise und Kulttrank konnten dabei gemeinsam vorkommen oder auch individuell. Neben den im Kultmahl genutzten Speisen und Getränken sind auch noch Narkotika zu nennen, die sich die Menschen bei einer Heiligen Mahlzeit oder einem Kultmahl einverleiben.
Während es keine universal gültigen Regeln für das Verzehren oder Nicht-Verzehren von Nahrungsmitteln (im Kultmahl) gibt, weisen doch alle Kulturen und Gemeinschaften Vorschriften dafür auf, was gegessen werden darf und was nicht. Manchmal kann ein bestimmtes Nahrungsmittel symbolisch für die gesamte Gemeinschaft stehen. An diesen Speisegesetzen kann man die Charakteristika and die Werte der Gesellschaft oder der Religion festmachen. Warum es in vielen, wenn nicht allen Kulturen bevorzugte und symbolisch aufgeladene Nahrungsmittel und Nahrungsmittel-Tabus gibt, war schon immer Teil der Diskussionen religiösen Spezialisten, zu denen sich in neuerer Zeit Ritualtheoretiker gesellten. So hatte schon im 13. Jahrhundert Moses Maimonides darauf hingewiesen, dass das jüdische Verbot des Verzehrs von Schweinefleisch (→ Schwein
3. Im Alten Orient und im Mittelmeerraum
Aus den altorientalischen Mythen sind zahlreiche Opferbeschreibungen bekannt, an die sich Kultmähler anschließen. In Babylonien kannte man ein Kultmahl des Kommunio-Typus, bei dem Opferkuchen (kamānu) verzehrt wurden, die die Göttin → Ischtar
In der griechisch-römischen Antike wird die Verbindung von Mahl und Opfer eng gezogen. So musste jeder Koch im antiken Griechenland auch opfern können: Dem Opfer im privaten Kontext folgt ein Mahl der am → Opfer
Ferner ist aus dem griechisch-römischen Kontext die Institution der Theoxenie bekannt, einem inszenierten Gastmahl für die Götter. Anlässe für ein solches Mahl konnten private Erfolge (Pindaros, Olympische Oden 3) oder öffentliche Kulthandlungen sein, in Rom wurde es auch zur Abwehr von Gefahren durchgeführt (Livius 5,13). Obwohl hier die Präsenz der Götter erhofft und inszeniert wird, findet das Mahl für die Götter und das damit verbundene Mahl für die Opferspender an unterschiedlichen Orten statt.
Bei den Mysterienmählern wird gemeinhin zwischen den wiederholbaren Opfer- oder Gemeinschaftsmählern der bereits Eingeweihten und den Mählern der Initiation unterschieden. Im Attiskult speisten die angehenden Mysten laut Firmicus Maternus (De errore profanarum religionum 18) aus Musikinstrumenten, im Mithraskult labte man sich gemeinsam an Brot, Wasser und Honig, die Mandäer beenden die Taufhandlung mit einem gemeinsamen Mahl aus Brot und Wasser. Inwieweit und auf welche Weise Speisen und Getränke bei den Mysterienmählern den Speisenden Anteil am Heilsgeschehen oder gar an Gott gaben, ist in der Forschung umstritten. Oft ist davon die Rede, dass die Mahlhandlungen ein „Denkmal des Leidens“ (Ps-Lukian, De Dea Syria 6; Plutarch, Moralia 357F) sind oder zum „Gedächtnis der Trauer“ (Arnobius, Adversus nationes 5. 16) dienen (vgl. Rüpke).
4. Im Alten Testament / In der Hebräischen Bibel
Das Thema „Essen und Trinken“ nimmt in der Hebräischen Bibel einen großen Raum ein. So ist die hebräische Wurzel אכל ’kl „essen“ in ihr mehr als 900 Mal belegt. Die Hebräische Bibel unterscheidet verschiedene Mahlformen; zu erwähnen sind die folgenden Begriffe:
● אֲרֻחָה ’ǎruḥāh bezeichnet Reiseproviant (Jer 40,5
● זבח zbḥ weist auf ein Kultmahl oder ein Festmahl im Zusammenhang mit einem → Opfer
● כֵּרָה kerāh beschreibt ein Mahl mit vielen Teilnehmern (2Kön 6,23
● מִשְׁתֶּה mištæh beschreibt ein Bankett oder ein Gastmahl (Gen 21,8
Zudem begegnen Umschreibungen wie „einen Tisch bereiten“ (Ps 23,5
4.1. Kultmahl und Gottesgegenwart
Bei allen Mahlzeiten in der Hebräischen Bibel steht die Überzeugung im Hintergrund, dass Gott der Geber der Speisen ist (so u.a. in Dtn 32,13
Inwieweit die Texte der Hebräischen Bibel die Realitäten des Opferkultes am Zweiten Tempel überliefern, ist nicht gesichert. Berichtet wird vom Ablauf des Opfers: Zuerst sollen bestimmte Fettteile von Opfertieren auf dem Altar dargebracht werden, dann erst verzehren die Menschen ihren gekochten Anteil im Kultmahl (vgl. 1Sam 2,13
In den Prophetenbüchern der Hebräischen Bibel findet sich sowohl Opfer- und damit Kultmahlkritik (Jer 7,21-23
Sicher wurden auch in der lokalen Ausprägung des Kultes an Familien- und Lokalheiligtümern Kultmähler veranstaltet, aber in welcher Weise das geschah, ist in der Forschung umstritten. Die späte deuteronomistisch (→ Deuteronomismus
4.2. Die identitätsstiftende Bedeutung bestimmter Nahrungsmittel
Bestimmten Nahrungsmitteln werden in der Hebräischen Bibel mythische bzw. quasi-mythische Bedeutungen zugeschrieben, die für die Identitätszuschreibungen der biblischen Autoren von größter Bedeutung waren. Das → Manna
Hin und wieder entsteht auch der Eindruck, dass (kultische) Mähler von den Autoren bewusst im Text verankert wurden, um einige der für die Identität Israels signifikanten Ereignisse hervorzuheben. So wird im Deuteronomium mit Festmählern am zentralen Altar an Gottes Rettungshandeln in der Geschichte erinnert (Dtn 12,7
4.3. Speisetabus
Die Hebräische Bibel kennt zahlreiche Nahrungsmittelverbote (Lev 11
4.4. Anlässe für Mähler
Die Anlässe für Mähler des Konvivium-Typus sind vor allem bei Feiern zu Lebenswenden von Individuen oder Familien zu finden. So wird in der Hebräischen Bibel von einem Mahl zur Entwöhnung eines Neugeborenen (Gen 21,8
Vorgeschlagen wurde, dass in Texten wie Dtn 26,14
Auch bei Opferhandlungen spielten Lebensmittel eine große Rolle, die deponiert, verbrannt oder ausgegossen werden können (vgl. Lev 1-7). Die Hebräische Bibel berichtet von vielgestaltigen Opfern für Gott oder im Angesicht Gottes. Am Jerusalemer Tempel wurden Tiere (z.B. → Stiere
● Das Schlachtopfer (זֶבַח zævaḥ) kann am Heiligtum als gemeinschaftliches Familienkultmahl stattfinden oder aber auch in einer Dorfgemeinschaft und auf einem lokalen Heiligtum und nicht am Tempel (1Sam 9,12-13
● Das Heils-Opfer (שְׁלָמִים), das oft mit Brandopfern (עֹלוֹת) verbunden ist (so z.B. in Ri 20,26
● Laut Lev 7,11-36
5. Kultmähler zur Zeit des Zweiten Tempels
5.1. Passa
In der Forschung wird diskutiert, inwieweit das → Passafest
5.2. Hellenistisches Judentum
Das Modell des Symposions beeinflusste die Mahlvorstellungen des hellenistischen Judentums grundlegend. So wird die → Weisheit
In den zeitgenössischen Texten ist im jüdisch-hellenistischen Kontext gelegentlich von der Einsetzung neuer Feste die Rede, die mit festlichen rituellen Gemeinschaftsmählern, aber nicht unbedingt Kultmählern, verbunden sind (3Makk 6,30-36; Est 9,20
5.3. Qumran
In den → Qumrantexten
Einige wenige Texte erwähnen Gemeinschaftsmähler, die von Ritualen geprägt sind und – wie oft behauptet wird – einen kultischen Charakter haben. Einer der rätselhaftesten und am meisten diskutierten Texte in diesem Kontext ist 1QSa 2,1-11:
11[Bei einer Sitz]ung der Männer des Namens, [der Berufenen] zur Versammlung für den Rat des Jahad, wenn [ ] 12[ ] der Gesalbte mit ihnen (ist). [Der Priester] (soll) eintreten [an] der Spitze der ganzen Gemeinde Israel und alle 13[seine Brüder, die Söhne] Aarons, die Priester, [die Berufenen] zur Versammlung der Männer des Namens. Und sie sollen sitzen 14v[or ihm, ein jeder] entsprechend seiner Würde. Und danach [soll kommen der Ge]salbte Israels. Und es sollen sich vor ihn setzen die Häupter 15[der Tausendschaften Israels, ein jed]er entsprechend seiner Würde, nach [seiner Stellung] in ihren Lagern und nach ihren Kriegszügen. Und alle 16Si[ppen]häupter [der Gemein]de mit [ihren] Weisen sollen vor ihnen sitzen, ein jeder 17seiner Würde entsprechend. Und [wenn sie bei Ti]sch zusammen sind [… jungen W]ein, und es ist bereitet der Tisch 18des Jahad, [j]ungen Wein zu trink[en, so soll nicht austrecken] jemand seine Hand nach dem Erstling 19des Brotes und des [jungen Wein]es vor dem Priester, den[n er soll s]egnen den Erstling des Brotes 20und des Neuwei[ns. Und er soll ausstrecken] seine Hand nach dem Brot zuerst. Und da[nach soll ausstre]cken der Gesalbte Israels seine Hände 21nach dem Brot. [Und danach sollen] sie [seg]nen, der ganze Rat des Jahad, ei[n jeder entsprechend] seiner Würde. Und diese Satzung sollen [sie] tun 22bei jeder [Mahlzeit, wenn sie sich zusam]menfinden (mit mindestens) zehn Männe[rn]. (Übersetzung Bergmann)
Dieser Text wurde aufgrund der Erwähnung des Messias als ein Hinweis auf die möglicherweise in Qumran existierende Idee vom Mahl in der kommenden Welt und sogar einer Antizipation desselben durch die Qumrangemeinschaft interpretiert. Es muss jedoch festgestellt werden, dass keine der Charakteristika, die das Mahl in der kommenden Welt in den frühjüdischen Texten ausmachen, hier vorhanden ist. Eigentlich hätte das Mahl in 1QSa 2,1-11 an vielen Orten und zu verschiedenen Zeiten stattfinden können, ist doch weder ein spezieller signifikanter Ort, noch eine bestimmte symbolträchtige Speise, noch ein bestimmter Zeitraum als Voraussetzung für das Stattfinden des Mahles genannt. Da dieser Text in einem Buch mit Anweisungen für die imaginierte Zukunft enthalten ist und, wie Hempel gezeigt hat, wahrscheinlich eschatologisch überarbeitet wurde, kann man aus ihm lediglich herauslesen, wie das Mahl der Zukunft imaginiert wurde, aber nicht, wie ein solches Gemeinschaftsmahl tatsächlich durchgeführt wurde, sollte es als Antizipation der Zukunft gedacht gewesen sein.
Ein ähnlich klingender Text über ein von Ritualen geprägtes Mahl findet sich in 1QS 6, der jedoch den Messias nicht erwähnt:
2 Und zusammen sollen sie essen, 3 und zusammen sollen sie segnen, und zusammen sollen sie beraten. Und an jedem Ort, wo zehn Männer der Gemeinschaft sind, soll unter ihnen nicht fehlen 4 ein Priester. Und jeder soll nach seiner Würde vor ihm sitzen. Und so sollen sie in jeder Sache nach ihrem Rat fragen. Und wenn sie den Tisch vorbereiten, um zu essen oder um den jungen Wein 5 zu trinken, soll der Priester seine Hand ausstrecken, um zuerst die Erstlinge des Brotes zu segnen (oder um jungen Wein zu trinken, soll der Priester seine Hand ausstrecken, um als erster 6 die Erstlinge des Brotes zu segnen) und den jungen Wein. (Übersetzung Bergmann)
1QS erwähnt noch weitere rituell geprägte Gemeinschaftsmähler. So wird in 1QS 5-6 beschrieben, wie sich die nach Graden der rituellen Reinheit strukturierte dreigeteilte Gesellschaft aufbaut: Die rituell Unreinen befinden sich an der Peripherie und dürfen nicht mit den Mählern und Speisen der Reinen in Berührung kommen, die Reinen speisen gemeinsam, die Initianten können rituell reiner werden und am Mahl der Reinen nach einem bzw. zwei Jahren teilnehmen. Die Erlaubnis, im inneren Kreis der rituell Reinen zu leben und mit ihnen Mahl zu halten, kann aber auch wieder entzogen werden (1QS 6,24-25. 7,15-20).
In den Texten aus Qumran gibt es einige (über 1QSa 2 und 1QS 6 hinausgehende) Hinweise auf die sich entwickelnde Vorstellung von einem Mahl in der kommenden Welt. Zu nennen sind hier das Fragment 4Q 502 2 iv (Gott bereitet ein sättigendes Mahl in Jerusalem), das Psalmfragment 4Q 88 9,8-14 (in der Zukunft werden die Armen und Gottesfürchtigen reiche Speise genießen), 4Q 521 2 ii (die Hungrigen werden gespeist werden) und 1QHa 16,5-8 (der Baum des Lebens produziert verzehrbare Früchte). Die Vorstellung von einem solchen Mahl wird aber (noch) nicht systematisch und vor allem nicht häufig angewandt.
5.4. Essener und Therapeuten
→ Josephus
5.5. Die Vorstellung vom Mahl in der kommenden Welt
In früh-apokalyptisch geprägter Literatur (→ Apokalyptik
Vorstellungen vom → Messias
Interessant ist, dass das Motiv des Mahles in der kommenden Welt, so wie es von frühjüdischen apokalyptischen Autoren dargestellt wird, von einer gewissen nach-endzeitlichen Körperlichkeit und Sinnlichkeit ausgeht. So spricht äthHen 25,6 davon, dass die Gerechten den Wohlgeruch des heiligen Ortes in ihren Gebeinen spüren werden, syrBar 29,7-8 betont das Riechen der Düfte, das Fühlen des Taus und das genussvolle Verzehren des Manna in der kommenden Welt. Die Gerechten, die diesen Zustand erreichen werden, freuen sich außerdem an der Fülle der vorhandenen Speisen, ein Motiv, das sicherlich bewusst oder unbewusst auf erlebten und gefürchteten Mangel der Zeitgenossen eingeht (syrBar 29,5-8; 4Esr 6,50; siehe auch schon Jes 25,6 und Am 9,13-15). Das Ziel dieser Idee vom genussfähigen Körper in der kommenden Welt ist es wohl auch, die Glaubensidentität derer zu stärken, die diese Texte rezipierten. Wenn davon gesprochen wird, dass das süße Manna der Vergangenheit in der Zukunft wieder erscheint, wird damit eine Brücke geschlagen, die die Zeitgenossen der betreffenden Texte miteinschließt, erinnern sie sich doch körperlich an die von Gott gelenkte Vergangenheit und Zukunft und schöpfen sie daraus Hoffnung für ihre eigene Gegenwart, in der diese Glaubensidentität angefragt war.
Die rabbinische Literatur greift die Vorstellung vom Mahl in der kommenden Welt auf und baut sie farbenprächtig aus. Ein Beispiel hierfür sind die Otiot des → Rabbi Akiba
6. Besondere Mahlzeiten im rabbinischen Judentum bis in die Moderne
Die Speisegesetze der Hebräischen Bibel bilden auch hier die Grundlage für die Art und Weise des gemeinschaftlichen Speisens. Jede Mahlzeit, von ihrer Vorbereitung und Herstellung bis zur letzten Segenshandlung nach dem Verzehr, ist durch biblische Gesetze und die spätere rabbinische Interpretation geregelt (vgl. Eckardt).
Viele Traditionen des Mahlhaltens im Judentum sind mit dem rituellen Speisen an Feiertagen verbunden, wie sie in der Hebräischen Bibel dargestellt werden, jedoch von (neuen) lokalen Besonderheiten wie der Verfügbarkeit bestimmter Speisen geprägt. Oft werden Speisen verzehrt, die etwas dem Feiertag Charakteristisches symbolisieren sollen. Zum → Neujahrstag
Die verzehrten Speisen können auch an einem bestimmten Festtag an ein historisches Ereignis erinnern, das mit diesem Termin im Festkalender der Hebräischen Bibel verbunden ist. So werden zu → Purim
Aufgrund der lokalen Ausprägungen dieser symbolgeladenen Speisen und der Identifikation der Menschen mit ihnen, hat sich in der Moderne der Begriff des „kulinarischen Judentums“ entwickelt. Er bezeichnet die Juden, die sich allein durch das Verzehren der für die jeweiligen Feiertage typischen Speisen als „jüdisch“ identifizieren und sich ihrer religiösen Wurzeln erinnern. Statistisch gesehen leben nur noch 10% der Juden streng koscher. Im liberalen Judentum setzte sich in den letzten Jahrzehnten der sogenannte „koscher-style“ durch, eine modifizierte Version der koscheren Lebensweise.
Literaturverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
- Assurbanipal mit Gattin bei einem Bankett, bei dem der abgeschlagene Kopf eines Feindes links in einem Baum hängt (Relief aus dem Palast Assurbanipals in Ninive; 7. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 124920
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